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Paris. Bpi Eröffnung der Sitzung der Verfas­sunggebenden Versammlung hat der Minister für industrielle Produktion Marcel Paul auf dem Büro der Versammlung eiuen Gesetzentwurf be­treffs Verstaatlichung der Elektrizitäts- und Gas­industrie niedergelegt und die Versammlung auf- gefardert, möglichst bäld Stellung zu nehmen. So­dann stand, nach der Tagesordnung, die Lebens­mittelversorgung Frankreichs zur Debatte.

Moskau. ,Die AgenturTaß" gibt bekannt, daß zu Beginn des Frühjahrs der größte Kanal der Welt, derWeißes MeerOstseekanal", den Be­trieb eröffnen wird.

Moskau. Nach einer Rundfunkmeldung hat das Zentralkomitee der russischen kommunistischen Par­tei beschlossen, die staatlichen politischen Verlags­anstalten mit der Herausgabe der gesamten Werke Marschall Stalins zu beauftragen.

Moskau. DieIwestia" melden, daß das Do- nezbecken heute die Hälfte seiner Vorkriegsproduk­tion erzeugt. Vor dem Kriege nahm dieses Gebiet mit einer Tageserzeugung von 250 000 Tonnen Kohle den ersten Platz in der Kohlenindustrie ganz Rußlands ein.

l" Generalissimus Stalin empfing den amerikani­schen Botschafter Harriman in einer Privatun­terredung.

London. Wie Handelsminister Cripps bekannt­gab, hat die britische Regierung viertausend Ton­nen Lebensmittel für Europa freigegeben, die durch britische freiwillige Hilfsgesellschaften zur Verteilung gelangen werden.

Die englischen Kommunisten haben um Anschluß an die Labourpartei ersucht. In dem Antrag heißt es: sie würden die Politik der Labourregierung mit allen Kräften unterstüt­zen und im Rahmen der Partei für sich keinerlei Sonderrechte in Anspruch nehmen.

Washington. In seiner Botschaft an den Kongreß unterstreicht Präsident Truman die Notwendigkeit, dem Verlangen Hawais zu entsprechen und dieses

Territorium m de» Bund der Vereinigte» Staa­ten von Amerika nufzunehmcn

Ferner führte er in einer Botschaft u. a. aus, die amerikanische Kontrolle in Deutschland solle so schnell wie möglich auf eine Zivilkontrolle umge- stellt werden.

Budapest. In einer Rundfunkansprache erklärte der ungarische Ministerpräsident Tildy, der Reichs­tag werde noch im Januar die Ausrusung der Re­publik beschließen.

Tokio. General Mac Arthur Kat der japanischen Regierung den Befehl erteilt, ein Komitee zu schaf­fen, dessen> Aufgabe es sein wird, die 23 Banken zu prüfen, denen vorgeworsen wird, den japani­schen Angriffskrieg finanziert Z» haben, und deren Schließung am 30. September 1945 verfügt wor­den war. Diese Maßnahme betrifft weder die Bank für Jndochina, noch die französisch-japanische Bank.

Athen. Nach einem Dekret des Erzbischofs Da- maskinss, des Regenten von Griechenland, wer­den die griechischen allgemeinen Wahlen am 31. März stattfinden. Die. griechische Regierung hat alle.politischen Versammlungen auf dem Pelopon­nes verboten. Die Athener Zeitungen erscheinen wieder, nachdem der Streik der Drucker beigelegt worden ist.

Prag. Propagandaminister Kopecky hat heute folgende Erklärung abgegeben:In ganz Europa ist ein Ruck nach iinks im Gange-, was uns selbst betrifft, so hängt unser Wohlergehen von der Zu­sammenarbeit mit Sowjetrußland ab, das uns alle Rohstoffe liefern kann, deren wir bedürfen. Wenn der Plan, den Jndustrieminister Lausman aus Moskau mitgebracht hat, sich verwirklicht, dann sind wir gewissermaßen in den sowjetrussi­schen Fünfjahresplan eingeschlossen, was für uns von entscheidender Bedeutung sein würde."

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Aus Lima wird der Gefamtrücktritt der peruani- i scheu Regierung gemeldet.

gerade da» Irrationale ist, was die großen und!

wirklich unvergänglichen Werte schafft. Das deutsche Wesen ist ohne es nicht denkbar, und es versänke heute für alle Zeiten und unermeßlich tief, wollte es feinen Glauben an die unsichtbaren und unbeweis­baren Ideen verlieren, die höher sind als alle Ver­nunft. Woher kämen für so viele Beste heute anders die Kräfte, um die übergroße Bürde zu tragen, sei es, daß einer nun, oft genug verzweifelt und ge­jagt von den täglich lauernden oder sich neu erhe­benden Geiähren und Sorgen um Kleidung, Wärme, Wohnung/und Brot, in seiner Dachkammer näch­tens über das ungeheure Geschehen dieser Zeit sich ergrübelt, oder daß sich ein anderer in der Ocfsent- ichkeit in die Schar jener einreiht, die das furcht­bare Erbe tapfer übernahmen, um ihrem armen verwundeten, mißgeleiteten Volke in einem schier endlos dünkenden Wege die Augen zu öffnen zu! versuchen und dadurch höchstens unter ihren Brü­dern das Odium vaterlandslosen Verrätertums zu s ernten oder die kalte Schulter derjenigen, die, sel­ber schuldig, gleichwohl das ihre ins Trockene zu bringen vermochten? Lohnte es sich wirklich sonst noH, dem Geschehenen zum Trotz, vor unseren ge­quälten Augen immer noch das Bild des in Schutt! und Asche gesunkenen Heimes und unsere Habe, tausendfach in einem langen Leben der Arbeit der' Sorge? Entbehrung uns liebgewordener Dinge, un­serer Bücher und Bilder, das Bild der hingemor­deten oder vor dem Feinde gefallenen Kameraden, der Freunde, der Geliebten, der Mütter, Söhne und Väter, lohnte es sich weiterzulebcn, dazu­stehen und Mut zu haben, lohnte es sich ohne das deutscheDennoch", ohne den deutschen Glauben an dasHinterphysische", ohne den deutschen Idea­lismus, ohne die deutsche Frömmigkeit? Aber wir glauben, daß mit diesem unseren! kostbarsten Schatze, mit diesem a.us unserem Wesen nicht mehr fortzu­denkenden Od unseres ganzen Wesens in der abge­laufenen Zeit ein schmähliches Spiel getrieben wurde. Genau so wie der Nationalsozialismus manche unserer schlechten Anlagen und Eigenschaf­ten nicht nur nicht gebannt, sondern geradezu ge­pflegt hat, so hat er unsere guten zu verfälschen ge­sucht und oft genug verfälscht, vor uns und vor der Welt. Was, in Goetheschem SinneDrängen und Suchen" ist. das ward in nationalsozialistischer Ideologiefanatisches Kämpfertum", stumpfsinnige Ausrichtung", was unsewige Ruh in Gott dem Herrn" bedeutet, ward zum bedinguckgslosen Glau­ben an einen von der Vorsehung gesandten Führer, an eine ebenso überspannte wie unklare Religion vom Adel des Blutes, was Klaube und Innerlich­keit in unserem Wesen ist, ward in den politischen Mythos" eines Nazijahrhunderts eingezwängt.

Wo aber stehen wir nun, w>rEwiggestrigen", heute seit unserem Fühlen, Denken und Sein? Vor ollem, wo steht unsere Aufgabe? Mit allem, was wir sind und was wir haben, wie immer: im mor­gigen Tag! So sind denn wir, die wir als Ewig­gestrige so etwas wie Wolkenkuckucksheimer erschie­nen, die wahren Cwigmorgigen. Nur wer heute auf dem Gestrigen baut, kann hoffen, ein neues Mor­gen zu schaffen. Wir versprechen uns und den an­deren kein neues Reich wie jene, deren Meinen und Tun bald anfangen möge, für uns ein Gegenstand der Nichtmehrboächtung zu werden, wenn auch nim­mermehr des Vergessens oder gar Vergebens. Ge­fallen wir uns nicht in Gaukelbildern, in Wunsch­träumen unserer Phantasie! Beginnen wir nicht den Bau des neuen Hauses mit den Fabelwesen aus noch so schönem Stuck als Gicbelschmuck! Tun wir beiseite, was schlecht und unwahr gewesen! Packen wir das Alte, Gute an in Treue, Besinnlich­keit, Aufrichtigkeit und Mut! Damit nach dem schönen Worte gebirten wir zwar nicht mehr dem Gewesenen. Aber wir dienen dem Kommenden.

Don der Heidelberger Llniversitäi

Heidelberg. Wie Major Crum, der für die Uni­versität Heidelberg zuständige Ofsizier der ameri­kanischen Militärregierung, erklärte, wurden unge­fähr SO Prozent von 201 an der Universität be­schäftigten Dozenten auf Grund ihrer politischen Vergangenheit entlassen. 92 frühere Professoren wurden von der Militärregierung zugelassen.

In der naturwissenschaftlichen Fakultät unter­richten nur noch 19 von ehemals 51 Professoren, die philosophische Fakultät hat 25 von 49, die rechts­wissenschaftliche Fakultät 9 von 14 Professoren be- halterz. Von den 21 Professoren der theologischen Fakultät wurden 6 entlassen. In der medizinischen Fakultät dürfen nur noch 27 von 66 früheren Pro­fessoren unterrichten.

Berliner Lehrerausbildung

Berlin. In Berlin herrscht großer Mangel an Lehrern. Das Durchschnittsalter der Berliner Leh­rer ist zurzeit außerordentlich hoch, nämlich 59 Jahre bei den männlichen und 49 Jahre bei den weiblichen Lehrkräften. Die Hauptschulverwaltuny hat einen neuen Lehrerbildungsplan ausgearbeitet, der Kurse von 7 bis 8 Monaten Dauer vorsieht.

Göring und -er

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Hermann Göring befahl die ,^zentrale Erfassung" und rücksichtslose Ausbeutung des schwarzen Mark­tes in, den besetzten Gebieten Westeuropas, der durch die Kontrolle der Produktion und den Auf­kauf von Waren im Werte vieler Milliarden Mark von den Nazis geschaffen worden war. Auf diese Tatsache wies der französische Ankläger Charles Gerthoffer hin.

Gerthoffer schilderte zunächst den Zwang, den die deutschen Behörden in den besetzten Gebieten auf die Produktion ausübten. Die Betriebe wur­den von Nazis beschlagnahmt und deutschePa­tentfirmen" wurden bestimmt, deren Aufgabe es war, die Firmen in den besetzten Ländern zu über­wachen und sie zu zwingen, für dis deutsche Kriegs­produktion zu arbeiten. Durch methodisch durch­geführte Ankäufe der Warenbestände in den besetz­ten Gebieten sorgten die Nazis für eine noch stär­kere wirtschaftliche Ausbeutung.

Wie Gerthoffer an Hand von Dokumenten nach­wies, würden allein in Frankreich während der deutschen Besatzungszeit 300 bis 350 Milliarden Franc zum Ankauf von Waren verwandt. Schwarz­handel wurdeorganisiert". Am verhängnisvoll­sten wirkte sich jedoch für die Wirtschaft der be­setzten Länder die Entwicklung des schwarzen Mark­tes aus. Die von den Besatzungsbehörden einge­führte Rationierung war, wie der Ankläger nach­wies, so streng, daß die Bevölkerung nicht einmal den dringendsten Bedarf an Nahrung und Klei­dung decken konnte. Der durch die Rationierung erzielte Uebsrschuß der Produktion wurde von den deutschen Behörden beschlagnahmt und ins Reich gebracht. Dies führte zwangsläufig zum Entstehen eines schwarzen Marktes, an dem auch die Deut­schen durch Agenten tätig waren. Die Beteiligung der deutschen Wehrmacht und ziviler Dienststellen am schwarzen Markt steigerte sich allmählich so weit, daß. wie Gerthoffer aus "einem Dokument zitierte, die einzelnen deutschen Formationen sich die Ware abjagten und dadurch die Preise stei­gerten.

Um den Schwarzhandel besser für seine Zwecke ausnützen zu können, setzte der Angeklagte Göring

schwarze Markt

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einenGeneralbevollmächtigten für Sonderausga­ben" ein, den er im Juni 1942 mit derzentralen Erfassung und methodischen Organisation des Schwarzhandels" beauftragte. Verschiedene Auf­kaufstellen wurden eingerichtet, und zwar elf in Frankreich, je sechs in Belgien,und den Nieder­landen und drei in Serbien.

Im September 1942 befahl Göring, wie aus einem weiteren Dokument hervorgeht, alle Waren, die für Deutschland von Wert waren, auf dem schwarzen Markt aufzukaufen, ohne Berücksichtigung einer drohenden Inflation in den besetzten Gebie­ten. Die hohen Kosten dieser Käufe, die sich durch die ständcg steigenden Schwarzeu-Markt-Preise auf viele Millionen Mark beliefen, wurden, wie der französische Anklagevertreter unterstrich, nicht vom deutschen Volk, sondern aus den Reparationszah­lungen der besetzten Länder bestritten. DerHaus­haltplan des Reichs wurde also nicht belastet", wie Körings Sonderbeauftragter in einem dem Gericht vorgelegtcn Dokument befriedigt feststellte.

I 10/ 792 000

In den ersten 5 Monaten, nachdem Göring den. Befehl zur Ausbeutung des schwarzen Marktes gegeben hatte, wurden bereits für eine Milliarde 107 Millionen 792 000 Mark Waren eingekauft, und zwar in erster Linie Metalle, Textilwaren, Le­der, Pelze und Fette.

Gerthoffer zitierte sodann eine Rede, die der Angeklagte Göring anläßlich des Erntedankfestes im Jahre 1942 gehalten hatte. Göring behauptete damals, die Bevölkerung der besetzten Gebiete lebe van Schiebung. Er sagte wörtlich:Aus dieser Er­kenntnis entstand in mir der felsenfeste Entschluß, erst kommt das deutsche Volk"....Wenn gehun­gert wird: In Deutschland auf keinen Fall, Sekt und Gänseleber tonnenweise!" Allmählich hatte der schwarze Markt Ausmaße angenommen, die, wie der französische Ankläger ausführte, selbst Göring zuviel wurden. Die französische Produktion kam ihren von der deutschen Kriegswirtschaft auferleg­ten Verpflichtungen nicht mehr nach, da die Wa­ren aus den schwarzen Markt wandcrten.

Kachrichien ausSeuifchlan-

Der Alliierte Kontrollrat in Berlin hat eine Ver­ordnung herausgegeben, nach der die Kon­trolle des Arbeitseinsatzes von Frauen zwischen 15 und 50, Männern zwischen 15 und 65 Jahren nun für alle vier Besatzungszonen gleich­mäßig durchgesührt wird

Heidelberg. Der Direktor der IG. Farben, Ma­thias Pier, ist in Heidelberg wegen seiner nazi­stischen Tätigkeit von der Militärregierung verhaf- tet worden. Pier leitete die Herstellung syntheti­schen Benzins in den beiden größten Benzinfabri­ken Deutschlands. Seit dem 5. Januar 1937 war er Mitglied der NSDAP, und seit 1943 war er SA.- Sturmbannsührer.

Baden-Baden. Der SS.-Oberst Hans Triffel, einer der wichtigsten Mitarbeiter Himmlers. Er­finder des Amphibienwagens und der B.T.-Bombe, ist in Württemberg verhaftet worden. Dieses Jn- dividium, das die Automobilfabrik Bugatti in Molsheim (Bas-Rhin) sich angeeignet hatte, ist außerdem für die Massendeportierung von Arbei. lern verantwortlich und hat den Tod von 40 fran­zösischen Kriegsgefangenen auf dem Gewissen.

Berlin.<stn Berliner Maschinenbau arbeiten jetzt wieder 270 Unternehmen. Hundert Eisen-, Mctall- und Aluminiumgießereien haben ebenfalls ihre Arbeit wieder ausgenommen und fabrizieren vor­wiegend Roste für Oefen, Armaturen und Beschlag­teile für die Bauindustrie.

München. Ein Gesetz aus dem Jahre 1923, das alle Arbeitgeber verpflichtet, Körperbehinderte ge­nau wie Kriegsversehrte einzusetzen, wurde von der Militärregierung gutgeheißen und vom bayri­schen Arbeitsministeriüm wieder eingefllhrt.

Theologieprof. über die Sowjetunion

Wir entnehmen derS. Z." folgenden inter­essanten Beitrag:

Der Basler Theologieprofessor Fritz Lieb ver­öffentlichte vor kurzem als Spezialist für ostkirch­liche Fragen ein Buch unter dem TitelRußland unterwegs". Nach einer gründlichen Auseinander­setzung über das Erlebnis der Freiheit in seiner Verschiedenartigkeit im Osten und Westen Euro­pas kommt er auf die Stalinfche Verfassung von 1936 zu sprechen. Der auf der Freiheit der Einzel­person begründeten Demokratie des Westens stehe in der Sowjetunion die Demokratie der Arbeit ge­genüber, die jedem Arbeitenden seinen Teil am materiellen und geistigen Leben sichere. Diese Si­cherung werde durch die Kommunistische Partei ge­währleistet. Das Wesen der Stalinschen Verfassung bestehe in ihrem pädagogischen Charak- t e r. Sie garantiere alle auf den Menschenrechten beruhenden bürgerlichen Freiheiten. Soweit diese Freiheiten noch eingeschränkt seien, würden sie im Laufe der Zeit zur vollen Entfaltung kommen, so­bald die hinter der westeuropäischen Welt zum Teil wenigstens zurückgebliebene geistige Entwick­lung der Völker der Sowjetunion aufgeholt sei. Damit werde die sozialistische Diktatur zu einer aufgeklärten Diktatur mit der Absicht, sich im Laufe der Zeit selber im Sinne der marxistischen Frei- heitslehre überflüssig zu machen. Der Unterschied zwischen der bürgerlichen und der sozialistischen Demokratie liege tief in der geschichtlichen Vergan­genheit des europäischen Westens und Ostens be­gründet. Nicht richtig sei jeder formalistische Ver­gleich der autoritären Arbeitsdemö« kratie der Sowjetunion mit den faschistischen Diktaturen, deren antihumanistische Grundlage klar zutage liege. Unterstrichen wird diese Ausfas. sung durch eine Erklärung Stalins gegenüber dem amerikanischen Zeitungskonig Howard, in der er sagte:Wir haben diese Gesellschaft nicht errichtet, um die persönliche Freiheit zu beeinträchtigen, son­dern damit die menschliche Persönlichkeit sich tat­sächlich frei fühlen kann. Wirkliche Freiheit gibt es nur dort, wo es keine Unterdrückung der einen Menschen durch andere gibt, wo es keine Erwerbs­losigkeit und kein Elend gibt." Professor Lieb un­terstreicht, daß Stalin heute ernsthaft gewillt sei, die persönliche Freiheit des Menschen gerade als religiöse Gewissensfreiheit auszunehmen, um die Bedeutung der Religion im Leben der Völker an­zuerkennen. '

Kurden wollen Ltnabhängigkeit

Beirut. Wie man erfährt, haben die Führer der kurdischen Nationalbewegung an die Großmächte eine Denkschrift gerichtet, in der sie darum ersu­chen, für^ die Interessen des kurdischen Volkes bei der Versammlung der U.N.O. einzutreten.

In dem Dokument wird vor allem ausgeführt, daß das kurdische Volk im Herzen der Levante eine Nation von 9 Millionen Seelen vorstelle, deren Recht auf Autonomie und Unabhängigkeit durch den Vertrag von Sövres anerkannt wurde.

Das Schicksal eines Mannes

Drittes Kapitel ^

Der Schüler von Saink-Lyr

Die Militärschule wirkte wie ein lustiges Zwi­schenspiel in dem klassischen Rahmen des Hauses ^>sr Maintenen, als ob statt der Verse von Racine einmal eine heitere Komödie aufgesührt würde. Aber auch hier war der junge de Gaulle ebenso abwesend, wie einst in der Kaserne von Arras. Er lehnte sich gegen jedes feste Programm und jede nur äußerliche Ordnung auf. Er fuhr fort, sich nach ihm innewohnenden Gesetzen zu richten. Er blieb der Schüler ohne Lehrer, der Besondere, er be- schäftigt sich mit PSguy. dessen Ideal deschrist- lichen Streiters" damals im geheimen di- Seelen ergriff, oder mit dem Maschinengewehr, das so­eben auf den Schießständen erprobt wurde, oder über die Flugzeuge, die in den allerersten Anfän­gen steckten. Ücher sie sagte der Kommandant der Schule:Das alles ist Sport, für die Armee kommt es nicht in Frage."

De Gaulle war der Ansicht, daß ein zukünftiger Ofsizier auch die Dinge kennenlernen müsse, die außerhalb der Grenzen feines eigentlichen Berufes lagen, und daß die Werte des Charakters höher zu schätzen seien als blinder Gehorsam. Während feine Kameraden sich darin gefielen, den angehenden Of­fizier zu spielen, machte er sich darüber hinaus eine Art eigener Lebensphilosophie. In einem seiner Hefte findet man den Satz von Victor Hugo:

Kürze im Stil. Genauigkeit im Denken. Entschlos­

senheit im Leben.

Alles diente ihm zur Belehrung, selbst der Un­terricht in der Schule, aber lein Geist sprengte die Enge der Zeitgebundenheit. Auf Grund seiner um­fassenden Kenntnisse war er weit über sein Alter

hinaus gereift (ich habe so viel im Gedächtnis, als ob ich mehr als 1000 Jahre alt wäre"), und ganz er selbst war er nur seinem Vater gegenüber, mit dem er die Sonntage verbrachte. Vater und Sohn er­gingen sich dann in langen gelehrten Abhandlun­gen, bald gingen sie dabei nach den strengen Denk­regeln eines Descartes vor, bald bevorzugten sie die intuitive Art eines Bergson.

Bergson war gleichsam das sprühende Feuer des französischen Denkens. Der junge de Gaulle ver­ehrte ihn außerordentlich. Viele Jahre später, im Jahre 1940, sollte ihm das vergolten werden, als Bergson erklärte, daß de Gaulle der einzige Mann sei, der imstande wäre, Frankreich zu retten.

Trotz allem darf, man sich nicht vorstellen, de Gaulle sei etwa ein Außenseiter gewesen. Der große Karl" nahm an allen Streichen teil, die in der Schule gerade an der Tagesordnung waren. Cr war durchaus nicht der letzte, wenn es etwa galt, am Sonntagabend im Zug die Spießbürger mit irgendwelchen tollen Streichen in Schrecken zu versetzen. Schon damals war Iuin immer dabei, der seinerzeit als bester aus seinem Jahrgang her­vorging und der 30 Jahre später Generalstabschef der französischen Befreiungsarmee wurde.

Aber seine Neigung trieb ihn immer häufiger zu ernsten militärischen Diskussionen, denn er fühlte bas Nahen des Krieges, und im Frühjahr des zweiten Jahres ging er fast jeden Abend mit sei­nem Freund Jacques de SieySs hinaus zu den Maulbeer- und Eschenwäldern, an den Platz, wo ber Pavillon Ludwigs des XIV. stand und wo der alternde Sonnenkönig seine letzten Zusammen­künfte von St. Cyr hatte. Das Maschinengewehr, die Flugzeuge, die Befestigungswerke die schwere Artillerie, das waren unerschöpfliche Themen, die die beiden jungen Offiziere immer wieder beschäf­tigten.

Da Charles de Gaulle zu den besten Schülern gehörte, durfte er wählen, zu welchem Regiment er wollte. Er wählte natürlich das 33. in Arras, dort hatte er die ersten Befehle erhalten, nun wollte er auch dort seine erstell Kommandos geben. Im Schmuck der neuen Achselstücke mußte er sich zuerst bei dein Oberst melden, der in der Zwischen­zeit gewechselt hatte. Cs war Philippe-, Pstain, lind nun standen sich zum erstenmal die beiden Männer Auge in Auge gegenüber, die die Ge­schichte auf der Straße des Ruhmes zu so verschie­denen Zielen führen sollte. Hier galt der Dienst­grad wenig, ohne Zweifel standen sich hier in dem nüchternen Dienstzimmer der Kaserne zwei Män­ner gegenüber, die zu Großem fähig waren.'Bald hatten sie Gelegenheit, sich näher kennenzulernen. Es war bei einer Hebung an dem Ufer der Scarpe. PStain setzte dem Offizierskorps wieder einmal seine Theorien über die starke Wirkung des Feuers auseinander, die damals noch angezweifelt wurden.

Der Generalstab versichert", sagte er,daß nichts unseren Bajonetten widerstehen kann. Aber das ist überlebt, heute tötet das Feuer, und man muß je­des Manöver mit dem Feuer beginnen."

Er innerte dann an einige taktische Belehrungen, die an dieser Stelle einst der Prinz von Conds den königlichen Truppen gegeben hatte.

Es ist ganz richtig, daß er, nachdem er La Fort4 überrannt hatte, sich nicht von Hocquin- court abwendet ..."

de Gaulle unterbricht ihn plötzlich ungestüm: Aber Turenne war da. das war bald am Kano­nendonner zu hören. Es war richtig, daß der Prinz nicht nachließ. Sa war Arras gerettet!"

Der Oberst konnte nicht anders, er zollte dieser Lösung" Beifall. Er sah sich den jungen Ofsizier näher an und wollte ibn auf die Probe stellen. Er «lhm de Baull« am Arm und »og ihn zur Seit».

Die Schatten von Turenne und Conds schienen den beiden Gesprächspartnern zur Seite zu stehen lind wer sie sah, konnte ahnen, daß das Schicksal vielleichteinzweitesMal zwei große Männer Frank­reichs einander gegenüberstellen würde.

Der große Krieg

1914! Der Leutnant de Gaulle war so alt wie Frankreich, 20 Jahre und 1000 Jahre. Die Sorg­losigkeit seiner ewigen Jugend und die nutzlosen Erfahrungen seiner stürmischen Vergangenheit... Er brannte darauf, sich in den ersten Kämpfen zu bewähren, aber er wußte auch, daß die Truppe, die er zum Angriff führen sollte, zwar wußte, wie sie mit dem Bajonett umzugehen hatte, mit den raten Hosen und mit dem Tornister aus der Zeit des zweiten Kaiserreiches, daß die französische Armee im ganzen gesehen aber um einen Krieg im Rückstand war.

Lassen wir den jungen Offizier mit dem klaren Blick selbst sprechen:Der erste Schock ist eine un­geheure Ueberraschung. Die Strategie des Feindes» seine Wendungen, die geschickte Ausnützung seiner Reserven, das alles wirft mit einem Schlag unse­ren ganzen Plan über den Haufen. In der Taktik geraten alle alten Grundsätze durch die Offen­barung der tatsächlichen Gewalt des Geschützfeuers ins Wanken. Die moralische Wirkung all dessen ist so, dah alle Illusionen, mit denen man sich ge­wappnet hatte, mit einem Schlage zusammenbre- chen. In den Tagen zwischen dem 20. und dem 23. August 1914 macht die Armee alle Stadien durch, von der vollkommensten Selbstsicherheit bis zur Erkenntnis der tatsächlichen Gefahr." Hören wir ihn nun von seiner Feuertaufe erzählen. Das 33. Regiment war der 2. Infanteriedivision zuge­teilt, die mit zuerst in den Kampf kam. " " *

(Fortsetzung folgt)