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wahl von Blindheim wünschen, so widersin- nig ist es andererseits, wenn den Eltern der Erzieher ihrer Kinder eben einfach aufge- zwungen wird, ohne daß ihnen genügend Ge- legenheit geboten ist, ihre Wünsche und For- derungen geltend zu machen. Was sich auf dem Gebiet des Schulwesens segensreich aus- wirken soll, darf nicht von oben diktiert, son- dern muß von unten gefordert werden. Wobei wir uns der Hoffnung hingeben, daß in un- seren Schulgemeinden noch so viel gute Ele- mente vorhanden sind, daß der Mißbrauch der Freiheit, wie er leider von den auch vorhan- denen Asozialen zu befürchten ist, wirksam unterbunden werden kann.

An dem Zusammenbruch unseres Volkes trägt eine falsche unchristliche Jugenderzie- hung, wie sie nicht erst im Dritten Reich und in der Hitlerjugend, sondern schon lange vor- her da und dort geübt wurde, einen guten Teil Schuld. Es kann sich heute durchaus nicht nur um den Wiederaufbau unserer Städte oder um die Erlangung der zum Leben not- wendigen Kalorien handeln. Von innen her- aus ist das deutsche Volk zerstört und ins Un- glück hineingeführt worden; von innen her muß seine Gesundung anheben. Darum for- dert die christliche Elternschaft wie die christ- liche Lehrerschaft die christliche Schule, die getragen ist von dem Eifer und der Liebe des christlichen Volkes. In ihr finden sich die, de- nen das hohe Werk der Jugenderziehung an- vertraut ist, einträchtig zusammen. Der Leh- rer betrachtet sich nicht mehr als bloßer Staatsbeamter, sondern als Beauftragter und Mitarbeiter der Eltern, und diese wiederum sehen in ihm nicht den Fremdling oder gar den Feind, sondern den wertvollen Bundes- genossen, dessen Wirken und Wollen mit dem ihren im Einklang steht und dessen Arbeit zu tragen und zu unterstützen ihnen mehr als

nur äußere Pflicht ist. Die christlichen Eltern-

vereine, wie sie der große Pädagoge Dörpfeld schon vor bald 80 Jahren gefordert hat und wie sie sich im Norden unseres deutschen Vaterlandes jahrzehntelang zum Segen von Schule und Elternhaus ausgewirkt haben, müs- ins Leben treten und einen wesentlichen Bau- stein baden beim Wiederaufbau unseres Schul-

ser in unserer neuen Demokratie nun auch

wesens.

Neben ihnen aber wird ein christlicher Leh- rerverein stehen müssen, der alle die Lehrer umfaßt, die auf dem Boden des christlichen

Bekenntnisses stehen, die katholischen so gut wie die evangelischen. Daß er sich, den ver- schiedenen Konfessionen entsprechend, in einen evangelischen und in einen katholischen Sek- tor gliedern muß, ist selbstverständlich; ge- radeso wie es selbstverständlich ist, daß sich für die verschiedenen Schularten ,, Fachschaf- ten" bilden müssen. Was aber alle christlichen Lehrer, die evangelischen so gut wie die ka- tholischen, die hohen und die niederen einen wird und einen muß, ist das Bestreben, durch eine bewußt christlich religiöse Erziehung un- ser Volk wieder zu innerer Höhe und Sauber- keit zu führen und so zu verhindern, was in den hinter uns liegenden Zeiten in immer be- denklichere Nähe gerückt ist und heute noch als drohendes Gespenst vor uns steht: den Untergang des Abendlandes mit seiner durch das Christentum gestalteten Kultur.

kann.

Wer nun in diesem Sinn für den Neubau des deutschen Schulwesens mitarbeiten möchte, ist freundlich aufgefordert, sich mit dem Unter- zeichneten in Verbindung zu setzen, damit das, was geschehen muß, bald zur Tat werden Ph. J. Bischoff, Hauptlehrer Die Stärke der Parteien BERLIN. Die Aufteilung der Sitze in den beratenden Landesversammlungen der deut- schen Staaten und Provinzen der Sowjetzone ist folgende:

SCHWABISCHES TAGBLATT

Nach den tranzösischen Wahlen Vor der neuen Regierungsbild ung/ Die ersten Kombinationen ( Von unserem Pariser Korrespondenten)

PARIS( K) Nach einer Meldung des Innen- schon jetzt, daß sie keineswegs die Sache der ministeriums verteilen sich jetzt 603 Sitze der Arbeiterschaft im Stich lassen würden. Ihr Nationalversammlung für das Mutterland und Organ, der ,, Populaire", erklärt, es müsse ver- Algerien wie folgt: sucht werden, in loyaler und vertrauensvoller Kommunistische Partei und Nahestehende Zusammenarbeit aller Linkskräfte eine-

186 Sitze, Sozialisten und Algerier 104 Sitze, Zusammenschluß der Linksparteien 63 Sitze, MRP. 163 Sitze, Gemäßigte und Republikani- sche Freiheitspartei 82 Sitze. Verschiedene 5 Sitze.

Bei den Wahlen am 2. Juni hatten die Kom- munisten 143 Mandate errungen, die Sozia- listen zählten 120 Vertreter und die MRP. hatte 160 Mandate. Die zusammengeschlosse- nen Linksparteien mit ihren 63 Mandaten bil- den jetzt das Zünglein an der Waage, während der Rechtsblock mit seinen 82 Sitzen eine nicht unwesentliche Oppositionsgruppe darstellt. Die gegenwärtige Regierung Bidault wird sich vom 28. November ab, von dem Tage an, an dem die neue französische Nationalver- sammlung zum erstenmal zusammentritt, rein formell in der Demission befinden. Vermut- lich wird die Regierung Bidault ersucht wer- den, die Geschäfte fortzuführen, bis eine neue Regierung sich bilden kann. Dies wird nicht vor Januar 1947 der Fall sein, weil vorher noch der Rat der Republik und der Präsident der Republik gewählt werden müssen. Die Wahl des Rates der Republik erfolgt am 8. De- zember, er wird sich am 24. Dezember konsti- tuieren. Zusammen mit der Nationalversamm- lung hat er Anfang 1947 in Versailles den Prä- sidenten der Republik zu wählen.

sung des Regierungsproblems zu finden und alle aufrichtigen Demokraten und Republika- ner zur Mitarbeit heranzuziehen.

Die MRP. erklärt, daß sie die ,, wirkliche Achse der vierten Republik" sei. Eine stabile Regierung zu bilden sei ohne die MRP. un- möglich.

Ein dritter Weg, der vorgeschlagen wird, ist die Erweiterung der bisherigen Regierungs- koalition durch Hereinnahme der Radikal- sozialisten. Es dürfe angenommen werden, so schreibt Paris- Presse", daß Herriot diesmal seine Mitarbeit unter gewissen Bedingungen nicht verweigern werde. Eine derartige Regie- rungsausdehnung der Regierungskoalition soll auch in der unmittelbaren Umgebung Bidaults auf Sympathie stoßen. Man schlägt also die Umbildung des Dreiparteiensystems in ein Vierparteiensystem vor.

Der weitere Verlauf der parlamentarischen Ereignisse läßt genügend Zeit für Betrach- tungen und Verhandlungen, um so mehr, als die endgültige Regierung nicht vor Januar 1947 in Aktion treten kann.

Der politische Ausschuß der Kommunisti- schen Partei ist am Mittwoch zusammengetre- ten, um die Haltung der Partei bei der bevor- stehenden Regierungsbildung festzulegen. Auch das Exekutivkomitee der Sozialistischen Partei hat sich in einer Sitzung am Dienstag mit der neuen Lage beschäftigt. Die übrigen Parteien werden ebenfalls im Laufe der Woche zum Wahlausgang Stellung nehmen.

Unter den Parteien hat inzwischen eine leb- hafte Diskussion darüber eingesetzt, welche Aussichten sich jetzt für die Bildung einer Mehrheit eröffnen und wie die neue Regie- wirklich regierungsfähigen, parlamentarischen rungskoalition eventuell aussehen wird. Dabei treten drei verschiedene Auffassungen zutage: Die Kommunisten treten für eine große demo- kratisch- republikanische Koalition ein, die über die Linksparteien bis zu den Radikal- sozialisten reichen soll. Sie rufen zur Samm- lung aller wirklich demokratischen und frei- heitlichen Kräfte des Landes gegen die Reak- tion und ihre Helfershelfer auf. Die Soziali- sten, die sowohl von den Kommunisten wie von der Rechten umworben werden, erklären wird am 28. November der Fall sein.

PARIS. Der Vorsitzende der MRP., Maurice

Abrüstung muß kommen

NEW YORK. Auf einem Festessen des Ver- bandes der Auslandspresse gab der britische Außenminister Bevin die Stellungnahme Großbritanniens zu den vom russischen Dele- gationschef Molotow vorgeschlagenen Ab- rüstungsplan bekannt. Bevin wies dabei auf die Bemühungen hin, mit denen sich England be- reits nach dem ersten Weltkrieg für eine all- gemeine Abrüstung eingesetzt habe. Der Ver- treter Englands betonte, daß sein Land auch heute, wenn ein gemeinsamer Wille vorhan- den sei, diesen Plan nachdrücklichst unterstüt- zen werde.

Nach der Rede Bevins gab der russische Au- ßenminister Molotow seine Genugtuung über die bisher erzielte Einigkeit der UdSSR. und der USA. in der Frage der Abrüstung be- kannt. Er drückte die Hoffnung aus, daß man noch in der gegenwärtigen Sitzungsperiode der Vereinten Nationen an die Lösung des Ab- rüstungsproblems herangehen werde, das den Interessen aller friedliebenden Völker diene. ,, Kein Land", so sagte Molotow weiter ,,, werde die Durchführung einer solchen Maßnahme umgehen können, ebenso werde auch kein Land eine privilegierte Stellung einnehmen." Seine Rede schloß mit den Worten: ,, Nachdem wir den Krieg gewonnen haben, können wir .Mecklenburg- Pommern: SED. 45, nun zur Abrüstung in unseren Ländern über- CDU. 11, Bauernhilfe 3 Sitze. gehen. Dies wird das Rüstungswettrennen, das Thüringen: SED. 50, LDP. 28, CDU. 19, jetzt begonnen hat, beenden. Wir müssen die Bauernhilfe 3 Sitze. allgemeine Herabsetzung der Rüstungen nach einem einzigen Plan und unter direkter Füh- rung der Vereinten Nationen vornehmen."

Brandenburg: SED. 44, CDU. 31, LDP. 20, Bauernhilfe 5 Sitze.

Land Sachsen: SED. 59, LDP. 30, CDU. 26, Bauernhilfe 2, Kulturbund 1 Sitz. Provinz Sachsen: SED. 51, LDP. 33, CDU. 24, Bauernhilfe 2 Sitze.

MARIE

Don Francis Jammes Übersetzt von Jakob Hegner( Nachdruck verboten) 4] Das Leben nahm seinen neuen Lauf, voll Bitternis, voll Liebe. Oft ging man auf den Friedhof, um das kleine Grab mit Blumen zu schmücken und dort zärtlich wortlos mitein- ander zu weinen. Der Vater, dessen Bart nach Michaels Tod in wenigen Tagen ergraut war, rührte seine Geige nicht mehr an.

Eines Morgens entdeckte Marie den Gei- genkasten im Amtszimmer auf einem Akten- brett; er war mit einer so dicken Staubschicht bedeckt, daß der Finger einen Strich hinter- ließ, wenn er über den Kasten fuhr.

Marie fragte: Warum spielst du jetzt nie mehr, Vater?"

Er antwortete wie zu einer Erwachsenen: ,, Du weißt ganz gut, liebes Kind, ich bin so traurig, seit der kleine Michael gestorben ist..."

Da gab sie ihm eine Antwort, die wie von ihrem Schutzengel kam: O nein. Du darfst das Geigen nicht aufgeben. Die Mutter- gottes will, daß du geigst, denn der kleine Michael soll dich hören."

In den Ferien, nach dieser schrecklichen Prüfung, erging man sich mitunter auf der blumigen Wiese am Fluß, wo der Vater nach Gründlingen angelte. Die Mutter saß mit ei- ner Handarbeit am Ufer, und Marie wand in der Sonne Sträuße von Lichtnelken und Gänseblümchen. Sie legte sie rings um ihr Eẞkörbchen herum, das sie mit einem Ta- schentuch überdeckte, und hatte auf diese Art einen kleinen Altar geschaffen, den sie in ihrem Herzen der Muttergottes weihte. Als alles schön in Ordnung war, kniete sie im Gras neben ihrer Mutter nieder und zog aus der Tasche ihren kleinen Rosenkranz; sle sprach die Gebete und die Mutter die Wieder- holungen Wir wollen beten, dachte Marie, be- ten, daß der kleine Michael uns hier besuchen möge.

Schuman, erklärte in den Wandelgängen des Parlamentes, seine Partei werde, wenn auch nicht sofort, aber doch möglichst bald im Verlaufe der Legislaturperiode die Revision der Verfassung in den vier Punkten verlan- gen, die kürzlich vom leitenden Komitee der MRP. näher bezeichnet worden sind.

Der Ministerrat hat beschlossen, daß die Re- gierung zurücktreten wird, sobald die Natio- nalversammlung ihr Büro gebildet hat. Dies

trag angenommen worden, wonach außer New York und San Franzisko noch weitere ameri- kanische Städte als ständiger Sitz der UN. in Erwägung gezogen werden sollen.

Ueber die Aufnahme weiterer Staaten in die UN. soll nach einer Resolution, die jeden- falls zur Annahme kam, im Sicherheitsrat eine erneute Nachprüfung erfolgen.

Die nackte Wahrheit!

Mehr als ein Jahrzehnt, das lange vor 1933 seinen Anfang genommen hatte, rollt in der Ausstellung ,, Nationalsozialistische Verbrechen" im Rittersaal des Schlosses Hohentübin- gen an den Augen des Betrachters vorüber. Nur mit Ekel und Grauen können wir vor diesen Bildern und Zahlen verweilen, hinter denen sich das Schicksal von Millionen un- schuldiger Menschen verbirgt, die zu stummen Zeugen unvergeßlicher Schandtaten geworden sind.- Jene, die auch heute noch in die Goeb- belsschen Fanfaren stoßen, die sich hinter die Worte Greuelmärchen und Propaganda ver- stecken, die Unbelehrbaren und Denkfaulen unter uns, die Militaristen, einstigen Sturm- soldaten und Gefolgsmänner des ,, großen Füh- rers", sollte man in diesen Saal hineinführen und sie vor die Schandbilder des von ihnen geduldeten ,, Germanischen Zeitalters" stellen und vor die nüchternen Worte des großen Friedenskämpfers Romain Rolland, die er zu Beginn des spanischen Bürgerkrieges ahnend in die Welt hinausschickte: Helft dem spani- schen Volk, helft den armen Frauen und Kin- dern! Morgen wird Barcelona unter dem Ha- gel der Bomben erzittern, bald werden es Lon-

Im politischen Ausschuß der UN. ist ein An- don, Paris und Berlin sein!"

Da brach durch das Laub ein Strahl der Gnade Marias auf das stille blaue Wasser und floß über in das Gemüt des Kindes, das Himmlisches nicht mehr von Irdischem schied und den kleinen, ihrer Bitte willfahrenden Michael wirklich heranschweben fühlte.

Die Lehrerinnen, die Marie im Glauben un- terwiesen, fanden sie so fromm, daß sie sie oft nach einer möglichen Berufung ausforsch- ten. Das Kind aber erwiderte immer: ich habe die Muttergottes sehr gern, aber ich will nicht Nonne werden, ich will lieber eine Mut- ter werden wie die meine."

Im Anfang November starb die Tante aus Navarreux, die bereits seit zwei Jahren ge- kränkelt hatte. Sie hinterließ ihrer Nichte einiges Geld und das Haus, das sie ehemals zusammen bewohnten und das ihr verspro- chen war.

Nach dem Begräbnis, zu dem man Marie mitgenommen hatte, hörte sie den Vater zur Mutter sagen: Wenn der kleine Michael am Leben geblieben wäre, hätte er sich vielleicht als Notar in Navarreux niedergelassen, hätte geheiratet und in dem hübschen Haus aus den Tagen deiner Kindheit gelebt. Unser Glück ist hin."

,, Rede nicht so, mein Freund", hatte die Mutter darauf erwidert. Wir werden das Haus bewohnen, wenn du im Ruhestand bist. Und dann später einmal soll es Marie bekom- men oder die Magdalena. Und wer weiß, viel- leicht schickt uns Gott bald wieder einen Jungen.

Und Marie wurde das Herz schwer bei dem Gedanken, daß Michael nicht mehr war und niemals in diesem heiteren Hause leben werde. An ihr selbst lag nicht viel, sie würde woh- nen, wohin man sie wies. Nur eins hatte sie nicht begriffen, warum man von einem Jun- gen sprach, den man haben könnte, da doch Michael tot war, von einem Jungen, der viel- leicht bald da wäre.

Und wie freute sie sich, wieder nach Ar- bouét zurückzukehren, zu ihrem Schwester- chen Magdalena. Und sie nahm ihr gleich-

-chm-

15. November 1946

Lieber hungern, als verhungern

Zum 15. November sind die täglichen Brot- rationen auf 200 Gramm gesenkt worden. Eine unangenehme Ueberraschung. Aber sie erschien notwendig vor allem im Hinblick auf die Welt- ernährungslage und die sozialen Spannungen in Amerika. Deutschland ist auf die Weizen- einfuhr aus Amerika angewiesen: es besteht. die Gefahr, daß von drüben die notwendige Menge nicht rechtzeitig eintrifft.

Der fürsorgliche Verwalter unserer Lebens- mittelvorräte, in diesem Falle das Staats- sekretariat, hat sich deshalb entschlos- sen, die Rationen herabzusetzen. Er befolgt dabei den Grundsatz, der von Staatsrat Schmid geprägt wurde: ,, Lieber jetzt hungern, als später verhungern."

Löbe für ein Gesamtparlament BAD NAUHEIM. ,, Schon deshalb, weil der künftige Friedensvertrag durch Vertreter des gesamten deutschen Volkes unterzeichnet wer- den soll, muß ein gesamtdeutsches Parlament gewählt werden, aus dem eine deutsche Re- gierung hervorgehen kann." Dies erklärte der ehemalige Reichstagspräsident Paul Löbe ( SPD.) in einer Unterredung.

Sieg der Linken in Italien ROM. Die bisherigen Ergebnisse der italieni- schen Kommunalwahlen ergaben nach den er- sten Feststellungen aus Rom, Neapel, Florenz, Genua, Turin und Palermo einen Sieg der Linksparteien und ein Anwachsen der Stimmen der Qualunquisten, die in Palermo zur stärksten Partei wurden. In fünf anderen Städten führen die Parteien des Volksblocks ( Kommunisten und Aktionspartei). 46 Prozent der Wahlberechtigten haben sich der Stimme

enthalten.

Kleine Weltchronik

Die internationale Sozialistenkonferenz in Bournemouth hat beschlossen, daß die Führer der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands auf der nächsten im März 1947 in Zürich stattfindenden Konferenz die Stellung und die Ziele

der deutschen sozialistischen Partei darlegen sollen.

Präsident Truman erklärte, daß das Wahlergebnis in Amerika die Außenpolitik nicht beeinflussen werde, da sie auf der Grundlage einer Einigung zwischen Demokraten und Republikanern beruhe.

Die Vereinigten Staaten werden die 600 zwischen Passau und Deggendorf liegenden Donauschiffe an ihre Eigen- tümer zurückgeben.

Im Hafen von Halifax ist der erste Transport einer Gruppe von 4000 früheren Angehörigen der polnischen Armee des Generals Anders angekommen. Die Polen wer- den sich in Kanada ansiedeln.

In Mexiko ist eine Verschwörung von rechtsstehenden Kreisen rechtzeitig von der Polizei aufgedeckt und ver- eitelt worden.

Eine britische Handelskommission, zur Forschung der Zu- sammenarbeit mit der österreichischen Industrie, ist in Wien eingetroffen.

Eine Delegation der Abgeordneten der tschechischen Na- tionalversammlung ist vom Vorsitzenden des Obersten Sowjets empfangen worden.

Bei Wahlen in der föderativen Volksrepublik Jugosla- wien hat die Volksfront annähernd 90 Prozent aller Stim- men erhalten.

Rußland hat sich bereit erklärt, mit Indien diploma- tische Vertreter auszutauschen.

Eine finnische Handelsabordnung ist in Moskau ange- kommen.

Die griechische Regierung hat die Revidierung der Ar-

beitsgesetze und die Neubildung des griechischen Gewerk-

schaftsverbandes angekündigt.

Der griechische Arbeitsminister Stratos hat nach seiner Rückkehr aus Kanada sein Rücktrittsgesuch eingereicht, weil er mit der Gewerkschaftspolitik der Regierung Tsal- daris nicht einverstanden ist.

In Palästina sind wieder zwei Bombenanschläge gegen Eisenbahnzüge verübt worden. Es gab mehrere Verletzte. Der japanische allgemeine Gewerkschaftsbund kündigt eine politische Offensive gegen die Regierung an. Er wird die Forderungen der Lehrer und Elektriker, deren Streik bevorsteht, unterstützen.

Der Prozeß gegen den Erzbergermörder Tillesen beginnt am 25. November in Freiburg. Wann gegen den zweiten Mörder Schultz verhandelt wird, steht noch nicht fest.

Herausgeber und Schriftleiter: Will Hanns Hebsacker, Dr. Ernst Müller, Rosemarie Schittenhelm, Alfred Schwenger und Werner Steinberg( zurzeit erkrankt)

förmiges frommes Leben wieder auf und fügte Mutter lächelnd lag; den plötzlichen Tod Mi- sich von Tag zu Tag inniger hinein.

Am Vorabend ihres achten Geburtstags- festes, als sie aus dem Glaubensunterricht nach Hause kam, es war um die Mittagszeit, betrat sie Vaters Stube. Er schrieb etwas in seine großen Bücher. Sie ging auf ihn zu und küẞte ihn.

Er gab den Kuß zurück, dann sagte er, ohne aufzublicken: ,, Heute morgen ist für dich und Magdalena ein Brüderchen angekommen. Es heißt Peter."

Marie stieß einen Jubelruf aus, doch der

Vater wischte sich zu ihrem Erstaunen über seine Augen. Er weinte, denn er dachte an Michael, der nicht mehr unter ihnen weilte.

Zwischen dem elften und zwölften Lebens- jahr empfing Marie den Leib des Herrn. Ihr blütenweißer Schleier schien eine Spiegelung ihrer ebenso reinen Seele zu sein. Man konnte glauben, man sei nicht in einer Kirche, doch in einem Garten voll Schnee, wie er an dem Tag ihrer Geburt gefallen war, dort in Ro- quette- Buisson. Oh, wie sie betete! Nicht ein- mal nach ihrer Mutter wandte sie den rosen- begränzten Kopf. Mit einemmal schmolz ihr Herz in Zärtlichkeit wie eine Schneeflocke im Sonnenlicht. Der Vater spielte im Chor auf Bitten des Herrn Pfarrers. Seit Michaels Ab- leben hatte Marie den Vater nicht mehr gei- gen gehört, denn trotz der schönen Worte, die sie damals zu ihm sprach, hatte er nicht den Mut aufgebracht, wieder nach dem Bogen zu greifen. Heute aber strömten die Töne wie ein klares Wasser hin und benetzten ihr die Augenwimpern.

Und dank der unbeschwerten Weise sah sie ihr ganzes junges Leben wieder: den Garten von Roquette- Buisson, zur Zeit, da dieselbe Geige in den blauen Himmel hinaufsang; die Stube mit der Kommode an den Marientagen und mit der Weihnachtskrippe; die Geburt ihres goldigen Michael; die Spiele mit Isa- bella, den Abschied auf dem Bahnhof; das neue Heim in Arbouét; das( rste Zusammen- treffen mit Magdalena in dem Zimmer, wo die

chaels; und sein kleines Grab.

Damals, als die Geige verstummt war, hatte der Vater nie wieder gelächelt, und nichts vermochte ihn zu trösten, nicht einmal Peters Geburt. Doch heute nach sechs Jahren, brach die Geige ihr trübes Schweigen und sang wie eine Kinderstimme im Paradies. Und in der Brust des kleinen Mädchens hielt Gott seinen Einzug.

Marie nahm das Abendmahl mit einem so völligen Glauben, mit einer so nachdenklichen Andacht wie keine ihrer Freundinnen. Sie verließ die Kirche nur ungern, mit zögerndem Schritt: sie war das würdige Gefäß gewor- den, das jeden Anstoß fürchtet, jedes Schwin- den des Duftes.

Die Mutter freute sich, daß der Vater seine Kunst wieder aufgenommen hatte, und gar bei einem so schönen Anlaß. Auf dem Mar- zipankuchen, den man zum Nachtisch reichte, war als Aufguß, hin und her schwankend, ein Kommunionkind zu sehen; den Kaffee trank man in der Amtsstube. Und als das Abendläuten begann, fühlte der Vater den langen Schmerz besänftigt und drückte Ma- rie an sich.

V.

Seit einigen Jahren, seit dem in Arbouét erfolgten Tod des Vaters, lebte Marie mit ih- rer Mutter, ihrer Schwester Magdalena und und ihrem Bruder Peter in Navarreux, in dem Hause, das ihnen die Tante hinterlassen hatte.

Dem gerade zehn Jahre alt gewordenen Peter hatte man in dem Stifte zu Orthez, etwa zwanzig Kilometer entfernt, unterge- bracht. Er war fleißig und zeigte dieselbe An- lage zur Güte, doch auch denselben Trüb- sinn wie sein Vater. Er hatte nichts von der Ueberschwenglichkeit Michaels, dessen nieder- schmetterndes Ende im Alter von drei Jahren ihren Vater zur Verzweiflung gebracht hatte.

( Wird fortgesetzt)