öckiriktlettuiix un6 Verl»» Tubiaxso, UbiiiuüdU-illeL, Oeruruk 2141 uvä 2142.
kür uiiv«rl»iij;le zisnu- »kripte keine Levsür.^u,- zekeu kür äi« kreise Tü- biuxeo. Uorb, Lslv»; kieut-
lillzen, iVILnsinxen; llslin- xev, Tuttliaxeii, kliinxen, üeübiuxea, Lixmsrivxeo
8c«sVLKI8LIIK8
Kurslpre!» A) I^o»»r»dervxipr»l« ävro^ l'räßer 1.20 8^!- <Inr<^r rÜv?o8i 1.32 ^»rvixeoprei» ^ür 6i« 46 mw Breite 8p>1lv j« mra 1.20 Oiilkre-
xetriilir 50 ?kennix. Lrselreinunxstsxvr 1v Oienstsx nnä k'rviisz
2. ^skrKLNA
kreitsx, 6eo 2Z. ^sausr 1946
Kummer 7
Felix Gouin, präsideni -er französischen Regierung
Oer ^»ctikslAer 6e Osutles von 6er IXalionalverssruMluHA mit iiliervvältiZen^er Vlelirlieil ^ewätilt
Baden-Baden. Am 23. 1. 1946. abends 19.30 Uhr. wurde Felix Gouin mit 497 Stimmen van 555. also mit überwältigender Mehrheit zum Präsidenten der französischen Regierung gewählt. Herr Gouin beginnt heute mit den Beratungen zur Umgestaltung der Dreiparteienregierung (Kommunisten, Sozialisten, MRP., d. h. christlich-fortschrittliche Partei).
Die Nationalversammlung hat gestern abend Herrn Gouin seine neuen Befugnisse übertragen. Dieser gab folgende Erklärung ab:
„Wenn ich diese schwere Aufgabe auf mich nehme, so tue.ich das für die Republik, besonders aber für Frankreich, dem jeder alles opfern mutz, ein Mann im öffentlichen Leben sogar seine Popularität. Die Erfüllung meiner Aufgabe wird der Vereinigung der Parteien untergeordnet sein. Vielleicht war die Verantwortlichkeit der Regierung niemals vorher so schwer, so ernst wie eben jetzt/ Dann, sich an vi« Journalisten wendend: „Ja, ich bin Optimist. Mit der Unterstützung aller guten Franzosen wer. unsere Schwierigkeiten überwind:
den wir unsere beginne sofort mit den
keiten überwinden, eratungen"
Ich
Aus dem Brief de Gaulles
an den Präsidenten der Verfassunggebenden Nationalversammlung
„Wenn ich dazu bereit war, nach dem 13. November 1945 an der Spitze der Regierung zu bleiben, dann habe ich dies getan, um dem einmütigen Wunsche der Verfassunggebenden Nationalversaniyi- lung Folge zu leisten und uns die Uebergangsztzit zu erleichtern. Diese Periode ist heute beendet
Andererseits hat Frankreich nach unsagbar schweren Prüfungen die Krise überwunden. Gewiß, schwere Lasten liegen noch auf den Schultern des französischen Volkes und ernste Probleme warten noch ihrer Lösung. Aber die Hauptsache, die Lebensmöglichkeit der Franzosen, ist im wesentlichen gesichert."
Der neue französische Ministerpräsident
Paris, den 24. Januar 1946. Felix Gouin, der ,hLute nachmittag von der MarsassunggebLnden französischen Nationalversammlung zum Ministerpräsidenten gewählt worden ist, ist im Jahre 1884 in Puypin im Departement Bauche du Rhone geboren. Sein Vater und seine Mutter waren Volks- schullehrsr. Nach Absolvierung des Gymnasiums in Marseille studierte Gouin an der Universität Aix s Provence Jura und ließ sich im Jahre 1907 als Rechtsanwalt in Marseille nieder. Bis zu Beginn des Krieges im Herbst 1939 verblieb er als Anwalt in Marseille. Gleichzeitig hatte er sich in jenen Jahren schon mit Politik beschäftigt. Seit 1904 war er Mitglied der sozialistischen Partei und wurde 1911 zum Generalrat gewählt. 1923 wurde er Bürgermeister von Jstres und 1924 wurde er zum Abgeordneten von Äix ä Provence gewählt. Seither ist er ständig wiedergewählt worden und zwar mit stets steigenden Stimmenzahlcn. Den Krieg von 1914—18 hatte er als Freiwilliger in vorderster Linie mitgemacht. Seine Parlaments- tätigkeit spielte sich hauptsächlich in Kommissionen ab. Bon 1936 an war er Mitglied der Finanzkommission, Berichterstatter des Staatshaushaltes und gleichzeitig Berichterstatter des Haushaltes für öffentliche Arbeiten. Seit 1936 war er zunächst stellvertretender Generalsekretär und dann stellvertretender Präsident der sozialistischen Parlamertts- gruppe. 1936 war er in der ersten Volksfrontregierung Finanzminister und nahm auch an der zweiten Volksfrontregierung als Minister teil. Im Juli 1940 leitete er die beiden letzten Sitzungen, welche die sozialistischen Abgeordneten illegalerweise abhielten. Er hatte natürlich gegen die Erteilung der unbeschränkten Vollmachten an Philippe Petain gestimmt. Vom kerbst 1940 an beschäftigte er sich mit dem Wiederaufbau der sozialistischen Partei in der sogenannten „freien Zone" und war gleich
zeitig an der Durchführung des Zusammenschlusses der Widerstandsbewegung in Südfrankreich beteiligt. An der Seite seines Kollegen Le Torquer verteidigte er den Führer der'sozialistischen Partei und ehemaligen Ministerpräsidenten Leon Blum im Prozeß von Rion, der auf Befehl der deutschen Besatzungsbehörden durchgeführt wurde. Die sozialistische Partei ernannte ihn zu ihrem Vertreter bei General de Gaulle. Um diesen Auftrag durchführen zu können, mußte Felix Gouin seine Familie verlassen und alles, was ihm gehörte, opfern. Wie so viele andere unternahm er die schwierige Reise der Freiheit entgegen. In Spanien war er drei Monate lang interniert und lernte, wie so viele andere Franzosen, die Schrecken des Konzentrationslagers Miranda kennen. Nach unsäglichen
Schwierigkeiten gelang es ihm, London zu erreichen, wo er im August 1942 den Auftrag erhielt, den Vorsitz der Kammer für Staatsreform zu übernehmen. Im September 1942 begab sich Gouin nach Algier, um die Tätigkeit der provisorischen Beratenden Versantmlung vorzubereiten, die ihn am 15. November 1943 zu ihrem Präsidenten wählte; im Mai 1944 erfolgte seine Wiederwahl.
Am 2. September 1944 kehrte Felix Gouin mit der provisorischen Regierung nach Frankreich zurück, wo er am 7. November des gleichen Jahres wieder zum Präsidenten der Beratenden Versammlung gewählt wurde. Im Oktober 1945 wurde er als Abgeordneter in die verfassunggebende französische Nationalversammlung und alsdann einstimmig zu ihrem Präsidenten gewählt.
Oie ersten freien Wahlen in Deutschland
Li» »»trckeickencker Oi»i»r»t««6 / Orkvize 6er 8kO. »vck
Oie Wahlen in Groß Hessen
In 17 Landkreis»« Großhessens wurden in den Städten unter 20 000 Einwohnern Gemeindewah- len akgehalten. Das Endergebnis ist folgendes:
An aufgestellten Listen wurden gewählt:
SPD. 569
CDU. 393
KPD. 121
LPD. 29
örtliche Parteigruppen oder Parteiloft 690
Nur 7,5 Prozent der Bevölkerung war wegen
Parteimitgliedschaft van den Wahlen ausgeschlossen. Das wichtigste Ergebnis der Wahl ist, daß sich insgesamt 83 Prozent der Bevölkerung an den Wahlen beteiligten, während die amerikanische Ver. waltung eine Beteiligung von 60 Prozent geschätzt hatte. Die Beteiligung von 83 Prozent ist außerordentlich hoch; sie wurde in den Jahren-der Weimarer Republik nur selten erreicht! Das bedeutet, daß das deutsche Volk damit in eindrucksvoller Weise seinen Willen bekundete, ein freies, demokratisches Leben aufzubauen Es bedeutet gleichzeitig ein Anzeichen, daß die Naziideologie eine entscheidende Niederlage erlitten hat. Dieses Ergebnis wird seinen Eindruck auf das Ausland nicht verfehlen.
Oe?" §r/c>/Z r/er 5 ?O.
- Außerdem bedeutete die Wahl einen erheblichen Erfolg der SPD. Insgesamt wurden 376 000 Stimmen abgegeben, von denen die SPD. 146 508 — 41 Prozent erhielt. Die Christlich-demokratische Union erhielt 99 591, die KPD. 16 688, die Liberal- Demokratische Partei 5662 Stimmen
Wenn man bedenkt, daß diese Wahl nur in sehr kleinen Gemeinden, vorwiegend bäuerlichen Charakters stattgefunden hat, so bedeutete der Wahl- erfola der SPD. einen eindeutigen Ruck nach links. Cr offenbart, daß selbst in politisch früher rechtsstehenden Gemeinden der Wille zum Sozialismus zum Durchbruch gekommen ist.
Beamte der Militärregierung sind der Ansicht, daß im übrigen die Stimmenverhältnisse nicht maß- gebend für größere Teile Deutschlands sind, da die Wahlen in den kleineren Gemeinden oft nicht durch die Parteizugehörigkeit, sondern die Persönlichkeit der Wahlkandidaten entschieden werden. So rechnet man damit, daß die Kommunisten, die in verschiedenen Gemeinden bis zu 10 Prozent der Stim- men erhielten, In den Städten mit mehr als 20 000 Einwohnern einen weit ausgeprägteren Erfolg ha-
Schwere soziale Konflikte in den Vereinigten Staaten
6ervaltize Streikwelle / Schwere ^useinsnUersetrunz Zwischen Arbeiter» unciUnternehmern
Seit Wochen werden die USA. von schweren Auseinandersetzungen zwischen den Arbeitern und Unternehmern heimgesucht, die zu einer Fülle von schwerwiegenden und langdauernden Streiks geführt haben. Die Ursachen sind in allen Fällen Lohnstreitigkeiten, und die gewerkschaftlich organi- sierten Arbeiter setzen mit Zähigkeit alles daran, ihre Forderung durchzudrücken.
Die Streiks haben selbst für die USA. riesig«
Ausmaße angenommen. Es streikten oder streiken . B. 290 000 Arbeiter der Fleischindustrie, 800 000 .er Stahlindustrie, 15 000 der Telefongesellschasten,
150 000 der Glashütten. 200 000 der Elektroindu- strie. Ein Streik von 400 000 Bergarbeitern wurde am Donnerstag angekündigt. — Augenblicklich streiken insgesamt eineinhalb Millionen. Die Streiks werden mit unerhörter Erbitterung, geführt. So dauerte der Streik bei Generalmotors mit 200 000 Arbeitern 9 Wochen lang.
Die Folgen sind schwerwiegend. Der Streik in der Elektroindustrie hat z. B. die Produktion der Atombomben z. T. lahmgelegt. Der Streik in der Stahlindustrie hat zur Folge, daß der Stand der Stahlproduktion der niedrigste seit 53 Jahren ist.
Der tägliche Verlust beträgt 20 000 Tonnen Roh- stahl, sowie eine Minderung der Produktion von Automobilen um 4500 und van Küchenherden um 756 000 täglich.
Die Opferbereitschaft der Arbeiter ist bedeutend.
Man hat errechnet, daß der tägliche Lohnaurfall
drek Millionen Pfund beträgt. Aber die Arbeiter sind bereit, diese Opfer auf sich zu nehmen, um zu verhindern, daß die Lasten der Umstellung der Kriegs- auf die Friedensproduktion von den Unternehmern auf ihre Schultern abgewälzt werden.
'Man hat nicht den Eindruck, daß die Maßnah. men der Regierung besonders erfolgreich sind. Die SchUchtungsausschüsse arbeiten zwar fieberhaft, aber ihrer Tätigkeit ist nur ein beschränkter Erfolg beschieden. Nicht immer sind die Arbeiter oder Un- ternehmer mit ihren Vorschlägen einverstanden.
Zu einer Sozialisierung aber können sich die hochkapitalistischen Vereinigten Staaten natürlich nicht entschließen. Die Regierung steht in dieser Hinsicht völlig auf seiten der Unternehmer. Sie droht z. B. jetzt damit, sämtliche bestreikten Fleischwarenfabriken zu beschlagnahmen, und so einen Arbeitszwang durchzuführen.
Ob diese Lösung sehr glücklich ist. erscheint recht zweifelhaft. Es könnte sein, daß die Arbeiter mit verstärkter Kraft die Streikbewegung durchführen würden, und daß also das Gegenteil von dem er- recht wird, was die Regierung erreichen möchte. Bedenkt man weiterhin, daß die USA. jetzt bereits wieder einen Stand van mehr als 2 Millionen Erwerbslosen haben, so gewinnt man den-Eindruck daß man keineswegs auf dem Wege ist, eine Lösung für di» soziale« Problem« zu finde».
den dürften. Wie schwankend di« Verhältnisse bisher sind, zeigt da» Wahlergebnis de» katholischen Fulda, wo die EDU. 75 Prozent aller abgegebenen Stimmen erhielt.
Oie ^s/i/en -rrn 2/. /ÄMcrr
Am kommenden Sonntag folgen die Gemeinde- Wahlen in den restlichen 22 Kreisen Graß-Hessens (die stärker industrialisiert'sind), sowie in Bayern Nordwürttemberg ustd Nordbaden. Auch hier wird nur in den Gemeinden unter 20 000 Einwohnern gewählt werden. Es wird erwartete, daß die Gemeindewahlen in den Städten über 20 000 Einwohnern Ende März oder Anfang April stattfinden werden.
Wahlen in Berlin
Am 20. Januar fanden in Berlin in den Bezirken Spandau, Prenzlauer Berg und Friedrichshain Wahlen zu der Delegiertenkonferenz des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes statt, die am 3, Februar stattfinden wird. In den anderen 17 Bezirken werden die Wahlen am 27. Januar durchgeführt werden.
Die Gewählten verteilen sich auf die einzelnen Parteien wie folgt:
, KPD. 36
SPD. 29
CDU. 2
Parteilos 2
Es ist sehr interessant zu sehen, daß offenbar die Arbeiterschaft Berlins sich heute wesentlich mehr zu den Kommunisten als zu den Sozialdemokraten hingezogen fühlt. Dieses Wahlergebnis widerlegt außerdem die Greuelnachrichten über die russische Besatzunaszone, die bisher von geflüchteten Nazis in die Westzone getragen wurden. Cs beweist ferner, daß die aufgeklärte Arbeiterschaft sehr wohl zu unterscheiden weiß zwischen einzelnen Ueber- grststn von Angehörigen der russischen Besatzungstruppe und der Idee des Sozialismus.
Oie ^erkei/nnF srr/ Ae^i^e
Das Ergebnis der Wahlen vom 21. Januar verteilt sich auf die einzelnen Bezirke wie folgt: Span- dau: Wahlberechtigte Mitglieder: 11 6st0, gewählt: 17 Sozialdemokraten, 8 Kommunisten, 2 CDU, 2 Parteilose.
Prenzlauer Berg: Wahlberechtigte Mitglieder: 12 800, gewählt 13 Kommunisten, 1 Sozialdemokrat.
Friedrichshain: Wahlberechtigte Mitglieder:
10 800, gewählt: 15 Kommunisten, 11 Sozialdemokraten. ,
Oie nirrr /rei rrnri Ze/ieim
Vor der Wahl am 20. Januar wurden in den Berliner Betrieben durch die Gewerkschaftsausschüsse Mitgliederversammlungen einberusen, die Wahlausschüße wählten und Kandidaten für die Bezirksdelegiertenkonferenz aufstellten. Die Delegierten zu Vieser Konferenz wurde« in einem geheimen Wahlgang gewählt. Die Parteizugehörigkeit der Kandidaten erschien dabei nicht auf den Stimmzetteln.
Zu der Großberliner Delegiertenkonferenz wurde für je 400 Mitglieder eines Bezirks ein Delegierter gewählt. Unter den Kandidaten sollen Delegierte aus jedem Großbetrieb sein; die Wahl ist geheim und erfolgt durch Stimmzettel. Die auf 'e- den Bezirk entfallende Delegiertenzahl wurde auf Grund der Mitgliederzahlen vom Ortsausschuß de« FDGB. Berlin festgelegt.
Sozialisten u. Kommunisten in Japan
Angesichts der Abnahme der Popularität der Regierung Shidehara ist- eine Annäherung der japanischen Sozialisten und Kommunisten im Gange. Die Mißstimmung hat vor alftm deshalb zugenommen, weil die Regierung Polizcimaßnah- men durchführt, um die Bauern zur Ablieferung von Reis zu zwingen. Die Führer der beiden Arbeiterparteien schlagen vor, daß die Bauern selbst die Ablieferungen und Verteilung ihrer Ernte überwachen.
Andererseits halten die kommunistischen Führer mit ihrer Kritik gewisser Sozialisten zurück, die sie bisher der Zusammenarbeit mit den Rechtsparteien verdächtigten. Ihrerseits zeigen sich auch die sozialistischen Führer der Schaffung einer Volksfront mit den Kommunisten günstig gestimmt.
Oie LvviKmorZiKen
Von soaakiin Qsrstsnbsrg
Ueber Nacht an die Macht zu kommen, plötzlich aus einem Unterdrückten und Verfolgten zu einem Sieger zu werden, ist noch nicht in allen Fällen an sich ein Verdienst: es gewährt nur eine Chance. Man kann sie für sich und zum Besten der Allgemeinheit nutzen und mgn kann sie — verspielen. Denn wie der Schlaf der Zwillingsbruder des To- des, so ist die Willkür die Zwillingsschwester der Macht, Die beiden sehen sich in der Geschichte mit-, unter zum Verzweifeln ähnlich wie ein Ei dem anderen.
Revolutionen und große Umwälzungen vollzis- hen sich nicht gerade sanft, und sie würden sich wahr, scheinlich selbst aufheben. täten sie es. Es wäre töricht, von einer Maschine zu verlangen, geräuschlos zu hämmern und zu schmieden. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Alles das ist Binsenwahrheit, wie auch die, daß die dümmste Kugel den gescheitesten Menschen zu treffen vermag. Und man hat sich nachgerade schon daran gewöhnt, daß ausgerechnet sie es sind, die in Zeiten der Unruhe b«i denen man er nicht gerade immer mit der Intelligenz, sondern mit der rohen Gewalt zu tun bat, nicht sonderlich Rücksicht genommen wird. 2!''er irgendwann hat sich auch nach der erfolgreichsten Revolution, nach dem triumphalsten Siege, nach der Konstitution auch der größten Weltanschauung aller Zeiten ein Punkt anzusetzen, an dem nach dem stattgefundenen Chaos einmal Besinnung eintritt, an dem festgestellt wird, ab man nicht in der Hitze des Gefechts hie und da doch etwas zu weit gegangen ist, ob die eignen Ansichten und Maßnahmen nicht doch vielleicht etwas verbessert oder ergänzt werden können, und ob nicht doch etwa einmal Leuten Gehör geschenkt werden dürfte, die un- angefochten von den zunächst einmal-nichts besagenden äußerlichen Erfolgen und inmitten des allgemeinen Sturmes hartnäckig an dem Gartenzaun ihrer Privatmeinung festgehalten haben. Der Nationalsozialismus Kälte wahrhaft seine eigne Natur vergewaltigt, hätte er solchen Einsichten auch nur ein halbes Ohr geliehen. „Radikal" und „fanatisch" ging er daran, ganze Arbeit zu'leisten, lind ganze Arbeit ist nicht immer gut« Arbeit.
Verhältnismäßig einfach lagen nun die Dinge bei Leuten, deren Zugehörigkeit zu einer Rasse, Religionsgemeinschaft und so weiter keinen Zweifel darüber ließ, daß sie dem Neuen, das mit einem Male mit dem Ansprüche unanfechtbarer Autorität daherkam, unmöglich wohlgesinnt gegenüberstehen könnten. Einfach lagen die Dinge auch noch in Fäl- len, bei denen Herr Schmidt und Frau Schulze es ganz genau gehört hatten, wie Herr Lehmann gesagt hatte: „Na, — wenn das nur man doch gut geht!" Aber abgesehn von diesen einfachen Fällen, in denen dann entsprechend unkompliziert verfahren werden konnte, hatte es der Nationalsozialismus nun auch sehr zu seinem Kummer mit Leuten zu tun, denen nicht so ohne weiteres beizukommen war. Obwohl vom Propagandachef selber immer wieder versichert wurde, daß „das deutsche Volk" unbeirrbar in „Verachtung und souveräner Gelassenheit" über sie nur immer so hinwegschreite, so handelte es sich wohl auch für ihn offenbar um eine Gilde höchst penetranter, heilloser, unheilbarer und gefährlicher Widerspenstiger, die unmöglich zu zähmen waren. Kurz gesagt: es war die Gilde der unverbesserlichen Nörgler, Besserwisser und Kritikaster, derjenigen, dft es noch nicht begriffen hatten, die aber ebensowenig wie sie von ihrer Ueberzeugung abqingen wie Teer von einem weißen Wollkleid, geschickt genug waren, um den Denunzianten zu entgehen und den Häschern keine offenen Anhaltspunkte zum Eingreifen zu geben. Mit der Begabung der Nationalsozialisten zu neuen Schlagwor- ten und, mit Faust wissend, daß man bei dargcbo- tenen Worten gewöhnlich auch meint, daß sich dabei etwas,denken lasse, wurden diese unheimlichen De- strukteiire und unterirdischen Wühlmäuse mit dem Namen der „Ewiggestrigen" belegt.
Es gibt nun schlechterdings nichts, wozu es nicht auch ein Gegenteil gäbe. Und die Nationalsozialisten waren in der Tat so recht eigentlich die Ewigmorgigen. Wenn es vom Erhabenen zum Lächerlichen nur ein «chritt ist, dann waren es von erhobenen Worten zur größten Katastrophe unseres Volkes nur Hwölf Jahre eines tausendjährigen Reiches. Von !ener ersten, ach! wie bescheidenen Bitte, doch nur erst cinntal vier Jahre Zeit zu geben, angefan- aen über die heute wehmütig genug wirkende An. kündigung, daß Deutschland einmal nicht mehr wie- derzuerkennen sein werde, über die Prophezeiung eines Unterganges des Judentums in Europa und der Ausradicrung feindlicher Städte, über die immer wieder geflissentlich während des Krieges geheimnisvolle Flüsterpropaganda aus' ganz sicheren Quellen, es werde sich schon einmal endlich alles, alles wenden, bis zu jenem schaurigen Augenblick, da gl-ich,zeitig das Gebäude des todgeweihten Reiche, über der iurchtbar gähnenden Gletscherspalte zusam- menstürzte, um ynwiederbringbar in ihr zu verschwinden, und der wahnsinnig gewordene Führer verkündete, niemals werde Berlin russisch werden, — immer war es die Fata Morgan« einer besseren Zukunft, das Versprechen des: „Morgen Kinder, wird 's was geben!" Unter diesem Versprechen hat unser Volk in rührender, beschämender.Geduld, mit einer Opferbereitschaft und Kraftanstrengung sondersgleichen, unter Vergewaltigung seines unbewußt vielleicht doch öfter, als man das wahrhaben möchte, wirksamen besseren Wissens und Gewissens, in einer Art ungeheuerlichen tragischen Irrtums seiner Geschichte sich ielbst leinen Scheiterhaufen zu, lammengetragen.
Wr sind rational genug, um einzusehen, daß er