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Die Aussichten
SCHWABISCHES TAGBLATT
AUS DEM WIRTSCHAFTSLEBEN
Die deutsche Zuckerkampagne 1947/48
Ernte auch für andere dringliche Transporte be- ( E. St.) Nach dem annormalen Witterungsverlauf ansprucht werden. Dazu kommt, daß der Landwirt
in diesem Sommer war auch für die Zuckerrüben- ernte ein Ergebnis zu erwarten, das unter den für das vergangene Jahr erzielten Mengen liegen würde. Genaue Feststellungen lassen sich erst nach Beendi- gung der Ernte und für den Zuckerertrag erst nach Beendigung der Kampagne( Dezember/ Januar) tref- fen. Nun erfolgt aber üblicherweise bereits im Sep- tember eine Vorschätzung, die Anhaltspunkte für die Rübenzuckererzeugung der bevorstehenden Ver- arbeitungszeit bietet und die wir nach F. O. Licht unserer Betrachtung zugrunde legen:
Zuckerrüben- anbaufläche ha 330 000
1947/48
dagegen
1946/47
325 585
199 659
1945/46
1938/39
540 971
Rübenzuckererzeugung Rohwert metr. Tonnen 830 000
993 962
772 051
2 162 221
Demnach ist die Anbaufläche gegen das Vorjahr etwas vergrößert, im Vergleich mit 1938/39 aber um 210 000 ha verkleinert, was zum erheblichen Teil mit der Abtrennung der Ostgebiete: Schlesien, Ost- und Westpreußen, sowie Ostpommern, erklärt werden kann, wodurch 120 000 ha unserer Bewirtschaftung entzogen sind. Es fehlen aber auch sonst noch An- bauflächen, die in starker Konkurrenz zu den An- bauflächen für andere dringend benötigte Ernäh- rungsprodukte: Getreide, Kartoffeln, Oelfrüchte usw.
stehen.
Bei der Rübenzuckererzeugung selbst wird gegen das Vorjahr mit einem Rückgang um 16 bis 17 v. H. gerechnet. Der Rohzuckerertrag würde dann nur noch um ca. 60 000 t über dem äußerst bescheidenen Ergebnis der ersten Nachkriegskampagne von 1945/46 liegen und nur noch ca. 40 v. H. der letzten Vorkriegs- kampagne ausmachen. Eine einfache Berechnung zeigt, daß die geschätzten Zuckermengen für die deutsche Bevölkerung ausreichen würden, auch für Sonderzuteilungen an werdende sowie stillende Müt- ter usw. Diese Berechnung ergibt aber ein anderes Bild, wenn in der Ostzone wieder erhebliche Zucker- mengen für Reparationszwecke entnommen werden, abgesehen von den Zuckerprämien, die für Erfüllung des Solls in land- und gartenwirtschaftlichen Er- zeugnissen, für Tabakablieferungen usw. benötigt werden.
Die Schwierigkeiten..
Aber noch ist die Kampagne nicht bewältigt und nicht zu übersehen, wie alle Schwierigkeiten über- wunden werden sollen. Die Zuckerindustrie ist in stärkstem Maße auf die Filterstoff- und Säckeindu- strie angewiesen, ferner auf ausreichende Bevorra- tung mit Kohlen, Kalksteinen, Chemikalien usw. Wirken hierbei nicht alle Faktoren zusammen, so wird die Produktion unmittelbar gefährdet. Schwie- rigkeiten verschiedener Art sind in allen Zonen vor- handen. Bedenken wir, daß in der Ostzone z. B. in den Transportplänen genau festgelegt war, wie die Anfuhr der Rüben auf die verschiedenen Anfuhr- möglichkeiten erfolgen sollte: durch Gespanne, Trek- ker, Feldbahn, Reichsbahn und Schiffahrt, daß aber nunmehr Hindernisse aller Art auftauchen, die den Rübentransport und damit die Durchführung der Kampagne erschweren. So fehlen für die Pferde das Futter, für Lastwagen und Traktoren das Ersatzma- terial, es fehlen der Schiffahrt das Wasser und der Eisenbahn die Waggons, die gerade zur Zeit der
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wegen der großen Futternot versuchen wird, einen Teil seiner Rüben im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb zu verwerten( also der Fabrik trotz beste- hender Abmachungen nicht voll abzuliefern) und daß außerdem der Mangel an Nahrungsmitteln den Bauern dazu verführt, in erheblichem Umfange Rü- ben zu Sirup zu verarbeiten, nicht nur für seine Familie, sondern auch für seine Helfer und Arbei- ter. Endlich ist wieder mit großen Diebstählen zu rechnen, angefangen von den noch nicht geernteten Rüben bis zum Rohzucker in der Fabrik und auf dem Transport zum Händler. Trotz aller Abwehr ist ein voller Erfolg in dieser Richtung nicht zu erwar- ten.
und das Ergebnis in Europa?
Wenn wir nun die Lage in der deutschen Zucker- industrie und die Minderung der Produktion wenig- stens schätzungsweise dargelegt haben, so liegt es nahe, zu fragen, wie sonst in Europa die Zucker- kampagne zu beurteilen ist. Dabei ergibt sich, daß Niederlanden. nur in Belgien, den Spanien, der Schweiz, Großbritannien und in der Türkei die Er- gebnisse der neuen Kampagne höher sein werden als im letzten Jahr vor dem zweiten Weltkrieg. Alle sonstigen Produktionsziffern werden niedriger sein ( nur Dänemark liefert voraussichtlich die gleiche Menge wie 1938/39). So kommen wir für Europa ohne Rußland auf 4,70 Mill. t gegen 5,21 Mill. t im Vor- jahr und 6,36 Mill. t in 1938/39. Europa mit Rußland
BREMEN
ergibt 7,70 Mill. t gegen 7,87 Mill. t im Vorjahr und 8,66 Mill. t in 1938/39. Dieses bessere Ergebnis unter Einbeziehung der Schätzungen für die Sowjetunion ist darauf zurückzuführen, daß die Planung in der Sowjetunion gegen 1938/39 eine Mehrleistung von 1,70 Mill. t vorsieht, die bei den Schätzungen mit 0,70 Mill. t berücksichtigt wurde.
Schlechte Versorgungsaussichten für die französische Zone
In diesem Jahre beträgt die Ernte an Zuckerrüben in der gesamten französischen Zone schätzungsweise
etwa 30 Prozent einer Normalernte. Im letzten Jahr erzeugte man aus einem Rohwert von 22 000 t rund 570 000 Zentner Verbrauchszucker. Dividiert man die- sen Ertrag durch die Einwohnerzahl von 6.6 Millio- nen, so ergaben sich pro Kopf rund 8 Zuteilungen zu je 500 g, wovon die Sonderrationen für Schwerarbei- ter, Mütter und Kinder abzuziehen sind, so daß nur 5 oder 6 Normalzuteilungen übriggeblieben sind, die auch ausgegeben würden. Selbst wenn man annimmt, daß der Zuckergehalt der diesjährigen Ernte um einige Prozent höher liegt, als das in Jahren mit normalem Witterungsverlauf der Fall ist, so ist da- mit doch keineswegs der Minderertrag von 70 Proz auszugleichen.
Für die Versorgung der französischen Besatzungs- zone stehen die Zuckerwerke Neuoffstein und die Fabrik ,, Rheingau" in Worms zur Verfügung. In die- sen Werken wird die gesamte Ernte bis Anfang De- zember verarbeitet sein. In Jahren mit normalen Ernten dauert dagegen die Kampagne in der Regel bis Weihnachten. Man hat, um die Zuckerzuteilung
nicht allzusehr einschränken zu müssen. Einfuhren vorgesehen.
Um Deutschlands Beteiligung am Walfang
Die Industrie- und Handelskammern der nordwestdeutschen Hafenstädte haben einen ,, Arbeitsausschuß für den Walfang" gegründet. Die- ses Gremium hat nun eine Denkschrift vorgelegt, die um die Beteiligung Deutschlands am Walfang kämpft. In ihr heißt es u. a., der Anschluß Deutsch- lands vom Walfang stehe im Widerspruch zu den Grundsätzen des Völkerrechts, das von den Alliier- ten auch weiterhin anerkannt werde. Weiter wird festgestellt, die Neubeteiligung Deutschlands am Walfang widerspreche andererseits nicht dem Pots- damer Abkommen. Angesichts der Notlage in Deutschland wird auf die Empfehlung des ehem. amerikanischen Präsidenten Herbert Hoover hin- gewiesen, Deutschland am Walfang wieder zu be- teiligen. Zur sachlichen Begründung dieser Forde- rung wird hervorgehoben, daß Deutschland im Jahre 1938 mit etwa 20 Prozent an der gesamten Walfangflotte der Welt beteiligt und selbst bei Kriegsende noch im Besitz von drei Walfangmutter- schiffen mit den dazu gehörenden Fangbooten war, die aber alle abgeliefert werden mußten. Mit Hilfe der Flotte des Jahres 1938 könnte in der Doppel- zone eine Fettzuteilung von 200 g pro Kopf und Periode bewerkstelligt werden.
Zur genannten Denkschrift ist bereits eine Aus- landsstimme hörbar geworden. Nach Mitteilung der norwegischen Militärmission in Berlin lehnt Nor- wegen die Beteiligung Deutschlands am Walfang ab, und zwar angeblich deshalb, weil zu große Fänge den Walbestand zugrunde richten.
An der am 8. Dezember beginnenden Fangsaison nehmen 17 Expeditionen teil; man rechnet damit, daß die internationale Höchstquote von 16 000 Blau- waleinheiten bereits vor der Beendigung der Fang-
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zeit erreicht wird. Nach Ansicht Norwegens würde die Ausrüstung weiterer Flotten die Fangergebnisse für die teilnehmenden Flotten verschlechtern und damit die Rentabilität gefährden. An den in diesem Winter ausfahrenden Expeditionen sind neun nor- wegische, vier britische, zwei japanische, eine hol- ländische und eine sowjetische Flotte, außerdem je eine norwegische, britische und argentinische Land- station, beteiligt.
Größte Kohlenknappheit im Jahre 1948
GENF. Nach einem Bericht des europäischen Koh- lenausschusses wird sich Europa im Jahre 1948 der größten Kohlenknappheit seit Kriegsende gegen- übersehen. Die Experten werden sich mit der hieraus entstehenden Lage beschäftigen. Nach vorläufigen Schätzungen wird das zurzeit 30 Mill. t betragende Defizit der europäischen Kohlenversorgung auf 41 Mill. t im Jahre 1948 ansteigen; für 1949 schätzt man Fehlbeträge von 24 und für 1950 von 18 Mill. t.
Dabei sind, wie die europäische Kohlenorganisa- tion laut AFP bekanntgibt, die Förderziffern im Oktober gegenüber September erheblich angestie- gen. Es werden folgende Ergebnisse genannt:
Oktober
September
( in Mili. t)
Ruhr Saar
6,658
6,263
1,025
0,953
Polen
5,767
5,367
Frankreich
4,621
3,982
Belgien
2,130
2,006
Niederlande
0,922
0,898
Frankreich und Polen überschritten ihre Vor- kriegsförderung mit 119 bzw. 113 Prozent.
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28. November 194?
Förderung des Schwarzhandels
BERLIN. Ein Bericht der Abteilung für Preis- kontrolle der amerikanischen Militärregierung be- sagt, durch die Tätigkeit der Exportagentur„ RAS- NO", die in der Sowjetzone und im sowjetischen Sektor Berlins Geschäftsstellen unterhält, und die unmittelbar dem sowjetischen Außenhandelsmini- sterium untersteht, sei der Schwarzhandel in den. letzten 6 Monaten stark gefördert worden.
Die Agentur verfolge dabel offensichtlich das Ziel, internationale Zahlungsmittel zu erwerben; sie habe durch den freien Verkauf von Zigaretten bereits große Gewinne an Gold, Devisen und Dia- manten erzielt. Die Kunden sind, nach unserem Bericht, großenteils Nichtdeutsche, welche die Zi- garetten auf dem Schwarzen Markt gegen deutsches Geld oder Sachwerte absetzen.
Wirtschaft des Auslands
PARIS. Ein Währungsabkommen zwischen Frank- reich und den Beneluxländern ist am 18. November unterzeichnet worden. Es hat die Erleichterung des internationalen Zahlungsausgleichs zum Ziel. Alle anderen Länder können ihm zum Ausbau eines multilateralen Vertragsnetzes beitreten. Differenzen der Außenhandelsbilanzen sollen nicht mehr, wie dies bisher unter dem System der Währungskontrol- len der Fall war, in Gold oder Schwerdevisen be- zahlt, sondern international verrechnet werden. Mit der technischen Durchführung der Verrechnungen ist die BIZ beauftragt worden.
LONDON. Englische Handelsbilanz weiterhin pas- siv. Die britischen Exporte sind mit 108 200 000 Pfund Sterling im Monat Oktober gegenüber dem im Juli d. J. erzielten Rekord um 2,1 Mill. Pfund Sterling rückläufig. Die Importe erhöhten sich dagegen auf 161 400 000 Pfund, so daß die Handelsbilanz für Ok- tober mit 53 200 000 passiv ist. Das Gesamtdefizit der ersten zehn Monate d. J. beträgt damit 518 Mill. Pfund Sterling.
GENF. Die Verhandlungen über internationale Vereinbarungen in der zivilen Luftfahrt sind geschel- tert. Die mit der Ausarbeitung eines zwischen- staatlichen Abkommens über das Handelsrecht in der Zivilluftfahrt betraute Kommission löst sich nach der Feststellung, daß ihr die Weiterführung der Arbeiten unmöglich sei, auf. Grund: Die klei- nen Länder wollen ihre nationalen Interessen auf dem Gebiet der Zivilluftfahrt gewahrt wissen und glauben, dies besser durch zweiseitige Abkommen als durch eine internationale Konvention zu er- reichen.
WIESBADEN. Die Lebenshaltungskosten sind.im September 1947 gegenüber dem Monat August leicht zurückgegangen, weisen aber gegenüber September 1946 nach den Feststellungen des Statistischen Lan- desamtes in den meisten Bedarfsgruppen eine Stei- gerung auf. Erhöht haben sich vor allem die In- dexzahlen für Ernährung bis zu 6,4 Prozent, für Heizung und Beleuchtung bis zu 11,3 Prozent, für Bekleidung um 9,5 Prozent und für Einrichtungen um 9,3 Prozent.
BERLIN. Die Genehmigung zur Vertretung aus- ländischer Handelshäuser in Deutschland erteilten die britische und amerikanische Militärregierung deutschen Gesellschaften, um eine Belebung des Außenhandels der Doppelzone herbeizuführen.
Werkzeugmaschinen für Oesterreich WIEN. Im Wiener Arsenal fand dieser Tage die feierliche Uebergabe der ersten Hälfte einer Anzahl von Werkzeugmaschinen statt, die Oesterreich von der britischen Regierung geschenkt werden. Es handelt sich um 663 Maschinen mit einem Schät- zungswert von 10 bis 12 Mill. Schilling, hauptsächlich solche englischer und amerikanischer Herkunft.
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