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daß die Verwaltung sauber, einwandfrei und unparteiisch arbeitet. Der alte württember- gische Grundsatz von der Lauterkeit der Staatsverwaltung muß auch und gerade in der Jetztzeit obenan stehen.
Mit dem Ausgeführten wäre aber die Auf- gabe der Regierung keineswegs erschöpft. Regieren bedeutet mehr als Verwalten. Re-
gieren ist Zielsetzung. Und worin besteht die- ses Ziel? Es besteht einfach darin, an der Be- hebung der Not des Volkes mitzuwirken. Die Bevölkerung darf aber nicht glauben, daß das Heil nur von der Regierung abhängig sei.
Allzuleicht vergiẞt man schon wieder, daß es sich um den totalen Bankerott des totali-
tären Nazismus handelt, den es zu liquidieren gilt. Diese Folgen sind auch insofern total, als nahezu die ganze Welt in den Wirbel des Unglücks gestürzt wurde. Man kann nicht sechs Jahre zerstören, um nachher so zu tun, als ob nichts geschehen wäre. Immerhin sind seitdem zwei Jahre ins Land gegangen, daß noch kein Friede ist, ist nicht die Schuld des deutschen Volkes. Das alles soll aber für die Regierung kein bequemer Vorwand sein, um nichts zu tun. Mit Recht erwartet das Volk von der Regierung, daß sie alles tut, um die Lage zu bessern. Man muß sich aber klar sein, daß mit einer Polterpolitik nicht gedient ist. Es wird eine zähe und geduldige Arbeit sein, welche die Regierung zu verrichten hat. Aber man darf hoffen, daß dieses stille Wirken doch seine Früchte tragen wird.
SCHWABISCHES TAG BLATT
Pastor Martin Niemöller belastet?
VVN. Hessen lehnt Aufnahme Niemöllers ab
BAD NAUHEIM. Zum Beschluß des Lan- desausschusses der VVN. Hessen, die Auf- nahme des in Büdingen wohnhaften Pastors Niemöller abzulehnen, erklärte der Kreis- vorsitzende, daß sich zwischen den Erklärun-
gen Niemöllers und einer von Dr. Kempner, dem stellvertretenden Hauptankläger bei den Nürnberger Prozessen, eingeholten Auskunft Widersprüche ergeben hätten. Weiter wurden Auszüge aus Geheimakten Alfred Rosenbergs bekanntgegeben, die Niemöller schwer bela- steten. Der Inhalt dieser Akten wurde am
16. Mai 1947 in einer New Yorker Zeitschrift veröffentlicht und im Berliner ,, Telegraf" vom 22. Juni 1947 auszugsweise wiedergegeben. In dem Verhandlungsprotokoll des Prozesses gegen Pastor Niemöller in Moabit im Februar 1938 wird auch die Darstellung wiedergegeben, die Niemöller von seinem Leben gab und in der es heißt, daß er von jeher ein Feind der Republik gewesen sei und seit 1924 stets die NSDAP. gewählt habe. Als Hitler 1935 den Austritt aus dem Völkerbund vollzog, habe er sofort ein Glückwunschtelegramm an ihn ge- richtet. Die Juden seien ihm unsympathisch und fremd. Das dürfe man ihm, dem Sproẞ einer alten westfälischen Bauern- und Theo- logenfamilie und ehemaligen kaiserlichen See- offizier, schon glauben.
Als die Haushälterin Niemöllers nach dessen Rückkehr aus Amerika die Zulagekarte für politisch Verfolgte in seinem Namen abholen wollte, habe man ihr mitgeteilt, daß erst eine
Badische Regierung gebildet FREIBURG. Der badische Staatspräsident hat zu Mitgliedern der Landesregierung be- rufen: Inneres: Ministerialrat Dr. Schuehly ( BCSV.); Finanzen: wird noch bestimmt; Ju- Kenneth Royall besucht Deutschland stiz: Staatssekretär Dr. Nordmann( SPD.); Kultus und Unterricht: Staatspräsident und Ministerpräsident Wohleb( BCSV.); Wirt-
schaft und Arbeit: Staatssekretär Dr. Leib- brandt( SPD.); Landwirtschaft und Ernäh- rung: Bürgermeister Schill( BCSV.). Die Geschäfte des Finanzministers übernimmt vor- läufig der Ministerpräsident selbst.
5. Gewerkschaftsinterzonenkonferenz BADENWEILER. Die fünfte Interzonenkon- ferenz der Gewerkschaftsverbände Deutsch- lands vom 7. bis 9. August 1947 in Baden- weiler wird sich in erster Linie mit folgenden Fragen beschäftigen: 1. Tarifverträge oder rifordnung; 2. Betriebsräte- und Arbeitsgesetz- gebung; 3. Reform der Sozialgesetzgebung; 4. Organisatorische Fragen.
Für die Punkte 1 und 2 sind bereits bera- tende Kommissionen gebildet worden, die am 4., 5. und 6. August zu Vorbereitungsarbeiten In Badenweiler zusammentreten.
Für Südwürttemberg werden der Präsident des Gewerkschaftsbundes von Südwürttemberg- Hohenzollern Fleck( als Delegierter und Mitglied der Kommission für Tarifrecht) und Gewerkschaftssekretär Becker( Kommission für Arbeitsrecht) teilnehmen.
Die Zahl der gewerkschaftlich erfaßten Arbeitnehmer in den Ländern der französi- schen Zone- ein Zonensekretariat ist seit der ersten Zonenkonferenz am 28. und 29. Juni dieses Jahres in Vorbereitung ist entspre- chend den in den einzelnen Ländern beschäf- tigten Arbeitnehmern und Angestellten sehr verschieden.
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Der Bund Rheinland- Pfalz weist zirka 250 000 Mitglieder auf, es folgen Südbaden mit lern mit rund 50 000 Mitgliedern.
WASHINGTON. Die amerikanische Politik in Deutschland soll nunmehr im Rahmen des
Klarstellung der gegen Niemöller erhobenen Vorwürfe erfolgen müsse und sie darauf hin- gewiesen, daß Pastor Niemöller nach eigenen Angaben aus Amerika etwa 1000 Care- Pakete nach Deutschland geschickt habe, darunter
solche an seine eigene Adresse.
Daraufhin wurde die Angelegenheit der Landesleitung der VVN. übergeben und bean- tragt, Niemöller aus dem Betreutenkreis aus-
zuschließen.
1. August 1947
Kleine Weltchronik
Französische Zone
BIBERACH. Die landwirtschaftliche Sachverstän- sowjetischen Militärregierungen hat nunmehr auch digenkommission der britischen, amerikanischen und die französische Zone besucht. Amerikanische Zone
STUTTGART. Das statistische Handbuch für
Deutschland soll Anfang nächsten Jahres neu her. ausgegeben werden.
STUTTGART. Der Gesetzentwurf über die Bil- dung einer süddeutschen Rundfunk- GmbH. ist von der Militärregierung abgelehnt worden, da eine be- herrschende Stellung der Regierung im Rundfunk- wesen nicht annehmbar sei.
MÜNCHEN. Das Gesuch von Alfred Loritz um
Pastor Niemöller, der gegenwärtig in Oslo an der Weltkonferenz der christlichen Jugend teilnimmt, erklärte einem Vertreter einer Os- loer Zeitung, die Entscheidung der politisch Haftentlassung ist endgültig abgelehnt worden. Verfolgten in Hessen, ihn nicht als Mitglied anzuerkennen, mache auf ihn nicht den ge- ringsten Eindruck.„ Ich kenne die Leute, die dahinter stehen", fügte Niemöller hinzu.„ Sie sind von Haß erfüllt und huldigen dem Prin- zip: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ueberall leuchten sie mit der Lampe nach einem Schul- digen und wenn sie keinen finden, wenden sie sich an einen Unschuldigen. Ich weiß, um was es sich handelt und bereits im April, als ich. in Amerika war, konnten die Blätter ausführ- liche Berichte darüber bringen. Mehr will ich dazu nicht sagen."
BAD KISSINGEN. Nach einer Mitteilung der Zen- trale für Wetterdienst wurden am vergangenen Dienstag an verschiedenen Orten Deutschlands die
höchsten Temperaturen seit Bestehen metereologi- scher Beobachtung, also in den letzten 70 Jahren,
Niemöller hatte bereits im Juni bei einer Pressekonferenz erklärt, daß er erst als Christ den Antisemitismus, der in ganz Deutschland zur Gewohnheit geworden sei, überwunden habe.
CDU. und SPD. im Wirtschaftsrat FRANKFURT.„ Die Kommunisten aller Länder werden der CDU. dankbar sein",
schreibt Dr. Schumacher zur Ablehnung des sozialdemokratischen Kandidaten für das Ver- waltungsamt im Frankfurter Wirtschaftsrat.
Marshallplanes für die wirtschaftliche Wie- deraufrichtung Europas erfolgen und nicht mehr isoliert für sich durchgeführt werden. In dieser Hinsicht scheinen gewisse Meinungs- ,, In einer Zeit, in der die Ostblockpolitik Eu- verschiedenheiten zwischen diplomatischen Kreisen in Washington und dem Oberbefehls- haber der amerikanischen Truppen in Deutsch- land, General Lucius D. Clay, aufgetreten zu sein.
General Clay vertrat den Standpunkt, daß die Nationalisierung der Ruhrindustrien und der Ruhrkohle nicht vor fünf Jahren statt- finden solle, während das Staatsdepartement zu verstehen gab, daß es in dieser Angele- genheit nicht zuständig sei und keine Anord- nungen treffen könne. Aus diesem Grund scheint General Clay es bisher abgelehnt zu haben, sich zur Kohlenkonferenz nach Wa- shington zu begeben.
Der neue amerikanische Kriegsminister, Kenneth Roy all, ist inzwischen zu Bespre- chungen mit General Clay nach Deutschland abgereist. In Washington schließt man daraus, daß der Rücktritt von General Clay im Augen- blick nicht zur Diskussion steht.
Royall wird bei seiner Deutschlandreise die amerikanischen militärischen Einrichtungen in Deutschland besichtigen und die Lage zu klä- ren versuchen, die auf Grund der Meinungs- verschiedenheiten zwischen General Clay und dem Staatsdepartement über die französische Haltung zum Problem der deutschen Indu- steieproduktion entstanden ist.
Zum Marshall- Plan BERLIN. Das Zentralsekretariat der SED. gen auf Deutschland einer scharfen Kritik
etwa 68 000 und Südwürttemberg- Hohenzol- hat den Marshallplan mit seinen Auswirkun-
unterzogen. Schon nach dem ersten Weltkrieg,
Belgische Reparationsforderungen heißt es in der Stellungnahme, habe das deut- KÖLN. Betriebsräte und Funktionäre des sche Volk mit der Anleihepolitik die ,, bitter- Industrieverbandes Bergbau haben im Namen sten Erfahrungen" gemacht; sie ende in Krise, von 20.000 Bergleuten gegen die belgischen Faschismus und Krieg. Das deutsche Volk Reparationsforderungen im linksrheinischen müsse seine eigenen Kräfte anspannen, um Braunkohlengebiet protestiert. In der Entschlie- eine friedlichen Zwecken dienende Wirtschaft Bung heißt es, man erkenne zwar die berech- aufzubauen und um den Lebensbedarf des tigten Forderungen der vom Krieg verwüste- deutschen Volkes zu decken, heißt es in der ten Länder auf Wiedergutmachung an, die SED.- Erklärung weiter. Eine solche Entwick- belgischen Forderungen dienten jedoch nicht lung sei aber nur möglich, wenn mit der dem friedlichen Zusammenleben von Nach- ,, willkürlichen Zerreißung des deutschen Wirt- barvölkern und stünden im Widerspruch zu schaftskörpers durch die bizonale Politik" den Grundsätzen der Charta der UN. Schluß gemacht werde.
DIE MASKE
Novelle von Helene von Ssachno
Eines Abends kehrte Alexej früher als ge- wöhnlich nach Hause zurück. Er war müde und abgespannt, aber der lichte Abendhimmel, an dem die ersten Sterne zitterten, ließ seine kranke Seele erbeben und löste ein Lächeln auf seinen Lippen aus. Er öffnete die Fenster in seinem Zimmer und begann unruhig auf und ab zu gehen. Er schlug ein Buch auf und versuchte zu lesen, aber seine Gedanken ver- wirrten sich und er legte es wieder fort. Schließlich trat er an seinen Schreibtisch und begann in seinen Briefen und Papieren zu **** blättern. Sein Blick fiel auf ein zusammen- gefaltetes Blatt. Es war Irinas Brief, und wie damals dachte er: warum auch nicht? Sie ist gerade der passende Umgang für mich. Er dachte an Jelisaweta Pawlowna, an das Zer- würfnis mit ihr, an seinen letzten Besuch im gräflichen Hause, und zugleich erstand Irinas Gestalt vor seinen Augen. Er seufzte tief auf und ergriff die Feder.
Irina befand sich in ihrem Zimmer, als die Kammerjungfer an ihre Tür klopfte und ihr einen Brief reichte. Sie errötete, ergriff das Schreiben mit bebenden Fingern und wagte es lange nicht zu öffnen. Schließlich tat sie es fast gegen ihren Willen. Der Brief lautete: Sehr verehrte Irina Wassilewna! Ueber ein Vierteljahr ist vergangen, seit- dem ich Sie zum letztenmal gesehen habe. Heute nun hat mir das Schicksal Ihre freund- lichen Zeilen wieder in die Hand gespielt. Ich habe viel Schweres in dieser Zeit durch standen und bitte um Ihre gütige Nachsicht, zugleich aber flehe ich Sie an, mir die Freude zu gönnen, Sie, wenn auch nur für einen Augenblick, zu sprechen. Ich glaube mich zu erinnern, daß Sie am Sonntag meistens allein zur Kirche gingen. Ich werde ab 11 Uhr an der Ecke im Wagen auf Sie warten.
Ihr ergebener Diener Alexej Jelzoff.
Irina ließ den Brief sinken und begann zu weinen. Ihre Erwartungen waren erfüllt, ja, übertroffen worden. Sie öffnete das Fenster, um sich Luft zu verschaffen; in diesem Augenblick klopfte die Kammerjungfer zum zweitenmal an ihre Türe und rief sie zum Essen. Sie versteckte den Brief in ihrem Gürtel und eilte nach unten.
Am Sonntag kleidete sie sich mit beson- derer Sorgfalt an. Zuweilen begleitete sie der alte Graf oder Jelisaweta Pawlowna in die Kirche, und sie erbebte bei dem Gedanken an eine solche Möglichkeit. Aber das Glück blieb ihr hold, man ließ sie allein gehen. Nachdem sie eine halbe Stunde zerstreut dem Gottesdienst gefolgt war, trat sie auf die Straße hinaus. Der Fluß glänzte wie ein silbernes quellendes Band, die Stimmen der Vögel ließen die Luft erbeben und die Knospen an den Bäumen glänzten im feuch- ten Schimmer. Sie schritt auf den Wagen zu, Alexej reichte ihr die Hand, und sie ließ sich schweigend an seiner Seite nieder. Sie er- schrak über den veränderten Anblick, den seine Erscheinung bot. Dann aber lächelte sie das er bereits an ihr kannte und das das Herz des jungen Offiziers wiederum erbeben ließ.
ihn mit dem zarten, schüchternen Lächeln an,
Alexej wußte es selbst nicht zu sagen, wann er Irina zu lieben begonnen hatte. Es war so allmählich geschehen, so gleichsam ohne Er- schütterungen vor sich gegangen, daß er sie bereits liebte, ehe er sich dessen noch be- wußt geworden war. Was zu Beginn nur eine Laune gewesen war, hatte sich zu einem tie- fen Gefühl entwickelt. Alexejs Leben war auf einem System von Schulden aufgebaut, und da die meisten seiner Kameraden in den gleichen verworrenen Verhältnissen lebten, dünkte ihn dieser Umstand gleichsam das Na- türlichste von der Welt zu sein. Erst durch Irina wurde er sich der Unhaltbarkeit seiner Verhältnisse, bewußt. Er begann sich seines früheren Lebens zu schämen. So allmählich wie er Irina zu lieben begonnen hatte, so all-
ropa ausschaltet und Deutschland mitten durchreißt, geben das deutsche Unternehmer- tum und seine politische Vertretung sowie die bürgerlichen Splitter den Kommunisten die bequeme Gelegenheit, den Westen als kapi- talistisch und antisozialistisch zu denunzieren und ihren eigenen Staatskapitalismus als ei- genen Sozialismus anzupreisen."
Die CDU. sei jetzt zusammen mit der SPD. Trägerin der Wünsche des deutschen Restka- pitalismus. Diese beiden Parteien seien Nutz- nießer des Verbots der SPD. in der Ostzone.
Dr. Konrad Adenauer, der Vorsitzende der CDU. in der britischen Zone, wies die Be- hauptung Dr. Kurt Schumachers, die CDU. habe versucht, die totale Macht für die Wirt- schaft in Westdeutschland an sich zu reißen, zurück. Da die SPD. neben den in ihrem Be- sitz befindlichen Wirtschaftsministerien aller Länder der beiden Zonen auch noch das Amt des Wirtschaftsdirektors im bizonalen Wirt- schaftsrat verlangte, habe sie genau das ge- tan, was Dr. Schumacher der CDU. vorwerfe.
Wenn es der SPD. gelungen wäre, außer den Wirtschaftsministerien auch noch dieses Di- rektorium zu gewinnen, so hätte das aller- dings eine totale Machtergreifung" dieser Partei auf wirtschaftlichem Gebiet bedeutet. Wie Herr Dr. Schumacher zu der Behauptung komme, die CDU. habe durch die Besetzung des Wirtschaftsdirektorenpostens die soziali- stische Linie verlassen und sei zur reinen Un-
ternehmerpartei geworden, bleibe ihm unklar. Schlagkräftiger Landtagsabgeordneter
MÜNCHEN. Der bayerische Landtagsabge- ordnete Friedrich Lugmair wurde während einer Schlägerei, die im Verlaufe einer Ver- sammlung der Opfer des Nazismus in Fürsten- feldbruck in Bayern entstand, verhaftet. Im Verlauf dieser Versammlung hatte der soeben abgesetzte öffentliche Ankläger der Spruch- kammer versucht, sich zu rechtfertigen. Die Rechtfertigung artete in eine Schlägerei aus; die Angreifer benutzten amerikanische Tot- schläger, Eisenstangen und Knüppel. Der ehe- malige öffentliche Ankläger und Landtagsab- geordnete verletzte eine Reihe von Personen.
mählich begann er auch seinen Gewohnheiten zu entsagen. Er, dessen Unterhaltungen sich gewöhnlich mit Pferden, Frauen, Wein und Theater beschäftigt hatten, entdeckte plötz- lich die Welt der Bücher. Er bemühte sich, indem er sich einschränkte, was soviel be- deutete, daß er nicht mehr spielte und auf- hörte, Bankette zu veranstalten und an kost- spieligen Vergnügungen teilzunehmen, wenig stens einen Teil seiner Schulden abzutragen.
Seinen Dienst erfüllte er jetzt mit mehr Eifer und Pünktlichkeit und fiel seinen Vor- gesetzten, die ihn nur als Mann von Welt kannten, durch Selbstbeherrschung und Zu- verlässigkeit auf. Seine Kameraden verspot- teten ihn, und er sah sich genötigt, mit jenen Offizieren zu verkehren, die er früher ihres „ Muckertums" wegen verachtet hatte. Und all dieses geschah gleichsam wie von selbst, ohne ihn zu belasten.
So kam der Sommer heran. Jelisaweta
Pawlowna hatte mittlerweile geheiratet und reist. Irina war allein. Sie beaufsichtigte die war mit ihrem Mann nach Südrußland ge- jüngeren Kinder und führte den Haushalt Zeit, und ihren Zusammenkünften mit Alexej nun ganz selbständig. Sie verfügte über mehr
stand nichts mehr im Wege. Im Juni rüstete sich der alte Graf, mit seinem Hausstand für die Sommermonate auf sein Stammgut über- Reisevorbereitungen zu tun. Schließlich war zusiedeln. Irina hatte viel mit Packen und alles besorgt, und der Tag des Abschieds ge- kommen. Alexej begleitete sie bis zur Haus-
tür.
,, Leben Sie wohl", sagte er traurig ,,, wann wiedersehe, werden Sie mich bis dahin nicht werde ich Sie wiedersehen und wenn ich Sie vergessen haben?" Er behielt ihre Hand in der seinen und sah ihr tief in die Augen. ,, Niemals", sagte sie flüsternd, aber bitte, gehen Sie, man könnte uns sehen."
Alexej machte gehorsam kehrt. Er war be- trübt, und schon auf dem Heimweg begann es ihm zu dämmern, daß er Irina liebte.
gemessen.
FRANKFURT. Gegen Gewaltanwendung und Ge-
waltpolitik wandte sich der Präsident der deutschen Friedensgesellschaft bei der Eröffnung des diesjäh-
rigen Bundestages der Kriegsgegner.
KASSEL. Acht ehemalige Nachrichtenhelferinnen sind aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurück- gekehrt. Sie haben fast drei Jahre lang in einem Bergwerk gearbeitet und wurden wegen Arbeits- unfähigkeit entlassen.
Berlin
BERLIN. Im Kulturbund für demokratische Er-
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neuerung hatte ein SPD.- Vertreter erklärt: Wenn von Menschenwürde und Gedankenfreiheit gespro- chen wird, kann ein SED.- Redner nicht mitspre- chen." Daraufhin stürzte sich der SED.- Vertreter, Graf Steenbock, auf das Podium und bearbeitete den Redner mit den Fäusten.
BERLIN. Die Delegation der Freien Deutschen Jugend( FDJ.), die an der vom 20. bis 23. Juli in Moskau abgehaltenen Sportparade teilnahm, hat am Montag die Stadt Stalingrad besucht.
BERLIN. Der bisherige Intendant des Berliner Rundfunks, Max Seydewitz( SED.), ist einstimmig zum Ministerpräsidenten des Landes Sachsen ge- wählt worden.
Ausland
LONDON. Nach der beabsichtigten 50prozentigen Demobilisierung der britischen Armee wird Groß- britannien im Jahre 1948 100 Millionen Pfund Ster-
ling einsparen können.
KOPENHAGEN. Etwa 5000 Delegierte als Vertre- ter von 45 Nationen nehmen an dem Baptistenwelt- kongreß teil.
PARIS. Der amerikanische Freiheitspreis für 1947 ist Außenminister Marshall für die Ausarbeitung seines Marshall- Planes verliehen worden.
PARIS. In Paris wurde am Montag die höchste Temperatur seit 75 Jahren, 39 Grad im Schatten, gemessen. In der Sologne gab es bei Temperaturen
bis zu 60 Grad in der Sonne zahlreiche Waldbrände.
Die Hitzewelle über London erreichte 32 Grad im Schatten.
PARIS. 33 000 Pfadfinder aus 40 Nationen nehmen an dem internationalen Pfadfindertreffen vom 9. bis 21. August teil.
INNSBRUCK. Oesterreich hat seit Beginn der Be- setzung von den USA. 209 Millionen Dollar erhalten. BUKAREST. Der rumänische Ministerrat und das Parlament haben die Auflösung der nationalen Bauernpartei beschlossen.
WASHINGTON. Die USA. haben nach Mitteilung des Repräsentantenhauses zurzeit Kampftruppen in Stärke von 113 000 Mann einsatzbereit. In Europa befinde sich nur eine Kampfdivision von 15 000 Mann sowie zwölf Gendarmerieregimenter.
WASHINGTON. Eine Super- Fortreß ist für den
Transport der zurzeit größten Bombe der Welt mit Jetzt sollen auch Bomben bis zu einem Gewicht von
einem Gewicht von 20 Tonnen umgebaut worden. 50 Tonnen hergestellt werden
WASHINGTON. Die Sendungen der Stimme Ame- rikas für die Sowjetunion sollen laut Reuter ver- stärkt werden.
HARRISONBURG. Zwölf Tote und etwa 60 Ver-
letzte forderte eine Explosion in einem Damenfri- seursalon in Amerika.
Herausgeber und Schriftleiter: Will Hanns Hebsacker, Dr. Ernst Müller und Alfred Schwenger. Weitere Mitglieder der Redaktion: Albert Ansmann( zurzeit in Urlaub), Dr. Helmut Kiecza und Josef Klingelhöfer Monatlicher Bezugspreis einschl. Trägerlohn 1,50 RM., die Post 1,74 RM., Einzelverkaufspreis 20 Pfg Erscheinungstage Dienstag und Freitag
durch
Alexej hatte während Irinas Abwesenheit, die sich über Monate hinzog, Zeit und Muße genug, um sich über sein Gefühl einig zu werden. Irina hatte ihm ihre Adresse hinter- lassen; Alexejs Briefe wurden von Woche zu Woche länger und offener in der Sprache, und doch hielt ihn eine unerklärliche Scheu, die Ungewißheit, ob seine Empfindungen er- widert wurden, vor einer endgültigen Erklä- rung zurück. Seine Leidenschaft war durch die Trennung erweckt. Er brachte die Tage in dumpfem Brüten, die Nächte in unruhigen Träumen hin. Was die Schmeicheleien der Petersburger Damen nicht vollbracht hatten, war Irina gelungen. Alexejs Sicherheit den Frauen gegenüber, die fast sprichwörtliche Leichtigkeit seiner Werbung hatte einer zag- haften Rücksicht, einer schamvollen Verehrung Platz gemacht.
Endlich traf der Brief ein, in dem ihm Irina ihre Ankunft in Petersburg meldete. Sie war allein gekommen, um das Haus wieder instand zu setzen. Alexej fühlte, wie ihm die Sinne zu schwinden begannen, als er ihr nach der Trennung zum erstenmal wieder wie in Sonne gebadet, gegenübertrat. Sie war frisch, strahlend und
,, Mein Gott", entrang es sich seiner be- klommenen Brust ,,, wie habe ich diesen Tag herbeigesehnt. Glauben Sie mir, daß ich die Tage bis zu Ihrer Rückkehr gezählt habe?" Sie errötete tief, lächelte dann aber und sah ihm offen ins Gesicht.
,, Mir ist es nicht anders gegangen." Alexej war wie im Fieber. Seine Augen folgten ihr auf Schritt und Tritt, schließlich hielt er nicht mehr an sich und sagte:
dem ich tiefer, inniger und leidenschaftlicher an- hängen könnte. Ich liebe Sie unendlich. Bitte
,, Ich liebe Sie, ich kenne keinen Menschen,
erhören Sie mich und werden Sie meine Frau." Er neigte sich dabei über ihre Hände und bedeckte sie mit brennenden Küssen. Das junge Mädchen war zusammengefahren. Ihr Gesicht bedeckte sich vor Erregung mit einer tödlichen Blässe. ( Fortsetzung folgt)