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Das geht alle an
Stromsperre aufgehoben
Nach der Anordnung T 1 des Directeur der Produc- tion Industrielle vom 18. 10. 46, J. O. Nr. 50 wur- den für den Strombezug Sperrstunden eingeführt. Diese Sperrstunden werden laut Entscheid des Di- recteur der Production Industrielle vom 20. 3. 47 ab sofort und bis auf Widerruf aufgehoben.
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Neues Referat ,, Schuhe und Leder" Landes- Bei der Landesdirektion der Wirtschaft wirtschaftsamt Tübingen, Neckarhalde 1, wurde das Referat Schuhe und Leder neu gebildet; von ihm werden bearbeitet: 1. Alle den Schuheinzel- handel und den Schuhgroßhandel berührenden Fra- gen. 2. Freigaben von Leder und Lederwaren. Fragen der Produktion werden nach wie vor von der Landesdirektion der Wirtschaft - Landeswirt- schaftsamt- Zentrale der Wirtschaft, Reutlingen, Kaiserstraße 92, bearbeitet. Das Referat Verbrau- cherregelung bei der Landesdirektion der Wirtschaft Landeswirtschaftsamt wird durch die organi- satorische Aenderung nicht berührt. Es werden dort die Aufgaben ,, Verteilung von Lederwaren aller Art an den zivilen Sektor" erledigt.
Der
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der
Wer hat Material? ,, Landesausschuß Württemberg- Baden vom Naziregime politisch Verfolgten" bereitet eine Ausstellung des Materials über die deutsche Wi- derstandsbewegung vor. Personen, die derartiges Material( Graphik, Schrifttum, Lieder, persönliche Briefe, Fotografien, Zeichnungen, Pressenachrich- ten, Urteile, alte Zeitungen usw.) besitzen, wer- den gebeten, dieses der Landesstelle Württemberg- Baden, Stuttgart- O., Wagenburgstraße 26 für die Ausstellung zur Verfügung zu stellen.
Wir suchen:
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( 2. Fortsetzung). Kahn Alain, geboren 7. 10. 1921 in Straßburg. War in Clermont und Drancy interniert ( Franzose). Ebstein Raymond, geb. 7. 1. 1919 in? War nach Polen verschleppt( Franzose) Ebstein Lily, geb. 6. 10. 1920 in? War nach Polen verschleppt( Franzose). Sabatier Jean, geb. 22. 9.? in Vichy. War in Fremes in- terniert( Franzose).- Ganon Renée, 14 Jahre alt. War im Lager Drancy interniert( Französin).- Ganon Line, 12 Jahre alt. War im Lager Drancy, interniert( Fran- zösin). Roche, genannt Hartmann, Jean Baptiste, geb. 26. 3. 1884 in Array le Duc( Cote d'Or). Franzose. 110. Inf.- Regt. Im April 1916 in Gustrom gefangengenommen. Mit einer Russin wiederverheiratet. Hat Kinder. Soll sich in Deutschland in der amerikanischen Zone nieder- gelassen haben( vielleicht). Majewski Helene, geb. 29. 7. 1922 in Domachowo. Polin. Wurde nach Deutschland verschleppt und soll sich in der amerikanischen Zone be- finden. Senger Bouratschenko Olga, geb. 1900, und Tochter Tatijana, geb. 1924 in Potschep in Rußland. Letzte Anschrift in Rußland: Mariupol, 1943 nach Deutsch- land evakuiert. seither ohne Nachricht. Russische Natio- nalität. Morir Jaques, geb. 5. 11. 1893 in Paris. Franzose. Letztbekannte Adresse: Nordhausen. Anfang 1944 festgenommen und nach Compiegne gebracht ( 17. 8. 1944) nach Buchenwald,( 17. 10. 1944) nach Oste- rode,( 28. 2. 1945) nach Dora,( 15. 3. 1945) nach Nord- hausen. Am 11. 4. 1945 von den Amerikanern befreit. Von den Amerikanern im Auto in ein deutsches Kran- kenhaus gebracht Besondere Kennzeichen: Es fehlt der Daumen der rechten Hand.
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Wer Angaben über den Verbleib einer dieser Personen machen kann, meldet dies folgender Adresse: M. le Chef de la Section des Personnes Déplacées Service des Re cherches 34, Herrenberger Straße 34, Tübingen.
Die Meldungen können in deutscher Sprache eingereicht werden.
Die Militärregierung teilt mit: Es werden ge- sucht: Dresiks, Nils Jivars, geboren 22. 5. 1942 in Zoppot( Danzig), Dresiks, Silvijy Tony, geboren 15. 11. 1936 in Riga( Latvia). Diese beiden Kinder sind von Zoppot, Adolf- Hitler- Straße 702, im August 1944 weg und seitdem hat man keine Nachrichten mehr von ihnen. Kott, Ryszard, geb. 1923, Kott wurde in Polen festgenommen, 1943 nach Deutsch- land verbracht, wo er vom 3. 7. 43 bis zum 5. 9. 1944 bei der Autoindustrie in Emzheim bei Saarbrücken arbeitete, nachdem soll er im deutschen Wasser- dienst, seiner Kenntnisse in der Mechanik wegen, gearbeitet haben. Fritsch, Aloys Johann, Lithuaner, geb. in Born( Rußland), 1. 5. 1918. Die letzte be- kannte Adresse war Birsen, Lithuanien, jedoch waren die letzten Nachrichten aus Kaiserslau- tern am 18. 11. 1944. Engel, Walter, Tscheche, geb. am 16. 9. 1908 in Hotzenplotz, C. S. R. Die letzten Nachrichten waren vom 8. 8. 1945 aus dem Spital des Lagers von Höchstheim bei Mainz. Gralow, Valentin, Russe, 53 Jahre alt. Gralow war in der 30. Kompanie des Russischen Korps und wurde zu- letzt in Münsingen( Württemberg) gesehen. Chachoj oder Chochan, Eduoard, geb. 1912 in Kozice( Lub- lin). Chachoj arbeitete in Tenningen( Baden) bei der Eisen- und Hammerwerk GmbH. bis Ende April 1945. Seit dieser Zeit hat man jede Spur von ihm verloren. Marciniak, Leonarda, geb. in Wrzesnla ( Polen) am 11. 3. 1910. Marciniak soll mit anderen Polen nach einem Arbeitslager geschickt worden sein, vor dem 20. März 1945. Dieses Lager soll in Homburg( Saar) gewesen sein.
Nachrichten über die Verschollenen sind an das Englische Rote Kreuz, Baden- Baden, Hans- Thoma- Straße 8, erbeten.
SCHWÄBISCHES TAG BLATT
WIRTSCHAFT UND VERKEHR
Das Holzproblem- eine Weltsorge
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Der Reichtum unserer Wälder schwindet, je län. ger die durch den Krieg heraufbeschworenen Ver- sorgungsschwierigkeiten aller Art anhalten, in wach- sendem Maße. Nicht nur, daß die moderne Industrie des Grundstoffes Holz für die verschiedensten Zwecke bedarf wir nennen nur Papier- und Zell- stoffproduktion und bereits lange Jahre vor dem Kriege unsere Forstleute vom ,, Raubbau am Wald" sprachen, unser Wald liefert nun seit bereits zwei Jahren fast allein den Heizbedarf für die Haushalte. Die dadurch bedingte Vernichtung wirtschaftlicher Werte ist ungeheuerlich, vermag doch das Holz ver- möge seiner verhältnismäßig geringen Heizkraft die Stelle der fehlenden Kohle nur ganz ungenügend zu ersetzen. Unsere Wälder stellen aber auch eine der wichtigsten Grundlagen für die Erfüllung unserer Wiedergutmachungsverpflichtungen dar Wiedergutmachungsverpflichtungen, die anzuerken- nen ein Akt selbstverständlicher Gerechtigkeit be- deutet. Endlich dürfen wir auch das Holz als be- gehrten Exportartikel nicht vergessen, und expor- tieren müssen wir ja, um leben zu können.
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Der aus allen diesen Verwendungszwecken resul- tierende Gesamtbedarf führt zu Einschlägen, die bedenklich stimmen müssen. Heute schon sehen wir weite Strecken, beispielsweise des Schwarzwaldes, kahlgeschlagen. In wenigen Jahren werden wir uns mit unserer Holzwirtschaft einem Engpaß gegen- über sehen, für den es lange Jahrzehnte keine Lö- sung geben wird. Die verhängnisvolle Verkettung unserer Mangelerscheinungen bedroht damit den Wiederaufbau. Die gesamte für den Wiederaufbau unseres zerstörten Wohnraums notwendige Holz- menge ist zwar noch nicht errechnet worden, doch darf man annehmen, daß allein dieser Bedarf schon eine beträchtliche Kluft zwischen Einschlag und Wiederaufforstung geschaffen hätte. Der heutige Stand der Dinge aber zwingt dazu, von einer sehr ernsten Lage zu sprechen. Die Folgerungen aus die- sen Zuständen sind für Deutschland besonders be-
drückend, denn gerade einer deutschen Holzindu- strie mit ihrem hohen Veredelungswert kommt nach dem Abbau der Schwerindustrie eine Bedeutung außerordentlicher Art zu. Auf die Dauer wird man forstwissenschaftliche und forstwirtschaftliche Er- kenntnisse nicht unberücksichtigt lassen, aber es muß befürchtet werden, daß die Einsicht zu spät kommt. Die Not- und dabei die Wohnraumnot im besonderen wird es nicht zulassen, daß aus Er-
Ausland
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kenntnissen die notwendigen Schlußfolgerungen ge- zogen werden können.
Daß aber die Holzversorgung zu einem schwer- wiegenden Weltproblem geworden ist, zeigt die In- ternationale Holzkonferenz, die, vom Generaldirek- tor der Weltverpflegungs- und Landwirtschaftsor- ganisation( F.A.O.) Sir John Boyd Orr, einberufen, in Marienbad am 28. April beginnt. Diese Zusam- menkunft, an der 34 Länder und 5 internationale Organisationen teilnehmen, wird voraussichtlich 10 Tage dauern und sich mit der Untersuchung des Weltholzbedarfs, insbesondere unter Berücksichti- gung der Wiederaufbauprobleme in Europa, befas- sen. Sie wird Pläne für die Wiederaufforstung und die rationelle Verwertung der forstwirtschaftlichen Produktion prüfen. Bereits im September 1946 hatte die F.A.O. auf ihrer Jahrestagung in Kopenhagen den Ernst der Lage der Holzwirtschaft Europas fest- gestellt. Europa hat 20 bis 30 Millionen neue Fami- lienwohnungen nötig. Allein in Polen sind, abge- sehen von der durch den Krieg obdachlos geworde- nen städtischen Bevölkerung, 2 Millionen ländliche Familien ohne Heim; sie hausen teilweise in Erd- höhlen. Seit 1939 ist der Neubau fast überall in Eu- ropa zum Stocken gekommen. Sir John Orr hat aus einer Studienreise quer durch Europa den Eindruck gewonnen, daß ab 1947 die Wohnungsnot das schwer- wiegendste wirtschaftliche und soziale Problem in der Welt darstellen wird. Da die Lösung der Woh- nungskrise aufs engste mit den Fragen der Holz- versorgung zusammenhängt, fällt der F.A.O. als dem einzigen Organismus, der für die Forstwirtschaft innerhalb der Vereinten Nationen verantwortlich ist, die schwere Aufgabe zu, eine großangelegte Ak- tion durchzuführen.
Die Marienbader Konferenz wird ihre Beratungen aber nicht allein auf die europäischen Fragen be- schränken, sondern sich um ein großzügiges Forst- produktionsprogramm für die ganze Welt bemühen, dessen Ziel auf eine Verbesserung der Lebensbe- dingungen durch eine weitergehende Verwendung von Holz und Holzprodukten gerichtet sein wird. Im Laufe des Jahres sollen dann regionale Konfe- renzen, insbesondere auch für die Holzwirtschaft, Amerikas und des Fernen Ostens, stattfinden, welche die Basis für eine spätere Weltkonferenz zu schaf- fen haben. An der durch Krieg und Kriegsfolgen geschaffenen besonderen Lage Deutschlands wird man dabei nicht vorüberzugehen vermögen.
Wirtschaftsnachrichten
Der englische Staatshaushalt LONDON. Als das wichtigste parlamentarische Er- eignis des Jahres betrachtet man in England die Budget- Debatte im Unterhaus. Wir nennen nach- stehend die wichtigsten Zahlen: im Staatshaushalt für das abgelaufene Finanzjahr beträgt das Defizit 569 Mill. Pfund, das sind 157 Mill. weniger als vor- gesehen. Bei den Militärkrediten konnten 14 Mill. Pfund eingespart werden, während die allgemeinen Staatsausgaben um 23 Mill., die Aufwendungen des Kontrollamtes für die britische Besatzungszone um 39 Mill., die Ausgaben für Griechenland um 19 Mill. und die Zahlungen von Prämien an die Ernährungs- wirtschaft um 50 Mill. Pfund höher lagen. Für 1947/48 rechnet man mit Gesamtausgaben von 3181 Mill: Pfund 729 Mill. weniger als im vorigen Finanz- jahr. Der Militärhaushalt sieht Ausgabenherabset- zung um 754 Mill. auf 899 Mill. Pfund vor. Für Wohnraumbeschaffung und Landesgesundheitsdienst ist Ausgabenerhöhung um 25 Mill. Pfund vorge- sehen, und zwar mit Rücksicht auf die zu erwar- tende Geburtensteigerung. Insgesamt 425 Mill. Pfund sollen für Produktionsprämien ausgeworfen wer- den. Die Einnahmen werden mit 1300 Mill. Pfund Sterling veranschlagt. Bei insgesamt 3429 Mill. Pfund Einnahmen und 3181 Mill. Pfund Ausgaben weist der Voranschlag unter den derzeitig geltenden Steuer- sätzen einen Ueberschuß von 248 Mill. Pfund auf nach der Erklärung des Schatzkanzlers somit zum ersten Male seit vielen Jahren ein ausgeglichenes Budget.
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WASHINGTON. Eine französische Mission verhan- delt mit der Regierung der Vereinigten Staaten über die Frage des Anschlusses an die neue Ernte Frankreichs. Zur Aufrechterhaltung seiner Brot- rationen müßte Frankreich zu den bereits zugesag- ten Lieferungen, das sind 133 000 t für Mai und 85 000 t für Juni, noch etwa 300 000 t Getreide er- halten. Man beurteilt auf beiden Seiten die Mög- lichkeiten zur Erreichung dieses Zieles zurückhal- tend, glaubt aber fest, daß wenigstens eine zusätz- liche Lieferung von 100 000 t amerikanischen Getrei- des bis zum Anschluß an die neue Ernte möglich
Kl.
ist. Letzte Meldungen berichten aus Paris über die Schließung zahlreicher Bäckereien infolge Mehl- mangels.
BERLIN. Die„ Chase- Nationalbank" in New York hat laut OMGUS- Finanzabteilung von der amerika- nischen Bundesreservebank Genehmigung zur Er- öffnung einer Zweigstelle in Berlin erhalten, die in beschränktem Umfang Geschäfte mit dem hierzu berechtigten amerikanischen Personal der USA.- Zone und des amerikanischen Sektors von Berlin abwickeln soll. Derartige Bankgeschäfte wurden bis- her allein durch die American Expreß- Companie und durch die amerikanische Armee getätigt.
BERN. Wie aus der Schweiz mitgeteilt wird, soll der Eisenbahndurchgangsverkehr über Deutschland in diesem Sommer wesentlich erweitert werden. Es ist geplant, den Verkehr zwischen Großbritannien, den Niederlanden und den skandinavischen Ländern einerseits sowie der Schweiz andererseits über das deutsche Eisenbahnnetz zu leiten.
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LYON. Die Lyoner Messe hat am vergangenen Montag ihre Tore geschlossen und meldet über eine Million Besucher. Die meisten ausstellenden Firmen haben jetzt schon ihre Anmeldung für das nächste Jahr abgegeben.
Anglo- amerikanische Zone
STUTTGART. Die Robert- Bosch- GmbH. begann Mitte 1945 mit der Wiedereröffnung ihrer Betriebe. Ein Jahr später wurden bereits 7500 Arbeiter und Angestellte beschäftigt, gegenüber 20 000 vor Kriegs- ausbruch. Der größte Teil der Boscherzeugnisse wird heute wieder hergestellt, und rund 90 Prozent des Umsatzes im ersten Halbjahr 1946 entstammen der neuen Fertigung, obwohl rund 4000 Werkzeug- maschinen durch Zerstörungen, Abtransport usw. verloren gingen. Der Leistungsrückgang beträgt schätzungsweise 40 Prozent. Das Geschä sjahr 1946 zeigt einen Verlust von 34 Millionen Mark.
BERLIN. Der stellvertretende amerikanische Mi- litärgouverneur Frank A. Keating gab am Montag einen Empfang zu Ehren der 14 amerikanischen Ge- schäftsleute, die aus Washington gekommen sind, um die Durchführung des Programms für die wirt- schaftliche Selbständigkeit Deutschlands zu beraten.
25. April 1947
Ramadier spricht
zur französischen Wirtschaftslage
PARIS. Auf einer der üblichen Donnerstag- Presse- konferenzen äußerte sich der französische Minister- präsident vor wenigen Tagen grundsätzlich über Wirtschaftsfragen. Das Wirtschaftsproblem bildet nach wie vor, wie er ausführte, für Frankreich einen der wichtigsten, die nackte Existenz des Landes be- stimmenden Faktoren. Zur von Léon Blum einge- schlagenen Preissenkungspolitik bemerkte er, daß durch sie die ungünstige psychologische Wirkung der ständigen Preiserhöhung beseitigt sei. In diesem Zusammenhang wies Ramadier auch auf das Sin- ken der Preise für Gold und Devisen hin, das sich sogar auf dem Schwarzen Markt deutlich bemerkbar gemacht habe. Nach seinen weiteren Ausführungen ist die sich ständig erhöhende Zahl von Bankrot- ten der beste Beweis dafür, daß diejenigen Unter- nehmen im Begriffe sind zu verschwinden, die le- diglich Spekulationen und spekulativen Zielen ge- dient haben.
Im übrigen sei Frankreich noch weit davon ent- fernt, das Ziel seiner wirtschaftlichen Anstrengun- gen erreicht zu haben. So habe sich zwar die Indu- strieproduktion seit der Befreiung verdoppelt, be- trage aber erst 90 Prozent von 1938. Der Stand sei unzureichend, sehe doch der Monnet- Plan eine Pro- duktionsleistung von 150 Prozent des Jahres 1938 vor.
Internationale Handelskammer
zur Verstaatlichungsfrage
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PARIS. In Montreux, Schweiz, wird vom 2. bis 5. Juni der 11. Kongreß der Internationalen Han- delskammer abgehalten. Eine der ihm vorzulegen- den Resolutionen bezieht sich auf die Frage der Verstaatlichung in der Produktion und im Handel. Dazu erklärt sich die Internationale Handelskammer als davon überzeugt, daß eine bessere Leistung und ein gehobeneres Lebensniveau ein Ziel, das von allen Ländern der Welt angestrebt wird weniger durch Ausdehnung der direkten wirtschaftlichen Aktivität des Staates, sondern vielmehr durch eine Erweiterung des Bereichs des Privatunternehmer- tums durch entsprechende Regierungspolitik leich- ter erreicht werden könnte. Durch eine normale, die Tätigkeit der Privatwirtschaft regelnde Gesetz- gebung würde der Staat die Mehrzahl der von ihm angestrebten Ziele und gesetzlichen Garantien wirk- samer erreichen, als wenn er die industriellen und kommerziellen Unternehmungen kontrolliere, leite oder besitze. Wenn sich der Staat jedoch entschlie- Ben würde, im Interesse seiner nationalen Politik die teilweise oder vollständige Verwaltung gewisser Industrie- und Handelszweige zu übernehmen, dann wäre es im Interesse des Staates selbst unerläßlich, die erprobten kommerziellen Arbeitsmethoden in den Unternehmen aufrechtzuerhalten, die er kon- trolliert. In jedem Falle müßten solche Unterneh- men a) finanzielle Unabhängigkeit genießen, die üblichen Formen der Buchführung anwenden und die normale Deckung der Schuldentilgung und Ver- zinsung des investierten Kapitals sicherstellen; b) dieselben Steuerlasten wie das Privatunternehmen tragen und kein Privileg, keine Erleichterung in der Krediteinräumung usw. haben; c) seinen Angestell- ten das direkte oder indirekte Entgelt und die Auf- stiegsmöglichkeiten der privaten Unternehmen si- chern; d) in der Auswahl der leitenden Persönlich- keiten nicht von politischen oder anderen Erwä- gungen, sondern von ihrer Sachkenntnis, ihrer Au- torität und ihrer Kreditwürdigkeit ausgehen. Diese müßten die tatsächliche Verantwortung für die Lei- stung des Unternehmens tragen; e) seine Erzeug- nisse zu ähnlichen Preisen liefern wie sie von gut- geführten Privatunternehmen, die ihre Tätigkeit im Rahmen der allgemeinen Staatspolitik ausüben, ge- fordert wird.
Sowjetische Zone
BERLIN. Die Entnazifizierung der Wirtschaft in der Sowjetzone wird als beendet gemeldet. Von 3900 beschlagnahmten Unternehmungen in Thüringen wurden 286 von der Regierung wieder in Betrieb genommen. In Sachsen- Anhalt wurden 1700 beschlag- nahmt und 691 unter Regierungskontrolle gestellt. In Thüringen betragen die staatlichen Unterneh- mungen 5 Prozent der privatwirtschaftlichen, in Sachsen 8 Prozent, während Mecklenburg den höch- sten Anteil des Staates an der Wirtschaft zeigt: mit 391 kontrollierten Unternehmungen besitzt er 24 Pro- zent der Wirtschaft des Landes.
BERLIN. Das Siemenswerk ist aus dem Konzern ausgeschieden und hat sich in eine selbständige Ge- sellschaft„ Marienfelder Apparatebaufabrik" umge- bildet. Sie beschäftigt zurzeit 200 Arbeiter und pro- duziert Radioempfänger, Verstärker und verschie- dene elektrische Apparate, Kreissägen und Tabak- schneidemaschinen.
Aus der christlichen Welt
Wir- und das Gebet
Sehnsüchtig warten Ungezählte in unserem Lande auf die Rückkunft der Gefangenen. Es scheint mir, daß die Gefangenen selber jetzt im Frühjahr beson- ders schwer an der Trennung tragen. Mit Recht wird gefragt: Was tut die Kirche zu ihrer Befreiung? Wir können darauf hinweisen, daß durch die Lei- tung der Kirche die Bitte um die Rückkehr der Gefangenen den zuständigen Stellen wieder und. wieder vorgetragen wird. Wir sind dankbar dafür, daß christliche Verbände, etwa CVJM.. seit vielen Jahren unsere Gefangenen durch Wort und Tat nachdrücklich unterstützen und ihre Lage erleich- tern helfen. Aber das letzte Ziel ist damit nicht er- reicht. Der Kirche ist ein noch wirksameres Mittel in die Hand gegeben, die Bitte des Psalm: ,, Herr, bringe wieder unsere Gefangenen!" Deshalb steht uns das Gebet für die Gefangenen in der Kirche obenan.
Es mag sein, daß viele denken: Also bleibt uns nur das Gebet. Genau so sagt ein Kranker, dem der Arzt und die Angehörigen nicht richtig helfen können: Es bleibt mir nur das Gebet. Das Beten scheint eine letzte Zuflucht, wenn andere Möglich- keiten versagen, gewissermaßen ein Lückenbüßer. Damit wird es aber in seiner zentralen Bedeutung verkannt. Für die Menschen der Bibel und die Frommen der Kirche steht das Gebet an erster Stelle als die treibende Kraft, die alles zu bewegen vermag. Luther hat einmal gesagt: ,, Das Gebet ist allmächtige Kaiserin." Wir müssen neu lernen, die Allwirksamkeit des Gebets in seiner Weite und Tiefe zu fassen. Wer betet, wendet sich an den all- mächtigen Gott, der die ganze Welt in seiner Hand hat, auch die maßgebenden Männer in den Regie- rungen der Erde. Wenn wir uns also an ihn wen- den, dürfen wir sicher sein, daß er zur rechten Zeit und in der rechten Weise eingreift. Wenn wir lange warten müssen, so ist das kein Gegenbeweis. Gottes Uhr geht anders als die unsrige. Je mehr wir uns im Gebete vereinen, desto deutlicher wird es vor dem Herrn der Welt, daß unsere Bitte ernst ist. desto näher ist sein Eingreifen. Darum kommen wir voller Vertrauen zu ihm in der Gewißheit, er hört uns und gibt uns, was gut ist.
Wer nur mit der sichtbaren Welt rechnet, wird enttäuscht. Da Gott aber Herr der sichtbaren und unsichtbaren Welt ist, halten wir als Christen daran
fest: Auch sie kehren heim, ja, sie sind in einem höheren Sinn vielleicht schon zu Hause bei Gott für immer.
Theodor Haug
Flüchtlingsjugendwochen in Wernau
Im bischöflichen Antoniushaus in Wernau bei Plo- chingen wurden verschiedene Erholungswochen für junge Menschen abgehalten, die aus dem Osten aus- gewiesen sind. Die jungen Gäste sollten Menschen finden, denen sie ihre innere Not anvertrauen dür- fen, und eine Gemeinschaft, in der sie sich verstan- den fühlen. In manchem jungen Herz ist in diesen Tagen ein zukunftsfrohes Licht aufgegangen, ein neues Hoffen aufgebrochen. In verschiedenen Krei-
sen
wurden lebenskundliche Themen, Dinge aus dem praktischen Leben und religiöse Fragen be- handelt, während der Nachmittag der Erholung ge- hörte und die Dämmerstunde der Besinnung galt. Am Abend ergänzten Vorträge, Lichtbildvorführun- gen oder selbst gestaltete fröhliche Stunden den Tageslauf. Es wurde großer Wert darauf gelegt, daß die jungen Menschen sich über alle Lebens- gebiete frei aussprechen konnten, so daß viele of- fenstehende Fragen aufgegriffen und geklärt wur- den. Besonders bemerkenswert war, wie bei Jun- gen, die in der vergangenen Staatsjugend ehemals führend gewesen waren, mit Staunen die Erkennt- nis wuchs, daß man junge Menschen ohne Kom- mandosprache und Vorgesetztenverhältnis führen
kann.
Mit Kolping für ein christliches Deutschland Die deutschen Diözesansenioren des Kolpingswer- kes befaßten sich auf ihrer Arbeitstagung in Köln und Kerpen mit den Grundfragen der Verchristli- chung unseres Volkslebens. Aus dem Gruß der Stadt Köln spürte man die ungebrochene Kraft und den frohen Optimismus der Kölner Herzen. Der Besuch und das hl. Opfer am Kolpingsgrab, die unter Glockengeläute aus Turmhöhe erfolgte, Ausschau in das leidgeprüfte deutsche Land, die ergreifende Totenehrung an den Gräbern der Generalpräsides Schaefer, Schweitzer und Hürth, der feierliche Emp- fang beim Protektor des Kolpingswerkes, Kardinal- Erzbischof Dr. Frings, der frohe Abend mit der jugendfrischen Kolpingsfamilie Köln- Zentral und das innige Beten vor dem Gnadenbild der ,, Schwar- zen Muttergottes", dieses alles wird den jungen Führern im Kolpingswerk unvergeßlich bleiben. Generalpräses Dahl zeichnete Kolping als den ,, Bau- meister Gottes" und sagte dabei, daß dieses Werk
durch die Formung vollwertiger christlicher Per- sönlichkeiten brauchbare Bausteine für einen ge- sunden Volksaufbau liefern wolle. Zentralsenior Bö- nig forderte in seiner Programmrede stärkste Akti- vierung der Laienführer und größere Mitbestim- mung derselben in der Leitung des Kolpingswerks. Er erinnerte an Worte des Erzbischofs von Paris: ,, Das Schicksal der Kirche hängt davon ab, ob man im Umbruch der Jetztzeit den Laien und mit ihm das christliche Volk zu einem lebendigen Einsatz für die Kirche heranführt oder nicht." Tief er- schütternd war der Bericht des Bischofs Kaller über die Ostflüchtlinge. Die Aussprache mit Msgr. Wolker weckte gute Hoffnungen für ein Fruchtbarwerden der Kolpingsidee in dem ,, Bund katholischer deut- scher Jugend". In ihrer christlichen Verantwortung für die deutsche Zukunft bekannten sich die Diöze- sansenioren erneut zu dem Wiener Manifest des Kolpingswerkes von 1927,, Familfe, Demokratie und Weltfriede". Den Höhepunkt der Tagung bildete die nächtliche Feierstunde in den Trümmern der Kerpe- ner Pfarrkirche mit der Predigt von Dr. Franz Josef Wothe, die man als ein weisendes Licht aus dem geistigen Kerne Kolpings bezeichnen muß. An dieser heiligen Stätte weihten sich die Senioren ihrer heiligen Aufgabe, empfingen aus der Hand des Generalpräses die brennenden Kerze und gin- gen dann als Lichtträger in das Dunkel ihrer deut- schen Brüder: Für ein christliches Deutschland!
Una- sancta- Tagung in Neresheim
Im Anschluß an die Osterwoche fand im Kloster Neresheim vom 14. bis 18. April eine Tagung der Una- sancta- Bewegung statt, an der über hundert Glieder der ev. und kath. Kirche teilnahmen, dar- unter der Präsident der Ev. Kirchenkanzlei D. D. Asmussen, der Abt des Klosters Neresheim, sowie Prälat Lit. Lempp- Schwäb. Hall. Sowohl von Lan- desbischof D. Wurm wie von Bischof Dr. Sproll waren Grußworte zur Tagung eingegangen.
Es war eine glückliche Mischung der Teilnehmer: nicht lauter Theologen, sondern auch Angehörige der verschiedenen Berufe sowie Kaufleute, Aerzte, Naturforscher, Beamte, Künstler, Techniker u. a. So war der Rahmen von Anfang an weiter gespannt und der Gefahr einer Verengung in rein theologi- schem Sinne vorgebeugt. Gerade die freudige Mit- arbeit all dieser Kreise mit ihren praktischen Rat- schlägen war von großem Wert.
Der Tag begann jeweils mit einem feierlichen Gottesdienst. Im Wechsel wurde die römische und
die deutsche Messe gefeiert. Besonders feierlich war die von Ostflüchtlingen nach griechisch- kath. Ritus zelebrierte Messe unseres Kirchenvaters Chry- sostomus, in ihrer äußeren Wirkung noch erhöht durch die einzigartige Barockkirche von Balthasar Neumann, die von Kennern als schönste Barock- kirche der Welt bezeichnet wird. Der Abend klang stets aus mit einer musica sacra, dargeboten von einem gottbegnadeten Künstler auf der wunder- vollen Orgel in der Klosterkirche.
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Bei herrlichem Frühlingswetter konnten die Vor- träge und Aussprachen im schönen Klostergarten stattfinden. Allzu ängstlichen Gemütern darf aus- drücklich versichert werden, daß die Lage von bei- den Seiten durchaus nüchtern gesehen und beurteilt wurde von Schwärmerei kann keine Rede sein. Aber mit einmütiger Entschlossenheit wurde ande- rerseits gefordert, daß beschämende Vorgänge frü- herer Zeiten keine Wiederholung in unseren Tagen finden dürfen. Da hüben und drüben Schuld vor- liegt, so konnte der Neuanfang nur gewagt werden nach gemeinsamer Buẞe. Und in diesem Sinn gilt es nun nicht bloß rückwärts zu sehen, sondern vorwärts, in der Gewißheit, daß der Herr der Kirche nach seinem letzten Liebesgebot in Joh. 13 diesen neuen Weg auch segnen wird.
Manfred Ebbinghaus, Tuttlingen
Der erste deutsche Missionsbischof nach dem Kriege ist der jetzt zum Bischof von Aduna und Apostoli- schen Vikar von Alival( Südafrika) ernannte Herz- Jesu- Priester Pater Johannes Lück. Der Neuernannte ist 37 Jahre alt und wurde vor zehn Jahren in Freiburg im Breisgau zum Priester geweiht.
Wie ,, Die Neue Zeitung" schreibt, werden die evangelischen Pfarrer in der Ostzone von den Orts- kommandanten nicht mehr aufgefordert, den Text ihrer Predigten vor der Verkündigung der Zensur vorzulegen. Von der Verwendung Geistlicher für Aufgaben der Besatzungsmächte soll nach Rück- sprache zwischen Bischof Dibelius und einem Ver- treter der russischen Besatzungsmacht abgesehen werden.
Der bekannte Theologe, Missionsarzt, Philantrop und Musiker Prof. Dr. Albert Schweitzer, ver- brachte die Kriegsjahre auf der afrikanischen Mis- sionsstation Lambarene. Die Zeitschrift Universi- tas" bringt einen ausführlichen Bericht Albert Schweitzers über seine Erlebnisse, Arbeiten und Erfahrungen im äquatorialen Afrika unter dem Ti- tel ,, Afrikanisches Tagebuch 1939 bis 1946".