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ZI. Nai 1946

der Verantwortung, den Willen zum selbständigen Entschluß. Bevor nicht jeder Mann und jede Frau in der Lage ist, zu erkennen, wofür sie eintreten Allen, dürfen wir nicht von Demokratie sprechen. Demokratie ist die Regierungsform, die von jedem Staatsbürger Beteiligung am öffentlichen Leben erwartet. Wie kann man aber am Staatsleben teilnehmen, wenn man das Wesen dieses Staates nicht kennt? Wie kann man über ein Buch spre­chen, das man nicht gelesen hat?

Die Gelegenheit, eine Demokratie zu werden, ist da. Seien wir klug, schaffen wir für die neue Form den richtigen Inhalt! Denn die beste Verfassung ist unnütz, wenn sie einem unreifen Volke gegeben wird.

Oie vom 26. jVIs!

Don den Wahlen in der amerikanischen Zone am 26. Mai seien noch folgende Einzelergebnisse nach­getragen.

Heidelberg: CDU. 18 OVO Stimmen SPD. 14 000. DVP. 5000, KPD. 4000.

Augsburg: CDU. 36 000, SPD. 25 000, KPD. 5000, DVP. 2000, Wiederaufbauvereinigung 3000. Würzburg: CDU. 11 OM. SPD. 5000, KPD. 2000, Wiederaufbauvereinigung 90M.

Frankfurt: SPD. 78 OM, CDU. 67 MO. KPD. 23 MO, DVP. 22 OM. (In Frankfurt muß die Wahl wiederholt werden, weil die Listen nicht gestimmt haben.)

Die CDU. heißt in BayernChristlichsoziale Union"; die Demokratische Volkspartei in Bayern Freie demokratische Partei", in Hessen:Liberal­demokratische Partei". Der Uebersichtlichkeit wegen haben wir die Abkürzungen CDU. und DVP. über, all beibehalten. ,

München. Ministerpräsident Dr. Högner hat infolge des Wahlausganges der Militärregierung seinen Rücktritt angeboten. Er ist abgelehnt wor­den. Dr. Högner wird bis nach den Parlaments­wahlen im Herbst im Amt bleiben, aber schon jetzt in seinem Kabinett einige Veränderungen vorneh­men.

Oie politisäke LäuderuaK Nach der Bestellung von Ministerialrat Kllnzel zum Säuberungskommissar für die französisch besetzte Zone Eüdwürttembergs ist es Ausgabe der Parteien in den einzelnen Kreisen und Gemeinden, dem Staats­kommissar über ihren Landesausschutz die politisch belasteten Personen bekanntzugeben. Die bereits von den Untersuchungsausschüssen anqcstellten Nachfor­schungen weiden herangezogen. Jedem einzelnen Be­lasteten wird Gelegenheit gegeben, Erklärungen ab­zugeben. die ihn politisch entlasten können. Die poli­tischen Parteien haben als ihre Vertreter in der Säuberungskommission die Herren Eeckle sLDU.), Bartels (SPD.) und Acker (KPD.) benannt.

Zwischen der amerikanischen Militärregierung in Deutschland und dem Rat der Evangelischen Kirche ist ein Briefwechsel über das Säuberungsgesetz ge­führt worden. Die Evangelische Kirche hatte Beden­ken gegen die Erundaustassung des ganzen Gesetzes geäußert, das nach ihrer Auffassung nicht mit dem natürlichen Rechtsempfinden in Einklang stehe und gebeten, bestehende Härten zu mildern.

In seinem Antwortschreiben teilte General Elay mit, nach sorgfältiger Erwägung habe die Militär­regierung entschieden, dah eine Abänderung des Ge­setzes nicht wünschenswert sei.

Stuttgart. Zwei vom Länderrat ausgearbeitete neue deutsche Gesetze zur Bestrafung von bisher un- gesiihnten Naziverbrechen und zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Justizunrechts sind durch den stellvertretenden Militärgouverneur, General Clay, gebilligt worden.

kür ein eigenstantlielie^ Kbeinlsnd In Kaiserslautern hat sich in einer Kundgebung des Komitees für ein eigenftaatliches Rheinland Vize­präsident Dr. Koch vom Oberpräsidium Hessen-Pfalz vor 2000 Zuhörern für ein Paneuropa eingesetzt, in dem die Völker in glücklicher Harmonie miteinander leben würden. Er wünscht das Zusammenwirken der Parteien für ein freies, glückliches Rheinland. Ein zweiter Redner, Steiner (Kaiserslautern) bestritt, datz das Komitee für ein eigenstaatliches Rheinland etwas mit Separatismus zu tun habe, denn die Alli­ierten bestimmen unser staatliches Schicksal.

Lin 8iex 6er 8oriaI6ewoier»ten Im schweizerischen Kanton B e r n hat bei den Erotzratswahlen die Sozialdemokratie 13 neue Sitze erobert: auch die Kommunisten haben zum erstenmal in diesem bäuerlichen Kanton drei Kandidaten durch- ebracht. Die Sozialdemokraten können drei Sitze im legierungsrat (der kantonalen Regierung) für sich buchen.

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Lolin kok' VVsrnuiixeii sind von Hiller üniiescsttek xedtiedeo

§1

Nürnberg. In der weiteren Vernehmung Baldur von Schirach s, der durch den ame­rikanischen Anklagevertreter Dodd in ein längeres Kreuzverhör genommen wird, kommt vor allem die Verschleppung von 4050 000 jungen Menschen aus dem Osten zur Sprache. Der Angeklagte kann sich an den BegriffHochaktion" unter diesem Stichwort ging oie Erfassung der fremden Jugend­lichen vor sich nicht erinnern, aber der Ankläger legt Dokumente vor, aus denen hervorgeht, daß die HJ.-Führung und auch Schirach selbst in Zusam­menarbeit mit der SS. maßgebend an dieser Ver­schleppung der Zehn- bis Vierzehnjährigen beteiligt gewesen sind. Wie Dodd mitteilt, sind von diesen Verschleppten bis jetzt nur 10 000 aufgesunden wor­den. Sie waren zum großen Teil als Luftwaffen­helfer und Helfer der Kriegsmarine eingesetzt, an­dere wieder der SS. überwiesen worden. Schirach erinnert sich nur, daß in Dessau eine große Anzahl dieser Kinder in Lehrlingswerkstätten untergebracht gewesen seien.

In der Nachmittagssitzung des 140. Verhand­lungstages ist als Entlastungszeuge der frühere Gauleiter Lauterbacher gehört worden, von 1934 bis 1940 Stabsführer der HJ.-Führung. Lau­terbacher und Schirach waren eng befreundet und hatten, wie der Zerrge sagt, keine dienstlichen Ge­heimnisse. Lauteroacher behauptet, daß auch er, ge­nau wie Schirach, nur an eine friedliche Entwick­lung im Dritten Reich geglaubt habe. Schirach habe keinerlei Informationen über einen bevorstehenden Krieg erhalten und schon im September 1939 habe sich Schirach sehr pessimistisch über denunseligen" Krieg geäußert. Er sei schon damals der Ueberzeu- gung gewesen, daß Deutschland den Krieg verlieren müsse, wenn er nicht inkürzester Zeit" beendet werden könne. Der Zeuge teilt mit, daß Schirach den Afrikaforscher ColinRoß mit Hitler in Ver­bindung gebracht habe, damit dieser Hitler besser informiere. Nach dem Bericht von Colin Roß sei Hitler nach dieser Aussprache sehr nachdenklich ge­worden. Eine zweite Unterredung kätte jedoch das Auswärtige Amt wegen Eingriffs in seine Rechte verhindert. Der Zeuge bestätigt, daß Schirach spä­ter zu keiner Unterredung mit Hitler mehr vorge­lassen worden sei.

baukerbarber in der Klamme

Der amerikanische Ankläger stellt an Lauterba­cher, der nur eine Ehrenstellung als Brigadeführer der SS. gehabt haben will, die Frage, wieviel Leute er öffentlich habe als Gauleiter von Hanno­ver hängen lassen. Lauterbacher erklärt:Nie­mand." Der Ankläger Dodd verweist demgegen­über auf die Aussage des Polizeikommissars Huck, wonach in Hildesheim im Mürz 1945 15 Personen auf Befehl Lauterbachers erhängt worden seien. Lauterbacher:Das ist mir unbekannt." Der Zeuge will dem Gericht glauben machen, daß Schirach ein Gegner der Judenverfolgungen gewesen sei. An­kläger Dodd weißt jedoch auf das Jahrbuch der HI. hin, in dem sich Schirach gegen die Juden ge­äußert habe und Lauterbncher erklärt zur Verblüf­fung des Gerichts, den Jnbalt dieses Jahrbuches nicht zu kennen. (!) Zwei frühere Adjutanten Schi- rachs, Höpken und Wieshofer, die noch ge­hört wurden, können wesentliche Aussagen nicht machen.

Nach der Vernehmung Baldur von Schirachs wird oer frühere Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz, Fritz S a u ck e l, in seiner eigenen Sache vernommen. Nach einer Schilderung seines Werdeganges (er ist 1923 Mitglied der NSDAP, geworden) betont Sauckel, daß er wohl Adolf Hit­ler sehr verehrt, aber zu ihm keine persönlichen Be­ziehungen unterhalten habe. Sauckel behauptet, daß in Thüringen, wo er Reichsstatthalter war, bei der Auflösung der Gewerkschaften kein Gewerk­schaftsführer verhaftet worden sei und die DAF. alle Verpflichtungen gegen die ehemaligen Gewerk­schaftsführer erfüllt Habs. Das habe ihm selbst sein eigener Schwiegervater, der heute noch Sozial­demokrat ist, bestätigt.

Sauckel schildert die Entstehung des Konzentra­tionslagers Buchenwald. Er habe gegen den Plan Himmlers Einspruch erhoben, weil dis Er­richtung eines Konzentrationslagers für die Tradi­tion Weimars nicht das Gegebene gewesen sei. Der Angeklagte will mit der Verwaltung des Lagers nichts zu tun gehabt haben und es nur im Jahr 1937 einmal besucht haben. Auch von den dort ver­

übten Greueltaten will er angeblich nichts gewußt haben. Sauckel behauptet auch weiter, daß es Ju­denverfolgungen im Jahre 1938 in Thüringen kaum gegeben hätte und er wisse nicht einmal, ob und wo es in Thüringen Synagogen gegeben habe. Sauckel gibt zu, zu seinem 60. Geburtstag von Adolf Hitler einen Scheck über 250 000 Mark als . Geschenk erhalten zu haben.

Es kommt dann die Rolle Sauckels beim Ar­beitseinsatz zur Sprache und der Angeklagte schildert, wie er den Auftrag erhalten habe, die Lücke von zwei Millionen Menschen auszufüllen, die durch Einziehungen deutscher Arbeitskräfte nach den schweren Verlusten im Osten im Winter 1941/42 entstanden sei. Sauckel will seine Aufgabe zunächst nur in derSteuerung" der Arbeitskräfte erblickt haben und von den zwei Programmen für den Ar­beitseinsatz habe Hitler das erste abgelehnt, weil sie ihm nicht weitgehend genug gewesen seien. Hitler hätte erklärt, wenn die Sowjets den Wettlauf der Veschaffung von Waffen und Munition gewinnen würden, könnten sie im nächsten Winter am Kanal stehen. Sauckel entschuldigt die Uebergrifse gegen die Fremdarbeiter damit, daß Rußland nicht der Genfer Konvention beigetreten war und Deutsch­land also an die Konvention nicht gebunden ge­wesen sei. Polen habe bedingungslos kapituliert und Deutschland sei deshalb berechtigt gewesen, seine Maßnahmen zu ergreifen. Eine genaue Zahl der in Deutschland beschäftigten Ausländer kann der Angeklagte nicht angeben.

Sauckel ist dann einen ganzen Tag in ein scharfes Kreuzverhör genommen worden, in dem es sich aber zeigte, daß der Angeklagte nur über einen geringen Jntelligenzgrad verfügt und vieles einfach aus seiner Nazieinstellung heraus nicht begreifen konnte. Dieser ehemalige Seemann, der es im Dritten Reich dank seiner Brutalität zum Reichs­statthalter und zum Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz gebracht hat, macht bei dieser Vernehmung einen kläglichen Eindruck.

Er weiß nicht einmal, wie viele Fremdarbeiter in Deutschland gewesen sind, behauptet, nur solche seien inGewahrsam" genommen worden, die Ver­brechen oder Vertragsbrüche begangen Hütten.

Oeutseklanlls jüngster Otlrendoktnr

Ein in Görlitz in Schlesien nicht unbekannter Sport­ler hatte sich zum Masseur ausbilden lassen und wollte an der Universität Breslau seine staatliche Prüfung ablsgen. Nebenher hatte er in keiner Freizeit ein Buch über den Aufbau des menschlichen Körpers ge­schrieben. das er der Universität vorlegte.

Die Professoren staunten. Was in diesem Buch stand, das war hervorragendes Wissen. Und das hatte der Sohn eines Schmiedes geschrieben, der nur Volks-

Wir-' er-r

Ick träume «18 Tiud mick rurückv Ond schüttle Iredäcktiz mein Raux>r. ^iVie Zern ick die Bilder erblicke,

Oie läoxst ick verxessen Kexlsubt!

Os seb' ick «las Leinen, das Klatte,

Das sonntaZs die ^lütter Kerleckt, ^Vorsnk sick auk silberner Blatte Lin knuspriges bliibncken erstreckt.

Oviü dsmplen die Lcküsseln, rlie 8cksle, Oie Blume des deines betäubt;

IVir nebmen rum vorletzten lVlsle Oie 8peise, sckoklsdeckestsnlrti

Dock ist das Älsbl nickt beendet,

Ls Lolxt nock der Kute TaNee,

Oer köstlicke Oiikte entsendet,

Oie Lsbne ilieLt scksumiK vie Lcknee.

lisckmitten erbebt sick ein Tucken,

In kräftige Ltücke verlegt.

Bosinen brsuckt keiner 2 u sucken,

^Vir kauen sie still und bev-egt.

8o stellst du, o /eit meiner Tindbeit, Hlir treu beut und lest nock im Zinn, Drum vsre es lorbeit und Ziindbeit, Ick scksute nickt gern 2 U dir bin.

Ick e6' beut TartoKeln und Buben,

IVur Nasser stebt auk dom l'isck, lind >venn meine ^ugen ertrüben ^uk freudlosem Zpeisengemisck,

Dann träum' ick als Tind mick Zurücks lind seb' eines Iliibnckens Oval,

Indem ick die Buben verdrücke lind seufze:Ls var ein Usbl!"

f?/rar/otte L/ack»

schulbildung hatte. Der junge Mann war kaum 21 Jahre alt. Bei seiner mündlichen Prüfung staunte man noch mehr über sein außerordentlich umfang­reiches Wissen auf medizinischem Gebiet. Die Profes­soren schüttelten die Köpfe und die Universität Bres­lau verlieh dem jungen Görlitzer den Ehrendoktor­titel. Das war im Jahre 1941. Görlitz konnte stolz auf den jüngsten deutschen Ehrendoktor sein.

Bei der Nachprüfung der Papiere des Ehrendoktors stellte sich heraus, daß er uneheliches Kind war und sein leiblicher Vater ein Jude. Der Ehrendoktortitel wurde ihm schleunigst wieder aberkannt und der junge Mann wurde nein, kein staatlich geprüfter Masseur, sondern Soldat. , 8ckmskl

Man hat den Hexenwahn aus der Welt geschafft. Man wird auch den Schänder der Nation und der wahren Vaterlandsliebe, den Imperialismus und den Chauvinismus, aus der Welt schaffen, Luxeu Diese!

Verballungen in letzter IVlinnte

I-ktgericominnndsnt von IVeiie-Lreinme, 8 c)> mieden, und krau Hiome keslZenommeii

Rastatt, Nachdem der größte Teil der Be­lastungszeugen im Prozeß gegen die Wachmann­schaften von Neue-Bremme gehört worden ist, kom­men am 9, Verhandlungsiag die Entlastungszeugen zu Wort. Bei der Vernehmung des Kriminaldirek- iors Pietz von der Polizeiverwaltung Saarbrük- ken, der für den Angeklagten Schmoll einige gün­stige Angaben machen kann, kommt es zu einer Kontroverse mit dem Angeklagten Hornetz, der dem Zeugen vorwirfi, der Hauptverantwortliche für die Zustände im Lager gewesen zu sein. Die Vorwürfe des Angeklagten Hornetz werden zu den Akten Pietz genommen, da gegen ihn selbst ein Verfahren schwebt.

Einige weitere Zeugen versuchen, den Lager­kommandanten Schmoll zu entlasten und die Hauptschuld mehr dem Wachpersonal zuzuschreiben. Unter den Wächtern seien auch viele Bukowina- deutsche gewesen, die kaum ein Wort deutsch ver­standen haben. Der Zeuge Heilmann bezeichnet die Wachmannschaften des Lagers alsmerkwür­dige Typen". Bemerkenswert ist die Auffassung des Zeugen Bender, der schon seinerzeit den Aus­spruch getan Hai:Wenn es eine Gerechtigkeit in der Welt gibt, dann werden wir schon wegen dieses Laaers den Krieg nicht gewinnen."

Dann erhalten die Angeklagten einzeln das Wort zu ihrer Verteidigung, wobei es zu gegenseitigen Beschuldigungen kommt. Bei der Vernehmung der angeklagten Wärterinnen des Frauenlagers

ist festzustellen, daß es dort humaner zugegangen ist und die Angeklagte Schnoor stellt fest, dah sie erstmalig von den Grausamkeiten im Männeriager vor Gericht etwas erfahren habe. Die Angeklagte Hedwig Koch, stellvertretende Leiterin des Frauen, lagers, sagt:Wenn Schmolls Wachmänner alle so ordentlich gewesen wären, wie wir Frauen es wa­ren, wäre uns diese Schuld hier erspart geblieben." Verschiedene Angeklagte wollen von den Mißhand­lungennichts gesehen, nichts gehört und nichts ge­wußt" haben.

Am Mittwoch wird bekannt, daß der stellvertre­tende Lagerkommandant Schmieden und die Leiterin der Frauenabieilung des Lagers, Frau Thome verhaftet werden konnten. Die Auge- klagten haben diese beiden immer wieder beschul­digt, die Hauptverantwortlichen gewesen zu sein, so daß die Gegenüberstellung mit ihnen sehr auf­schlußreich verlaufen dürfte. Die Verhaftung ist deshalb gerade zur richtigen Zeit gekommen.

Wuppertal, Im Wuppeitaler Kriegsverbrecher- prozetz wegen Ermordung britischer Fallschirmjäger in Frankreich sind drei Angeklagte zum Tode und die übrigen zwölf Angeklagten zu Freiheitsstrafen von 3 bis 15 Jahren verurteilt worden.

Kei'ie in 8 andere Würllemberx

In flaumenleichter Zeit der ersten Frühe wachte der Seppe aus dumpfen Träumen, Gespenster der Vergangenheit drückten auf fein Gemüt, Er sah aus dem Fenster seiner Stuttgarter Wohnung zer­trümmerte Geschichte, Da packte ihn das Heimweh. Er entschloß sich, in das Landob der Staig" zu wandern. Der Genius des Landes Württemberg war mit ihm, als er den Berg mit dem rötlich strahlenden Gipfel in der Frühsonne aufglänzen sah und hinter der Grabkapelle sich seinem Auge die Stammburg der Grafen und Herzöge zeigte. Er wanderte durch den Schönbuch, und eine dicke Schranke hemmte den Weitergang. Er faßte sich an der Erinnerung. Jst's möglich? War das nicht schon einmal vor 500 Jahren? Ja, damals stand der biedere Württemberger vor derselben Schwie­rigkeit, er brauchte einen'Passierschein, um aus dem Stuttgarter Landesieil in den Uracher Landesteil zu kommen, man zahlte Zölle und Brückengelder, man hatte Empfehlungen von der Stuttgarter Re­gierung an die Tübinger Regierung in der Tasche. Sv wollte es der Brauch großmögender Herren, die Selbstsucht einer Familie, die sich anmaßte, das Land wie ein beliebig teilbares Erbstück behandeln zu dürfen. Aber Seppe liebte es nicht, ungerecht zu sein, als Württemberger fand er Vernunft auch in der Unvernunft. Das Heimweh nach dem gan­zen Württemberg bedeutete ihm: wäre das Land vor 500 Jahren nicht getrennt worden, wahrhaftig dann stünde die berühmte Hochschule nicht in Tu- dingen, sondern in Stuttgart, und Urach hätte keine so schöne und große Pfarrkirche, dem Landesherrn Hütte die Stiftskirche genügt, die heute eine Hei­delberger Ruine ist, während Urach noch lebt und kündet.

Indes dem Seppe wird der Uebertriti ins andere Württemberg doch nicht ganz leicht gemacht, seine eingeborenen Gefühle müssen eine harte Probe be­stehen. Er hat sich auf fleischliche Askese vorbereitet um der grünen Voralbwälder willen, aus Sehn­sucht nach den gelben Felsen, den Enzianen und Wacholdern der Alb, hinter deren schimmerndem Blau er heute noch die Schnecksngärien der Köni­gin von Saba vermutet. Ihn hat es in der Haupt­

stadt nicht länger gelitten und der Ruf des Hol- ländermichel aus den Tiefen der schwarzen Wäl­der hat ihn nicht mehr schlafen lassen.

Erhobenen Gemüts, wenn auch hungrig, schleicht er zu nachtschlafender Stunde auf den Ausguck von Hohentübingen und erlebt mit Uhland die wil­den Mitternachtsschauer, die ewigromantischenDer- Mond-braust-ourch-das-Neckartal"-Gefühle, die den Studenten erweckt haben und den Angegrauten wieder heiß umströmen. Um eine Bleibe 4st ihm nicht bange, er lebt von der Gutmütigkeit der Landsleute, die ihm das vom Pechschwitzer ver­weigerte Schnitzlaiblein durch ein Gläslein Most und ein K'näuslein Schwarzbrot ersetzen, dieweil er ihnen ach so schöne Geschichten ausWürttem­berg, wie es war" erzählt. Sie sitzen dann wie eine kleine Verschwörergesellschaft beieinander und ru­fen jenen Herzog ins Gedächtnis, der in der Ver­bannung das Losungswort für schlimme Jahre prägte:Hie gut Württemberg alleweg!"

Sie gehen an Himmelfahrt einmütig zur Nebel­höhle und auf den Lichtenstein und der kühne Fels erdröhnt und mit ihm das ganze Land bis hinunter in die schmucken Dörfer der Albtäler, daß die Leute aufhorchen, als erzähle einer ein Märchen, wenn Seppe die rührende Geschichte von dem schönen Schloßsräulein und dem eifersüchtigen Liebhaber zum Besten gibt und daran erinnert, dah eine riesige Dogge die auf I7824VO1' hört, und ein bra­ver Bauersmann ihrem unglücklichen Herrn treuer dienen als alle Vornehmen und Besitzenden zu­sammen.

Immer ist es der treue Württemberger gewesen, der des adeligsten, schwäbischen Dichters Höl­derlin tiefstes Wort naiv und herzlich in sein Be­wußtsein ausgenommen hat und auch in Notzeiten danach lebte und handelte:Alles Getrennte findet sich wieder,"

Unser Seppe will der Bote sein eures Würt­temberg, das ihr nie vergessen könnt. Darum kehrt er still und bescheiden nach einem so herrlichen Ausflug auf die Alb zu seinem Tübinger Vetterte. Er ist kein bißchen neidisch, dah das Vetterle noch in Amt und Würden ist und seine Stelle nicht ver­loren hat. obwohl es. wie er selbst Pg. geworden war « der damaligen Metmmg. Wtrtlemdar-

könne wohl oder übel eines schönen Tags in Groß- deutschlcmd verschwinden. Daß dies Wahnsinn war, hat er inzwischen eingesehen und bitter bereut. Nun hat der gute Genius Genien sind immer gut die sieben mageren Jahre über das geseg­nete Land geschickt und die Teilung soll uns dazu erziehen, die Teile wie das Ganze zu lieben und zu schätzen, je mehr es dem Ländle übel geht unter den Zeitläuften, denn noch immer ist der Württem­berger ein Mensch der Hoffnung und des Ver­trauens in die jeweilige Vernünftigkeit der welt­geschichtlichen Ereignisse gewesen. So hat sich auch unser Seppe als privat wanderndes, heimwehbe­sessenes Ich dem von Hegel angerufenen guten Weltgeist gebeugt, er nimmt die Schritte fröhlicher wieder zurück nach Stuttgart und benützt sein un­freiwilliges Ruhestandsdasein, um Landesgeschichte zu studieren und Mörikeverse zu lesen. Lrnst Näller

Oer Himmel im Juni

Als erster Stern erscheint in der Abenddämmerung der Planet Venus: er bleibt zu Beginn des Mo­nats 1K, zu seinem Ende aber nur noch 1^ Stunden sichtbar. Nur wenig später tritt im Süden Jupiter aus dem Dämmerungshimmel hervor. Wenn es dunk­ler geworden ist, wird auch, unter ihm der Haupi- stern der Jungfrau, Spika sichtbar. Saturn und Mars, ziemlich hoch am Westhimmel, treten dann auch her­vor und zwar Saturn noch in den Zwillingen, südlich des Pollux, Mars aber schon weit im Löwen, dessen Hauptstern Regulus er am 18. überholt. Saturn geht am 1. schon gegen 24 Uhr unter und verschwindet ab Monatsmitte in den Sonnenstrahlen, Mars bleibt am Monatsende bis gegen 24 Uhr sichtbar. Am 12. überholt der Abendstein den Ringplaneten Saturn in der Abenddämmerung.

Die Sonne tritt am 22. um 2 Uhr 45 Minuten in das Zeichen Krebs und erreicht damit den nördlich­sten Punkt ihrer Bahn. Damit beginnt astronomisch der Sommer. Die Sonne scheint eine Zeitlang ltill- zustehen, dann wendet sie sich wieder nach Süden. Einer geringen Aenderung der Sonnenhöhe entspricht auch nur eine geringe Aenderung der Sonnenzeiten. Am 1. Juni geht die Sonne in Tübingen 5 Uhr 27 Minuten auf und 21 Uhr 17 Minuten unter, am 1. Juli 5 Uhr 25 Minuten auf und 21 Uhr 30 Minu­ten unter.

Der Mond steht am 8. um 18 Uhr als Erstes Vier­th 1» SS»«, u, 14, m, 1L Uhr »l« Pollswnd titf

IHie und ^i-suin

Twar 6«dic/ite von Kbevbard Ortbbondt

leb liebe Oicb. O» reellst in fever 8tadt, leb in der andern; Orieke kreuaen sieb.

^as uns «las beben sucb au sagen bat.

Ibr Inbalt sagt nur eins: I>4i liebe Dieb.

bin jecker rvirck bei kreinäen lVlenseben satt. KTr rvanckeln uns. lstuk i<b «lern 6i!<l au: Zpricb! 8o scbrreigt es, läcRelt unveränäert rnatt Tagein, tagaus. Duck äo<4i: I<ji liebe Dieb.

Tbirveilen blagt eiu Lriek unck jubelt rvie Kann iäb erraten, rvas Dieb äort bervegi?

Den vabren Orunck bekennst Du niir ja nie.

bern bleibt äer 2uf»II mir, Oer Dieb erregt. Oocb «las Oeääebtnis treibt äen beäerstridi,

Dies usr der Trauin: I<4> Sibritt in roter Leide Dm einen marmor-eingehakten Hieb,

I)a tratest Du in lüsternem Oescbmeide K»s einer Hintertür, von Küssen bleicb.

leb sab Oi<4i an, scbon läebelten rvir beide Dnd neigten in das Nasser uns augleilb;

Oie stnmmen bisebe in dem 8ebuppenkleidv brsebeinen uns in süker binkalt reidb.

Kein strenger Herr silirieb ibnen ^ege vor, 8>e liebten sicli und uns rvar es verborgen,

Ibr bscben reiake nicbt des Kaisers Obr.

Du aber muktest rvieder au ibm eilen,

Oer Oicb mir kortbekobien, aber morgen,

^irst Du am Teicb vie beute bei mir veilen.

im Skorpion, am 22. um 15 Uhr als Letztes Viertel in den Fischen und am 29. um 6 Uhr als Neumond bei der S-nne in den Zwillingen. Der Vollmond vom 14. bringt eine totale Mondfinsternis, von der wir leider nur das Ende beobachten können, denn der Mond geht bei uns schon verfinstert auf. Im übrigen iiberboli er am 2. Venus und Saturn, am 4. Mars, am 9. Jupiter und steht am 12. in Erdferne (408 700 Kilometer) und am 28. in Erdnähe (356 400 Kilsmeter),