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14. 1»ni 1946

Universität und mit ihrer Volkstümlichkeit. Es wäre schön, wenn man in einer Universitätsstadt einiges davon begriffe.

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Herr Ferdinand Zeeb bemerkt dazu folgendes:

Ob die Aufgaben der Universität mehr in der Pflege der universalen Forschung oder des beruf­lichen Fachwissens liegen und wie sie es anstellen will, diese beiden Ziele miteinander zu vereinigen oder gegeneinander abzuwägen, geht mich nichts an. Ich habe mich damit in meinem Aufsatz auch nicht beschäftigt.

Worauf es mir ankam, war der Hinweis, daß die Universität heute immer noch volksfremo und gegenwartsfremd ist: und daß sie das nicht sei, davon haben mich leider auch die Aus­führungen des Herrn" Professors nicht überzeugen können.

Er schiebt die Verantwortung dafür von der Uni­versität ab und dem Staate zu, der für Dinge wie Volkshochschulen, Abendkurse, Begabtenförde­rungzuständig" sei. (Ob das Bild von den Schnei­dern und Schustern hier paßt, will ich nicht beur­teilen: ich habe keinOoUsgium logicuin" genos­sen.) Aber wer ist eigentlich der Staat? Herr Her­ding sieht anscheinend in ihm eine fremde, über ihm und mir stehende Instanz, wie es einer Auf­fassung entspricht, die ich in unserem demokrati­schen Zeitalter für überwunden gehalten habe. Der Staat sind wir alle, Herr Professor: und er würde sich Forderungen wie den von mir aufge­stellten vielleicht nicht entziehen, wenn die Univer­sität sie unterstützen statt ablehnen würde.

Lsrciinsncl 2esd

Das kalästinaproklem Damaskus. In Bludan in Syrien tagt zurzeit der Rat der Arabischen Liga. Aus allen arabischen Staaten sind die Führer der wichtigsten arabischen Parteien erschienen, um über die Pa­lästinafrage zu beraten. Folgende Maßnah­men wurden beschlossen: 1. die Palästina-Ange­legenheit solle dem Internationalen Gerichtshof vorgelegt werden, und zwar als Prozeß gegen England, das seine Versprechungen und Verpflich­tungen nicht erfüllt habe. 2. Der Rat der Arabi­schen Liga wird den wirtschaftlichen Boykott gegen England und USA. verhängen und die arabischen Länder auffordern, keinerlei Konzessionen mehr zu erteilen. 3. Der Entschluß der Arabischen Liga soll proklamiert werden, sich jeder weiteren zionistischen Einwanderung in Palästina zu widersetzen, not­falls mit Gewalt.

Wie einer der Arabersührer, Assam Pascha, mitteilte, solle auf einer Konferenz der ganze Fra­genkreis beraten werden. Auch die Zionisten sollen dazu eingeladen werden. Im Falle eines Mißerfol­ges solle die ganze Frage dem Weltsicherheitsrat unterbreitet werden. Den USA. spricht Assam Pa­scha das Recht auf Intervention in der Palästina­srage ab.

In einer Resolution wird die ägyptische Forde­rung auf das Nilbecken und Zurückziehung der bri­tischen Truppen unterstützt, da sonst die britisch­arabische Freundschaft leiden würde.

Wie unterdessen bekannt wird, soll sich auch der Großmufti von Jerusalem von Frankreich aus nach Bludan begeben haben. Der Mufti war bis­her als politischer Flüchtling in Frankreich.

iVocji keine Linixunx in Indien Neu-Delhi. Die Leitung der indischen Kon­grehpartei weigert sich, gemeinsam mit der Moslem- Liga eine indische Uebergangsregierung zu bilden. Gandhi erklärte gestern abend, er werde alles tun. um den Abbruch der Verhandlungen zu vermeiden. Er legte die Forderungen der Kongreßpartei dar. Sie verlangt die Mehrzahl der Sitze in der Ueber­gangsregierung.

Iruinan korrigiert sieb Washington. Im Kongreß sollte ein Ge­setzentwurf über Arbeitsstreitigkeiten in den Ver­einigten Staaten eingebracht werden. Präsident Truman sprach sich aber in einer Botschaft in dem Kongreß gegen diesen Gesetzentwurf aus und erklärte, daß Streiks gegen Privatunternehmer nicht durch Gesetze verhindert werden dürfen. In einem demokratischen Staat könnten die Arbeiter nicht durch Gesetze gezwungen werden, für private Unternehmer zu arbeiten. Der Gesetzentwurf ist damit abgelehnt und wird dem Senat nicht mehr vorgelegt.

^ussprsede mit klein kuliiilrum

Wir bringen zum Abschluß der ersten Spielzeit des Städtischen Schauspielhauses Tübingen den fol­genden Aufsatz von Intendant Wolfgang Müller darum, weil er das lebendige Für und Wider, das Echo des Publikums und die Meinung der Schauspieler auf schöne Weise verdeutlicht. (Die Schriftleitung.)

Einhundertachtzigmal hat sich der Vorhang geho- ben, einhundertachtzigmal waren alle versammelt, die sich in beiden Häusern des Theaters über uns freuten, begeistert waren, Kritik übten oder unge­rührt nach Hause gingen. Der Vorhang über die erste Spielzeit ist gefallen, und doch sind alle ver­sammelt, für die wir das Wagnis unternahmen, so kurz nach dem Zusammenbruch in Tübingen und Reutlingen, ein ständiges Theater zu gründen. Alle sind versammelt und fordern Rechenschaft. Denn es wäre uns unlieb, wenn der Eintrittspreis die einzige Verbindung mit dem Theater bliebe. Dazu haben wir auch die Unterstützung aller zu oft er­fahren. Nicht nur die leitenden Stellen waren un­serem Unternehmen freundlich, viele, viele, die wir kennen und nicht kennen, haben geholfen und das Theater als ihr Theater angesehen. Alle haben sie uns geholfen und sogar mit uns gefroren, die, die Holzscheite brachten und die, die keine brachten.

Einhundertundachtzig Vorstellungen waren es, seit sich am 19. Oktober 1945 der Vorhang zum erstenmal hob. Als wir hier begannen, hatten wir zwei große Vorteile: Lust und Liebe der Städte zum Theater und zwei unzerstörte Häuser. Damit kann man zwar anfangen, aber nicht Theater spielen. Was Sie, meine Damen und Herren, auf der Bühne sehen, ist das Ergebnis vieler Arbeit, die das schöne WortTheater spielen" zu seiner liebenswürdigen Umschreibung macht. Hat sich der Vorhang gehoben, dann allerdings muß alles ern- stes oder heiteres Spiel sein, dann darf niemand etwas von den Schwierigkeiten merken. Aber als wir anfingen, war außer den Häusern, außer ein paar alten Kulissen in Tübingen und einer Be­leuchtung, die durch Krieg und Nachkrieg gelitten hatte, nichts vorhanden. Kein Hammer, kein Nagel, keine Kostüme, keine Farbe. Wir wissen alle, was »in Nagel bedeuten kann. Als wir dasWinter-

Oer bestelltettilterut" rüi' Oesterreieli

8evö-Inan»it gibt 4900 Hinrichtungen in Holland ru

Nürnberg. Am Pfinastmontagmorgen ist in Nürnberg die Vernehmung des Angeklagten Seyß- Inquart fortgesetzt worden. Er erklärte, daß er sich vor 1938 keiner poiltischen Partei angeschlossen habe. Den Vorwurf, an der Ermordung von Doll­fuß beteiligt gewesen zu sein, wies er zurück.

Zur Anschlußfrage erklärte Seyß - Jnquart, Schuschnigg habe ihm am 8. März 1938 seinen Entschluß mitgeteilt, über den Anschluß abstim­men zu lassen. Hitler schrieb daraufhin an Seyß- Jnquart einen Brief, er rechne mit Unruhen, falls Schuschnigg auf der Abstimmung bestände, und sei bereit, auf einen Hilferuf Oesterreichs hin einzu­marschieren. Der Entwurf für diesenHilferuf" lag dem Brief bei. Darufhin wurde er mit der Bildung eines neuen Kabinetts betraut. Der Jubel der Wiener Bevölkerung habe den Anschluß nach­träglich sanktioniert.

Der Verteidiger Dr. Steinbauer wies auf die feierliche Erklärung der österreichischen Erz­bischöfe vom 21. März 1938 hin, in der sich diese zum Anschluß bekennen, ferner auf die Erklärung des Präsidenten der österreichiscken Republik Dr. Renner, der ebenfalls den Anschluß begrüßt habe.

An den Maßnahmen gegen die Juden behaup­tete der Angeklagte nicht beteiligt gewesen zu sein. Auch für die Ereignisse in der Tschechoslowakei trage er keine Verantwortung. Als stellvertretender Generalgouverneur sei er praktisch nur zehn Tage im Amt gewesen. Er behauptete, zusammen mit dem Angeklagten Frank versucht zu haben, die Zahl der Todesurteile zu senken.

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Am Nachmittag sagte Seyß-Jnqyart über seine Tätigkeit als Reichskommissar in den Nieder­landen aus. Cr gab die finanzielle Ausbeutung, die Verhängung des Stanorechts gegen streikende Arbeiter und die Geiselerschießungen zu. Rund 4000 Hinrichtungen sind während seiner Amtszeit in Holland vorgenomemn worden. Monatlich muß­ten von Holland zunächst drei Millionen Gulden bezahlt werden, vom Jahr 1941 ab SO Millionen Mark.

Den Arbeitseinsatz der Holländer für Deutsch­land sei bis zum Jahre 1942 durch Freiwilligsn-

werbung hurchgeführt worden. Erst auf Weisung Bormanns hin sei dann die zwangsweise Ver­pflichtung erfolgt. Rund ein Viertel der arbeits­fähigen Bevölkerung Hollands sei nach Deutsch­land zur Arbeit geschickt worden.

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Seyh-Inquart erklärte, er sei als Anti­semit nach Holland gekommen und habe dort zwei große Ghettos eingerichtet, in denen 140 000 Juden interniert worden seien. Ausschreitungen seien natürlich" unvermeidbar gewesen. Nach Einfüh­rung des Judensterns hätten die Holländer als Protest gegen die deutschen Maßnahmen sich eben­falls einen Judenstern angeheftet. Auf Veranlas­sung Heydrichs seien die Juden dann im Jahre 1942 nach Auschwitz und Theresienstadt gebracht worden. Ihr Bnefverkehr mit Holland sei bald ein­gestellt worden, weil die Gestapo erklärt habe, daß die Juden dort keine Angehörigen mehr besäßen.

Die Verschleppung niederländischer Produktions­mittel nannte Seyß-Jnquartim allgemeinen wohl üblich".

Erst im April 1945 habe er die Sinnlosigkeit eines militärischen Widerstandes in den Nieder­landen eingefehen und sich illegal mit deiz Ver­trauensleuten der holländischen Exilregierung in London in Verbindung gesetzt.

Am Mittwoch ist die Vernehmung Seyß- Inquarts beendet worden. Als Entlastungs­zeuge erklärte der frühere österreichische General G l a i s e - H o rs t e n a u, daß Hitler den Anschluß Oesterreichs deshalb erzwingen konnte, weil nie­mand Oesterreich zu Hilfe gekommen sei. Nach der Aussage des Zeugen habe sich Seyß-Jnquart dahin geäußert, man müsse die Nazis hereinlassen, er würde jedoch verlangen, daß sich Hitler nicht in innere Angelegenheiten Oesterreichs mische. (!)

*

Baldur von Schirach hat den Wunsch ge­äußert, daß der vollständige Wortlaut seines Schuldbekenntnisses, das er am 23. Mai vor dem Nürnberger Gerichtshof, ablegte, in Form einer für die heutige deutsche Jugend bestimmten Bro­schüre veröffentlicht werde.

.^.uk loclesstrske erkannt

Rastatt. Vor dem Hohen Gericht, unter dem Vorsitz des Präsidenten Gary, hatten sich Otto Moll, Franz Hermann aus Mittelbiberach, Karl Bühl er, Franz und Josef Rechtle aus Stofflangen und Conrad Scheffold aus Ell- mannsweiler wegen unbefugten Waffenbesitzes zu verantworten. Die französischen Behörden waren Anfang April von der Polizeidirektion Württem­berg auf einen vermutlichen Zusammenschluß auf­merksam gemacht worden. Einige hundert Leute wurden darufhin verhaftet und in ein Lager nach Biberach gebracht. Ein Teil von ihnen war ge­ständig, und bei 60 Festgenommenen wurden Waf­fen vorgefunden. Sie haben sich jetzt vor dem Rich­ter zu verantworten. Es sind zum Teil Minder­jährige, die von einem Mittleren Militärgericht in Württemberg zur Aburteilung kommen, während die sechs Erwachsenen sich jetzt vor dem Hohen Ge­richt in Rastatt zu verantworten hatten. Cs sind bei ihnen 16 Gewehre, zwei Maschinenpistolen und einige Revolver gefunden worden.

Nach längerer Beratung fällte das Gericht fol­gendes Urteil: Franz Hermann wurde zum Tode verurteilt, Franz Rechtle erhielt zehn Jahre Zuchthaus, Josef Rechtle und Conrad Scheffoldje fünf Jahre Zuchthaus, Otto Moll acht Jahre Gefängnis und Karl Bühl er drei Jahre Gefängnis.

Rastatt. Das Hohe Gericht hat den zwanzig Jahre alten Siegfried Bein er aus Rastatt, der bei einer Schießerei einen marokkanischen Soldaten verletzt hat, zu lebenslänglichem Zuchthaus, ver­bunden mit Zwangsarbeit, verurteilt.

Oesterreickisclie Zonengrenzen gelockert

Wien. Der Kommandierende der britischen Be­satzungstruppen in Oesterreich gab Erleichterungen der alliierten Besatzungspolitik für Oesterreich be­kannt. Demzufolge sollen die Besatzungskosten von 50 Prozent der österreichischen Staatsausgaben auf

35 Prozent herabgemindsrt werden. Fexner hat der Kontrollrat der österreichischen Regierung end­gültig die Verwaltung der österreichischen Eisen­bahnen übertragen. Weiterhin sind die Zonen­grenzen gelockert und der Schiffsverkehr auf der Donau in Gang gebracht worden.

letrt klingt es anders...

Das deutsch« Volk erinnert sich noch lebhaft, wie in allen militärischen Berichten vor und nach der In­vasion, auch vor und nach der Ardennenoffensive im Winter 1944/45 entgegen den tatsächlichen Verhält­nissen immer wieder der Schein eines guten Aus­ganges des Krieges aufrecht erhalten wurde. Welch starker Kontrast zwischen Schein und Wirklichkeit be­standen hat, das erkennen wir heute aus den Ein­geständnissen der Generale in Nürnberg. Sie sind von ihnen als Entschuldigung vorgebracht worden; dabei sind sie eigentlich schwere Belastungen gegenüber dem deutschen Volk, das so gewissenlos hinters Licht geführt worden ist.

Jo dl z.^B. erklärte, dag schon im Sommer 1944 kein vernünftiger Mensch mehr an einen guten Aus­gang des Krieges habe glauben können. Eine Kapi­tulation-im Winter sei aus militärischen Ueberlegun- gen nicht möglich gewesen, weil sie zu riesigen Men- schenverlustten geführt hätte. Aber vorher dis Konse­quenzen zu ziehen, das ist diesen Männern nicht ein­gefallen!

Auch der ehemalige Rundfunksprecher Generalleut­nant Kurt D i t t m a r, der in der letzten Phase des Krieges in Magdeburg mit einer weißen Fahne in der Hand in einem Boot über die Elbe fuhr und sich in amerikanische Gefangenschaft begab, hat gelegent­lich seiner Vernehmung das Eingeständnis gemacht, dagdas Dritte Reich den Krieg militärisch verloren hatte, als es sich außerstande zeigte, die Invasion an der Küste der Normandie aufzühalten". Und schon im Oktober 1944 ist in der Berliner Pressekonferenz unverblümt das Eingeständnis der kommenden Nie­derlage gemacht worden.

Wir begnügen uns, diese drei Beispiele in die Er­innerung znrückzurufen. Sie sind deutlicher Beweis dafür, daß man die Partie schon lange als verloren angesehen hatte. Aber dem leichtgläubigen Volk hat man ruhig weiter Sand in die Augen gestreut.

DsL eia Menscb sieb in seiner Eigenart als An­gehöriger einer Nntion, als 8obn seines Vollees küiilt: diese Tstsackie nennen vir Rationalgekülll. L, ist d«s sUUicbte, positive Gekübl der eigen-rn ^Irt, clas jedoclc, vie alles inenscllliche Lelbstgekülrl, <lie unliebsaine Reignng bat, ans der gesunden hlittellag« nacki den L.xtreinen lies 8i<1iiil>erlegcn- lulilens »nd <Ies Mindervertißlceitstzelübles ru sckrvanleen. iVlensclilieitsgeliibl nennen vir die ^4rr, in der ein Mensel» seine vesenlliche Gleichheit uncl Verhnnclenheit mit Mensel»«»» anderer,4rt einptincler.

Die blannigkaltigleeit der Mensclilieit in ihren Nationen »nd die Linbeit der Nationen in der sie uinkassenden Menschheit bedingen sich gegenseitig, so dsll ohne Menschheitsgekübl Hein vahres Natin- nalgekühl, ohne Nationalgekühl Hein vahres Menscl»- heitsgekiilil möglich ist. Denn indem da» National- gekiihl SN der Derübrung mit der kremden Natio­nalität ervacht, erhennt es, dall die Gegensätze der Nationen, die ebenso viele Vorzüge als Mängel sind, sich ü»r höheren Linlieit der Menschheit ru- sammenschlieLen. Das Dicht der Menschheit tritt in das llpehtrum der Nationen auseinander, und am karhigen -Ihglanr haben vir das Geben".

Nationalgeknhl ist daher nicht nur das Gekühl kür die eigene, sondern ebensosehr kür die kremd« Nationalität. Ds ist die Lreud« an der Ligenart der Nationen, ein universelles Gekühl kür den Reich­tum der Menschheit in ihren vielen Ausprägungen, ^»s den 8timmen der Völher baut sich Luge und Gbor der Menschheit.

In diesem 8inne ist Herder, der Prediger der Humanität, Zugleich der 8>höpker des deutschen Nationalgekübls, der des Glaubens lebte,dak Va­terländer kriedlich beieinander liegen und sich ge­genseitig vie Lamilien Heiken" Hannen. IL.

Ilekannte lone

.Kommt ihr vor den Feind, so wird derselbe

geschlagen. Pardon wird nicht gegeben. Gefangene werden nicht gemacht. Wer euch in die Hände fällt, sei euch verfallen. Wie vor tausend Jahren die Hun­nen unter ihrem König Etzel sich einen Namen ge­macht, der sie noch jetzt in Ileberlieserungen und Märchen gewaltig erscheinen läßt, so möge der Name Deutscher in . . . auf tausend Jahre in einer Weise bestätigt werden, daß niemals wieder ein . . . es wagt, einen Deutschen auch nur scheel anzusehen..."

Diese Worte, aus denen ein Geist spricht, den wir aus der jüngsten Vergangenheit nur allzugut kennen, stammen nicht etwa von einem Nazi oder einem SS.- General, sondern aus derHunnenrede" Wilhelms II. an die deutschen Soldaten des Thina-Expeditions- korps, das den Voxeraufstand Niederschlagen sollte. (An die Stelle der Punkte sind die Worte China und Chinese zu setzen.)

Derselbe Vorläufer Hitlers ist es gewesen, der bei einer Rekrutenvereidigung einmal gesagt hat:Ihr habt mir die Treue geschworen, das heißt: ihr seid jetzt meine Soldaten, ihr habt euch mir mit Leib und Seele ergeben. Es gibt für euch nur einen Feind, und der ist mein Feind. Bei den jetzigen sozialen Unruhen kann es Vorkommen, daß ich euch befehle, eure eigenen Verwandten, Brüder, ja Ellern nieder­zuschießen. Aber auch dann müßt ihr meinen Befehl ohne Murren befolgen."

8L?. nnd 8l>O.

Auf einem Presseempfang in Berlin hat der eine Vorsitzende der SEP., Erotewohl, u. a. gesagt: ,,Wir strecken unsere Hand zur Zusammenarbeit mit jeder demokratischen"Partei aus, besonders zur Zu­sammenarbeit mit unseren Freunden von der SPD."

Der andere Vorsitzende der SEP., Pieck, wurde gefragt, ob die SPD. in der russischen Zone wohl zugelassen würde, wenn man der Einheitspartei in den westlichen Zonen freie Betätigung gestatte. Er entgegnet«, daß er dies nicht wisse, daß er aber einer solchen Maßnahme durchaus zustimmen würde.

kullland lielert an Jugoslawien

Belgrad. Die Besprechungen zwischen der von Marfchall Tito geführten jugoslawischen Delegation und den sowjetischen Beauftragten sind am 8. Juni in Moskau beendet worden. Die Delegationen haben die die beiden Länder angehenden Fragen in einer Atmosphäre vollsten Verständnisses und vollster Freundschaft geprüft. Die sowjetische Regierung ver­sprach Jugoslawien eine bedeutende Wirtschaftshilfe und die Lieferung von Waffen und Munition für die jugoslawische Armee, solange die Eigenproduktion Jugoslawiens noch nicht organisiert ist. Außerdem wurde für diesen Zweck ein langfristiger Kredit be­willigt. Jugoslawien wird auch die Rohstoffe erhal­ten, deren es zurzeit bedarf,

Märchen" brachten, brauchten wir über siebzig neue Kostüme, Stoffe gab es keine. Aber Papiergewebe, aus dem sonst Ersatzsäcke hergestellt wurden. Wer einen solchen Sack in der Hand hat, weih wie sperrig er sich anfaßt. Neue Methoden mußten an. gewandt werden, die Säcke wurden bemalt und als der Vorhang aufging, schritten der König von Böhmen und der von Sizilien so würdig daher wie immer. Es wurde nicht nur aus der Not eine Tu­gend gemacht, wie man uns oft entschuldigte, es wurde ein Stil in Bühnenbild und Kostümen ent­wickelt, der nichts mit Materialmangel, aber um so mehr mit dem Willen zur höchsten Wirkung der Dichtung zu tun hat. Das war ein Stück. Aber wir haben deren zwölf verschiedene gebracht und einen Tanzabend. Und wenn Sie endlich als selbstver­ständlich nahmen, daß die Szene, entsprach es dem Stück, ein Fest für die Augen wurde, selbstver­ständlich blieb es leider nicht. Jedesmal gab es den gleichen Kampf bis zur Premiere, aber das sind unsere Sorgen, Ihnen muß es gefallen.

Hat es das? Nun, wir haben Beifall empfangen, und wir haben manches Kopfschütteln erregt. An­ders kann es einem lebendigen Theater nicht er­gehen. Sie fragen uns: Was spielt ihr? Warum spielt ihr das und nicht ein anderes Stück? Das sind unsere Sorgen, mit denen sich schon Direktor, Theaterdichter und lustige Person im Vorspiel zum Faust" herumschlagen, und die der Direktor schlichtet:Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen." Nein so wollten wir.es eigentlich nicht. Ganz bewußt stand unser Spielplan zunächst auf den europäischen Klassikern. Wir haben Shakespeare, Calderon, Goethe und Schiller gezeigt. Denn junge Menschen und die, die aus der Verwüstung des Krieges zurückgekehrt sind, haben ein Recht darauf, den großen Besitz europäischer Dramatik kennenzu­lernen. Aber waren wir damit etwa zeitfery? Haben wir nicht alle die unerhörte Zeitnähe derIphi­genie" erfahren? Haben wir die Klassiker wie einen sicheren Besitz gespielt? Wir versuchten, sie so le­bendig zu bringen wie sie sind. Und wenn man über die eine oder andere Auffassung streiten konnte, um so besser. Wir haben den Werken keine Gewalt angetan, aber gezeigt, daß sie uns bewegen müssen und nicht nurklassisch" sind.

Freilich, die Klassiker haben ihr Publikum und die Stücke, über die man lacht oder von denen man angenehm unterhalten nach Hause geht, haben es auch. Sie brauchen keine Verteidigung, und das Theater tut sich mit ihnen, weih Gott, am leichte­sten. Natürlich spielen auch sie sich nicht von selbst. Auch bei einer Sache, die wenig mehr bedeutet als einen Spaß, gilt es die Ehre des Theaters, gilt es eine Aufführung, die so gut jst. daß man sagt: Bravo! gut gespielt. Und gerade hier haben wir einen kleinen Wunsch an unser Publikum. Man geht ins Theater, um des Stückes willen. Richtig und gut.Iphigenie" ist eine andere Sache als Mit meinen Augen". Aber man kann auch ins Theater gehen, um des Spieles willen. Sie ken­nen jetzt unsere Schauspieler. Ist es nicht auch in- tsressant, sie einmal in neuen Rollen zu sehen? Könnte man sich nicht einfach dem Genuß am Spiel hingeben. Daß es nicht so kommt, daß Sie sagen:Das Stück, reden wir nicht darüber. Aber Frau T und Herr P, großartig!" Dafür wollen wir im Falle des Stückes schon sorgen.

Aber nun kommen unsere Sünden. Wir haben auch Stücke gespielt, die gefallen haben. Das wa­ren Stücke, die von einigen drei- und viermal be­sucht wurden: andere waren aber froh, als der Vorhang fiel. Das war vor allen Dingen bei Rose Bernd" und beiEurydike" von Anouilh so. Ich höre die Stimme des Volkes bei den Erstauf­führungen meist hinter meinem Platz. Sie kommt aus Damenmund und zensiert die Stücke nach dem ersten Bild. BeiRose Bernd" sagte sie:Es kommt noch ordinärer", beiEurydike":Das ist alles pathologisch." Dazu wäre viel zu sagen. Aber nur eines sei hier bemerkt: Das Theater hat nicht nur die Aufgabe, angenehme Stunden zu verschaffen. Es hat auch nicht die Aufgabe, vor den Kopf zu stoßen. Aber es gibt auf der Bühne auch den Ernst. Man braucht mit beiden Stücken nicht einverstan­den zu sein aber man wird anerkennen müssen, daß beide Dichter diesen Ernst kennen und zur Wirkung bringen. Das Theater muß auch den Menschen berühren, sonst bleibt das Wort von der moralischen Anstalt nur Phrase. Wobei wir Moral nicht als das Selbstverständliche, sondern als eine Angelegenheit nehmen wollen, um die man sich

bemühen muß. Dazu kommt, daß uns der Blick auf die führende Dramatik Europas viele Jahre ver­sperrt war. Hier müssen deutsche Bühnen nachholen und dieses Theater soll und kann sich nicht aus­schließen.

Aber am Ende sind Meinungsverschiedenheiten dazu da, um sich der Verbundenheit nur um so ge- wisser zu werden. Wo gestritten wird, herrscht keine Gleichgültigkeit. Was wir im Sommer und der kommenden Spielzeit auch bringen, wir wünschen, daß Publikum und Spielgemeinschaft immer mehr sagen: Unser Theater. Ein guter Anfang ist ge­macht, das beweist die Zustimmung, die der Arbeit dieser Bühne außerhalb der Städte Tü­bingen und Reutlingen gezollt wird. Unsere Freunde aber hoffen wir zu erhalten und viele neu zu gewinnen.

Neuerwerbungen der llniversitätsbibliotkek

17. bis 22.^Iuvi ^Erverkuvzev

ko6or. kl. W.. Soutd ok Hitler. 19Z8. ko XII b ??88 vl

ko/ev, kk.. Io suis uu prisouuier 6s l'^ltmark 1940. ko XII a 4?0?

(vie) 6sködr6uvx 6es (^lrristentums äurck RassenvaliQ un6 Iu6enverkolxuvx. 19?5. ko XVIII 64?.

5/i/Ier. X. vsn. Oeutscde un6 Iu6eu. 19?7. ko XVIII 656.

Ormes.-ron, W. 6', revoluiion s!!einnn6e. 19??. ko XII s 4178

(I.L) persäeutioo des Fuiks er» ^Uemseue. 195?. ko XVIII 84. 4»

(ILe) üeicLstsx kire krisl. 19Z4. ko XU a ZZ88

Kez/nokcis. 8. I.. kreluäe Io Hitler. 19?Z. ko XII L Z?88 » o

VI 11^,87 / ^ -vovde moderne. is;<. Ho

H.. Oer xroüe kuroväer L6usr6 Leues. 1958 ko XII d 2691 1

klnc/e. V.. kme Oroklwsckt Mit? 2. ^ull. 1942. ko III 2151

LLumer. 6., Oer neue ^Vex 6er 6eutsckeo kr«u. 1946. ko XI! L 2907 e

IMton. I., Oevi11erviv6. 1944. l)Ic VII 905.

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k.. Ltuttxsrt im Xulbsu. 194?. I. II 190

11.. 7,Zvis6ien 6en Teilen. 1946. Xs 27?9

1.. kür slle ksxe. kin ckrislljc'Iies I.esebuck. 1944. Oi ?11?

Vom Xriei? un6 vom krie6es. kestsckrikt Klsx ttuber.

1944. Id 167 6.