Seite 4 Schwarzwald-Wacht
Dienstag, den 16. Mai 1939
Aus 8ladl und Kreis Calw
Bekenntnis zum Geist wehrhaften Mannestum»
Die erste Wiederholungsübuna zum TA..
Wehrabzeichen.
Sonntag früh traten rund 200 Männer auf dem Marktplatz in Calw an, um als Kameraden ihre Pflicht zu erfüllen, die da heißt: „Deutscher, mache dich stark und wehrhaft für dein Volk!" Es galt die Wiederholungsübung für das Wchrabzeichen abzuleisten. Die Beteiligung betrug nahezu 90 Prozent, aller Wehrabzeichenträger, im Bereich Calw. Kurz vor dem Abmarsch hielt der Führer der Standarte 414, Standartenführer Bischofs, eine zündende Ansprache an die Männer in welcher er die Notwendigkeit betonte, den Körper zu stählen. Mit einem frischen Kampflied marschierten die Stürme dann zu ihren vorher genau festgelegten Abnahmeplätzen. Eine kurze Einteilung zu 3 Abteilungen, das Kommando „Fertig machen zum 1500 m-Geländelauf", und schon gingen die ersten Abteilungen zum Ab- laufplatz.
Der Weg führte über muntere Bächlein, einen ziemlich feuchten Waldweg abwärts, um dann ansteigend zur Höhe in einen Feldweg dem Endziel entgegen zu gehen. Die Vorbereitungen waren so gut getroffen, daß der ganze Tienstbetrieb rasch und reibungslos von statten ging. Die Haltung der Männer war mustergültig. Tie Abnahme des SA-- Wchrabzerchens hat bewiesen, daß ein starker Wille alles vermag!
Es ist nicht der Sinn des SA.-Wehrabzei- chens, sportliche Spitzenleistungen von seinen Bewerbern und denen, die die Wiederholungsübungen ableisten, zu verlangen und überdurchschnittliche Sportbegabungen vor der Oeffent- tichkeit auszuzeichnen. Der Wirkungsbereich des SA.-Wehrabzeichens geht vielmehr in die Breite und Tiefe. Nicht darauf kommt es nämlich an, daß aus tausend Männern zwanzig ausgesucht und mit ihnen möglichst noch spezialisierte Höchstleistungen erzielt werden, sondern darauf, daß alle tausend Männer auf einen möglichst hohen Ausbildungs- und Leistungsstand gebracht und auf diesem auch erhalten werden! Wenn also die beim Erwerb des SA.-Wehrabzeichens geforderten Leistungen für jeden gesunden Deutschen erreichbar sind, so wird andererseits jeder Wehrabzeichen-Träger bestätigen, daß der Weg zum Wehrabzenhen und seiner Wiederholungsübuna keineswegs ein harmloser Spaziergang ist. Denn wer nicht gewissenhaft an der vorbereitenden Ausbildung teilnimmt, muß mit aller Wahrscheinlichkeit damit rechnen, daß ihm die Abnahmeprüfung statt des erhofften Abzeichens eine bittere Enttäuschung bringt. Das SA.-Wehrabzeichen ist das Bekenntnis des einzelnen Bewerbers zum Einsatz und zu zweckbestimmter wehichafter Ertüchtigung, es ist das Ergebnis des selbstlosen Kämpfertnms der SA. und nicht zuletzt Spiegelbild eines neuen Lebenswillens des ganzen großdeutschen Volkes.
Mit dem Motorrad verunglückt
Gestern mittag gegen 12.30 Uhr, ereignete sich auf der Straße Calw—Hirsau ein bedauerlicher Verkehrsunfall, bei welchem ein lediger Reichsbahnangestellter von Oberreichenbach schwer verletzt wurde- Der Motorradfahrer wollte an der verengten Straßenstelle zwischen dem Wohnhaus und dem Fabrikgebäude beim Gutleuthaus, zwischen einem Lastwagen und einem Personenwagen hindurchfahren. Hiebei
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36. Fortsetzung
Percy Gloster ging unruhig durch alle Räume seines Hauses. Es wurde dämmerig Hub er schaltete in jedem Zimmer die Lampen An und liest sie brennen. Ueberall wurde er an Aharly erinnert. Unten in der Halle hatte er sie zum erstenmal gesehen, daneben, im Speisezimmer, war der Platz, auf dem sie ihm gegen- ubergesesten. Der Platz war nun leer, nicht einmal ihr Gedeck war ausgetragen. Hier in seinem Arbeitszimmer hatte sie lachend gestanden und in den Schlipsen gewühlt, den schönsten für ihn auszusuchen. Auch auf dem langen, schmalen Flur war er ihr oft begegnet, wenn sie aus ihrem Zimmer kam. Sic hatte ihm lachend den Weg versperrt. Letzt konnte man ihn ungehindert gehen. Die Tür des Fremdenzimmers stand offen. Er drehte auch hier den Lichtschalter. Nus dem Toilettentisch herrschte ein buntes Durcheinander von Flacons, Puderdosen und Lippenstiften. Er sah aus. wie der Schminktisch einer Schauspielerin. Ein Abendkleid lag auf dem Bett und aus dem Koffer am Boden mrollen Wäschestücke und Strümpfe.
Percy hatte dies Zimmer seit Jahren nicht betreten. Es erschien ihm jetzt völlig anders als er es in Erinnerung hatte, aber es gab auf eine wunderbare und betörende Weise etwas von Charly selbst. Er blieb lange in der Türe stehen, ohne es zu wagen, einzntreten. Er hätte es ruhig tun können. Sie war ja fort und er fand nicht die Kraft, zu glauben, dast sie wiederkommen würde. Allerdings hatte Charlotte
stieß er mit seinem in hoher Fahrt befindlichen Motorrad auf den vorderen Teil des Lastwagens auf- Bei dem heftigen Aufprall erlitt er einen mehrfachen Bruch des linken Fußes, der seine sofortige Verbringung in das Kreiskrankenhaus notwendig machte.
Am Himmrlfahrtssag Srsrurvan- derung de» Schrvar-waldvereirz«
Das Ziel ist diesmal Pforzheim.
Die Zweigvereine in weiterem Umkreis des nördlichen Schwarzwaldes beteiligen sich an der alljährlich am Himmelfahrtstag stattfindenden Sternwanderung, welche am 18. Mai nach Pforzheim führt. Die Schwarzwaldvereine in Grotz-Pforzheim haben sich die erdenklichste Mühe gegeben, um das Treffen zu einer bedeutenden Kundgebung für den Wandergedanken zu gestalten, um wenigstens einmal im Jahre aus der im füllen dnrchgeführten, aber
gemeinnützigen Arbeit hervorzutreten und für die Schwarzwaldvereinssache zu werben.
Pforzheim, die Goldstadt, die bei allen Schwarzwäldern durch ihre Gastfreundschaft bekannt ist, erwartet mit Freuden die Gäste in der reizvollen Dreitälerstadt. Die Wander- Kundgeoung im „Stadtgarten" nimmt Punkt 14 Uhr ihren Anfang; sie soll wieder ein Bekenntnis der Treue zu Führer und Reich werden, der Liebe zur Heinrat und Natur. — An Sehenswürdigkeiten stehen allen Wanderfreunden das Reuchlin-Museum (Schloßberg) und das städt. Schmuckmuseum (Luisenstr. 1) sowie die ständige Musterausstellung (Leopoldsplatz) bei freiem Eintritt zur Besichtigung offen. Weiter sei noch die alte, 900jährige Schloßkirche genannt. Diejenigen Wanderfreunde, welche beim Kupferhammer durch die Pforte des Schwarzwaldes in die Goldstadt eintreten, bringen dem Dichter des Liedes „O Schwarzwald, o Heimat" am Auerbach-Gedenkstein einen stillen Gruß dar.
Feldübung der DRK-Bereitschaft Lalm l
Sonntag vormittag rückte die DRK.-Bereit- schaft Calw I (umfassend die Halbzüge Calw, Bad Liebenzell-Unterreichenbach und Bad Tei- nach-Neubulach) zu einer kriegsmäßiger! Feldübung ins Hau aus Der Kreisführer, Oberfeldführer Dr. Haegele, die Bereitschafts- sührer und Leiter der Kreisabteilungen des Deutscher! Roten Kreuzes sowie Vertreter der Calwer Feuerschutzpolizei und des Reichsbahnbetriebsamts nahmen an der Uebuna teil, welche unter Leitung des stellv. Bereitschaftsführers und stellv. Zugführers Dittus und des Bereitschaftsarztes DRK.-Hauptsührer Dr. Graubner stand.
Der Feldübung ging ein Ordnungsdienst, vorgeführt vom Halbzug Calw, voraus. Er ließ erkennen, daß innerhalb der Bereitschaft, die erst kürzlich einen Führerwechsel hätte, mit Fleiß und ernster Hingabe gearbeitet wird; die Vorführung befriedigte in jeder Hinsicht.
Bei der anschließend durchgeführten Feld- Übung, welche sich von der Straßenaabel Alt- Hengstett-Stamncherm ans in östlicher Richtung auf den Muckberg zu entwickelte, galt es, in einem außerordentlich unübersichtlichen und an Steilhängen reichem Gelände unter Ausnützen aller Deckungsmöglichkeiten nick» unter Ueberwinden eines vergasten Einschnitts hinter einer Gefechtslinie vorzugehen und Verwundete zu bergen. Während der Halbzug Calw die Bahnlinie überschritt, um in dem Abschnitt zwischen Staatsstraße und Bahn das Gelände abzusuchen, ging der Halbzug Bad Liebenzell-Unterreichenbach mit Schutzmasken versehen längs der Bahnlinie über das Bahnwarthaus Horstmann hinaus in den Eisenbahneinschnitt vor. Der Halbzug Bad Teinach-Neubulach stieß weiter rechts am Anwesen Kling vorbei auf die Hochfläche durch. Die Verletzten wurden entsprechend den nrarkierten Verwundungen verbunden und auf Tragen oder mit behelfsmäßigen Mitteln zum Truppenverbandsplatz in der Pfau'schen Feldschener verbracht. Die DRK.-Männer bewiesen bei dieser schweren Arbeit — wie sich der Oberseldfuhrer in Begleitung des Bereitschaftsarztes überzeugen
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konnte — sehr gute praktische Kenntnisse in erster Hilfe. Der Truppen Verbandsplatz war vorschriftsmäßig eingerichtet und ausgestattet, selbst ein behelfsmäßig aufgeschlagener Operationstisch fehlte nicht; als Wagenhalteplatz war Dinglers Scheuer im Hau vorgesehen.
Der Bereitschaftsarzt und Leiter der Führungsabteilung DRK.-Hauptsührer Dr. Graubner überprüfte nach der Feldübung die jedem Verwundeten zuteil gewordene Hilfeleistung und konnte in der im Anschluß von ihm gehaltenen Kritik der Hebung seine volle Anerkennung für das Geleistete aussprechen. In einer Ansprache an die Bereitschaft dankte sodann Oberseldfuhrer Dr. Haegele den DRK.-Männern, dem Bereitschaftsarzt und dem stellv. Bereitschaftsführer für ihren Einsatz
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und ihre freudige Pflichterfüllung. Der Verlauf der llebung und die dabei bewiesenen Kenntnisse wie die Gesamthaltung der Bereitschaft fanden die verdiente Anerkennung des Oberfeldführers, der zum Schluß seiner Üeber- zeuaung Ausdruck verlieh, die Bereitschaft Casio I werde alles daransetzen, um bei der DRK.-Großübuug am 6. August ihren Mann zu stellen. Dieser großen Hebung wird am 4. Juni noch eine Bereitschastsübnng im Abschnitt Neuenbürg vorausgehen. Das Deutsche Rote Kreuz steht in Krieg und Frieden im Dienst des Vaterlandes- Seine Arbeit ist eine wichtige Vorbedingung für sie» Sieg. Wenn man überlegt, daß heute fast alle führenden Männer des Reiches und der Bewegung Kriegsverletzte gewesen sind, erhellt dies mit einer» Schlage die Größe der Aufgabe, die dem DNK. gesetzt ist. .
Nach beendeter Besprechung trat die TRK.- Bereitschaft Calw I den Abmarsch in die Stadt an, wo im „Schiff" ein gemeinsames Mittagessen eingenommen wurde und ein gemütliches Beisammensein die Kameraden noch für einige
Das Rote Kreuz braucht deine Mitarbeit!
Der Landesführer XIII des Deutschen Roten Kreuzes, Willy Liebel, DRK.-Gene- ralhauptführer, erläßt folgenden Aufruf:
„Das Deutsche Rote Kreuz ist nach dem Willen des Mhrers die Hilfsorganisation der deutschen Wehrmacht im Kriegssanitätsdienst. Es ist bereit, für den Sanitätsdienst des zivilen Luftschutzes, im Straßenunfallhilfsdienst, im Wasser- und GebirgsrettungZ- dienst. sowie zur Hilfe bei Katastrophen und Verkehrsunalücken. Der Führer selbst hat die Schirmherrschaft über diese Organisation übernommen und sie zu einem Bestandteil des nationalsozialistischen Staates erklärt. Ich rufe alle deutschen Männer und Frauen zur aktiven Mitarbeit auf, die gewillt und in der Lage sind, im Geiste des nationalsozia- listischen Staates im Deutschen Noten Kreuz zu helfen, sei es als Angehöriger der DRK.» bereitschasten, der DRK.-Schwesternschaften oder als fördernde Mitglieder der TNK.- Ortsgemeinschaften. Anmeldungen zur aktiven oder fördernden Mitarbeit nehmen alle Notkreuzdienststellcn bei den Landratsämtern entgegen."
Zeit vereinte. — Im Verlauf des Nachmittags hatten dann die Leiter der Personal- und Ver« waltungsabteilung noch eine längere Besprechung mit den anwesenden DRK.-Führcrn.
Mie wirr/ c/ss Letter?
Mcllerderlchi des üicuriSiveNerdlcnIIeS Ausaabeort Stuttaarl Nirsgegeben am 16. Mai, 21.80 Ubr
Voraussichtliche Witterung bis Dienstag, abend: Winde um West, meist bedeckt, weiterhin einzelne, zum Teil gewittrige Regen- fälle, Temperaturen wenig verändert und weiterhin zu kühl.
Voraussichtliche Witterung bis Mittwochabend: Roch keine durchgreifende Besserung.
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Hirsau, 15. Mai. Der Ortsgruppe der NS-^ DAP. Hirsau war es eine Freude, daß Kreispropagandaleiter Pg. Entenmann, der in mancher Versammlung der Kampfzeit die Zuhörer zur Begeisterung hinriß, zur Mitgliederversammlung am 13. Mai kam. Er sprach über Weltanschauung und erläuterte die Grundlage des nationalsozialistischen Weltbildes „Mut und Rasse".
Nagold, 15. Mai Am Samstag vormittag scheuten auf dem Woge nach Nagold beim Gasthaus zur „Waldlust" die Pferde eines Fuhr- tverks wegen eines Autos und rasten davon. Während der Besitzer -es Fuhrwerks rechtzeitig abspringen konnte, kam der Fuhrmann unter den Wagen und erlitt verschiedene Verletzungen, die seine Ueberführung ins Krankenhaus erforderten. Die Pferde prallten beim Durchlaß auf einen Lastzug, wobei ein Pferd leicht verletzt wurde. — Bei dem Hochwasser in der Nacht zum Sonntag wurde die Nagoldkorrektion in Milleidenschaft gezogerr; größerer Schaden ist aber nicht entstanden. Im Hinteren Nagoldtal gab es mehrfach Schäden. Bei der Schwarzwälder Tuchfabrik in Rohrdorf stürzten einige Kubikmeter Erde auf das BahnglerS und behinderten den Zugverkehr.
Wildbad, 15. Mai. Oberpostmeister Schwi» gabele ist auf Antrag mit Maus des MonaÄ Mai in den Ruhestand versetzt worden.
ein paar Zeilen hinterlassen, einen Brief, der auf seinem Schreibtisch lag, als er vor ein Paar Stunden auch in seinem Zimmer nach ihr gesucht hatte, die heimlich gegangen war. Niemand hatte es bemerkt.
Er laS den Brief zum zehnten oder zwölften Male. „Lieber Percy!" las er. „Erschrick nicht, wenn Du dies liest. Ich bekam ein Telegramm und mußte fortsliegen. Ich bin bald zurück. Sehr bald. Vergiß in den zwei, drei Tagen nicht ganz Charly Lenz."
Eine Weile betrachtete Percy Gloster noch die stolze große.Schrift, die mit den wenigen Worten von dem ganzen Briefbogen Besitz ergriff und aus der eine wundersame Kraft zu strömen schien. Dann faltete er das Blatt zusammen, er ging in sein Zimmer zurück und klingelte dem Diener.
„Legen Sie mir den Frack zurecht. John", sagte er, und er wußte, daß es unmöglich war, heute abend hier in diesem Hause allein zu sein, allein mit Phöbe, die Charlottes Fortgang völlig verstört hatte. Nach wenigen Minuten zog er wieder den Brief hervor. Ja, es war ein Telegramm für Charlotte gekommen. Gestern, als man aus Herald Hills zurückgekommen war, hatte es ihr der Diener gegeben. Unten in der Halle. Ohne abzulegen war sie mit dem Telegramm nach oben gelaufen in ihr Zimmer, und es hatte lange gedauert, ehe sie wieder zu- rückkam. Sie hatte gelächelt. aber es schien gar nicht ihr Lächeln zu sein, irgend ein fremdes Lächeln war das. und ihren Augen sah man trotz des Schminkstrichs an, daß sie geweint haben mußte. Warum, warum mußte Charly weinen? Wer hatte ihr das angetan, daß sie weinen mußte?
Nachdem er sich umgekleidet hatte, ging er zu Phöbe hinunter, die im Speisezimmer am Kamin saß. Der Raum war dunkel. Nur von den brennenden Bnchenscheiten kam ein seltsam flackerndes Licht, dessen Schein mitunter wie
fließendes Gold über die alten Bilder rann, zuweilen aber fast ganz erlosch, und nur über PhöbeS bleiche Hände, die in ihrem Schoße ruhten. einen korallenfarbenen Glanz legte.
„Du willst fort. Percy?" fragte sie. ohne aufzublicken.
„Ja. Ich bitte dich, nicht auf mich zu warten, Phöbe."
Sie nickte nur.
„Charly hat auch zu dir nichts gesagt?" fragte er nach einer Weile, und er brannte sich dabei eine Zigarette an, um die Frage recht gleichmütig klingen zu lasten.
„Nein. Percy. Aber ich verstehe sie nicht. Ich habe sie oft nicht verstanden. Keine Engländerin wäre wie sie."
„Sie ist keine Engländerin. Phöbe. Sie ist Deutsche. Unsere Mutter war es auch."
„Ist das eine Entschuldigung,"
„Sie hat sich nicht zu entschuldigen, Phöbe."
„Du liebst sie sehr?"
„Percy antwortete nicht, er setzte sich in den Sessel, der dem Phöbes gegenüberstarid, und nun floß auch über seine herabhängende Hand der Schimmer des Feuers und der dunkle Stein seines Wappenringes leuchtete auf.
„Entsinnst du dich. Phöbe, wie wir vor ein Paar Wochen über den Waterlooplatz gingen?"
Sie nickte, und Percy erzählte noch einmal von dem seltsamen Bild dort, auf den Steinen, und wie sehr Charlotte Lenz diesem Bilde ähnelte, dem Bilde, das er zuvor auf jener Photoschau Tag für Tag betrachtet hatte, das ihm unvergeßlich blieb.
.Kannst du dir das erklären, Phöbe?"
„Nein", sagte sie und ihre Stimme zitterte. War es nicht sinnlos, diese Komödie noch immer weiter zu spielen? Sie fühlte, daß sie nicht mehr lange die Kraft haben würde, vor Percy zu lügen. Als Charlotte noch im Hause war, war es möglich gewesen, den Schein zu wahren,
Zuschauer und halber Mitspieler zu sein. Jetzt aber? — Wer war dieses Mädchen, daß sie etz fertig gebracht hatte, ganz und immer in dieser seltsamen Rolle aufzugehen? Wie war es mög». lich, heiter und sicher als etwas zu erscheinen, ^ was man nicht ist? Vielleicht aber war auch M am Ende gewesen! Vielleicht konnte sie niäHi eine Stunde länger die falsche Maske tragend Denn dieser Fortgang war eine Flucht! Kein' Zweifel, Charlotte Lenz war geflohen. StN hatte die Hälfte des Honorars im Stich gelas< sen, um diese Rolle loszuwerden, die sie eine ganze Woche meisterhaft gespielt hatte, und nun waren die Tage zu zählen, die Stunden vielleicht, wo Percy alles erfahren mußte. Man würde ihm sagen, daß man es in Liebe getan hatte, aher er würde es nicht verstehen und nicht verzeihen. — Warum aber hatte Charlotte dann gefragt, ob sie noch länger bleiben dürfe? Das war rätselhaft. Vieles war rätselhaft an ihr. die keine Engländerin war.
Percy warf den Zigarettenrest in die Glut und stand auf.
„Leb wohl. Phöbe."
„Leb Wohl, Percy."
An der Tür wandte er sich noch einmal um.
„Wird Charly wrederkommen?" fragte er.
Nein! wollte sie aufschreien. Nein, sie wird nie wiederkommenl Oh. ich bin an allem schuld, ich alleinl Sie fand nicht die Kraft, das zu sagen. Heute noch nicht.
„Gewiß wird sie wiederkommen", sagte; Phöbe, aber es war gut, daß es dunkel war und Percy ihr Gesicht nicht sehen konnte.
S.
In Tempelhof, wo die Maschine gegen 11 Uhr abends gelandet war. nahm Charlotte eine Taxe und fuhr nach dem Westen. Es erschien ihr völlig unwahrscheinlich, wieder in Berlin
s Fortsetzung folgt.