Ukrainer
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Von 8 LcZiA.
Fast tägliöh findet man ln Ser Tagespreise neue Meldungen über Unruhen in der polnischen Ukraine. Seit dem Jahre 1Z19, da diese« Land wider seinen willen unter polnische Herrschaft geriet, schwelt dort unablässig der Kampf gegen öle Bedrücker, vir Zuchthäuser füllen sich mit ukrainischen Freiheitskämpfern, in den Woiwodschaften Lemberg, Tarnopol und Stanlslau gehen die Häuser polnischer Siedler in Klammen auf, bewaffnen sich die Bauern mit Ziegel und Sense, um Haus, Hof und Leben gegen die polnische Soldateska zu verteidigen.
Man hat den Ukrainern seinerzeit die Autonomie versprochen, doch Warschau dachte nicht daran, den ukrainischen volksteil als gleichberechtigt anzuerkennen. Mit allen politischen, militärischen und wirtschaftlichen Zwangsmitteln suchte man die Ukrainer zu entrechten, ihr Land zu polonisieren und ihren Widerstand zu brechen, das Kapitel Ukraine zählt zu den finstersten Episoden der neueren polnischen Geschichte und man muß weit zurückgehen, um ähnliche Beispiele für die brutale Unterdrückung nationaler Minderheiten zu finden.
Vas ukrainische Problem jst bis auf den heutigen Tag noch nicht gelöst. Im Gegenteil: Warschau sah sich seht veranlaßt, in den polesischen Sümpfen und .in Wolhynien neue Jsolierungslager für ukrainische Häftlinge einzurichtcn. Nach zuverlässigen Angaben befinden sich zurzeit an die 60000 Ukrainer, meistens wehrfähige Männer, in Haft. diese furchtbare Zahl veranschaulicht die Schwierigkeiten des polnischen Gewaltrcgimes in den östlichen Landesteilen, zeigt aber auch gleichzeitig den ungebrochenen Zreiheitswillen der Ukrainer auf.
das in Versailles geschaffene Polen ist ein ausgesprochener Nationalitätenstaat, denn den 54,S vom Hundert Polen stehen 45,5 v. H. Nichtpolcn gegenüber, die sich aus Ukrainern, Juden, Weißrussen und deutschen zusammensehcn. Jeder dritte Soldat, der in der polnischen Uniform steckt, ist
Angehöriger einer nichtpolnischen Volksgruppe! diese Tatsache machen die Warschauer Aengste zum Teil verständlich, denn man hat es in den zurückliegenden Jahren nicht verstanden, die Volksgruppen am organischen Aufbau des Staates teilhaben zu lassen. Zwischen Polen und Nichtpolen gähnt eine tiefe Kluft und es muß unter diesen traurigen Umständen das Geheimnis der erobe- rnngswütigen polnischen Militärs bleiben, wie sie sich den Einsatz dieser in jeder Beziehung unbefrie, digten Volksgruppen zur Verteidigung des Staates im Ernstfall oorstellen. Mit Gummiknüppel und mittelalterlichen Zoltcrmethoöen impft man niemanden Staatstreue ein, am wenigsten einem Volke, in dem die Zreihcltsliebe so stark ausgeprägt ist, wie im ukrainischen.
Das mit eigenen Problemen zu stark beschäftigte Westeuropa hat lange Zeit hindurch dem ukrainischen Widerstand gegen die Warschauer Herrschaft eine nur untergeordnete Bedeutung beigemesscn. Man glaubte, es handle sich lediglich um lokale Aus- nahmcerscheinungcn, hervvrgerufen durch die Unbesonnenheiten weniger Rebellen, doch heute erkennt die Welt, daß die Spannungen in diesem Teil Polens längst nicht mehr als vorübergehende Krisenerscheinungen angesprochen werden können. In Wirklichkeit erglüht dieses Land unter revolutionärem Zeuer, und während die Zührer des Kampfes in die Zuchthäuser wandern, organisiert sich im Volke selbst der fanatische Widerstandswillen. Wenn se Ansätze zu einer friedlichen Verständigung zwischen dem polnischen und ukrainischen Volke vorhanden waren, so stnü seit den blutigen Herbsttagen des Jahres 1YZ0 diese Aussichten gänzlich verschwunden. Als die ukrainischen Dörfer in Flammen aufgingen, als die polnischen Polizisten Treibjagden auf die Bauern veranstalteten, als öle Menschen in unvorstellbarer Weise gequält und zu Tode getreten wurden, da ging die Saat des tödlichen Hasses auf. von diesen Herbsttagen 1930 soll in diesem Kapitel die Rede sein.
Mittelalter in der West-Akraine
Sommer 1930: Oie Neuwahlen zum Sesm stehen vor der Tür. Parole der polnischen Regierungspartei: Sieg um jeden Preis! Es gilt unter allen ilmständen, der Regierungspartei im neuen Sejm die Mehrheit zu verschaffen.
Sorgenvoll richten die Warschauer Politiker den Blick nach Dsten. Sie wissen, daß wenn die Angehörigen der ukrainischen Volksgruppe vollzählig an die Wahlurne gehen, die Regierungsmehrheit auf keinen Zall zustande kommt. Immer ist der ukrainische Klub im Warschauer Parlament der stärkste aller Minderbeiten gewesen, doch seht ist die Regierung entschlossen, reinen Tisch zu machen. In den neuzuwählenden Sejm darf nur ein Bruchteil ukrainischer Abgeordneter einziehen.
L ne Verzweiflungstat
In aller Stille werden an die vstgalizischen Wojewodschaften ganz bestimmte Anweisungen gegeben. Noch ahnt niemand etwas von dem A n h e i l, das über das sommerliche Land hcraufzieht, nur in den Wachstuben prüfen die polnischen Soldaten die Karabiner und manch einer läßt die Peitsche spielerisch durch die Luft sausen, so als wolle er sich auf größere Taten vorbereiten. In Warschau scheut man noch davor zurück, ohne jeden Anlaß über die Akraine herzufallen. Man wartet einen günstigen Anlaß ab.
An einem Tage brennen SO polnische Siedlungsgehöfte. Oie ukrainischen Bauern sehen die Fremdlinge auf ihrer eigenen Scholle, sollen untätig dabelstehen, wenn ein Stück ukrainischer Erde nach dem anderen polnisiert wird. Oas ertragen diese unverbildeten, bäuerlich denkenden Menschen nicht. In ihrer letzten Not greifen sie zum Streichholz.
Auf solche Vorkommnisse wartet Warschau. Jetzt hat man einen triftigen Grund einzuschreiten, unv die „Ordnung im Lande wiederherzustellen", wie cs in der amtlichen Begründung so schön heißt. Man gibt diesem Vorgehen den Namen „Pazifie- ru n g s a k t i o n". Hinter dieser friedlichen Bezeichnung aber verbergen sich die entsetzlichsten Greuel, die Menschenbirne je ersinnen konnten. Oie lvsgelasscnen polnischen Horden überfluten das Land, morden, brennen, rauben, nur verwüstete Dörfer und verstümmelte Leichen zurücklasscnd. Ganze Landstriche werden durch die polnische Pest entvölkert und in den Zuchthäusern von Brest-Litowsk, Lemberg und Lucz werden die ukrainischen „Aufrührer" buchstäblich zu Tode gemartert. Oie rotspanischen Folterknechte nur können sich mit den Taten der polnischen Gefängnisaufseher messen. Dutzende von Gefangenen begeben Selbstmord, nur um ibren Dualen ein Ende zu bereiten und den blutbefleckten Händen der Peiniger zu entgehen. Ein junges Mädcken, das tagelang im Gefängnis mit glühenden Eisen bearbeitet worden war, wird irrsinnig und-sie ist nicht die einzige. Als aber viele Wochen später im polnischen Sejm Anfragen wegen der Vorgänge in der West-Akraine gestellt werden, da schwingt sich der Innenminister zu der lakonischen Erklärung auf, daß nach den an- gestellten Ermittlungen anscheinend „nicht alles in Ordnung" gewesen sei.
kluf Befehl Warmhaus
Warschau wußte wohl, warum es gegen die Henker nicht Vorgehen wollte, denn von Warschau aus erging ja der direkte Befehl zur Durchführung der „Pazifierungsaktion".
Heber die Art, wie die polnischen Rollkommandos in der Akraine im Jahre 1930 arbeiteten, gibt der Verfasser des Buches „Oas ist Polen!', F. W. von Gertzen eine erschütternde Schilderung. Wir g»8bn sie hier im Auszug wieder, weil sie unter den vor
liegenden, durch Tatsachenmaterial erhärteten Berichten wohl am treffendsten den grauenvollen .Terror der polnischen Soldateska Zeigt:
Durch den sonnigen Septembermorgen reitet eine Schwadron des vierzehnten polnischen Alanen» regiments. Bei Tagesanbruch ist sie aus Lemberg aufgebrochcn. Ihr Ziel ist das Dorf Gase. Oie Straße ist gut und trocken. Oie Pferde greifen in geräumigem Trab aus. Oie Alanen haben die geladenen Karabiner umgehängt. Am Sattelknauf jedes Pferdes hängt eine lange, ledergeflochtene Hundepeitsche. Lustig flattern die rot-weißen Lanzenwimpel im Wind. Oie Soldaten sind guter Stimmung. Oas Land, das vor ihnen liegt, ist friedlich und svnnenbeschienen. Oie leicht wellige Hügellandschaft der Umgebung von Lemberg präsentiert sich so freundlich wie es ihrer Eigenart entspricht.
Oer führende Offizier läßt die Schwadron in Schritt fallen. Es ist, als ob er selber sich sammeln müßte, als ob er noch irgendwo eine innere Hemmung zu überwinden habe, ehe er an die Ausführung des gegebenen Befehls geht. Noch steht die Sonne nicht hoch. Aber der Offizier lüftet die Tschapka und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Man ist schließlich Soldat und nicht ein mittelalterlicher Büttel. Aber was hilft's? Befehl vom Kommando, Befehl vom Marschall. Oa gibt es kein Ausweichen. Oer Offizier zerkaut ein wenig nervös das Pappmundstück seiner langen gelben Zigarette. Er wirft den Stummel mit einer heftigen Bewegung in den Straßengraben
und läßt wieder antrabcn. Je schneller man fertig ist mit dieser Schweinerei, desto besser ist es. Oie Alanen hinter lhm lachen und scherzen. Sie sind nicht Kinder dieses Landes. Sie verstehen nur mit Mühe die fremdartige Sprache der Bauern. Sie werden tun, was ihnen ihr Offizier befiehlt. Sie haben keine Verantwortung.
Kurz vor dem Dorf kommen der Kavalkade ein paar Baucrnfahrzeuge entgegen. Oie braunen sehnigen Bauerngesichter blicken erstaunt auf das kriegerische Bild. Oie Wagen fahren in der Mitte der Straße, und erst als die Spitze des Zuges das erste Fahrzeug erreicht hat, entschließen sich die Bauern, ein ganz klein wenig auszuweichen, so wie es die Bauern überall in der Welt tun. Oer Offizier ist schon im Begriff, an dem Wagen vorbeizureiten, da galoppiert von hinten sein Wachtmeister zu lhm heran: „Herr Oberleutnant, diese verfluchten Hunde von Bauern nehmen nicht einmal ihre Mützen ab vor den polnischen Farben an den Lanzen unserer Alanen."
Nervös zuckt -er Oberleutnant die Achseln. Er weiß nicht recht, was er nun unternehmen soll. Aber der Wachtmeister enthebt ihn dieser Verlegenheit. Scharf drückt er sein Pferd an den ersten Wagen heran und noch ehe der erstaunte Bauer auch nur ein Wort sagen kann, zieht sich ein blut. roter Striemen durch sein Gesicht. Ein furchtbarer Schlag mit der schweren Lederpeitsche, die der Wachtmeister vom Sattelknvpf gerissen hat, hat ihn getroffen. Halb besinnungslos taumelt der Geschlagene vom Wagen in den Graben. Gleichmütig stehen die beiden ponggroßen Pansepferde allein auf der Straße. Oie Bauern auf den Hinteren Wagen sin- einen Augenblick erstarrt. Oann springen sie instinktiv ebenfalls in den Graben. Zwei laufen
steht den verhaltenen Haß in den Äugen dle,er Männer. Irgendetwas würgt ihm in der kehle. Er steht auf. Erwartungsvoll blicken die Bauern auf den Offizier. Immer noch geht er im Zimmer auf und ab. Ist hier so schlechte Luft? wahrscheinlich ist es -er Geruch von so vielen Menschen in dem niedrigen Raum. Oem Offizier ist einfach übel. Bewegungslos steht in strammer Haltung der Wachtmeister an der Tür, die von mehreren Alanen mit entsichertem Karabiner besetzt ist. Mit ein paar großen Schritten geht der Oberleutnant zur Tür. Er schiebt die Posten zur Seite. Im Hinaus» gehen ruft er halb über die Schulter zurück dem Wachtmeister zu: „Fangen Sie an, Wachtmeister. Fangen Sie schon an. Ich komme gleich wieder."
Barbarische Zoltermethoden
Ein wenig verächtlich hebt der Wachtmeister kurz die Schultern. Oann brüllt er einen Befehl nach draußen. Zwanzig Alanen stürzen ins Zimmer und packen die Bauern. Oie beiden ersten werden ergriffen und auf den Tisch geworfen. In ein paar Sekunden sind ihnen die Hemden und Hosen vom Leib gerissen. Wie mit eisernen Schraubstöcken wird jeder von den Bauern an Armen und Beinen festgchalten.
„Los", kommandiert der Wachtmeister und auf die entblößten Körper sausen erbarmungslos die Schläge der schweren Leüerpeitschen. verzweifelt heulen die Gefolterten auf. Sie versuchen, sich loszureißen. Aber die Soldatenfäuste halten fest. Bereits nach dem dritten Schlag platzt die Haut auseinander, das Blut spritzt, die Peil,
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Diese Karte brachte das Posener Tagblatt „Oziennik Poznanski" am 29. Juni 1939- Oie erste Zell» der angefügten Legende besagt: Heute ausschließlich von Oeutschen bewohntes Gebiet. Oie deutsche Gst- grenze verläuft darnach etwa über Bremen, Hannover, Kassel, Frankfurt a. M., Nürnberg. Zweit« Zeile: Weitester slawischer Raum gegen Westen nach der geographischen Siedlung laut Feststellung St. Korzierowski. - Oritte Zeile: Polnische Westgrenze zur Zeit Bvleslaw Ehrvbres nach Professor Wl. Semkowicz. - vierte Zeile: Polnische Westgrenze zur Zeit Bvleslaw Krzgwrst nach Professor Wl. Semkowicz. - Fünfte Zeile: Oie heutige Westgrenze Polens. Oiese Karte, auf der polnischer Machthunger fast das ganze Reich als „polnisches Gebiet" erklärt, enthüllt die größenwahnsinnigen Ideen Polens in unmißverständlicher Weise.
auf den Geschlagenen zu. Ein paar andere bleiben in kurzer Entfernung mit erschreckt vorgeschobenem Kopf stehen.
Ein kurzes Kommando. Lin halbes Dutzend Alanen spritzen von den Gäulen und stürzen sich auf die Bauern. Oie Peitschen sausen. Oie Geprügelten schreien auf. Oas ganze dauert knapp zwei Minuten. Oann sitzen die Soldaten wieder auf. Oer Wachtmeister reitet heran zu dem Offizier und meldet: „Herr Oberleutnant, die Hunde werden in Zukunft den Soldaten des Narschalls anständig gegen- übertrcten." Oer Oberleutnant winkt ab. Weiter geht der Marsch.
Anter den drohenden Lanzen der polnischen Alanen
Im Dorf wird vor dem Haus des Gemeindevorstehers halt gemacht. Oie Alanen sitzen ab, die Pferde werden in den Schatten geführt, man ist am Ziel. Oie Arbeit kann beginnen. Oas da, vor dem Dorf, das war nur ein Vorspiel. Oer Gemeindevorsteher muß heran. Ebenso die Mitglieder des Gemeindcrats. Listen der Einwohner werden verlangt und anstandslos vorgelegt. Auf dem Stuhl des Gemeindevorstehers sitzt jetzt der Oberleutnant, neben ihm sein Wachtmeister und ein wenig verschüchtert und gottergeben stehen die Bauern vor ihnen.
„Hier in diesem Oorfe sind Waffen. Hier in diesem Oorfe ist vor ein paar Tagen der Hof eines polnischen Siedlers angezündet worden. Zur Strafe hat das Oorf innerhalb von zwei Stunden eine Kontribution von 50 Zentnern Hafer, 1000 Eiern, 20 Schweinen, 50 Zentnern Mehl und 50 Zentnern Grütze zu liefern. Außerdem volle Verpflegung für die Schwadron, einschließlich Ziga» retten, Schnaps und Tabak. Wenn das alles nicht innerhalb von zwei Stunden geliefert ist, werden die Alanen es sich selber zusammensüchen. verstanden?"
Mit zusammengebissenen Zähnen stehen die Bauern vor dem Offizier. Do sollen sie jetzt in dieser Eile das alles zusammcnbekommen. Aber sie sehen draußen die Soldatem- Sie.sichen die Karabiner und Lanzen und sie können sich denken, was die Orohung bedeutet, daß die Alanen selber die Kontribution eintreiben werden. In den Häusern, die da draußen so friedlich in der Sonne liegen, sind ihre Frauen und Töchter. Ohne ein Wort zu sagen, machen die Bauern kehrt und verschwinden. Sie verschlucken die Flüche und die zornigen Verwünschungen. Sie haben keine Zeit zu verlieren, wenn sie Furchtbares von ihrem Heimatort abwenden wollen.
Nach einer Stunde beginnen sie mit Fahrzeugen die befohlenen Güter auf den Platz vor dem Haus
des Gemeindevorstehers anzufahren. Jeder Sack Hafer, jedes Schwein, jedes Schock Eier, das sie da hinzählen müssen, ist ein Stück ihres sauer verdienten Vermögens. Oas Dorf wird auf Wochen hinaus bittere Not leiden müssen. Aber nach Ablauf der vorgeschriebenen zwei Stunden ist alles angeschleppt.
Im Zimmer des Gemeindevorstehers sitzt während dieser Zeit der Oberleutnant. Er raucht eine Zigarette nach der anderen. Sein Etui ist schon beinahe leer, verächtlich hat er die requirierten Zigaretten beiseitegeschoben, die ihm grinsend s^n Wachtmeister überbracht hat. Schließlich ist alles da. Oas letzte Schwein, das letzte Ei, das letzte Pfund Grütze. Oer Wachtmeister schnauft vor Wut: „Herr Oberleutnant, die Schufte haben wirklich die Zeit eingehalten. Oas ist wieder so eine Gemeinheit von diesen Lumpen."
LE<m Sie die Leute vovfü??ren!
Müde nickt der Oberleutnant. Er weiß, daß es nichts hilft, daß setzt, trotzdem die Kontribution rechtzeitig beigebracht ist, der zweite Teil der Strafexpedition zu folgen hat. „Nehmen Sie die Liste vor, Wachtmeister."
Aus seiner Kartentasche zieht der Wachtmeister eine Liste hervor, auf -er säuberlich eine Reihe von Namen vermerkt sind. An Han- des Einwohnerverzeichnisses wird festgestellt, in welchen Gehöften die in der Liste angeführten Bauern wohnen. „Lassen Sie die Leute oorführen."
Oer Wachtmeister knallt die Haken zusammen und verschwindet nach draußen. Kleine Trupps werden eingeteilt und in die einzelnen Höfe geschickt. Nach einer halben Stunde stehen, von derben Alanen- fäusten unsanft ins Zimmer gestoßen, ein reichliches Ouhend Bauern vor dem Offizier. Oer "Oberleutnant sieht in die harten, verkniffenen Gelickter. Er
schen sausen weiter. Nach 15, 20 Schlägen, mit furchtbarer Wucht geführt, werden die zuckenden Körper still. Wie tot liegen die Ohnmächtigen auf dem Tisch.
„Schlappe Hunde", faucht der Wachtmeister. „Wasser heran!" Zwei Alanen stürzen hinaus an. die Pumpe. Ein paar Eimer Wasser werden den Ohnmächtigen über den Kopf gegossen. Stöhnend kommen sie zu sich. Halb irrsinnig vor Schmerz und Angst sehen sie auf die Soldaten. Sie machen ein paar schwache Bewegungen, um vom Tisch herunter» zukommcn.
„Halt!" brüllt der Wachtmeister. „So schnell sind wir nicht fertig. Anfasle n, weitermachen!' And wieder das graussge Sausen der Lederpeitschen. Wieder das fürchterlich qualvolle Zucken der gepeinigten Körper und wieder das langsame Stillwer--' den in wohltätiger Ohnmacht.
Oie Halbtoten werden ergriffen und wie ein paar Bündel blutenden Fleisches in dies Ecke geworfen. Oie nächsten werden herangehvlt. die entsetzliche Prozedur wiederholt sich fünf- bis sechsmal.
Ein Kall unter vielen Tausenden
Oer Oberleutnant fährt auf. vor ihm steht der Wachtmeister, wie immer in tadellos militärischer Haltung, und macht seine Meldung: „Wir sind durch, Herr Oberleutnant. Befehl ausgeführt. Ein paar von den Hunden werden wahrscheinlich nicht öurchkommen. Ansere Kerls haben ordentlich hin- gelangt. Herr Oberleutnant werden sehen, diese ukrainischen Schurken werden bei den nächsten Wahlen für unseren Herrn Marschall stimmen. Oie baben jetzt so viel Angst, daß sse nochmal Prügel bekommen, daß sie sich in Zukunft schon ln acht nehmen werden." Oer Oberleutnant sicht überden kleinen vierschrötigen Wachtmeister hinweg. Er reckt sich: „Gut, Wachtmeister. Lassen sic fertig machen. Wir können abrücken "
Ein Linzelfall? - Nein, nur ein Vorkommnis unter viel tausend anderen. Oas kleinste ukrainische Oorf wird keimgesucht, in den entlegensten Gehöften ertönen die Marterschreie, knallen die Gewehrkolben und saufen die Peitschen. Schlimmer als die Kosaken wüten die polnischen Schergen.
Kirchhvfsruhe liegt am Wahltag über dem Land. Oie Wahlbeteiligung schwankt zwischen 34 und 48 Prozent und daß unter den herrschenden Am» ständen überhaupt noch Stimmen für die ukrainische Liste abgegeben werden, mutet wie ein Wunder an. Natürlich erhält die Regierungsliste die absolute Mehrheit. In den Seim ziehen einzelne wenige Akrainer ein. Oie Peitschen haben ihre Schieidi-» kcit aetan . . .