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tet, somit unverhohlene

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falls notwendig

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SCHWABISCHES TAG BLATT

kritische Meinungsäußerungen in eigener Sache.» Volkskongreß für Freiheit und gerechten Frieden"

Dieses Ziel ist noch nicht erreicht und kann wohl unter den gegebenen Umständen nie ganz erreicht werden.

Verschweigen wider besseres Wissen, Hin- nehmen ohne Widerspruch aber kommt einem Versagen gleich, vor dessen tragischen Fol- gen Oberst Textor, wie zitiert, so eindring- lich gewarnt hat. In dieser Hinsicht hat die Zeitung in der Vergangenheit schwer gesündigt, sündigt sie heute und wird sie auch morgen zu sündigen gezwungen sein, wenn ihr nicht ein unumgänglich notwendiges Maß an Bewe- gungsfreiheit zugestanden wird.

Wahlen in Württemberg- Baden

STUTTGART. Von den Gemeinderats- und Kreis- tagswahlen in Württemberg- Baden am vergangenen Sonntag lagen bei Redaktionsschluß noch keine end- sültigen Ergebnisse vor. In Stuttgart haben sich in 175 Wahlbezirken von 258 413 Wahlberechtigten 150 159, ( 58,1%) an den Wahlen beteiligt:

SPD 49 889

34,3%( bei den letzten Wahlen im Mai 1946 34%) = 27,7%( 21,9%)

DVP 40 393

CDU 30 708

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21,1%( 24,7%)\

KPD 15 897= 7,9%( 13,1%)

Neue Partei 6197= 4,2%(-) Arbeiterpartei 2357= 1,6%(-) Ungültige Stimmen 4718.

in Mannheim fielen bei einer Wahlbeteiligung von 60 Proz. auf die SPD 41,9 Proz.( 40 Proz.), CDU 27,5 Proz.( 34,8 Proz.), KPD 17,9 Proz.( 17,7 Proz.), DVP 11,9 Proz.( 7,5 Proz.) der Stimmen.

pieck, eröffnete am vergangenen Samstag den BERLIN. Der erste Vorsitzende der SED, Wilhelm ,, Volkskongreß für Einheit und gerechten Frieden" im Admiralspalast. 2000 Delegierte nahmen an dem Kongreß teil. Die Ueberparteilichkeit des Vorstan- des, des erweiterten Präsidiums und der verschie-

denen Ausschüsse wurde sorgsam zu wahren ge- sucht. Die wenigen anwesenden Mitglieder der SPD der Ostzone war die einzige deutsche Partei, die und der CDU erhielten bevorzugte Plätze. Die LDP außer der SED offiziell am Kongreẞ teilnahm. Zahlreiche ausländische Beobachter, darunter Offi- ziere der britischen, amerikanischen und französi- schen Militärregierungen waren zum erstenmal als offizielle Beobachter in Zivil bei einer Berliner politischen Versammlung erschienen.

Otto Grote wohl erklärte in seiner Eröffnungs- rede: Aus einer Gesinnung des Friedens und der Verantwortung für eine demokratische Entwicklung in Deutschland leiten wir die Forderung her, die Londoner Außenministerkonferenz zu bitten, eine Vertretung des deutschen Volkes anzuhören. Was man den Hauptkriegsverbrechern in Nürnberg ge- währt hat, nämlich eingehende Verteidigungsmög- lichkeiten, kann dem deutschen Volk nicht verwei- gert werden."

Die Bestimmungen des Potsdamer Abkommens über die Einheit Deutschlands seien nicht eingehal- ten worden. Statt dessen seien die Zonengrenzen höher und höher geworden.

,, Engster Partikularismus begann aus dem Boden zu schießen, um wunderlichste Blüten zu treiben." Im Zeitalter der Technik lebe man in Deutschland im Zustand schlimmster wirtschaftlicher, politischer und kultureller Krähwinkelei.

Grotewohl protestierte vor allem gegen die poli- tische Aufspaltung Deutschlands. Ein Blick in die

Gegen bayerischen Führungsanspruch Württ.- badisches Kabinett wehrt sich

MÜNCHEN. In einer Sitzung des bayerischen Landtages in der vergangenen Woche wandte sich der Landesvorsitzende der Freien Demokratischen Partei, Dr. Thomas Dehler, gegen eine frühere Rede des bayerischen Ministerpräsidenten, in der Dr. Ehard ein starkes Bayern und einen Führungs- anspruch Bayerns gefordert hatte: Wenn es nicht unser aller Wille ist, daß Deutschland besteht, versagen wir an unserer geschichtlichen Aufgabe." Länder- und Zonendemokratie seien nur ein Not- behelf. Die Souveränität Bayerns könne von seiner Partei nicht anerkannt werden. Während der Rede

STUTTGART. Ministerpräsident Dr. Maier teilte in einer Pressekonferenz zur, Frage der Demontage mit, daß die amerikanische Militärregierung für Württemberg- Baden die Regierung unterrichtet habe, mit der Demontage sei sofort zu beginnen. Das Ka- binett habe daraufhin in einem ausführlichen Tele- gramm an den stellvertretenden amerikanischen Mi- litärgouverneur für Deutschland, General Hays, zum Ausdruck gebracht, daß der von der US- Mili- tärregierung vertretene Standpunkt nicht aufrecht- erhalten werden könnte.

deutsche Geschichte beweise, daß die Zeiten des Föderalismus und der Partikularismus gleichzeitig Zeiten der schlimmsten und schwärzesten Reaktion in Deutschland gewesen seien. Der Föderalismus sei ebensowenig eine Garantie für die Sicherheit der Nachbarn wie der Einheitsstaat. Die Staatsform habe mit der Frage der Sicherheit nichts zu tun. ,, Für den Fall, daß die Alliierten sich nicht ent- schließen können, dem deutschen Volk die Einheit zu gewähren, schlagen wir vor, das Recht einer Volksabstimmung zu gewähren. Nach einer solchen Volksabstimmung und nach der Bildung einer zen- tralen Regierung zur Unterzeichnung des Friedens- vertrages wünschen wir die Wahl einer National- versammlung zur Ratifizierung des Friedensvertrags, von dem wir erhoffen, daß er die politische und wirtschaftliche Einheit gewährleistet und es uns er- möglicht, den Ertrag unserer Landwirtschaft zu stei- gern und eine leistungsfähige Friedensindustrie zur Deckung des Eigenbedarfs und für den nötigen Ex- port zu entwickeln.

Soviel sollte die Welt aus dem Versailler Friedens- vertrag wirklich gelernt haben, daß es nichts nützt, den Krieg zu gewinnen um den Frieden zu verlie- ren. Gewiß, Deutschland wird auf die Hilfe anderer Völker angewiesen sein. Es wird sie nehmen müs- sen, woher sie kommt, wenn damit nicht schon die Bedrohung unserer staatlichen Souveränität ver- bunden ist, bevor wir sie zurückerhalten haben. Der Vorsitzende der liberal- demokratischen Partei für die Ostzone, Dr. Wilhelm Külz, erklärte in sei- ner Ansprache: Niemand kann zur Freiheit reifen, es sei denn, daß er zuvor in Freiheit gesetzt werde." Am Sonntag wählte der Volkskongreß die Dele- gationsmitglieder für die Londoner Konferenz. Die Leitung der Delegation wurde Pieck, Grotewohl und Dr. Külz übertragen.

Klemm, Oskar Rothaug und Rudolf Oeschey lebenslängliche Internierung. Wilhelm von A m on, Wolfgang Mittgenberg, Ernst Lautz und Günther Joel zehn Jahre, Kurt Rothenber- ger sieben Jahre und Altstöter fünf Jahre Gefängnis. Sämtlichen Angeklagten wurde die be- reits verbüßte Haft auf die Strafe angerechnet. Die Verteidiger werden gegen sämtliche Urteile Beru- fung einlegen.

Freigesprochen wurden die Angeklagten Peter- sen, Nebelung, Barnick el und Cuhorst. Letzterer aús Mangel an Beweisen. Die Akten des Sondergerichtes Stuttgart, bei dem der Angeklagte

9. Dezember 194

Kleine Weltchronik

Deutschland

STUTTGART. Die DVP der amerikanischen Zone hat in einer öffentlichen Erklärung dem Vor- sitzenden der LDP der Ostzone, Dr. Külz, das Ver- trauen als Mitvorsitzendem der Demokratischen Partei Deutschlands entzogen. Er sei auf die Linte der SED eingeschwenkt.

ULM. Bei Zusammenstößen zwischen einer Gruppe von Juden und einigen Arabern wurden am Sams- tag und Sonntag in Ulm 9 Juden und ein Araber durch Messerstiche verletzt. 33 Personen wurden verhaftet. Ein erneuter Zusammenstoß zwischen 28 mit Messern bewaffneten Juden und Arabern konnte verhindert werden.

MÜNCHEN. Der Militärgouverneur für Bayern, van Wagoner, setzte am vergangenen Freitag in München die erste Münzprägemaschine wieder in Gang. Seit der Kapitulation hatte, die Münchener Münze stillgelegen.

REGENSBURG. Die 41jährige Amerikanerin Fran- ces Moore aus Pennsylvanien erhielt nach einer Mitteilung des Military Post Regensburg die Erlaub- nis, den 19jährigen Deutschen Hans Karl Fiegl, zu heiraten.

BERLIN. Die Kriminalabteilung der amerikani- schen Militärregierung hat in Berlin etwa 30 Per- sonen, die falsche Schweizer Pässe hergestellt, ver- kauft bzw. angekauft hatten, verhaftet. Die Fäl- scher verkauften die Papiere für 50 000 RM. das Stück. Die etwa 25 Käufer konnten alle festgenom- men werden.

Ausland

LONDON. Das britische Schatzamt hat am ver- gangenen Freitag bekanntgegeben, daß die USA den Restbetrag des an England gewährten Kredites in Höhe von 400 Millionen Dollar freigegeben hätten. ROM. Das italienische Königshaus verliert auf Grund eines von der italienischen Verfassunggeben- den Versammlung angenommenen Gesetzes ein Ver- mögen von ungefähr 5 Milliarden Lire in der Hauptsache Grundbesitz. Das ehemalige Herrscher- haus gehörte zu den reichsten Grundbesitzern Ita- liens.

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BELGRAD. Der jugoslawische Ministerpräsident, Marschall Tito, ist an der Spitze einer Regierungs- delegation zu einem Staatsbesuch in Ungarn einge- troffen.

BUKAREST. Der frühere rumänische Außenmi-

und Zwischenrufen der lge von Störungsversuchen Ministerpräsident gegen Stellvertreter tätig war, wurden beim Brand des Justizpalastes nister, Tatarescu, ist von seinem Posten als Vor-

CSU zu Tumultszenen.

Marshall- Rede beschlagnahmt

BERLIN. Nach einer Mitteilung der Nachrichten- Kontrollabteilung der US- Militärregierung beschlag- nahmten die sowjetischen Behörden in der ver- gangenen Woche in Leipzig 70 000 Exemplare eines Sonderdrucks der Rede des amerikanischen Außen- ministers Marshall, die dieser vor Beginn der Londoner Konferenz in Chikago hielt, und verboten deren Verbreitung für die ganze sowjetische Be- satzungszone.

Die amerikanische Militärregierung betrachte die- Jes Vorgehen als eine grobe Verletzung des Vier- mächteabkommens über den freien Nachrichten- und Zeitungsaustausch. Die Militärregierung prote- stierte wegen dieser Verletzung und ähnlicher Ver- stöße gegen die getroffenen Vereinbarungen bei der sowjetischen Militärregierung.

Die Tägliche Rundschau", das Organ der sowje- tischen Militärverwaltung, hat nunmehr bekannt- gegeben, daß der Verkauf der Rede Marshalls wie- der freigegeben worden sei.

Autonomie für Südtirol INNSBRUCK. Der Kampf der Südtiroler um die staatliche Autonomie scheint in eine neue entscheidende Phase einzutreten. Die südtiroler Volkspartei richtete an den italienischen Mi- nisterpräsidenten de Gasperi ein Tele- gramm, in dem sie den Ministerpräsidenten aufforderte, sofort direkte Verhandlungen auf- zunehmen. Als Grundlage dieser Verhandlun- gen solle das österreichisch- italienische Ab- kommen vom Jahre 1946 dienen.

In Rom wurde nach langen Verhandlungen zwischen Oesterreich und Italien eine Einigung über das Problem der für Deutschland im Jahre 1939 optierenden Südtiroler erzielt. Die Südtiroler, die im Jahre 1939 die deutsche Staatsangehörigkeit erwarben, können nach dem neuen Uebereinkommen wieder die ita- lienische Staatsbürgerschaft erhalten, sofern sie sich in der NSDAP nicht maßgeblich be- tätigt haben. Von dieser Regelung werden 70 000 Südtiroler betroffen.

Robert Bosch

Von Theodor Heuß

STUTTGART. Der Ministerpräsident von Würt- temberg- Baden, Dr. Reinhold Maier( DVP), wandte sich in einer Pressekonferenz gegen Wahlreden des stellvertretenden Ministerpräsidenten und Finanz- ministers Dr. Heinrich Köhler( CDU), in denen Köhler das Kabinett wegen eines Ende November ausgearbeiteten Gesetzentwurfes über die zukünf- tige Verwaltung der beiden Gebietsteile Baden und Württemberg angegriffen hat.

Maier bezeichnet es als bedauerlich, daß das von württembergischer Seite stets mit Takt und Zurück- haltung behandelte Verhältnis von Baden und Würt- temberg damit in die Niederung unsachlicher par- teipolitischer Betrachtungen" gezogen werde.

Karl Gengler im Arbeitsministerium

TÜBINGEN. In der Absicht, einen Repräsentan- ten der Gewerkschaften in das Arbeitsministerium einzugliedern, wurde der Präsident des Landtags für Württemberg- Hohenzollern, Karl Gengler, als Vertreter von Arbeitsminister Wirsching beru- fen. Gengler übernimmt gleichzeitig die Leitung der Hauptabtellung IV( Arbeitslenkung) und wurde zum Leiter des Landesarbeitsamtes bestellt.

Tagung des Zonenbeirats der VVN

TÜBINGEN. Am vergangenen Samstag und Sonn- tag fand in Tübingen eine Konferenz des Zonen- beirats der VVN( Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) statt, bei der Delegierte aus allen Län-

dern der französischen Besatzungszone vertreten richtete über das neue Wiedergutmachungsgesetz. waren. Zonensekretär Oberregierungsrat Kahn be- Sichtung und Sammlung des historischen Materials der Widerstandsbewegung, Schaffung eines aka- demischen Lehrstuhls und eines Instituts für diesen Zweig der neueren Geschichte, einer umfassenden blattes der VVN und aktive Mitarbeit aller Opfer Ausstellung, eines Informations- und Nachrichten- des Faschismus im öffentlichen Leben waren wei- tere Diskussionspunkte der Konferenz. Die Wahl des neuen erweiterten Zonenbeirats, fünf Delegierte und fünf ständige Stellvertreter, erfolgte einstim- mig nach der vorgelegten Liste.

Urteile im Juristenprozeß

gerichtshof II in Nürnberg folgende Urteile: Die NURNBERG. Im Juristenprozeß fällte der Militär- Angeklagten Franz Schlegelberger, Herbert

einer Belegschaft von 50 bis 60 Mann war in jener Zeit dabei, sich aus dem örtlichen Werk- stattbetrieb zur Fabrik mit überlokalen Ver- bindungen zu dehnen. Es ist nicht mehr fest- zustellen, mit welchen Sonderarbeiten des Der Ausflug in die Fremde, der in der zwei- wechselvollen Fertigungsprogramms der junge ten Familienheimat gelandet war, nahm ein Bosch in dem halben Jahr seiner Tätigkeit bei rasches Ende. Robert Bosch kehrte nach Fein betraut war. Es standen damals Feuer- Schwaben zurück und trat in die Firma C, und meldeanlagen als Großauftrag im Vorder- E. Fein als Gehilfe ein. Hier stand er zum grund. Der Betrieb gab ihm eine Vorstellung ersten Male einem Meister gegenüber, der ein von der Vielfältigkeit der werdenden Elektro- wirklicher Meister war und in der Nähe von technik, doch noch nicht die Gewißheit, ob der Aufgaben, die ein Jahrzehnt später das eigene eigene Weg einmal ähnliche Spuren suchen selbständige Suchen und Versuchen charak- werde. Als der Weg in die Fremde" zum terisieren sollten. Wilhelm Emil Fein trieb zweitenmal unternommen wurde, im Frühjahr seine 1867 gegründete, 1870 nach Stuttgart 1880, führte er in ein neues Branchegebiet, die verlegte feinmechanische Werkstätte mit einer Kettenfabrikation von Hanau a. M. Dort blieb großen Wendigkeit; er hatte als junger Mann Bosch ein Jahr tätig, in einer kleinen Arbeits- in den sechziger Jahren bei Siemens& Halske gruppe mit der Herstellung der Spezialmaschi- in Berlin, danach bei Wheatstone in London gearbeitet und wurde nun in seiner Heimat diesem Aufenthalt ist wenig überliefert, auch nen für Kettenfabrikation beschäftigt. Von der Pionier der englischen Elektrotechnik. Es die eigenen Aufzeichnungen sind dürftig; im- Ist ein imponierenas, leicht verwirrendes Pro- merhin wird die Aufgabe, die ein neues Den- gramm, womit der junge Unternehmer sich ken forderte, nicht nutzlos gewesen sein. Denn Raum zu schaffen und durchzusetzen versucht sie brachte den Lernenden an den Werkzeug- und versteht: neben physikalischen und the- maschinenbau heran, der ihn später selber rapeutischen Apparaten entwickelte er durch stark würde beschäftigen müssen. Den gesel- den Hufeisenmagnet das Bellsche Telefon zur ligen Anschluß bot hier wieder die Turnerei.. neuen und gültigen Norm, er schuf trans- In dieser beweglichen Stadt hatte sie in den portable elektrische Beleuchtungsanlagen und Jahren 1848/1849 einen politisch- radikalen Zug später das bewegliche Telefon für Militär- erhalten. Die Hanauer Turner waren damals zwecke; ungeheuer einfallreich als Konstruk- die Widersacher des alten Jahn gewesen und teur, mit dem Geschick der praktischen Ver- hatten sich der pfälzischen Erhebung ange- besserung und Vereinfachung des Vorhande- schlossen nen. Feins Einfluß für die Entfaltung des elek- gut zu dem Boschschen Familienerbe paẞte. das gab eine Ueberlieferung, die trischen Wesens in ganz Südwestdeutschland muß sehr hoch eingeschätzt werden, auch tig, daß der Bruder Karl ihn wieder nach Köln Für die berufliche Zukunft wurde es wich- durch eine literarische, propagandistische Be- rief. Dieses Mal war es kein zufälliges An- tätigung. Er wurde, ein unermüdlicher Prak- landen, sondern ein zweckvolles Beginnen. Der tiker, einer der Erfinder des elektrischen An- Robert würde ja gewiß in ein paar Jahren triebs für Werkzeugmaschinen, einer der- sich einmal selbständig machen wollen. Dann ter des kommenden ,, Elektrowerkzeuges"; seine Firma hat sich später ihren über Deutschland rung und dergleichen verstand, also galt es, war es gut, wenn er auch etwas von Buchfüh- hinausgreifenden Ruhm durch diese Speziali- ihn in Kaufmannschaft auszubilden". Das ge- sierung errungen. Davon war in jener Früh- schah in der Firma Bosch& Haag, die der zeit noch nicht die Rede. Das Geschäft mit Gründer mit seinem Schwager Gustav Haag

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restlos vernichtet.

Die Spruchkammern Stuttgart und Nürnberg ha- ben gegen den freigesprochenen ehemaligen Senats- präsidenten des Sondergerichtes Stuttgart, Cuhorst, Haftbefehl erlassen. Cuhorst wurde bereits in das Internierungslager Nürnberg- Langwasser eingelie- fert und soll später in das Interniertenlager Lud- wigsburg überführt werden.

Aus der Wirtschaft

sitzender der Liberalen Partei zurückgetreten, well er seiner Partei die volle Handlungsfreiheit" ver- schaffen wollte.

MOSKAU. Die britische Handelsdelegation unter Leitung des britischen Handelsministers, Harold Wilson, hat die Besprechungen für einen englisch- sowjetischen Handelsvertrag sofort nach Ankunft in Moskau aufgenommen.

Waren-, Geld- und Postverkehr mit dem Saargebiet

Mitteilung an die deutschen Käufer der fran- zösischen Besatzungszone über den Kauf von

Waren aus dem Saarland BADEN- BADEN. Die aus dem Saarlande nach der französischen Besatzungszone zu liefernden Waren werden zum Uebergang der saarländischen und der deutschen Währungsgrenze nur noch gegen Vorlage von Lizenzen, die den Vermerk Sarre ZFO" tragen, zugelassen. Diese Lizenzen werden nur für die in den Austauschprogrammen aufgeführten Waren er- teilt.

Der deutsche Käufer übersendet seinem Lieferan- ten im Saarlande den Zuteilungsschein, den er von den Wirtschaftsstellen der Zone erhalten hat. An Hand dieses Dokumentes beantragt der saarlän- dische Verkäufer die zum Versand der Waren in die französische Zone berechtigende Lizenz.

Wenn die Ware die Währungsgrenze überschritten hat, wird das Außenhandelsamt( Oficomex) von der Grenzkontrollbehörde davon benachrichtigt. Ofico- mex stellt hierauf die Rechnungen aus und leitet sie dem deutschen Käufer zu. Die Rechnung trägt die Lizenz- Nummer. Die Waren werden zu den amtlichen deutschen Inlandspreisen, frei Grenze, berechnet. Die Frachtkosten für die Eisenbahn- strecke in der französischen Besatzungszone wer- den vom Käufer unmittelbar geregelt.

Die Bezahlung der Rechnungen erfolgt nach den von Oficomex erlassenen Verfügungen.

Mitteilung an die deutschen Verkäufer der französischen Besatzungszone über den Ver- kauf von Waren nach dem Saarlande Auch die von der französischen Besatzungszone nach dem Saarlande gelieferten Waren wer- den zum Uebergang der saarländisch- deutschen Wäh-

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rungsgrenze nur noch gegen Vorlage von Lizenzen mit dem Vermerk Sarre ZFO" zugelassen. Die Li- zenzen werden nur für die in den Austauschpro- grammen aufgeführten Waren ausgestellt.

Der saarländische Käufer übersendet dem deut- schen Verkäufer den ,, Fiche de Specifikation". Unter Vorlage dieses Dokumentes beantragt der deutsche Verkäufer beim Außenhandelszentralamt( Oficomex) Baden- Baden, Hauptstraße 36, die Verkaufslizenz, die zum Versand der Waren nach dem Saarlande berechtigt. Während ihrer gesamten Gültigkeits- dauer können die Lizenzen sowohl für eine einzige Gesamtlieferung, als auch für Teillieferungen ver- wendet werden. Bei Teillieferungen auf Rechnung einer Gesamtlizenz stellt der Verkäufer für die ge- lieferten Waren eine Rechnung in drei Ausfertigun- gen unter Angabe der Lizenz- Nummer aus und legt sie der Grenzkontrollbehörde vor.

Beim Versand der Waren übersendet der deutsche Verkäufer dem Oficomex eine endgültige Rechnung über die gelieferten Waren in drei Ausfertigungen; auf der Rechnung ist wieder die Lizenz- Nummer anzugeben. Die Waren werden zu den amtlichen deutschen Inlandspreisen berechnet. Die Fracht- kosten für die Eisenbahnstrecke in der französischen Besatzungszone werden am Schluß der Rechnung aufgeführt. Die Frachtkosten für die saarländische Strecke werden unmittelbar vom Käufer geregelt. Sofern es sich um Gesamtlieferungen handelt, wer- den die Lizenzen nachgeprüft; bei Teillieferungen Herausgeber und Schriftleiter: Will Hanns Hebsacker Dr. Ernst Müller und Alfred Schwenger Weitere Mitglieder der Redaktion: Dr. Helmut Kiecza und Joseph Klingelhöfer Monatlicher Bezugspreis einschl Trägerlohr 1.50 RM., durch die Post 1.74 RM, Einzelverkaufspreis 20 Pig. Erscheinungstage Dienstag und Freitag

ber 1880, einer stürmisch verlaufenden Lun- genentzündung rasch erlegen. Die Rückschau des Sohnes meint, daß ihm das frühe Privati- sieren auch gesundheitlich schlecht bekommen sei.

Aristokrat", der Bruder Albert, der in Mün- In Ulm weilte seit ein paar Jahren auch der chen und Stuttgart Architektur studiert hatte

betrieb. Von Köln war so etwas wie eine Fa- milienfiliale von Ulm geworden: Gustav Haag aus Stuttgart hatte Karls Schwester Karolina geheiratet, und seit 1877- war ein weiterer Schwager, Franz Decker aus Söflingen, mit Barbara Bosch verehelicht, an den Rhein nach- gezogen. Karl Bosch, 1843 geboren, saß seit Beginn der siebziger Jahre in Köln. Er brachte durch Umsicht und Fleiß das gemeinsame Ge- schäft, worin er der leitende Kopf war, rasch bauhütte geworden, als Bauführer bei der im Mai 1878 war er Mitglied der Münster- und gut voran und gewann eine angesehene Fertigstellung des nördlichen Seitenturms be- und einflußreiche Stellung. Die lebhafte Teil- schäftigt, von August Beyer, dem Münster- nahme an den öffentlichen Dingen, väterliches baumeister, auch zur Ausarbeitung der Ent- Erbstück, schuf ihm in der neuen Umgebung würfe und Berechnungen für den Ausbau des Vertrauen, man entsandte ihn in die Handels- Hauptturmes herangezogen. Ueber seinen Ein- kammer die wichtigste Leistung wurde ge- zelanteil an dem großen Werk ist nichts mehr gen das Jahrhundertende sein förderndes Mit- festzustellen; einige Mappen mit Detailskizzen wirken bei der Gründung der Kölner Handels- und der Aufnahme von Bauformen zeigen die hochschule, in deren Kuratorium er das lei- Hand eines sicheren Zeichners. Die offenbar stungswilligste und anregungsreichste Mit- frische, dabei selbstbewußte Art des Mannes glied wurde. Für die Entwicklung des um hat dem jüngeren Bruder imponiert. Offenbar mit verantwortlich, zumal seit dem Tode des einzige, ausgesprochen musische Element, mit achtzehn Jahre jüngeren Bruders fühlte er sich bildete Albert in der Boschschen Familie das Vaters; für Robert Bosch war er damals und einem Zug, der sich von der korrekten Bürger- blieb es wohl lange das Maß des bürgerlichen lichkeit abhob; er galt als ein Freund der Ta- Er hat gerne und wiederholt bekannt, wie heiteren Geselligkeit, die ihn mit den Offi- Erfolgstrebens und der menschlichen Haltung. felfreuden, der herzhaften Trinkrunde, der wichtig ihm die politische und weltanschau- zierskreisen der Garnison verband. Und doch liche Uebereinstimmung gewesen ist. Jetzt also scheint ein Schatten auf seinem äußerlich un- war der Bruder der unmittelbare Lehrherr. Er problematischen Leben gelegen zu sein, das hat aus dem bald zwanzigjährigen Eleven kei- Gefühl, in der Abhängigkeit von Beyer nicht nen vollkommenen Buchhalter gemacht. Denn recht zur eigenen Entfaltung zu kommen. Es als sich Robert Bosch ein Jahrzehnt später mit klingt einmal die Klage auf, wie verfehlt es solchen Pflichten wieder abzugeben hatte. ha- gewesen, daß er die Jahre seiner Jugend so ben sie ihm zunächst mehr Mühe und Verdruß ausschließlich der Münsterarbeit gewidmet tiger Kaufmann" ist er wohl nie geworden. Aber er war jetzt schon so sehr Spezialist der gemacht als Genugtuung verschafft. Ein ,, rich- habe. Im Mai 1886 verließ er die Bauhütte. Dran von Abschlüssen und Bilanzen und das einer ähnlichen, wenn auch intimeren Auf- Aber die Sicherheit gegenüber dem Drum und historisierenden Gotik geworden, daß er sich Wissen um den Sinn einer soliden Rechenhaf- gabe zuwandte: Erneuerung der Stiftskirche tigkeit wurde zum Ertrag dieser halbjährigen im fränkischen Oehringen. Diese saubere Ar- Einführung in die Handelsgeschäfte. beit wurde von anderen vollendet: Albert 1881 nach Ulm zurück, um seiner Militärpflicht Juni 1887, erst dreiunddreißig Jahre alt, einem Der Einundzwanzigjährige kehrt im Herbst Bosch, in seiner Kraft jäh gebrochen, erlag im als der Sohn in Hanau weilte, am 11. Septem- Lungenleiden. zu genügen. Der Vater war das Jahr zuvor, seit längerem drohenden, zu wenig beachteten ( Fortsetzung folgt)