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Schott 9916, Tritschler 7192 Stimmen. Es fehlen noch: Birkach, Both- nang, Echterdingen, Haisburg, Harthausen, Heumaden, Kaltenthal, Musberg, Obersielmingen, Plieningen, Scharnhausen, Steinenbronn, Stetten, Unter, sielmingen, Vaihingen und Waldenbuch. In der ersten Wahl hatte v. Tritschler 7400, Schott 5770, Bronnenmayer (Sozialist) 3346 Stimmen erhalten. Diese letztere Zahl entspricht so ziemlich der Differenz der beider­seitigen Stimmenzahl bei der gestrigen Stichwahl.

Stuttgart, 1. Nov. Üeber Gönnenwein's Auftreten als Ringkämpfer in Amerika schreibt man der W. Landesztg.: Nach amerikanischer Sitte muß beim Ringen einer der Kämpfer bei dreimaligem Ringen zweimal geworfen werden. Gegner Gönnenwein's war ein Professor Arthur Schmidt, Plattdeutschlands Eiche", genanntAugust der Starke". Der Ringkampf, welchem 4000 Personen beiwohnten, fand in der Jrring-Hall statt und warf G. in der ersten Stunde es wird stets ohne Ansruhen eine Stunde ge­rungen seinen Gegner. Beim zweiten Gange schwoll jedoch der eine Arm Gönnenwein's derart an, daß er den Gürtel statt mit der ganzen Hand nur mit den Fingern fassen konnte, hierzu kam noch ein Krampf, so daß auf Anordnung der Aerzte der Kampf aufgegeben werden mußte. Am Sams­tag vor acht Tagen fand in der deutschen Turnhalle ein zweiter Ringkampf statt. Gerungen wurde drei Stunden, ohne daß einer fiel, schließlich brachen beide ohnmächtig zusammen und mußte der Kampf abgebrochen werden. Bei dem ersten Ringen waren auf Gönnenwein 10,000 Dollars, auf Schmidt 6000, bei dem zweiten auf Gönnenwein 12,500, auf Schmidt 15,000 gesetzt worden.

Stuttgart, 10. Nov. Montag früh starb im Alter von 77 Jahren der pensionierte Hofkutscher N. Epp. Derselbe hat eine sehr bewegte Jugend gehabt. Bis zu seinem 19. Jahre war er in türkischer Sklaverei, bis zu seinem Tode trug er das Sklavenzeichen auf seinem Nacken. Als der hoch­selige König Wilhelm erstmals den Orient bereiste, kaufte er den jungen Mann los und nahm ihn mit nach Württemberg. Epp hat über seine Er­lebnisse s. Z. eine Brochüre herausgegeben.

Crailsheim, 6. Nov. Gegenwärtig kursieren hier falsche Ein­markstücke, dieselben tragen die Jahreszahl 1875 und haben keinen Klang, weil sie von Blei hergestellt sind. Der Ueberzug ist dem Aussehen nach von Staniol, der äußere Rand ist gerippt wie bei den ächten Markstücken, der innere Rand ist auf der Rückseite, wo der Adler sich befindet, ganz schlecht nachgeahmt, weil anstatt des Perlenkranzes nur halbrunde Linien darauf geprägt sind. Die Prägung im allgemeinen ist zwar gut ausgesührt, aber nicht so scharf wie bei den ächten Markstücken. Das beste Zeichen, um diese Falsifikate zu erkennen, ist der Klang.

Nach einer Correspondenz an denBeobachter" soll die Wahl Carl Mayer's angefochten werden.

Heilbronn. Bei der Stichwahl am 8. Nov. Haber 1

Wahlberechtigten des 3. Wahlkreises abgestimmt auf Georg H Wähler und auf den Freiherrn v. Ellrichs h a ufen 10 .

erstere mit einem Mehr von 271 Stimmen und mit 138 S über die Majorität gewählt ist.

Rottweil, 7. Nov. Bei der gestrigen Stichwahl erhielt der Kan­didat Schwarz, bisheriger Neichstagsabgeordneter, 431 Stimmen. mehr als Burkardt. Die gemäßigten Parteien exlagen der Vereinigung der Centrums- und der deutsch-freisinnigen Partei; es '-oben jedoch, die erstge­nannten Parteien gegenüber der Stichwahl von.1878 , bei welcher Schwarz 10,430, Benzing nur 6968 Stimmen erhielt, einen erheblichen Zuwachs zu verzeichnen, während die Zahl der Wähler des He.rn Schwarz bedeutend zurückgegangen ist. Im Jahre 188t fand eine Stichwahl nicht statt, weil von den gemäßigten Parteien ein Kandidat nicht aufgestellt worden war.

Besigheim. In der Nacht vom 2./3. d. Mts. nach 12 Uhr be­merkte der Polizeidiener Böhringer in Besigheim, als er auf seinem Rund­gang den sog. Thorrain gegen die Enzmühle berabkam, daß in dem zu der­selben gehörigen Oekonomiegebäude aus dem Fenster der oberhalb des Rind­

viehstalles gelegenen Knechtskammer Flammen herausschlugen. Böhringer machte sofort Feuerlärm und eilte zugleich in die Kammer des Knechts; dort brannten die Kleider desselben lichterloh, während er selbst ganz betäubt im Hemde dastand. Der Brand konnte alsbald gelöscht werden, ohne daß das Gebäude selbst in Brand geraten wäre. Wenn jedoch das Feuer nur etwas später entdeckt worden wäre, so würde voraussichtlich der Knecht, welcher schwer betrunken war, im Qualm erstickt, und, da neben seiner Kammer zwei gefüllte Fruchtkammern sich befanden, ein bedeutender Brand entstanden sein. Bei den verbrannten Kleidern fand sich ein Zigarrenröhrchen samt verkohltem Zigarrenstummel vor, so daß sicher ist, daß der Knecht in seiner Betrunken­heit die noch nicht ausgebrannte Zigarre auf seine Kleider gelegt und so den Brand verursacht hat. Weil aber Teile des Gebäudes noch nicht in Brand gekommen waren, so lag eine strafbare fahrlässige Brandstiftung im Sinne des Reichsstrafgesetzbuches nicht vor.

Bietigheim, 8. Nov. Gerade am Wahltage traf hier ein Erlaß des K. Ministeriums des Innern ein, nach welchem unserer Stadt durch die Gnade Sr. Maj. des Königs ein.Staatsbeitrag von 18,600 ^ verwilligt ist. Derselbe wird zur Ausbesserung der Bahnhofsstraße verwendet, welche unmittelbar vor dem Bahndurchlaß eine Steigung hat, deren Ueberwindung bei beladenen Wagen eine übermäßige Anstrengung nötig macht. Diese Stelle der Straße ist von allen Fuhrwerken zu passieren, welche von Stutt­gart und Ludw'gsburg aus den Weg nach Heilbronn nehmen.

Das Franks. Journ. von gestern berichtet aus Frankfurt: Zwei Sei st morde gelangen zu unserer Kenntnis, die schon wegen der in Be­tracht kommenden Persönlichkeiten das größte Aufsehen in der Stadt erregen. Es sind 2 junge, geachtete Leute, zufällig gleichen Namens, beide Israeliten, welche sich erschossen haben. Der Eine, der sich gestern Abend in seiner Wohnung tötete, ist der Sohn des hiesigen württ. Konsuls Goldschmidt. Er war bis vor Kurzem Geheimsekretär und Disponent des Hauses Roth­schild, eine Stellung, die er aus unbekannten Gründen aufgab. Was ihn, den hochgeachteten Mann, der sich einige Tage zuvor noch mit einer reichen jungen Erbin, der einzigen Tochter eines hervorragenden hiesigen Bankiers, verlobt hatte, zu dieser That veranlaßte, läßt sich bis jetzt nur vermuten. Angeblich soll die Verlobung bereits am folgenden Tage wieder aufgelöst worden sein. Der zweite Fall betrifft den Bruder eines in der Allerheiligengasse befindlichen Cafetiers (Cafe Goldschmidt). Der junge Mann, der immer ein wenig zur Schwermut neigte, sollte, da heute sein 33. Geburtstag war, durch Geschenke uno Blumenspenden erfreut werden. Die Bediensteten fanden aber morgens sein Zimmer leer. Während noch überall Nachforschungen über den Verbleib des jungen Mannes angesteW wurden, kam der Friedhofsaufseher mit der Meldung, daß der Vermißte als Leiche auf dem israelitischen Friedhof gefunden worden sei. Man fand den Entseelten auf dem Grabe seines Vaters hingestreckt. Er hatte sich ins Herz geschossen. Das Motiv zur That ist auch hier vorläufig unbekannt.

Paris, 7. Nov. Die Agence Havas bringt folgende, ihr vom Ge­sundheitsamt zugegangene Note:Die von den heutigen Morgenblättern ge­gebenen Ziffern der hier stattgehabten Choleratodes- und Er­krankungsfälle sind meist über die Wahrheit hinausgehend. Die Wahrheit verbergen, wäre gefährlich; sie übertreiben, wäre es nicht weniger. Mitteilungen, die wir Grund haben, für zuverläßig zu halten, ermöglichen uns, den Gang des Nebels seit seinem Erscheinen zu verfolgen. Am 4. Nov. fanden 3 Erkrankungs- und 2 Todesfälle, am 5. 9 resp. 6, am 6.10 resp. 5 statt. Seit gestern Nacht um 12 Uhr bis heute früh wurden 4 Erkrank­ungs- und kein Todesfall gemeldet. Der Herd der Seuche scheint im 11. Arrondissement zu sein. Die Rue St. Marguerite ist die am härtesten mit­genommene Straße; übrigens hat sie den Ruf, eine der schmutzigsten von Paris zu sein. Die Regierung hat alle von den ärztlichen Behörden ange­ordneten Maßregeln ergreifen lassen. Hr. Quentin, der zurückgetretene Di­rektor der Krankenpflege, hat in den Hospitälern Beobachtungssäle einrichten lassen, die mit Allem verletzen sind, was nötig ist, um den Kranken die

Gesellschaft? Da sitzen des Abends drei, vier oder mehrHonoratioren" beisammen, die Bier trinken, Karten spielen, schlechten Tabak rauchen, ein­ander hänseln oder Abwesende verleumden, von Politik salbadern oder Ge­meinde-Angelegenheiten lang und breit behandeln. Da lese ich doch lieber ein gutes Buch und spare mein Geld."

Wird's nötig haben", knurrte der Hoferbe und schob die Pfeifen­spitze in den linken Mundwinkel.

Die Worte des Lehrers waren halb ernst, halb heiter vorgebracht morden und machten auf die Zuhörer einen sehr verschiedenen Eindruck.

Der Förster lächelte, Ulrich schaute halb zornig drein, der Holderjörg lachte

hell auf, der Hofbouer schien ein wenig betroffen und die Bäuerin verdrieß­lich zu sein, da ein gewisser Stolz, den sie nur denGroßen" zugestand, aus der Rede klang.

Bertha aber sah verständnisvoll den Sprecher an, der ihr sehr sym­pathisch zu werden begann, da er sich nicht in der Alltäglichkeit verlor.

Hin, der Eine so, der Andere so", meinte der Holderhofer, indem er die Pfeife ausklopste.Was dem Einen Spaß macht, ist dem Andern ein Kreuz. Es wird schon so sein sollen in der Welt, in der man sich nie recht auskennen lernt. Ihr seid eben ein wenig anders als andere Leute nichts für ungut sonst hättet Ihr zum Exempel auch eine Frau genommen und würdet nicht so einschichtig leben. Geht mich zwar nichts an, aber ich bin da ganz anders gewesen in meinen jungen Tagen und kann's nicht be­greifen, daß da drei Altgesellen am Tisch sitzen oder eigentlich vier

und cs rührt keiner einen Finger, um ein eigenes Heimwesen zu gründen."

Er lachte gutmütig und bildete sich auf diesen Erguß voll Lebensweis­heit nicht wenig ein.

Die Wirkung dieser väterlichen Rede war eine sehr verschiedene.

Born errötete, Ulrich ward finster wie eine Wolke, Heribert sah ein wenig verlegen aus, wie auch Bertha, welche die sanften Augen züchtig nieder­

schlug und an den Bändern ihrer Schürze nestelte. Der Holderjörg aber wieherte vor Freude und krächzte dann:

Ihr wollt, scheint's, noch in Euren alten Tagen den Heiratsstiftcr machen! Das sind mir saubere Sachen. Wenn wir Jung- oder Altgesellen sind, so sind wir deswegen nicht taub und blind. Kommt Zeit, kommt Rat; freilich für mich ist es ziemlich spat. Ein Faden läuft noch auf der letzten Spule wenn's sein muß, so nehm' ich noch die alte Jule!"

Er kicherte vor sich hin und rieb die dürren braunen Hände

Du bist ein Narr!" sagte die Bäuerin, ein wenig verächtlich.

Die Bemerkung des schöngeistigen Holderjörg brachte wieder ein wenig Leben in die Gesellschaft, und das Gespräch begann zu rauschen, wie ein entgleister Bach. Es drehte sich, anschließend an die urwüchsigen Reimereien des Holderjörgs, zuerst um Born's schriftstellerische Thätigkeit, deren Ruf sogar bis in den Holderhof gedrungen war; dann kam man auf den Rent­meister Stengel in Mühlenthal zu sprechen, der auch zuweilen Verse machte, und von diesem auf seine Tochter Marie, welcher die Holderhoferin, ganz gegen ihre sonstige Weise, in beredten Worten Lob zollte. Bertha stimmte ihr eifrig bei, denn Marie war ihre Freundin.

Die Männer schwiegen wieder, und es war seltsam, die Frauen das Lob von einer ihres Geschlechtes singen zu hören, während die Männer da­bei verstummten. Es geht sonst gewöhnlich umgekehrt in der Welt.

Ulrich hielt seine Blicke finster in den Tisch gebohrt, und der Förster spielte mit der halbschlafenden Pauline.

Offenbar hatte das Gespräch eine empfindliche Stelle berührt.

Ich bin doch begierig", hob die Holderhoferin wieder an,wen Marie einmal heiratet!"

Da bin ich gar nicht begierig" , meinte der Holderhofer und nahm eine gewaltige Prise.Das Mädel ist ja noch blutjung, etwa wie unsere Bertha. Wenn man vom Heiraten reden wollte, müßte man bei unfern I Altgesellen anfangen, aber die wollen nichts davon wissen." (Fts. folgt.)