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SCHWÄBISCHES TAGBLATT
FREITAG, 18. APRIL 1947 VERLAG UND SCHRIFTLEITUNG: TUBINGEN, UHLANDSTRASSE 2
Die Moskauer Konferenz geht zu Ende
Viererpakt am Widerstand Molotows gescheitert Marshall bei Stalin Nächster Tagungsort London?
MOSKAU. Zu Beginn dieser Woche beschäf- tigte sich der Außenministerrat mit der Prü- fung des amerikanischen Vorschlags über den Viererpakt, der die Wiederaufrüstung Deutsch- lands verhindern soll. General Marshall forderte seine Kollegen auf, mit ja oder nein auf die Frage zu antworten, ob ihnen das Prin- Zip des Paktes zusage oder nicht. Im Falle der Zustimmung schlug er die Prüfung des ame- rikanischen Textes vor.
Außenminister Bevin nahm den Vorschlag Marshalls sofort vorbehaltlos an. Außenmini- ster Bidault akzeptierte ihn im Prinzip ebenfalls. Molotow gab seine prinzipielle Zustimmung, brachte jedoch ein Gegenprojekt vor, das die Viererkontrolle über die Ruhr und sämtliche Fragen der Entmilitarisierung, der Auflösung der Kartelle und der Demokratisie- rung Deutschlands in den Pakt einbezog. Da- mit würde der Vertrag kein zusätzliches Son- derabkommen der vier Großmächte mehr dar- stellen, sondern zu einer zweiten Auflage des Friedensvertrags selbst werden. Molotow stellte bei dieser Gelegenheit zum ersten Male mit aller Eindeutigkeit fest, daß er nur an eine vorübergehende Kontrolle des Ruhrgebiets denke und nicht an eine ständige, wie sie von französischer Seite aus vorgesehen ist.
Nachdem die Beratung über den Viererpakt durch die Einwendungen Molotows nicht zum Ziel geführt hat, ging man zur Prüfung der Sachverständigenberichte in der Kohlen- frage über.
Bidault faẞte die französische Forderung folgendermaßen zusammen: ,, Die Saar mit
allen ihren Reserven muß sofort in die fran- zösische Wirtschaftssphäre einbezogen werden,
sonst würde die französische Wirtschaft un- möglich die nötige Versorgung mit Kohlen sicherstellen können. Außerdem muß die Saar- kohle aus der internationalen Kohlenzuteilung herausgenommen werden. Frankreich muß über sie frei verfügen können. Andererseits muß Frankreich mit der Ruhrkohle rechnen
können. Eine bloße Erhöhung des prozentualen Exportanteils an der Ruhrkohlenproduktion genügt nicht, um der französischen Wirtschaft die notwendigen Mengen zu sichern.
Die Kohlenzuteilung an die verschiedenen Länder muß durch eine Organisation von in- ternationalem Charakter erfolgen. Die jetzigen Verteilungsmethoden bedürfen einer Aende- rung durch Festsetzung der Zuteilung vornehm- lich nach Dringlichkeit. Schließlich muß die Kontrolle über den Kohlenverbrauch verstärkt werden."
Für General Marshall bleibt das Kohlen- problem mit der Frage nach der wirtschaft- lichen Einheit Deutschlands verbunden, genau so wie für Bevin, der hier keine bindende Ver- sprechungen zu machen bereit ist.
( Sonderbericht von der Moskauer Konferenz)
ferenz wenig Fortschritte erzielt, da die Sow- jets zu keinerlei Zugeständnissen bereit seien. In Moskau selbst wird in Delegiertenkreisen fest angenommen, daß die Konferenz noch diese Woche zu Ende geht, und es wird bereits die Frage erörtert, wo die nächste stattfinden soll. Augenblicklich hat London die meisten Aussichten, obwohl auch andere Hauptstädte vorgeschlagen werden. Da die wichtigsten Fra- gen keine endgültigen Lösungen erfuhren, ist eine neue Konferenz unumgänglich notwendig. Ein Teil der Fragen wurde bereits dem Koor- dinationsausschuß, ein anderer Teil den stell- vertretenden Außenministern, ein dritter dem interalliierten Kontrollrat in Berlin zur Prü- fung zugewiesen. Ein Sonderkomitee soll sich mit der Entmilitarisierung und der Demokra- tisierung Deutschlands beschäftigen.
Zur allgemeinen Befriedigung konnten bis- her zwei Probleme gelöst werden. Man hat die Bildung eines Konsultativrats beschlossen, ihn mit der Ausarbeitung einer provisorischen Verfassung für Deutschland beauftragt und ein Uebereinkommen getroffen, wonach vor
dem 1. Juli 1947 ein Plan zur Liquidierung der Fabriken ausgearbeitet werden soll, die eigens errichtet wurden, um Kriegsmaterial zu erzeugen. Die Liquidationsoperationen sol- len spätestens bis zum 30. Juni 1948 beendet sein. Ferner wurde einstimmig beschlossen, in allen vier Besatzungszonen noch im Laufe dieses Jahres eine Agrarreform durchzuführen. Die Moskauer Berichterstatter der Pariser Presse vertreten folgenden Standpunkt: Wenn das Scheitern der Konferenz zur Bil- dung eines Westblocks führen sollte, so sei dies einzig und allein der Haltung Sowjetruß- lands zu verdanken. Es habe alles getan, um die Entwicklung in dieser Richtung voranzu- treiben. Pariser Blätter weisen ferner darauf hin, daß die Sowjetunion bereits alles tue, um die sowjetische öffentliche Meinung auf die Möglichkeit eines Mißerfolges der Moskauer Konferenz vorzubereiten. Bereits seit zwei Ta- gen habe der Ton der sowjetischen Presse ge- gen die ausländischen Journalisten und die ,, kapitalistischen Mächte in Europa und Ueber- see" an Heftigkeit bedeutend zugenommen.
Wahrheit um der Wahrheit willen
Tagung studentischer Vertreter der TÜBINGEN. Die Arbeitstagung der studen- tischen Vertreter der Universitäten in der französischen Besatzungszone wurde am ver- gangenen Mittwochvormittag im Festsaal der Universität eröffnet. Der Vorsitzende des Tü- binger Asta und Leiter der Zonentagung, Heck, konnte als Gäste den Direktor des Hochschulwesens in der französisch besetzten Zone, Prof. Sauzin, den Hochschuloffizier der Tübinger Universität, Administrateur Cheval, den Rektor der Universität, Prof. Dr. Steinbüchel, Staatssekretär Dr. Sauer, Landesdirektion für Kultus und Er- Oberbürgermeister Hart- ziehung, und
meyer begrüßen. An der Tagung nehmen außer den Vertretern der Hochschulen der französischen Zone Mitglieder der studenti- schen Zonenräte der britischen, der amerika- nischen und der russischen Zone, drei fran- zösische und drei englische Studenten teil.
Der Leiter der Zonentagung hob in seiner Begrüßungsansprache drei Aufgaben der Ta- gung besonders hervor: Selbstbesinnung und Selbstprüfung, und damit die Klärung der eige- nen Situation in der Gegenwart. Fragen dieser Art könnten nur von den Studenten selbst, nicht aber von Männern wie Buchmann be- antwortet werden( Buchmann nannte bekannt- lich in London die Tübinger Universität ei- nen Hord der Reaktion). Die zweite Aufgabe der Tagung sei der Austausch der neuen Er- fahrungen innerhalb der studentischen Selbst- verwaltung. Schließlich bliebe noch die Unter- suchung der Möglichkeiten einer Zusammen- arbeit der gesamten deutschen Studenten- schaft über alle Hindernisse der Zonengrenzen hinweg. Gegenseitige Angleichung, nicht et-
Am vergangenen Dienstag empfing Gene- ralissimus Stalin General Marshall zu einer Unterredung. Molotow war bei dieser Unterhaltung zugegen. Die Besprechungen Marshalls mit Stalin dauerten 90 Minuten. Marshall gab über den Inhalt der Verhand- lungen nichts bekannt. Es wird jedoch behaup- de Gaulle übernimmt Leitung der RPF. tèt, Marshall habe von Stalin die Zurücknahme der sowjetischen Einwände gegen den vorge- schlagenen 40- Jahrespakt zur Entwaffnung und Entmilitarisierung Deutschlands sowie eine Ueberprüfung der sowjetischen Repara- tionsforderungen an Deutschland erwartet.
Ueber den Inhalt einer Unterredung zwischen Marshall und Bevin, die am vergangenen Mittwoch stattfand, ist gleichfalls noch nichts bekanntgegeben worden.
General Mc. Clark, der Oberkommandie- rende der amerikanischen Besatzungsstreit- kräfte in Oesterreich, erklärte vor seiner Ab- reise von Berlin nach Moskau, er erwarte, daß die Außenministerkonferenz innerhalb der nächsten beiden Wochen zum Abschluß gelange. Die Stellvertreter der Außenminister hätten in der Oesterreichfrage seit der Londoner Kon-
Kleine Weltchronik
Der dänische Reichstag wurde aus seinen Ferien wegen des Gesundheitszustandes von König Chri- stian zu einer außerordentlichen Sitzung einberufen. Großbritannien hat die Absicht, auf seine Ent- den Verlust britischer schädigungsansprüche für Vermögenswerte in Oesterreich während des Krie- ges zu verzichten.
Die UdSSR. will Rumänien nach Ratifizierung des
PARIS. General de Gaulle übergab am ver- gangenen Montag der Presse eine Erklärung, in der er nähere Mitteilungen über die Grün- dung der„, Nationalen Einheitsbewegung des französischen Volkes"( RPF.) machte. de Gaulle übernimmt die Leitung der Bewegung persön- lich und fordert alle Franzosen auf, sich ihr
anzuschließen.
In Paris und in den Provinzstädten sind be- reits Parteibüros eröffnet worden, die die ersten Mitgliedsmeldungen entgegennahmen.
Außer drei Büros in Paris sind weitere Büros in den größten französischen Städten, in Lille, Nantes, Bordeaux und Toulouse gemeldet. Bis jetzt sind 127 000 Mitglieder aufgenom-
men worden.
Zur Außenpolitik der USA. LONDON. Der frühere amerikanische Han- delsminister Henry Wallace appellierte bei seinem Besuch in England auf einer öffent- lichen Versammlung an Großbritannien, der Welt seine Vermittlung zwischen den USA. und der UdSSR. anzubieten. Eine in zwei bewaffnete Lager geteilte Welt mache alle Hoffnungen auf Sozialismus und Frieden zu- nichte. England werde in einem zukünftigen Kriege nur eine vorgeschobene Luftbasis sein. Europa sei zum größten Teil der Zerstörung
Friedensvertrages und noch vor Abzug der sowje- ausgesetzt, falls es befreit werden müsse.
tischen Truppen einen Bündnisvertrag anbieten.
Auf dem internationalen liberalen Kongreẞ in Oxford wurde eine neue Organisation, die„ Inter- nationale Liberale Union" gegründet.
Die Regierungen der Sowjetunion und Indiens ha- ben beschlossen, diplomatische Vertreter im Range von Botschaftern auszutauschen.
Eine Besprechung zwischen dem Staatssekretär im amerikanischen Arbeitsministerium Schwellenbach und drei Führern des Nationalverbandes der Tele-
fonangestellten führte zu keinem Ergebnis. Nun- mehr streiken bereits 340 000 Telefonangestellte in den USA.
Zwischen China und Dänemark wurde in Nanking ein Vertrag ratifiziert, in dem Dänemark auf seine exterritorialen Rechte in China verzichtet.
Zu Präsident Trumans Hilfsprogramm er- klärte Wallace, daß die Fortsetzung der gegen- wärtigen amerikanischen Politik möglicher- weise einen neuen Weltkrieg hervorrufen werde. Der Wiederaufbau der Welt fordere eine Rückkehr zu den Prinzipien der Ver- einten Nationen, ein Abkommen über die in- ternationale Kontrolle der Atomenergie und anderer Zerstörungswaffen, die Internationa- lisierung strategischer Gebiete einschließlich der Dardanellen, des Suez- und des Panama- kanals sowie den Beginn der Abrüstung aller Staaten. Eine zweckmäßige Nutzung der ame- rikanischen Produktionskapazität könne das Einkommen der südosteuropäischen Länder in
Universitäten in der französischen Zone wa zentralistische Vereinheitlichung des stu- dentischen Lebens sei Ziel der Besprechungen. Administrateur Cheval begrüßte im Na- men der französischen Militärregierung die deutsche akademische Jugend. Die Tübinger Tagung könne zu einem verheißungsvollen Anfang im Ringen um die Probleme werden, die eine schmerzliche Vergangenheit herauf- beschworen habe. Die Erholung von der Ver- gangenheit setze ein geeignetes Klima vor- aus. Dieses sei in Tübingen, wo man sich von allen politischen Extremitäten ferngehalten habe, gegeben. Der oft verspottete Schwabe habe vorsichtig abwägend noch am ehesten an der Demokratie festgehalten und nach Gleichgewicht des Denkens gestrebt. Die Al- liierten beobachten mit größtem Interesse die Entwicklung des studentischen Lebens in Deutschland. Den Studenten sei es vorbehal- ten, zu beweisen, daß Humanität nicht nur ein zeitbedingtes Schlagwort sein dürfe und zu einem Mittelweg zwischen Solipsismus und Vermassung verhelfen könne.
Der Vertreter der südwürttembergischen Regierung, Staatssekretär Dr. Sauer, be- zeichnete die Pflege und die Förderung der Hochschulen als eine der wichtigsten Auf- gaben des Staates.
begrüßte
Oberbürgermeister Hartmeyer gleichfalls die Tagungsteilnehmer und ver- sicherte, daß die Stadt alles tun werde, um das gute Verhältnis zwischen ihr und der Universität aufrechtzuerhalten.
Prof. Dr. Steinbüchel, der Rektor der Tübinger Universität, sprach über das Thema ,, Der Mensch heute". Die Universität Fortsetzung auf Seite 2
von
einer Generation verdoppeln und China den
Wirtschaftsstandard des Westens verschaffen. Die Aufrechterhaltung übermäßig großer Ar- meen an den sowjetischen Grenzen, die mit amerikanischen Mitteln finanziert würden, solle nach dem Programm der USA. den Kommu- nismus aufhalten, während die Charta der UN. die Aufrechterhaltung des Weltfriedens er- strebe.
Englisch- ägyptische Krise
KAIRO. In den englisch- ägyptischen Bezie- hungen ist auf Grund der von Aegypten ge- troffenen Maßnahmen, die uniformierten An- gehörigen der britischen
Streitkräfte die
Durchreise durch ägyptisches Hoheitsgebiet, ja sogar dessen Ueberfliegen, verbieten, eine gefährliche Krise eingetreten. Die britischen Soldaten, die aus Indien zurückkehren, müs- sen für die Reise durch Aegypten Zivilklei- dung tragen und einen Reisepaß mit dem Vi- sum des ägyptischen Konsuls besitzen.
Das Urteil im Milchprozeß NÜRNBERG. Das amerikanische Militärge- richt verurteilte am Donnerstagvormittag den ehemaligen Generalfeldmarschall Erhard Milch zu lebenslänglichem Gefängnis.
Vietnam bittet um Frieden PARIS. ,, Im Namen der rechtsmäßigen Re- gierung Hollei Minh bitte ich Frankreich um sofortigen Frieden", erklärte der Chef der vietnamesischen Delegation in Frankreich.
Explosion in Texas- City TEXAS- CITY. Eine Explosion, die einen Großbrand verursachte, hat einen großen Teil der Stadt zerstört. Man rechnet mit mehr als
1200 Toten.
1 Milliarde Dollar für Rußland LONDON. Aus London kommt die Nach- richt, daß die UdSSR. die USA. um einen Kredit von einer Milliarde Dollar gebeten ha- ben soll.
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3. JAHRGANG NUMMER 31
P. G. in Frankreich
Eine der verbreitetsten Schweizer illustrierten Wochenschriften, die ,, Allgemeine Volkszeitung", veröffentlichte einen Tatsachenbericht über„ Die eine deutschen Kriegsgefangenen in Frankreich- Frage, die die Welt sich stellt", den wir hier in Auszügen wiedergeben.
,, Wie erklären Sie sich die schweren Vor- würfe, die man vor allem im Auslande Frank- reich wegen der schlechten Behandlung der Kriegsgefangenen macht?"
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,, Sie müssen", so meinte einer der hohen Offiziere,„ zwei Etappen unterscheiden. Beim Waffenstillstand hatte die französische Ar- 180 000 deutsche Kriegsgefangene ge- macht. Da hieß es für uns, die gesamte Ge- fangenenverwaltung einzurichten. Damals war der Haß zwischen Franzosen und Deutschen sehr groß. Die Deportierten kehrten heim und erzählten fast unglaublich klingende Dinge, die sich in den so unrühmlich bekanntgewor- denen Deportiertenlagern abgespielt hatten. Da kam es sicherlich vor, daß auf Grund des damals herrschenden Hasses die deutschen Kriegsgefangenen mißhandelt wurden. Wir begannen, gegen diese Einstellung des Wachpersonals zu kämpfen. Wir haben syste- matisch alle wachhabenden Offiziere entlassen, die uns unbelehrbar erschienen. Und damit hat die zweite Etappe in der Gefangenenver- waltung begonnen. Um Uebergriffe zu ver- meiden, sind die Lagerkommandanten ange- wiesen worden, die Arbeitskommandos regel- mäßig zu besuchen."
,, Warum entlassen Sie nicht, wie die Ame- rikaner, alle Kriegsgefangenen?"
,, Man kann die Lage Frankreichs nicht mit Amerikas vergleichen. Heute fehlen der Frankreich Arbeitskräfte, und wenn wir uns dazu entschließen, sofort alle Kriegsgefange- nen zu entlassen, so würde das einen emp- findlichen Produktionsrückgang zur Folge ha- ben. Beispielsweise fördern die 55 000 Kriegs- gefangenen, die in den französischen Kohlen- gruben arbeiten, 20 Prozent der Gesamtkoh- lenproduktion. Gerade in den letzten Tagen ist aber das Statut der Gefangenen völlig geändert worden. Frankreich hat sich ent- schlossen, monatlich 25 000 Arbeiter unter den Kriegsgefangenen auszuwählen. Diese wer- den aus den Lagern entlassen, nicht mehr als Kriegsgefangene, sondern wie jeder ausländi- sche freie Arbeiter behandelt."
Wenige Tage später erschien ich mit den notwendigen Genehmigungen ausgerüstet in mehreren Kriegsgefangenenlagern. Von den 6000 Gefangenen, die beispielsweise dem De- pot Nummer 222, in der Nähe von Paris, zu- geteilt sind, arbeiten 4000 bei der Eisenbahn, im Wald und bei Bauern. Sie kommen zum größten Teil abends nicht in das Stammlager zurück, sondern schlafen bei ihrem Arbeit- geber. Wenn der Arbeitgeber ein größeres Ar- beitskommando angefordert hat, ist er ver- pflichtet, für Schlafbaracken zu sorgen. Er sorgt für die Verpflegung und... auch für die Ueberwachung. In der Tat vertrauten mir mehrere Arbeitgeber an, daß sie jedesmal, wenn ein ihnen zugewiesener Gefangener ent- flieht, 1500 Franken Strafe zahlen müssen. Da aber das Geld zum Rollen bestimmt ist, gibt der Lagerkommandant diese 1500 Franken seinerseits demjenigen zur Belohnung, der einen Gefangenen ins Lager zurückbringt.
In jedem Lager ist unter den Gefangenen ein Vertrauensmann bestimmt, der die Ver- bindung zwischen den Lagerinsassen und der Lagerleitung herstellt.
,, Ja", meinten zwei der Vertrauensmänner, mit denen ich sprach ,,, wir haben eine sehr delikate Aufgabe. Einerseits müssen wir täg lich der französischen Leitung gegenüber die Interessen der Kameraden vertreten. Ande- rerseits glauben die Kameraden, wenn wir nichts für sie erreichen, daß wir mit den Wachsoldaten gegen die Landsleute arbeiten." ,, Wie ist das Essen?"
An jeden der Hunderte von Gefangenen, mit denen ich Gelegenheit hatte zu sprechen, rich- tete ich diese Frage. Keiner hat sich darüber
beklagt, daß er nicht die vom Roten Kreuz vorgeschriebene Kalorienzahl bekommt.
Die Gefangenen schlafen in Holzbetten. Zwei bis drei Betten, je nach Lager, sind überein- andergestellt. In den Baracken herrscht mu- sterhafte Ordnung und Sauberkeit.
Die Vertrauensleute, mit denen ich lange sprach, erklärten mir, daß jeder Gefangene im Besitze von zwei Hemden, zwei Ueberho- sen, zwei Röcken, einem Mantel und einem Paar Handschuhe sei. Gerade in den letzten Tagen hat man auch mit der Verteilung nagel- neuer ausgezeichneter Lederschuhe mit Leder- sohle begonnen.
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, Warum laufen dann trotzdem die Gefange- nen so schlecht angezogen umher?"
Der Vertrauensmann zögert einen Augen- blick und vertraut mir dann an: ,, Ja, wir ha- ben zum Teil neue Schuhe, wir haben gute Hosen, Hemden und Mäntel, aber wir tragen sie nicht. Das ist unsere eiserne Ration. Eines Tages werden wir befreit, dann fahren wir in die Heimat zurück. Für diesen Augenblick heben wir uns die neuen Sachen auf. Uns Ge-
fangene", das war das Schlagwort, das ich aus all ihren Erklärungen entnehmen konnte ,,, be- wegt nur eine Frage: Wann werden wir be- freit? Wenn wir unsere Familien nach Frank- reich kommen lassen können und hier als freie Arbeiter arbeiten dürfen, so wollen wir das gern tun. Wir wollen aber vor allem unsere Familien wiedersehen." F. H.