Vergeudete perlen

X Ein altes Sprichwort sagt:Man soll die Per­len nicht vor die Säue werfen!" Etwas derb zwar, aber dafür klar und deutlich wird hier gesprochen, daß nicht jedes Ding für jeden taugt. Was nutzt es etwa einen Analphabeten, wenn er durch irgend­einen Zufall ein Meisterwerk der Literatur in die Hände bekommt? Das Buch wird für ihn nur den reine» Papierwert haben, während es dem Ken­ner ungleich mehr zu sagen hat. Und selbst, wenn er lesen und schreiben könnte, so würde er doch nicht in der Lage sein, das Große und Schöne ei­nes solchen Buches auch geistig zu verarbeiten. Ihm werden vielleicht Aeußerlichkeiten gefallen, den Sinn aber, das, worauf es dem Verfasser angekom­men ist, wird er wohl kaum je richtig zu begrei­fen wissen.

Das ist auf allen Gebieten des inenschlichen Le­bens die gleiche Sache, Der Mensch weiß nur das zu würdigen und richtig zu verstehen, was nicht allzuweit über sein Niveau hinausragt, was seine

Morgen Volkszählung

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Verständnismöglichkeiten nicht überschreitet. Der Wert der Dinge richtet sich immer darnach, wieder Mensch sie für seine Zwecke auszuwerten weiß.

Deshalb ist es geradezu frevelhaft, über Dinge zu urteilen, die man in sich nicht aufnehmen, nicht verdauen kann. Wieviel und wie oft könnten Zwi­stigkeiten zwischen uns Menschen erspart hleiben, wenn jeder nur das reden oder schreiben würde, für das er das richtige Verständnis hat. Gerade in die­sem Punkt wäre noch viel gutzumachen, doch das Wollen des Einzelnen darf dabei nicht fehlen.

Deshalb prüfen wir uns. Weg mit allem gehäs­sigen Ballast, Wir sind dazu da, den Lebenskampf zu bestehen. Doch ist jeder wieder verschieden. Die Perlen des einen glitzern anders, als die Perlen des nächsten. Aber alle Perlen müssen glänzen und leuchten, leuchten in jedem von uns, Leuchten, bis die Farbenharmonie gebildet ist, keine Perle darf vergeudet werden. Keine Perle wird vergeu­det, wenn wir es wollen.

Handwerksbetriebe neu eröffnet

Die Handwerkskammer Reutlingen macht im Einvernehmen mjt der Landesdirektion der Wirt­schaft in Tübingen darauf aufmerksam daß die Neueröffnung handwerklicher Betriebe erst dann gestattet ist, wenn der Antragsteller im Besitz der Handwerkskarte ist, die von der Hand­werkskammer ausgestellt wird.

Die Voraussetzung für die Eintragung in die Handwcrksrollc ist in der Regel der Nachweis der abgelegten Meisterprüfung, Wenn in ganz beson­ders gelagerten Fällen die Frage einer Ausnahme- qenehmigung in Betracht kommt, wird in erster Linie auf kriegsversehrte Handwerker entsprechend Rücksicht genommen, Angesichts der vielen Anträge auf Genehmigung zur Neueröffnung eines Handwerksbetriebs sind die geltenden Bestimmun­gen besonders zu beachten. Die Antragsteller kön­nen ihre Anträge bei dein in jedem Kreis sich be­findlichen Kreisinnungsverband früher .Kreis­handwerkerschaft abgeben zur Weiterleitung an die Handwerkskammer, Dadurch können auch viele größere Reisen erspart werden. Nachdem die Prü­fung der LÜitrüge gleichzeitig auch im Einverneh­men mit dem Landratsamt erfolgt, ist es nicht mög­lich, die eingegnngcnen Anträge sofort zu entscheiden, worauf die Äntragsteller Rücksicht nehmen wollen.

Vom Heeresdienst entlassene oder aus der Ge­fangenschaft zurückgekehrte Handwerksmeister, die vor dem Krieg schon einen selbständigen Hand­werksbetrieb führten, haben die Wiedereröff­nung ihres Handwerksbetriebs lediglich dem Bür­germeisteramt fSteueramt) anzumelden, ebenso ßem zuständigen Kreisinnungsverband,

45 Jahre untere Eyachtalbrücke

Haigcrloch. Die Instandsetzungsarbeiten an dem großen Verkehrsnetz der Eisenbahn hatten vor nahe­zu einem halben Jahrhundert in.Hohenzollern ge­wisse Parallelen, Allerdings mit dem Unterschied, daß damals die L'andesbahn neu erbaut wurde, Rund um das Hahenzollernland mar die Staats- "ciscnbahn bereits in Betrieb! Die hohenzallerischen Gemeinden aber mußten ihre Rohstoffe wie Salz, Holz, landwirtschaftliche Produkte aller Art noch mittels Pferdefuhrwerken an- und abbefördern. Diese Schwierigkeiten wurden durch die im Jahre 1899 begonnenen Bahnbauarbeiten in Hohenzol- lern gebrochen.

Nach der Eröffnung der Stammlinie Sigmarin- gcnBingen am 28, Mürz 1900 ferste Teilstrecke) waren die Arbeiten der zweiten Teilstrecke bei Eyach, Möhringen, Bad Jmnau, Haigerloch, Sa­line und Ortschaft Stetten schon einige Mointte im Gange, Abgesehen van den Durchbrüchen unitBrük- kenbauten bei Sigmaringen und aus der Alb boten die Arbeiten im unteren Eyachtal, insbesondere bei Eyach, Mühringen und Haigerloch die größten Schwierigkeiten, Die reinste Völkerwanderung setzte ein, als damals das riesige Material angeführt wurde und die vielen italienischen Arbeiter anka­men, ihre Baracken entlang der Eyach bauten und dis Gleise und Rollwagen für die große Erdbewe­gung ausstellten. Förmliche Sturzbäche und .rau­schende Wasseradern traten im unteren Tal an vie­len Stellen hervor und erschwerten den Bahnbau beträchtlich. Zwischen Mühringen und Jmnau mußte die Eyach verlegt werden. Dadurch entstand an die­ser Stelle ein Stauwehr und eine Kanalabzwei­gung, Mächtige Bergabhänge wurden bei derHo- norsmühle" durchbrachen. Erst recht schwierig war der Felsendurchbruch beb Haigerloch im sogenann­tenKarlstal". Und die Tunnelarbeiten zwischen Haigerloch und Stetten hatten den Bau lange auf- gehalten, ,

Diese wichtige Eisenbahnstrecke der Hohenzolleri- schen Kleinbahnen, die in Eyach den gewünschten Anschluß an die Slaatseisenbahn schuf, wurde am Sonntag, den 17, Juni 1901 feierlich eröffnet. Rasch wurden um diese Zeit auch der Bahnbau nach Stet­ten gefördert und darauf eine Gleisabzweigung zur Stettener Salzfaline rechts der Straße gebaut. Die Betriebssröffnunq der Linie StettenHechingen erfolgte am 24, Dezember 1912.

bg, Tuttlingen. Nach einer Mitteilung des Bür­germeisters hat die Tiermcblfabrik ibre Tätigkeit wieder auigenommen Die gefallenen Tiere werden mittels Transportwagen abgchott.

8 k « k «Killer

Eugen-Bo1z-Ge-äch<riisfeier

8tr>»Giat Pinten»! Oi. Karl 8>liini<I hält die Ooeionleieele

Rollenburg. Im Mittelpunkte der Rottenburger Gedenkfeier für die Opfer des Nationalsozialismus, über die wir in mnscrer Dienstagnummer kurz be­richteten, stand das Gedenken für den auf Hitlers Befehl ermordeten Sohn und Ehrenbürger der Stadt, Eugen Bolz, den langjährigen und hoch­verdiente» Minister und letzten Staatspräsidenten des Landes Württemberg,

Mit den Hinterbliebenen des großen To­ten vereinigte sich Bischof Dr, Sproll an der Spitze des Domkapitels mit den Behörden der Stadt Rattenburg und der Bürgerschaft zu einer großen Trauergemeinde, der außerdem Mi­nister Beyerle als Vertreter der Regierung von Nordwürttemberq und Landrat Renner als Vertreter des Kreises Tübingen beiwohnte, Bürgermeister S ch n e i de r gab zu Be­ginn der Feier bekannt, daß die Stadt zu Ehren des Verewigten den bisherigen Hindenburgplatz in E u g e n - B o l z - P l a tz umbenannt habe. Dann gedachte Oberfinanzrat Schneider der Leiden der Stadt Rottenburg und ihrer Bürger, der schmachvollen Verbannung des Bischofs Dr, Sproll sowie aller Opfer des fajchichischen Terrors,

Den weihevollen Höhepunkt der Feier bildete die Gedenkrede von

Slaatsral Professor Dr. Karl Schmid

die in edler Gehaltenheit das Wesen und Wirken des ermordeten Staatspräsidenten ergreifend pus- leuchten ließ und sein menschliches und politisches Vermächtnis als verpflichtendes geistiges Denkmal in den Herzen der Gemeinde ausrichtete.

Wir würden die Feier zum Gedenken der Opfer' des Nationalsozialismus nicht gebührend begehen, sagte der Redner, wenn wir nicht in besonderein Maße eines Namens gedächten, der dieser Stadt einverleibt ist wie kein anderer auf weltlichem Ge­biet, des Namens des weiland württ, Staatspräsi­denten Eugen Bolz, Dieser Mann, den Rottenburg, damit sich selber ehrend, zu seinem Ehrenbürger machte, wird unsrem Volke, zvenn es einmal wie-, der gesundet sein wird, bis in die fernsten Geschlech­ter als eines der reinsten Beispiele eines Lebens im Dienste der Gemeinschaft erscheinen, als ein S i n n b i l d d e r V a t e r l a n d s l i e b e, als der Patriot schlechthin und als Urbild des Bür­gers, der ohne Pturren und sein Schicksal be­jahend, einsam und ohne Geführten seiye Liebe zum Volk mit seinem Leben bezahlte. Wir rufen diesen Namen aus, auf daß am Ausgangspunkte unseres neuen staatlichen Lebens ein Stand­bild sich erhebe, vor dein wir selber, jeder für sich, die Kräfte sammeln können, deren wir auf un­serem Wege bedürfen und dessen erloschener Blick uns die großen Richtungen weisen kann, in denen wir auf das ferne Ziel der Wiederaufrichtung un­seres Volkes zuschreiten können,

Staatsrat Dr, Schmid schilderte in bewegter An­schaulichkeit den politischen Werdegang von Eugen Bolz, der über seine frühzeitige Mit­gliedschaft im Reichstag und iin Württ, Landtag über die a k l i v e Mitarbeit an der Weimarer Na­tionalversammlung zu der im Jahre 1919 begin­nenden Tätigkeit als Minister des Landes Würt­temberg führte, dem er zuerst als Iustizminister, dann seit 1923 als Innenminister und seit 1928 als Staatspräsident und Innenminister voller Hingabe diente. Als die durchgehende Linie seines Wirkens bezeichnete der Redner die gerade und vaterlän­dische der unbeugsamen Ehrenhaftigkeit und beson­nenen Verantwortlichkeit,

Staatsrat Dr, Schmid sprach im weiteren von dem z i e l b e t e n Einsatz des Verewigten für die W i e d e 1 g e s u n d u n g unseres Vol­kes und Staates nach dem ersten Weltkrieg und Hab als besonders vorbildliche und bedeutsame Leistung jene entschlossene und sparsame Steuer­politik hervor, die schließlich Württemberg aus den Wehen der Nachkriegszeit und der Infla­tion als das krisenfesteste Land in Deutsch­land hervorgehen ließ, so daß es wie eine Oase der gesunden Ordnung erschien. Dann erinnerte der Redner an den Kampf des letzten Staatspräsiden­ten um die Eigenständigkeit der Län­der, Bolz war alles andere als ein Partikularist; die Mainlinie hat für ihn nie existiert, aber er schaute mit Besorgnis auf eine Entwicklung, die dazu führen mußte, die Länder zu bloßen Provin­zen eines zentralistischen Ueberstaates zu degra­dieren, und diese Besorgnis war umso größer, als er sehen mußte, daß diese Zentralisierung nichts anderes bedeuten kannte, als eine völlige Verpreu- ßung Deutschlands, In diesem Sinne war es ge­meint, als er im Jahre 1930 in Illm vom Geist von Potsdam sprach, der unser Ungl ü ck fei, jener Geist von Potsdam, der dann in des Wortes wahrhaftigster Bedeutung nach dem Hitlerschen

Schaustück in der Garnisonskirche zum dritten Reich, zum zweiten Weltkrieg und zur Zerstörung Deutsch­lands geführt hat,

Eugen Bolz war überzeugter Föde­ral i s t. Er war durchdrungen davon, daß Deutsch­land am besten gedient sei, wenn es sich aus ge­sunden, kräftigen und eigenständigen Ländern auf­baue, nicht um partikularistischer Interessen willen, sondern weiBihm klar war, daß bei, der Eigentüm­lichkeit unserer geschichtlichen Entwicklung eine zen­tralistische Reichsgewalt innen- und außenpolitisch ins Verderben führen muhte, Cr sah, daß dieser Zentralismus nichts anderes war als die innen­politische Kehrseite des preußischen Imperialismus, und darum hat er sich ener­gisch dagegen zur Wehr gesetzt. Aus diesem Grunde hat er mit den Negierungen anderer deutscher Län­der im Jahre 1930 eine Klage gegen das Reich in der Frage der Ländervertretungen im Reichseisen­bahnrat angestrengt. Wie recht er mit seiner Hal­tung hatte, hat die Geschichte der folgenden Jahre gezeigt, denn jeder Mann weiß heute, svelches Kriegspotential in der vereinheitlichten Reichsver­waltung steckte.

In dramatischer Dichtheit schilderte der Staats­rat den qualvollen Leidensweg dieses Mannes, dem der Nationalsozialismus seine mann­hafte Gegnerschaft nie verzieh, indem er das In­ferno beschrieb, das Enge» Bolz nach der gemeinen Verhöhnung in den Straßen der Hauptstadt zu­nächst auf den Asperg und von da in die Ohnmacht des von der'Gestapo umfpitzelten und ständig im Leben bedrohten Privatmannes führte, der mit Schrecken dem unaufhaltsamen Untergang des Rei­ches entgegensah. Diesem Leben zwischen Bedro­hung und Ohnmacht folgte dann im August 1944 die Verhaftung'im Rahmen der vorbeugenden Si­cherstellung der ehemals führenden Politiker, Eu­gen Bolz wurde durch die Gefängnisse von Stutt­gart, Fürstenberg in Mecklenburg und Berlin- Moabit geschleppt und schließlich am 21, Dezember 1944 vom Volksgerichtshöfe zum Tode durch den Strang verurteilt, nachdem er den feilen Mördern, an ihrer Spitze dem blutbefleckten gleisnerischen

Roland Freister, durch seine mannhafte Aufrichtig­keit die Röte des Zornes und der Scham ins Ge­sicht getrieben hatte. Am 23, Januar 1945 fiel dann das Haupt des letzten württembergischen Staats­präsidenten in Eharlotlenburg aus dem Schafott, nachdem Hitler die Begnadigung zum Beil an Stelle des Stranges verfügt hatte. Der durch Hun­ger, Torturen und monatelange Fesselung zer- schundene Leichnam des Ermordeten wurde ver­scharrt und die Herausgabe an die Witwe mit der Erklärung verweigert, der Name solcher M ä n n e r m ü s s e a u s g e I ö s ch t w e r d e n.

Doch dieser Name, sck schloß Staatsrat Prof, Dr, Schmid seinen Nekrolog, den die ruchlosen Herren des kurzlebigen tausendjährigen Reichs auslöschen wollten, leuchtet heute, wo der ihrige in Schande und Schmach verfault, hell wie eine Fackel in un­sere Nacht, Der Mann, den man zum Verräter stempeln wollte, ist heute ein Vorbild geworden, dem weit und breit nachzueifcrn sich bemüht, wer die, Geschäfte des Staates zu besorgen übernom­men hat. Aus diesem Blut, das man in der Schmach des Schindangers versickern lassen wollte, wird eine Saat aufgehen, die einmal uns wohl nicht mehr, doch unseren Kindern das weiße Brot des Le­bens in der Freiheit spenden wird.

Darum huldigen wir, indem wir uns tief vor der Witwe und den Waisen verneigen, dem Ge­dächtnis dieses Mannes im Rahmen dieser Ehrung, die wir demütig allen jenen darbringen, die als Opfer der verruchten Jahre gefallen sind, besonders. Und darum stehe dieser Tag auch im Zeichen des Gelöbnisses, daß wir das Vermächtnis, das uns von Eugen Bolz überkommen ist, erfüllen werden: treu, unermüdlich und unerschrocken zu sein im Dienst für unser Volk, wie er es war.

Die Feier war umrahmt durch festliche Musik der Stadtkapelle und zwei auf die Würde der Stunde abgestimmte Gedichte, die Günther K u b e vom Schauspielhaus Tübingen mit starker Einfüh­lung vortrug.

Im Anschluß an die Feier wurde in einem en­geren Kreise die Gründung einer Eugen-Bolz- Gesellschaft beschlossen, deren Ziel es sein wird, das persönliche und politische Vermächtnis des großen Toten für die Stadt Roltenburg und das ganze Land Württemberg in Tat und Gedächt­nis fruchtbar werden zu lassen.

Oer 20. Januar in Nagold

Nagold. Auch die Stadt Nagold gedachte am 20, Januar der Opfer des faschistischen Terrors, Kirch- licherseits wurden sie beim Sonntagsgaltesdienst in das Gebet der Gläubigen eingeschlossen. Die von der Stadtverwaltung veranstaltete feierliche Ge­denkstunde, zu der sich neben den Güsten vor allem auch die eingefunden batten, die von den Nazis verfolgt wurden, eroffnete Bürgermeister Dr, Wolf mit dem Gedächtniswort des bekannten Pfarrers Buchholz in Berlin-Plötzensee, der Mar­tyriumsstätte so vieler, die vom Hitlerregime um- gcbracht wurden. Der Bürgermeister widmete auch den Nagolder Opfern der Faschisten ehrende Worte, gedachte der 202 Taten,-die die Stadt in diesem Kriege verlor, während es deren im 1, Weltkrieg 142 waren, ferner der noch fern der Heimat wei­lende». Gefangenen, insbesondere der 05 ausmar­schierten Volkssturmmäner, von denen schon einige tor sind, und forderte dazu auf, eipe nufbauwilligc Front der Lehenden zu Hilden, Stuöienrat Dr, Breitinger, der Vorstand der Oberschule Na­gold, geißelte in formvollendeter Rede das Ver­brechertum der Nazis, die das Verbrechen zum Re­gierungsgrundsatz proklamierten, hob aus der Un­zahl der nazistischen Opfer den früheren württem­bergischen Staatspräsidenten Eugen Bolz und die Sozialistenführer Thalmann und Breitscheid her­vor und legte dar, daß wir die tiefsten Ursachen unserer Not im Zerfall der Herzen und im Zerfall der Gemeinschaft zu suchen haben. Selbst Mensch sein und im anderen den Mensch achten und dann zum Neubau bereit sein, das ist die Parole, Das Mitglied des Nagolder Gemeinderats Wil­helm R ü h l e, der selbst die Schrecken des Kon­zentrationslagers mitmachte, schilderte in schlichten, aber um so eindrucksvolleren Warten das Wüten der Nazis in unserer engeren Heimat und gedachte der Nagolder Opfer des Naziterrors, namentlich der beiden Nagolder Toten Hafner und K ö tz l e, Die würdig-ernste Gedenkstunde war umrahmt von schön vorgetragenen, passenden Chören des Vereinigten Lieder- und Sängerkranz unter Stab­führung von Chordirektor Bundschuh,

Erste Sitzung des Gemeinderais

Nagold. Nachdem sich das ganze öffentliche Le­ben stabilisiert hat, kehren auch die Gemeindever­waltungen zu der früheren Gepflogenheit, die wich­tigsten Gemeindeangelegenheiten mit dem Gemein­derat zu beraten, zurüch- Die antifaschistischen Vertrauensräte, denen nach dem Zusammenbruch

Oie Krankenhäuser -es Kreises Calw im Lahre 494S

Die Leistungen der drei Krankenhäuser des KrAs- verbandes Calw im Notjahre 1945 sind außer­ordentliche gewesen. Die hier in stiller Pflichterfül­lung getane ärztliche und pflegerische Arbeit, die für die Bevölkerung unseres Kreises im Hinblick auf den völligen Zusammenbruch noch weit mehr bedeutete als in friedlichen Zeiten, verdient es, mit folgendem öffentlich gewüroigt zu werden.

In den Krankenhäusern des Kreisverbandes sind im verflossenen Jahr 18 877 Kranke behandelt wor­den, Hiervon waren 7410 Kranke in stationärer und 11407 in ambulanter Behandlung, Die Zahl der vorgenommenen Operationen betrug 3545, die der Geburten 515, Der Dienst an den Kranken wurde von 25 Aerzten und 99 Schwestern ver­sehen, die Zahl des sonstigen Pflege- und Haus­personals belief sich auf 80 Personen, Insgesamt standen 484 Bette» und 24 Säugtingsbettchen zur Verfügung, Eine besonders anerkennenswerte Lei­stung der Krankenhäuser war mährend der Tage der Besetzung im April vorigen Jahres die Für­sorge für nahezu 2000 Frauen und Kinder, die dort Schutz und Beköstigung fanden, Allein in Calw suchten 900 Frauen und Kinder Zuflucht im Kreis­krankenhaus und gaben ihrem Dank durch eine Spende von 18 000 Mark Ausdruck,

Von den drei .Häusern is? das über 219 Betten verfügende Kreiskrankenhaus Calw hinsichtlich Arenlumfang und Bettenzahl das größte des Krei­ses, Ais Hilfskrankenhnus ist ihm das Schwestcrn- erbolungsheiin Libanon (Pslegeabteilung mit 17 Betten) angeglicdert, Behandelt wurden im Kreis­

krankenhaus Calw stationär 3345 Kranke, ambu­lant 7500 Patienten in 20 500 ambulanten Be­handlungen, Es fielen 2105 Operationen und 208 Geburten an. Im Hause tätig waren: ein Chefarzt, ein leitender Arzt der Inneren Abteilung, acht 'Assistenzärzte und 4 Bolontärärzte, an Schwestern: 20 Diakonissen, 20 DRK.-Schwestern, 2 Schwcstern- helferinnen und 2 freie Schwestern sowie 32 Per- sonen sonstiges Pflege- und Hauspersonal, Die dem Krankenhaus angeschlossene Schwesternhelferinnen­schule des Roten Kreuzes mußte vorübergehend im Kreiskrankenhaus selbst untergebracht werden, soll aber demnächst im Gebäude des früheren Straßen- und Wasserbauamts eine neue Unterkunft erhalten. Im Kreiskrankenhaus Nagold es besitzt 120 Betten sind im letzten'Jahre 1501 Kranke stationär und 1984 Patienten ambulant bebandelt worden, Die Zahl der Operationen betrug 095, die der Geburten 95, An Aerzten und Pflegepersonal waren tätig: 1 Chefarzt, 1 Facharzt für innere Krankheiten, 2 Volonlärärzte, 17 DRK-Schwestern und 0 Hilssfchwestern sowie 24 Personen an son­stigen, Pflege- und Hauspersonal, In dem 145 Bet­ten besitzenden Kreiskrankenhaus Neuenbürg wurden stationär 2504 Kranke und ambulant 1983 Patienten behandelt, Operationen wurden 745 vor- aenommen; die Zahl der Geburten betrug 212, An Aerzten waren im Hause tätig: 1 Chefarzt und 1 leitender 'Arzt der inneren Abteilung, ferner 3 Assi­stenzärzte und 2 Volontärärzte, Das Pflegeperso­nal bestand aus 20 Diakonissen und 0 Hilfsschwc- stcrn sowie 24 sonstige Kräfte.

des Reiches besondere Aufgaben zufielen, haben diese erfüllt urid sind nun nicht mehr vonnöten.

In Nagold wie in allen anderen Gemeinden des Kreises Calw wurde nun ein Gemeinderat gebildet, der,als Beirat für den Bürgermeister solange-- tig ist, bis die Gemeinderatswahlen stattgefunden haben, um mit ihm alle wichtigen die Stadt be­treffenden Fragen zu besprechen.

In diesen Tagen hielt nun der neue Nagolder Kemeinderat, der aus den Herren Georg Frosch, Wilhelm Rähle, Gotthilf Schill, Kürt Waiblinger, Johann Wurster und Johann Walz besteht, seine erste Sitzung im Sitzungssaale des Rathauses ab. An der Sitzung-nahmen auch Landrat Wagner und sein Stellvertreter, Kreisamtmann Red« m a n n, teil, die anläßlich einer Dienstreise in Na­gold weilten.

Der Landrat eröffnete die Sitzung und wies auf die Bedeutung des Gemeinderats hin, Bürgermei­ster Dr, Wolf gab einen Lagebericht und stellte fest, daß sich die Verhältnisse der Stadt in vielen wichtigen Punkten wesentlich gebessert haben. Zum Schluß fand eine Einzelaussprache, statt wobei der Landrat Auskunft über interessierende Fragen er­teilte.

Der Gemeinderat wird wöchentlich einmal zu­sammentreten und 'für den Bürgermeister eine in der heutigen Zeit notwendige Hilfe zum Wohle der Stadt sein,

Sulz a. N. In seiner Heimat Adolzfurt. Kreis Oehringen, verschied Friedrich Gebhardt, früherer Pächter der Domäne Geroldseck, im Alter von 72 Jahren, Er hatte die herzogliche Domäne Gerolds- eck im Jahre 1912 übernommen und mustergültig bewirtschaftet. Er war der Begründer der Bczugs- und Absaßgenossenschait Sulz und 15 Jahre lang deren Vorstand, ebenso lange war er Vorstand des Landwirtschaftlichen Bezirksvereins Sulz,

Eutingen. Der hochw, Herr Bischof von Rotten- biirg stattete der hiesigeil schön gezierten und be­flaggten Gemeinde einen Bestich ab. Er wurde nsit großer Freude empfangen. Unter den schönen Klän­gen des .Uaas Laasrckos" zag er in die Kirche ein, wo er eine längere Ansvrache hielt, umgeben van der Jugend mit ihren Wimpeln, Er richtete be­lehrende und mahnende Warte an die Gläubigen, besonders an die Jugend. Die Feier war umrahmt von gut gelungenen Darbietungen des Kirchcn- chors unter Leitung seines Dirigenten Dr, Wörrle.

Mössingen. In den Monaten November und De- zelber des vergangenen Jahres hat das Standes­amt folgende Personenstandsveründerungen zu verzeichnen: Gebürten: E, Diether, Belsen lwo kein Ort angegeben, ist Müssingen zu lesen) 1 To­chter; Paul Christian Dürr, Mechaniker, 1 Toch­ter; Paul Sulz, Schreiner, 1 Tochter: Anton Schall, Schuhmacher, 1 Sahn; Karl Koch, Kuuf- mann. Ebingen, 1 Tochter; Karl Schlegel, Schrei­ner, Belsen, 1 Tochter; Georg Wcnglarczyx, 1 Sahn, Eheschließungen: Max Franz Fritz Bölke, Stuttgart mit Elfriede Paula Hänle, Wös­singen; Wilhelm Gottlieb Jettex, Erzingen mit Ly­dia Eihler, Mössingen; Georg Sulz und Maria Textor beide aus Mössingen, Sterbefälle: Helene Nill, Stuttgart, gest, in Bad Sebastians- Weiler, 53 I,; Friedrich Bayer, Werkmeister a, D,, 74 I,; Karl Graf, Bodelshausen, 22 I,; Albert Föll, Bürogehilfe, 20 I,; Agnes Rühle, gcb, Streik, Belsen, 86 I,; Walter Meier, Kaufmann, 48 I,; Gatthilf Gustav Herrmann, Gipser, 09 I,- Wilh, Aug, Kämmerle, 8 I,; Agnes Gucker, geb, Hoch^68J.

Talheini. Tübinger Theologiestudenten un­ter Führung von Prof, Michel verbrachten als Gäste in Talheini das Wochenende, Als Vermächt­nis ihrer gefallenen Brüder wollten sie Gottes Wort in Predigt, Lied und religiösem Laienspiel zu uns bringen. In einer Abendandacht am Samstag vereinten sie sich in verschiedenen Chören mit unsrem hiesigen Sinqkreis und am Sonntag veranstalteten sie einen G e m e i n d e a b e n d im Engelsaal, Beide Veranstaltungen waren recht aut besucht und sowohl die musikalischen Darbietungen als auch das LaienspielDie ungetreuen Wein­gartner" fanden Anerkennung, Der Ortsgeistlichs, Pfarrer Adams, dankte den Gästen für das Ge­botene,