Mittwoch, den 9. August 1939

Schwarzwald-Wacht Seite 8

?4us Stadt und Kreis Calw

Die Unentbehrlichen

.Sie müssen schon entschuldigen, ich bin etwas nervös. Ich habe seit zwei Jahren kei­nen Urlaub mehr gehabt. Bei dem Betrieb jetzt bin ich absolut unentbehrlich. An Urlaub ist gar nicht zu denken." Der Mann, zu dem der Chef so sprach, mochte dessen nervöses Verhalten.entschuldigen, die Gefolgschaft des Betriebes aber, die tagtäglich mit dem ner­vösen und überreizten Betriebssichrer zu tun harte, entschuldigte es nicht.Wenn der Alte bloß mal endlich in Urlaub gehen wollte", das konnte man immer wieder heimlich in seiner näheren Umgebung sagen hören.

Ja, diese Unentbehrlichen! Es gibt deren heute Tausende. Pflichtbewußtsein und Diensteifer in allen Ehren. Die Erhal­tung und Wiederherstellung der vollen Arbeitskraft gehört aber auch zu den Pflichten eines deutschen Arbertsmenschen. Und dann vergessen sie eins, die Unentbehrlichen. In dem Augen­blick nämlich, wo ihre Arbeits» und Spann­kraft nachläßt, wo sie anfangen nervös und gereizt zu werden, da hört nämlich ihre Un­entbehrlichkeit auf. Dann sollen sie ruhig in Urlaub gehen, und wenn es nur acht oder vierzehn Tage sind. Sie sollen sich verbitten, daß ihnen auch nur ein Geschäftsbrief in dieser Zeit nachgeschickt wird, daß man sie auch nur einmal aus geschäftlichen Gründen anruft. Wenn sie dann mit klarem Kopf wiederkommen, dann sind sie bestimmt auch wieder unentbehrlich für ihren Betrieb.

Und was für den Chef gilt, das gilt für die Gefolgschaft in gleichem Maße. Auch hier gibt es Unentbehrliche, mit und wider Wil­len. Wenn einer urlaubsreif ist, dann soll er seinen Urlaub haben. Die Äbgearbeiteten, Arbeitsunlustigen und Nervösen stören den Betrieb mehr als sie ihm nützen. Unentbehr­lich sind, wie gesagt, immer nur die, die mit ihrer Leistungskraft auf der Höhe sind.

Autoreifen machte sich selbständig

Daß kleine Ursachen oft recht unangenehme Wirkungen haben können, bewies gestern nach­mittag ein Vorfall in der Stuttgarter Straße. Bor einer Werkstätte wurden dort zwei Auto- Visen (Mäntel) abgeladen. Hierbei entglitt ein Reifen den Händen und machte sich auf der ab­schüssigen Straße selbständig. Er rollte mit wachsender Geschwindigkeit stadteinwärts, bis sein Lauf in der Schaufensterauslage eines Ge­schäftes in der Bahnhofstraße ein Ende fand. Es gab Scherben und Aerger alles einer ge­ringen Ursache wegen.

Exporttechnische Woche in Bad Teinach

Die Deutsche Arbeitsfront ist seit nunmehr k Jahren mit ständig wachsendem Erfolg be­müht, zur Förderung des deutschen Außenhan­dels beizutragen. Eine ArbeitswocheExport Technik" vereinte auch diesen Sommer in Bad Teinach 75 Betriebsführer und Exportlei- txr, die sich in erster Linie mit der technischen Abwicklung von Ausfuhrgeschäften befassen. In Referaten und Arbeitsgemeinschaften wurden die Tätigkeitsgebiete durchgearbeitet. Professor Dr. Schuste r, Berlin, gab reiche Anregungen über Exportkalkulationen und die Technik des Exportgeschäftes. Dr. Bogenrieder, Stutt­gart, und Dipl. Volkswirt Mautz, Karlsruhe, befaßten sich mit den praktischen Fragen der De­

visenbewirtschaftung, die sich für den Ausfuhr­mann ergeben. Fragen des Bahn- und See­transports, der Transport- und See-Versiche­rung, des Zollwesens, des Zahlungs- und Kre­ditverkehrs, der Kreditversicherung, der Markt­forschung und Werbung wurden in Referaten und Aussprachen behandelt. Die praktischen Er­gebnisse dieser Arbeit wurden noch gesteigert durch die hervorragende Kameradschaft, die sich unter den Teilnehmern aus den verschiedensten südwestdeutschen Betrieben gebildet hatte.

Wenn man auf dem Oehmdmagen landet

Friedrichshafener Jungflieger in Sulz In den letzten Wochen war ein Zug der flie­gertechnischen Vorschule Friedrichshafen im

Schulhaus in Sulz einquartiert. In der gemein­samen Waschküche für die Lehrerwohnungen war die Küche eingerichtet, die von H. Moser (ge­bürtig aus Altensteig) vorzüglich geleitet wurde. Auf dem Pluggelände am Wächtersberg herrschte fast immer reger Flugbetrieb. Ein Teil der Schüler konnte seine A-Prüfung im Segel­fliegen ablegen. Abgesehen von einigen kleine­ren Unglücksfällen verlief der anstrengende Dienst zur Zufriedenheit aller. Nicht ganz un­gefährlich war es für die Sulzer Bauern, auf dem Fluggelände zu arbeiten. So landete ein Flieger auf einem Oehmdwagen;die Bäuerin konnte noch schnell Deckung nehmen", erzählte er. Ein Kameradschaftsabend imAdler" ver­einigte zum Schluß bei Tanz und heiterer Un­terhaltung die jungen Flieger und die Sulzer Jugend.

Mmitt m>» 20-30 Jahre« Wader; hMheilMg

Höchster Kr3nlckeit88t3nä bei Zen trauen rEctien 25 unä 29 Mren

Bei den Männern ist die Zahl der Krank­heitsfälle in den Altersstufen zwischen dem 20. und dem 29. Lebensjahr am größten. Aus 100 Männer der Altersgruppe von 20 bis 24 Jahren entfielen im Jahre 1936 199,3 Krankheitsfälle, d. h. daß jeder, der dieser Altersgruppe angehört, im Durchschnitt etwa zweimal im Jahre erkrankte. Die Erkrankungshäufigkeit finkt dann bis zum 49. Jahre ab auf 147,6 Fälle auf 199 Versicherte. Zwischen dem 59. und 54. Lebensjahr steigt die KrankheitSzahl wieder etwas an, um dann bis zum 69. Lebensjahr erneut bis auf sogar nur 128,1 abzufallen. Lediglich bei den über ^jähri­gen ist ein neues Ansteigen auf 144,9 Erkrankun- gen festzustellen. Zusammenfassend ergibt sich, daß die weitaus größte Erkrankungshäufigkeit zwischen dem 29. und 39. Lebensjahr liegt.

Noch deutlicher zeigt sich diese Entwicklung bei den Frauen. Der höchste Stand der Krankheits- fälle liegt mit 223,9 in der Altersgruppe der 25- bis 29jährigen und finkt fast gleichmäßig, eine minimale Steigerung in der Gruppe von 35 bis 39 Jahren ausgenommen, bis auf 133,4 zwischen dem 65. und 69. Lebensjahre ab. Im Verhältnis zu den Männern ist die Erkrankungshäufigkeit der Frauen fast allgemein höher.

Was die Dauer der Arbeitsunfähigkeit an­langt, so findet sich hier eine nahezu gleichmäßig ansteigende Tendenz von Altersgruppe zu Alters­gruppe. Von 15,3 Krankheitstagen im Lebensalter bis zu 29 Jahren steigt die Dauer des einzelnen Krankheitsfalles bis zu 49,9 Tagen im 65. bis 69. Lebensjahr bei den Männern. Mit 17,4 Tagen im ersten Abschnitt bis 41,9 Tagen im Alter von 79 und mehr Jahren ist die Entwicklung bei den Frauen im allgemeinen dieselbe.

Von den beiden di« verschiedenen Lebensalter und Krankheit bestimmenden Faktoren:Erkran­kungshäufigkeit" undErkrankungsdauer" ist der letztere der bei weitem wichtigere. Daraus ergibt sich, daß die teuerste Krankenbehandluna. sofern

sie die Wiederherstellung der Gesundheit'beschleu­nigt, dennoch die billigste sein wird, da sie unsere Wirtschaft vor dem Ausfall gerade in der heu­tigen Zeit unersetzlicher Arbeitskräfte bewahrt.

SS gibt Reserven an Arbeitskräften

Industrie gibt Arbeitskräfte an Landwirtschaft

Daß eS möglich ist, eine Lösung zu finden, zeigt der Einsatz eines Gaues, in dem nwen einer hoch- entwickelten Industrie «ine intensive Landwirt- schaft betrieben wird. Im Gau Sachsen fehlten auf den Bauernhöfen 25, teilweise sogar 199 v. H. Arbeitskräfte. Eine energische Werbung durch alle Dienststellen der Partei und ihrer Gliederungen, besonders auch der NS.-Frauenschaft und des BDM., ein Aufruf an di« Industrie, ihren Be­stand an Arbeitskräften genau durchzukämmen, hatte Erfolg. So wurden von den zwei Millionen Schaffenden des Gaues 19 9 9 9 gute Arbeits­kräfte, die ursprünglich von der Landarbeit kommen, auf das Land zurückgeführt. Es sind aus den Betrieben dadurch 1 bis 2 v. H. der Gefolgschaft freigemacht. Insgesamt konnten durch diese Werbung der Landwirtschaft 21999 Dauerarbeiter gegeben und somit ein gerechter Ausgleich zwischen Stadt und Land herbeigeführt werden.

Aber die Industrie kann sich für diesen Aus­fall Ersah schaffen. Es sei nur an die jüngst« Aktion im Gau Magdeburg-Anhalt erinnert, der voller Erfolg beschieden war. Man kämmte den Gau nachunerwünschten Berufen" durch und stellte fest, daß noch 19999 Pagen, Zigarettenverkäufer, Blumenverkäufer und andere mehr einer sehr viel produktiveren Tätigkeit zu­geführt werden konnten. ES handelt sich hierbei durchweg nicht das sei ausdrücklich betont um Arbeitsscheue, sondern um Menschen, denen man erst die Augen darüber öffnen mußte, daß sie mehr leisten und auch mehr verdienen, aber auL nock> viel lernen müssen.

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HJ.-Bann 401. Der B annfeldscherk Sämtliche Feldschere des Bannes 401 treten am Sonntag, 13. August 7.30 Uhr zur Beteiligung an der Hauptübung der Bereitschaften der Kreiv- stelle Calw des Deutschen Roten Kreuzes vor dem Rathaus in Altburg an. Vollzähliges Er­scheinen wird erwartet. Vesper ist für den gan­zen Tag mitzubringen.

Freude" soll das Hauptamt für Kommunalpoli­tik führend in diese Aufgabe eingeschaltet wer­den. Die nötige Rücksicht auf die örtlichen Be­sonderheiten historischer und anderer Art könne nur vom Bürgermeister erwartet werden.

Reichsleiter Fiehler hat Gauamtsleiter Dr. Kerber mit dieser Arbeit beauftragt, für die Richtlinien in Äorbereitung sind. Es soll ein beratendes Gremium aus bedeutenden Män­nern unseres Kulturlebens, namhaften Rassen- kundlern usw. eingesetzt werden, um auf dem. Gebiet der Dorfverschönerung tätig zu sein. Der Geschichte der gemeindlichen Kulturpflege konnte damit ein neues Blatt hinzugefügt werden. ES wird erwartet, daß diese Arbeit rasch über den eigentlichen Rahmen der Dorfverschönerung herausgewachsen und geradezu ein Element zur Bekämpfung der Landflucht werden wird. Es gilt, das Lebensgefühl auf dem Lande zu för­dern, den Heimatstolz in den Dörfern zu hebe« und der Landbevölkerung jedes Gefühl der Rück­ständigkeit oder gar Benachteiligung der Stadt gegenüber zu nehmen.

Wetterbericht beS RelchSwetterbienüeS Stuttgart Ausgeaeben am 8. August 1939, 21.39 kkbr.

Mit dem erneuten Einbruch kühlerer Luft­massen kam es verbreitert zu Regenfällen. Dev nachfolgende Druckanstieg bewirkt nunmehr vorübergehend den Aufbau eines nach Osten wandernden Zwischenhochs, womit jedoch auch nur eine kurzfristige Wetterberuhigung verbun­den sein wird. Dabei kommt es noch immer zu stärkerer Wolkenbildung und einzelnen, ört­lichen Regenschauern.

Wettervorhersage bis Mittwoch: Bei west­lichen Winden wedelnde und später abneh­mende Bewölkung. Besonders im Norden noch einzeln« örtlich« Regenschauer. Temperaturen unverändert.

Wettervorhersage bis Donnerstag: Zunächst heiter und warm, später erneute Eintrübung.

Ein frühbrütendes Huhn

Der Kleintierzuchtverein Calmbach hielt am Sonntag eine Jungtier-Werbeschau im Schul­hof. Trotz des wechselnden Wetters war der Be­such gut; die Verlosung und das Preisschießen fand auch bei den Sommer- und KdF.-Gästen Anklang. Ausgestellt waren Orpington, Rhode- länder, Barnefelder, Rheinländer, Italiener, Leghorn mit zusammen 90 Jungtieren. Der Verein selbst nennt einen Stamm Orpington sein eigen, mit dem er den Hühnerhaltern ein frühbrütendes Huhn ermitteln will, beginnen die aus dem Satz hervorgehenden Tiere doch be­

reits Ende Dezember mit Legen und überbrük- ken so die eierknappe Zeit. Die Bewertung sehr gut" erhielten die Aussteller Christian Barth, Fritz Rentschler, Christian Wurster, Hermann Döttling und Gottlieb Maisenbacher für ihre Tiere.

Schönere Dörfer

Dorfverschönerung auf neuer Grundlage.

Wie in derNationalsozialistischen Gemeinde" mitgeteilt wird, soll die Dorfverschönerung auf neue Grundlagen gestellt werden. Ohne Beein­trächtigung der hervorragenden erzieherischen Arbeit der NS.-GemeinschaftKraft durch

*

Neuhengstett, 8. August. Sonntag früh trat der Musikverein trotz unheilverkündendem Wet- ter eine frohe Omnibusfahrt an den fchönen Bodensee an. Ueber Sigmaringen und Heili­genberg wurde der See bei Meersburg erreicht. Im dortigen Hafen nahm dieOesterreich" die Schwabengäste mittags zu einer genußreichen Fahrt an Bord, die in Friedrichshafen ihr Ende fand. Bei Sonnenschein langte man dort an und konnte sich bis zur Rückfahrt noch ein paar vergnügte Stunden machen. Auf der Heimreise wurde in Honau nochmals Halt gemacht, ge­vespert und die Olga-Höhle besichtigt.

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Eine Gestalt wurde neben dem Auto sicht­bar.

Ich habe eine Reifenpanne, können Sie mir helfen?"

Roger ging raschen Schrittes auf das Auto zu. Es war ein großer, verdeckter Touren­wagen. Der Besitzer hatte sich wieder nieder­gebeugt und setzte seine Versuche fort, die Sicherung des eben ausgewechselten Vorder­rades festzuziehen; ein Rad mit geplatztem Reifen lehnte an dem Trittbrett des Wagens.

,Lassen Sie mich sehen", Roger neigte sich über das Rad, nahm den Schlüssel in die Hand, aber die Sicherung rührte sich nicht. Kann ich Licht haben?" fragte er.

Der andere trat zurück, schaltete den Sucher ein und richtete den Lichtkegel auf Roger. Ein kurzes Schweigen folgte. Sodann plötzlich:

Roger! Bist du's oder dein Geist?"

Erstaunt blickte Roger auf. Die Stimme des Automobilisten klang ihm vertraut, aber erst als dieser auf ihn zukam und in den Lichtkegel trat, erkannte er, wer es war: fein Stiefbru­der Reginald.

Ja, ich bin's in höchsteigener Person", er­widerte er, dem Automobilisten die Hand schüt­telnd. Seine Stimme klang dabei heimlich, aber nicht sonderlich erfreut. Niemand hätte er auf seinem Weg nach Dunford Hall weniger gern

anzutreffen gewünscht als seinen Stiefbruder, mit dem ihn nie geschwisterliche Liebe, nicht einmal Kameradschaft verbunden hatte.

Auch Reginald Denison schien von der Be­gegnung eher überrascht als entzückt zu sein. Nachdem er sich von seinem ersten Erstaunen erholt hatte, sagte er:

Ich hatte keine Ahnung, daß du wieder in England bist. Was machst du hier des Nachts auf der Landstraße?"

Roger konnte es nicht vermeiden, feinem Stiefbruder eine Erklärung seiner Lage zu geben. In kurzen Worten erzählte er ihm von seiner Abreise aus Südafrika, seinen neuen Plänen und von dem Mißgeschick, das ihn auf dem Wege nach Liverpool ereilt hatte.

Nun willst du wohl nach Dunford Hall, um Onkel Philipp zu bewegen, dir beizusprin- gen, nicht wahr? Ich fürchte, du wirst wenig Glück damit haben. Du bist völlig unten durch bei ihm. Erst vor kurzem hat er erklärt, daß er dich endgültig aus seinem Leben gestrichen habe. Zudem ist er augenblicklich höchst übler Laune. Ich weiß es, denn ich komme eben von ihm."

Noqer hörte es mit schwerem Herzen. Er hatte sich bereits selbst gesagt, daß seine Aus­sichten, bei seinem Onkel Hilfe zu erlangen, keine rosigen waren. Zu tief war der Riß, der sie einstens trennte, und er konnte sich sehr wohl vorstellen, daß nach acht Jahren der Ent- fremdung die Stimmung feines Onkels ihm gegenüber nicht bester geworden war. Indessen, es war sein einziger Ausweg, außer wenn Reginald> Er sprach diesen .Gedanken

sofort auS.

Auch ich habe nicht viel Hoffnung", sagte er,vielleicht könntest du mir-"

Ausgeschlossen" fiel Reginald chm «sch ins Wort. .Ich bin im Augenblick selbst nicht bei

Kasse. Alles, was ich für dich tun kann, ist, dich nach Dunford Hall zu bringen. Vielleicht läßt Onkel Philipp sich doch erweichen."

Roger kannte seinen Stiefbruder als einen kaltherzigen Egoisten und war nickt überrascht. Auch war er überzeugt, daß das Angebot Regi­nalds, ihn nach Dunford Hall zu bringen, weniger einer aufrichtigen Hilfsbereitschaft ent prang als dem Wunsch, Zeuge feines Wie­der ehens mit Onkel Philipp zu fein. Roger mußte sich sagen, daß die Anwesenheit seines Stiefbruders einer Versöhnung mit seinem Onkel nicht besonders foroerlich sein würde. Besser war es, auf Reginalds Anerbieten zu verzichten, und den Marsch zu Fuß fortzu­setzen, trotz des strömenden Regens.

festen Dank", sagte er kalt.Ich möchte dir keine Umstände machen."

Reginald bestand jedoch auf seinem Aner­bieten.

Unsinn", entgegnete er,von Umständen ist keine Rede. Ueberdies ist, glaube ich, das Gewinde der Sicherung überdreht und ich könnte den Wagen heute ohnedies nicht mehr nach London fahren. Ich werde das Rad mor­gen bei Tageslicht von Onkels Chauffeur Nach­sehen lassen. Komm, steig ein, sonst wirst du noch bis auf die Haut naß, ich werde schnell die Sicherung festziehen so gut wie ich kann."

Innerlich widerstrebend, gab Roger nach; es kostete ihn auch einige Ueberwindung, Regi­nalds Rock anzunehmen, den ihm dieser herab­lassend anbot mit dem Bemerken, er habe einen wasserdichten Regenmantel, währe ch Rogers Kleider vollständig durchnäßt seren.

Roger fühlte sich auf der Fahrt nicht zum Sprechen aufgelegt, doch sein Stiefbruder hielt ein Gespräch im Gauge, das hauptsächlich dem Zweck zu dienen schien, Roger zu imponieren.

Verteufeltes Pech das mit dem Wagen", bemerkte er einmal, als das Auto heftig schwankte und schleuderte.Immer ist irgend etwas los damit. Ich nmß mir einen neuen «schaffen. Allerdings benutze ich ihn nur zu Touren über Land, in der Stadt fahre ich eine Limousine."

Danach scheint eS dir nicht schlecht zu gehen", fügte sich Roger veranlaßt zu ant­worten.

Ich kann nicht klagen, ich habe eine an­genehme Stellung im Ministerium des In­nern, eine anständige Rente von Onkel Phi­lipp und noch verschiedene Nebeneinnahmen. Allerdings kosten die gesellschaftlichen Ver­pflichtungen viel Geld", fügte er vorsichtig hin­zu, im Hinblick auf die bedürftige Lage seines Mitfahrers.

Ein Ruck erschütterte den Wagen. Roger ei> kannte, daß ein Rad den Straßenrand gestreift hatte. Aus der Art, wie Reginald sich vor­beugte, um vorauszusehen, erkannte Roger, daß' es nicht nur die Glätte der Straße war, die' den Zickzack-Kurs des Wagens verursachte.

Deine Kurzsichtigkeit ist Wohl nicht besser geworden?" sagte er mit einer gutmütigen Beimischung von Bosheit.Warum trägst du keine Brille?"

Ich habe sie leider zu Hause gelassen,^ in dem Wetter würde sie mir ohnedies nichtR nützen, denn sie beschlägt sofort. Dumme Sache das, wenn man halbblind ist."

Roger bereute bereits seine Anspielung auf. den körperlichen Defekt seines Stiefbruders.

Sag einmal", sagte er versöhnlich,warum konnten wir beioe uns eigentlich niemals leiden?"

Das weiß ich nicht", erwiderte Reginald Denison verdrossen,vielleicht, weil wir ein­ander so ähnlich sehen."

(Fortsetzung folgW