lüinrt und Wirren

Kultur und Unierkaltuns

Utsrotur

pflegt auch die kleinen Meister

Llo zVort »ll dl« Volk»- und 1,»Iei»l>usiker

Der erfreuliche Aufstieg der Volks- und Laienmufik in den letzten Jahren verdeutlicht sehr eindringlich die neuerwachte Musikfreu­digkeit unseres Volkes. Hunderttausende deut­scher Menschen pflegen in ihrer Freizeit in ihren Kapellen und Laienmufikkreisen die Werte deutscher Musik und verschönen die Feste der Gemeinschaft mit ihren Musikdar­bietungen. In letzter Zeit aber fällt bei einer Prüfung dieser opferbereiten Arbeit und der emzelnen Programme der Musikkapellen ein seltsamer Sachverhalt auf: Viele Volksmusiker and Laienkapellen setzen ihren höchsten Ehr­geiz daran, möglichst ausschließlich Werke großer Meister einzuüben und einzuführen, während andere Musikwerke alsminder­wertig" außer acht gelassen werden.

Die Führung der Dolksmusikbewegung steht dieser Entwicklung mit Recht sehr kri­tisch gegenüber. Es ist zwar ein Beweis für den Idealismus eines Äolksmusikdirigenten. wenn er innerhalb eines Jahres sämtliche Beethoven-Sinfonien mit seiner Kapelle ein­studiert und aufführt aber diese Arbeit «egt abseits von einer echten Musikkultur, wenn Beethovens Musik technisch und musi­kalisch unzugänglich und ohne die erforder­liche innere Erlebniskraft wiedergegeben wird. Gerade die Musik unserer großen Mei­ster erfordert eine lange und tiefe musika­lische Schulung und Vorbereitung, die am besten auf dem Wege über die Pflege ein­facher Musik erreicht wird. Es gibt zahllose hochwertige Werkekleiner" Meister aus alter und neuer Zeit, und es gibt auch von Beethoven und anderen Großen der Ton­kunst unzählige Werke, die dem Können einer Dolksmusikapelle oder einer Laiengruppe entsprechen. Diese Musik, die auch von den großen Kultur- und Berufsorchestern nie verachtet worden ist. und die zum besten musi­kalischen Volksgut gehört, erschließt dem Laienmusiker und auch seinem Publikum am sichersten das Tor zum Musikverständnis und zum Erleben hoher musikalischer Werte. Der Weg zu Beethoven das wissen wir alle ist weit und nicht mit einem Schritt zu erreichen. Wo die Volksmusikkapelle am Musikgut der kleinen Meister emporgewach­sen ist und befähigt wurde, eine Beethoven- Sinfonie wirklich technisch und musikalisch einwandfrei aufzuführen, da hat sie eine musikalische Erziehungsarbeit geleistet, die Lob und Bewunderung verdient.

DieVolksmusik", die sich kürzlich mit den Gefahren eines reinen Beethovenkultus für die Äolks- und Laienmusik beschäftigte, sieht in der Musikerziehung die stärkste Bedeutung für eine solche Planarbeit. DerMusikerzieher. der seine Schüler mit der Vielfalt deutscher Musik bekanntmacht, muß dafür sorgen, daß sie an der Musik der kleinen Meister reisen und wachsen. o. 6. k'oerster

Lin Wunderwerk der Meßtechnik

Dem schwedischen Professor Siegbahn vom Forschungsinstitut für Experimentelle Phy­sik in Stockholm ist es gelungen, ein Präzi­sionsinstrument von fast unvorstellbarer Feinheit herzustellen. Er kann damit Paral­lele Linien ziehen in einem Abstand von einem tausendstel Millimeter: also in einer

Entfernung, die wir mit dem bloßen Auge nicht mehr wahrnehmen können. Aber nicht nur ein Paar Linien er zieht gleich 800 000 solcher Parallelen mit seinem Instrument. Die Linien werden auf einer Glasplatte aus- getragen und dienen dann zu spektroskopr- schen Messungen. Von der Empfindlichkeit des schwedischen Instruments kann man sich einen Begriff machen, wenn man erfährt, daß es sich in einem eigens in dem Institut eingebauten Zimmer mit stets gleicher Tem» leratur befindet denn jede Temperatur- chwankung würde die Genauigkeit beein. lusjen.

Artiere - 40 Millionen Jahre alt

Oie disker Linste k'uodscliiclit entdeckt

Bei Walbeck, Kreis Gardelegen in der Alt. mark sind in einem Kalksteinbruch in einer etwa 15 Meter tiefen Spaltenfüllung Reste einer alttertiären Lebewelt gefunden wor­den. die das Alter der weltberühmten Funde im Geiseltal bei Halle (Saale) wesentlich übertreffen. Professor Dr. Wei gelt, der Rektor der höllischen Universität, hat soeben die Ausgrabungen abgeschlossen. Ihre Aus­wertung läßt schon jetzt sensationelle Ergeb­nisse erkennen, da damit in Deutschland die älteste Schicht mit 40 Millionten Jahre alten Tierfunden entdeckt worden ist.

Rund 30 Tonnen dieser Fundschicht sind nach sorgfältigster fachmännischer Grabung, bei der große Mengen buchstäblich mit den

Fingern oder mit Löffeln abgehoben wurden, zur Analyse und Systematisierung ins Geo­logische Institut nach Halle gebracht worden. Dabei ist eine Säugetierfauna für Deutsch­land ermittelt worden, wie sie bisher ledig- lich in Nordamerika und in Europa bei Cer­nah in der Nähe von Reims belegt ist. wo deutsche Schützengräben während des Welt­krieges in eine ähnliche Fundschicht ein- schnnten.

Bei der Mehrzahl der geborgenen Tiere handelt es sich um Allesfresser-Raubtiere mit bärenartiger Bezahnung, die den Ursprung derBezahnungstypen" und den Anfang der stammesgeschichtlichen Entwicklung darstellen. Nordhunde, Halbaffen. Vögel, darunter einer in der Größe eines Straußes, Eidechsen, Molche und zwei Panzerplatten von Kroko- dilen sind in Walbeck festgestellt worden. In einem besonderen Reinigungsverfahren wur.

Wenn ich nicht an eine göttliche Ordnung glaubte, die diese deutsche Nation zu etwas Gu­tem und Großem bestimmt hätte, würde ich das Diplomatengewerbe gleich aufgeben oder das Geschäft gar nicht übernommen haben.

Msmarck

den nun die Erdmaterialien aus der Wal­becker Spaltenfüllung von den versteinerten Tierresten entfernt, die nun der Wissenschaft einen äußerst wertvollen Einblick in die Fauna der deutschen Urzeit geben.

46 neue Tobis-AIme werden gedreht

Ein reichhaltiger, künstlerisch bedeutsamer Arbeitsplan für 1939/40

In diesen Tagen gibt die Tobis ein außer­ordentliches Programm für die Spielzeit 1939/40 bekannt.

Nicht weniger als 46 abendfüllende Spiel­filme werden angekündigt, die alle in Inhalt und Titel, größtenteils auch in Besetzung und Regie seststehen. Da von diesen Filmen be­reits neun fertiggestellt sind, zwölf in Aus­nahmen und zehn in Vorbereitungsarbeiten stehen, ist mit Sicherheit anzunehmen, daß dieses Großprogramm in allen Testen vsr. wirklicht werden wird.

Die künstlerische Linie dieser Filme ent- spricht der Größe des Vorhabens. Emil Ian- ningsist mit drei großen Filmen vertreten, von denen der eine,Der letzte Appell", die Heldentat des BäderdampfersKönigin Luise" zu Beginn des Weltkrieges schildert, der zweiteDer Vater" von den konflikt­schweren Beziehungen Friedrich des Großen zu seinem strengen Vater handelt und der dritte.Ilachsmann als Erzieher", bei dem Emil Jannings gleichzeitig Regie führt und Hauptdarsteller ist. sich an das belangte Lust­spiel von Otto Ernst anlehnt. Weiter weist das Großprogramm zwei Filme mit Hans Albers.Percy auf Abwegen" undTrenk. der Pandur" auf; dazu kommt ein Willi- Forst-FilmNadetzkymarsch" mit Paula Wessely als Hauptdarstellerin und ein Willi-F o r st-FilmRevue", beide Werke von der Wien-Film hergestellt. Veit Harlan wird den lustigen FilmPedro soll hängen" mit Heinrich George und Gustav Knuth inszenieren Hans Steinhoff ist mit der Inszenierung eines Films von der Jugend

von heuteKopf hoch, Johannes", eines Films vom ZeitgeschehenDie siebente Groß­macht", sowie des großen MusikalfilmsTief- land" nach der Oper von Eugen d'Albert be. auftragt.

Der musikalische Einschlag ist überhaupt bedeutend. Neben den beiden Gigli-FilmenGang in die Nacht" und Traummusik" wird ein Paul-Lincke-Film nach Motiven der Operette »Frau Luna" entstehen, außerdem ist der Mozart-Film Eine kleine Nachtmusik" bereits in Arbeit. Bemerkenswert sind weiter ein Filmschau­spielSegen der Arbeit", ein Film mit La JanaStern von Mol, zwei Varietä-Filme Wir tanzen um die Welt" undDie Mi Codonas", sowie der Harry-P i e l-FilmDie Insel der verlorenen Schiffe".

Gustav Ucicky wird den FilmAus erster Ehe" mit Franziska K,i n z inszenieren. Äik. tordeKowa ist mit zwei von ihm inszenier­ten Lustspielfilmen vertreten, Theo Lingen bekleidet inWas,wird hier gespielt?" Regie und Hauptrolle. Und ist zugleich Drehbuch­verfasser.

Hilpert großer FilmDie unheimlichen Wünsche" mit Olga Tschechowa. Käthe Gold und Ewald Balser, sowie der groteske Film Hans MosersDas Ekel" und das Kammer­stückRenate im Quartett" mit Käthe von Nagy und Gustav Fröhlich sind bereits be­endet.

Dazu kommt eine große Zahl von Lust­spielfilmen, dramatischen Stoffen und Unter­haltungsfilmen. die unter der Mitwirkung erster Darsteller und Regisseure entstehen.

Kus Forschung und Wissenschaft

Polnische Schüler bevorzugen Deutsch. Den polnischen Propagandisten, die alles Deutsche begeifern, sind wieder einmal die Felle weggeschwommen. Die betrübten Lohgerber an der Weichsel muhten nämlich stöhnend ringe- stehen, dah die deutsche Sprache in allen Schulen von den Lernenden bevorzugt wird. da. wo sie die Wahl haben. Auf hundert Schüler, die Deutsch lernen, kommen nur fünfzig, die Französisch spre­chen. Für die Muttersprache Thamberlains aber interessieren sich in demselben Verhältnis nur drei Schüler.

5 00 OVO Analpha heten in Neuyork. Das vielgelobte Zentrum amerikanischer Kultur, das unter der Obhut des Halbjuden La Guardia stehende Neuyork. hat nicht weniger als eine halbe Million Einwohner, die weder lesen noch schrei, ben können. Die Hälfte von ihnen kann zudem nur ganz notdürftig Englisch stammelnl Ihre Ab- stammung ist nicht schwer zu erraten.

DaS Männchen, das Junge gebärt. Bei den Seepferdchen, die ein beliebtes Schaustück unserer Aquarien sind, überträgt da? Weibchen di« Eier in die männliche Tasche. Damit sind für das Weibchen alle Mutterpflichten erledigt, denn das Männchen tritt jetzt allmählich in das Sta­dium einer richtigenSchwangerschaft" ein. Das Gewebe seines Bauchtasche beginnt schwammartig anzuschwellen, die Tasche ist schließlich zum Zer- reißen gespannt, und endlich erfolgt die Aus­stoßung der Jungen durch das Männchen unter beträchtlichem Kraftaufwand und unter sichtbaren Schmerzen.

400 000 Kilogramm Bernstein ge­wonnen. Das Bernsteinwerk Palmnicken in Ostpreußen hat rm vergangenen Jahr aus der blauen Erde" der Ostseeküste nicht weniger als 400 000 Kilogramm desdeutschen Goldes" ge­wonnen. Das bedeutete eine erhebliche Steigerung der Förderung gegenüber den Vorjahren. Neben der Verwendung als Schmuckwerkstosf werden auS dem Bernstein auch Bernsteinöl und Bernstein­säure gewonnen, die in der Industrie der Farben und Lacke eine bedeutende Nolle spielen.

Wissenschaftswochen in Salzburg. An den vom 23. August bis 2. September in Salz- bürg stattfindendcn Wissenschaftswochen wird auch die Reichsstudentenführung teilnehmen. Reichs- studentenführer Dr. Scheel wird auf der Tagung eine Ansprache halten.

Ein Wurm brüllt durch das Mikro- Phon. Zwei Amerikaner konstruierten ein Schall­mikrophon mit einer unglaublichen Schallverstär­kung. Sie legten ein Weizenkorn unter ihren Apparat, worauf ein Brüllen laut wurde, das den großen Hörsaal, in dem die Vorführung stattfand, bis,zuiy, letzten Winkel erfüllte. Und was war die Ursache dieses Geräusches? So unglaublich klingen mag, wurde dieses Brüllen von einer win­zigen, kaum anderthalb Millimeter langen Insek­tenlarve, dem Kornwurm, hervorgebracht, der im Innern des Getreidekornes schmatzende Mahlzeit hielt.

Lfn Geiser wärmt eine ganze Stadt

Die Hauptstadt von Island, Reykjavik, wird vom Jahre 1940 ab keine Kohlennot mehr kennen. Sie wird dann den Einkauf der schwarzen Diamanten, für die in jedem Jahr Millionen an Devisen ausgegebcn werden müssen, auf ein geringes Mindest­maß beschränken können. Reykjavik wird dann durch das warme Master des Reykir. der gewaltigen heißen Springquelle in sei- nex Umgebung, erwärmt werden. Die um­fangreichen Vorarbeiten zum Bau einer entsprechenden Anlage und Leitung find be­reits im Gange.

Die Gustel von Wasewitz

Von Larl lkellermsuu

Im Schillermufeum in Marbach hat mir einmal vor etwa 30 Jahren deS Hauses traulicher Hüter eine Anzahl Lenau­briefe in die Hand gelegt, Originalbriefc aus des Dichters trübster Heit, die in lie­benswürdiger Weise einst die Direktion der Heil- und Pflegeanstalt Winnenden dem vor­genannten Museum vermacht hat.

Und so flattert mir denn solch ein Brief­lein der Liebe in die Hände, in dem es unter anderem heißt:

Und wenn Sie mögen, schreiben Sie mir bald wieder, was Sie in dem lieben, kleinen Blasewitz gedacht und gemacht haben. Jeder Hauch, der aus der Stille des Elbtals und aus dem durch Schiller und Körner geweih. tem Boden zu mir herüberdringt, ist mir Er. quickung."

Vor mehr als 100 Jahren hat der liebe Briefschreiber dieses ..Brieflein an seine Braut" in den damals sicherlich recht Primitiven schwäbischen Briefkasten ge­legt.

Zu Schillers Zeiten war Blasewitz ein Dörflein mit 33 Häuschen. Mit kleinen ge­schmückten Fensterchen und grünen Fenster­läden. Und im Laufe der Hahrzehnte hatte Blasewitz durch Schrller, Tredge. Kröner. Schlegel. Badenstedt einen gar guten Klang bekommen.

Zu jener Zeit, da Blasewitz noch so klein war, vermittelte die Elbfähre die Ueoerfahrt zwischen Blasewitz und Loschwitz. Und die da- maligeFleischergartenschänke" bot den Gästen, den armen Schiffern und ben reichen Ratsherren der nahegelegenen

Residenz Dresden Erholung und Labetrunk. Und gar traulich war oft das von dem Sohne Marbachs belauschte Zwiegespräch der Gäste beim srohen Becherlupf.

Der Schankhauswirtin Töchterlein, die damals etwa 22jährige Auguste, half fleißig der Mutter Segedin nach des Äaters Tode. Vater Segedin war einst als gefangener Türke nach Dresden gekommen und der da­malige Kurfürst hatte ihn zu seinem Leib- kutscher ernannt und ihn später mit der Schankhauskonzestion betraut, die sich nach seinem Tode auf seine Frau übertrug.

Gustel Segedin ist der Stolz des Hauses und die Anmut des Blasewitzer Schankhaus­gartens. Mit ihrem ausgeprägten Sinn für Häuslichkeit ist sie der Mutter eine gute Stütze. Nur einen Fehler hatte sie, daß sie oftmals recht schnippig werden konnte.

Es war im Jahre 1785, als Schiller im W e i n b e r g"hause zu Loschwitz als Gast seines Freundes Körner amDon Carlos" schrieb. Bei seinen Nuderpartien. die der Dichter mit Vorliebe bei Gewittern unter­nahm, machte Schiller oftmals Rast in die­sem Schankhausgarten und ließ sich beson­ders gern von dem Wirtstöchterlein bedie­nen. Und Schillers Wunsch wurde immer lebendiger, die Blasewitzerin einst der Bühne zuzuführen. Sowohl die Mutter als auch die Tochter wiesen Schillers Vorhaben strikte ab. so daß eines Tages der Marbacher Dich­ter sich für immer verabschiedete, schwörend, daß, wann Gustel nicht willig sei, zu folgen, er sie gewaltsam auf die Bühne bringen werde.

Mehr Glück wie Schiller hatte der Sena­tor und Ratsherr Nenner von Dresden. Die zarten Bande, die er geknüpft, waren bald gefestigt und sie des Senators Braut.

Und als der Dresdner Pfarrer das glückliche! Paar segnete, da ging zu gleicher Zeit Schil­lersWallen st ein" über die Bretter.

Was der Blitz!

Das ist ja die Gustel von Blasewitz!" Sehr oft ist Frau Senator Renner in ihren wechselvollen Jahren von Fremden ausge­sucht worden, die sie mit Anfragen bestürm­ten. in welchem Verhältnis sie zu dem Dich­ter gestanden habe. Und schließlich wollten sie die Blasewitzerin auf einmal von Ange­sicht zu Angesicht sehen.

In den letzten Augusttagen des Jahres 1856 ist Auguste Renner auf dem Dresdener Eliasfriedhof beigesetzt worden. Des Fried­hofgärtners Töchterlein, das dieses Grab mir einst zeigte, sagte mir im vorigen Jahrhun­dert. daß dieser Friedhof einmal Bauzwecken nutzbar gemacht werden solle. Ob das ge­schehen ist. weiß ich nicht. .Wohin mag aber dann wohl der schlichte Grabstein hinge­kommen sein. der. schon damals verwittert, dem Beschauer die Worte zurief:

Es schläft der Dichter und die Liebe schweigt!"

Caruso als Bauchredner

Neben dem Ruhm, der größte Tenor der Welt zu sein, hat Caruso auch den allerdings bescheideneren des Bauchredners. Er selbst er­zählte gerne, welchen durchschlagenden Erfolg er gerade mit dieser Kunst bei einer Tournee durch Amerika erringen konnte.

Es war im Schloß eines Neuyorker Mil­lionärs an den Ufern des Hudson", berichtete Caruso,man hatte mich hierher zu einem kleinen AbschiedSdiner von sechzehn Kouverts eingeladen. Man tafelte im Garten und bat mich, auch einmal eine Probe meiner Kunst

als Bauchredner zu geben. Ich war nicht gerade aufgelegt dazu, ging aber doch zu einem Baume in der Nähe und rief nach oben: .Hallo! Wer ist denn da oben?' Aber ehe ich selbst eine Antwort Vortäuschen konnte, antwortete mir aus der Baumkrone herab eine hohe dünne Stimme: .Ich bin's. Ich wollte mir das Fest hier einmal ansehen.' .Und wer hat Ihnen erlaubt, uns hier zu belauschen?' fragte ich, ohne mein Erstau­nen zu verraten. Die Stimme entgegnete: .Der zweite Kammerdiener, er ist mein Bräu­tigam.' Und so ging die Unterhaltung noch ein Paarmal hin und her, bis mich das kleine Fräulein da oben in dem Versteck, das den Tränen sehr nahe war, dauerte und ich mich scherzhaft von ihr verabschiedete. Als ich mich, nun aber den Gästen wieder zu­wandte. die das Gespräch offenen Mundes mit angehört hatten, erntete ich großen Bei­fall und wurde wegen der Natürlichkeit mei­ner Bauchrednerei sehr gelobt."

Die Handlesekunst

Ein berühmter Wittenberger Prediger war ein eifriger Anhänger der Handlesekunst und versäumte keine Gelegenheit, um seine Kennt­nisse darin anzubringen.

Einst besuchte er einen Wittenberger Bürger, dessen Frau ihm mit dem jüngsten Kinde auf dem Arm entgegentrat.Laßt doch sehen, was aus dir wird", sagte der Pre­diger, griff nach dem Kinderhändchen und meinte:Ei. ei. was seh ich! Dieses Knäblein wird einst ein großer Gottesgelehrter wer­den!"

Unmöglich!" erklärten die Eltern.

Doch, meine Freunde, ich sehe es in seiner Hand deutlich geschrieben. Dieser Knabe ..

. . . dieser Knabe", fiel ihm die Mutter ins Wort,ist nämlich gar kein Knabe, so» dein ein Mädchen!"