Alter und in seiner Stellung keine Veranlassung habe, sich einem Duelle auszusetzen.
Frankfurt, 4. Nov. Der (nat.lib.) Wahlverein beschloß gestern bezüglich der Stichwahl in ausführlich begründeter Erklärung, weder für Sabor (Soz.D.), noch für Sonnemann (Volksp.) einzutreten.
Frankreich.
— Der Pariser Times-Berichterstatter machte dieser Tage den Vorschlag, den französisch-chinesischen Streit durch eine Zwangsvermittlung Englands gegen China zu schlichten. Die „Pall Mall Gazette" erklärt dagegen in einer Note, welche augenscheinlich von der chinesischen Botschaft herrührt, erstens, daß Zwangsvermittlung der Diplomatie unbekannt sei, und zweitens, daß China eine gewöhnliche Vermittlung gern annehmen, eine Kriegskostenentschädigung aber nicht vor Erschöpfung aller Widerstandskraft zugestehen werde.
— Durch chinesisches Dekret vom 27. August ist der Führer der schwarzen Flaggen Lu-Vinh-Phuoc zum chinesischen General ernannt und mit der Aufgabe betraut worden, die Festungen Tuyen-Quang, Hong- Hoa und Son-Tay wieder zu nehmen. „Lu-Aung-Fu" (chinesischer Name desselben), heißt es im Dekret, „ist chinesischer Unterthan; wir werden ihn in unserem Dienst verwenden und begnadigen ihn mit der Pfauenfeder. An ihm ist es, seine Truppen zu formieren und mit seiner gewöhnlichen Geschicklichkeit und Kriegskunst Siege zu erfechten; an ihm, die Plätze, welche die Franzosen weggenommen haben, ihnen abzunehmen." Bis jetzt ist ihm dies nicht gelungen.
Paris, 1. Nov. Gestern lehnten in einer sehr stürmischen Verhandlung die Bäcker von Paris mit 1149 gegen 150 Stimmen die Anerbietungen der Regierung und der Stadt Paris ab, den Preis des Brotes, von 2 Kilo Gewicht, von 70 auf 65 Centimes herabzusetzen und so die Einführung der Brottaxe zu verhindern. Die Bäcker zeigten sich sehr aufgebracht und drohten, sie würden den Arbeitern keinen Kredit znehr bewilligen und das Bro. weniger gut liefern, sowie den Lohn der Bäckergesellen herabsetzen. Infolge des Widerstandes der Bäcker hat die Verwaltung der Stadt Paris die Absicht, Gemeindebäckereien einzurichten. Das große Publikum ist gegen die Bäcker. Nur der Mehlgroßhandel ist auf ihrer Seite.
Tages-Neuigkeiten.
Calw, 5. Nov. Die im Wochenblatt vom 13. Okt. vorläufig angekündigte Ausstellung von reingezüchtetemAllgäuerJungvieh ist bis auf Weiteres wegen eingetretener Hindernisse verschoben und erfolgt jedenfalls besondere Bekanntmachung.
Stuttgart, 3. Nov. Die Stichwahl findet zwischen Oberbaurat v. Tritschler und Rechtsanwalt Schott am Montag, den 10. Nov., in Heilbronn am 8. Nov. statt.
Tübingen, 1. Nov. Das Ergebnis der Reichstagswahl im 6. Wahlkreise wurde heute auf dem Rathause amtlich festgestellt. Hiernach beträgt die Gesamtzahl der abgegebenen giltigen Stimmen 14,229. Die absolute Mehrheit stellt sich demnach aus 7115. Es fielen auf Payer 7158, Bayha 6969, Geiser 93. Payer hat somit 43 St. über die absolute Mehrheit erhalten.
Eßlingen, 1. Nov. Eine ziemliche Anzahl Weingärtner unserer Filialen und in der Stadt kann trotz aller Nachgiebigkeit den Wein nicht verkaufen. Damit diese gleichwohl ihren auf Martini fälligen Verbindlichkeiten Nachkommen können, dürfte sich empfehlen, daß die „Darlehenskassen" eventuell die Gewerbebank den Leuten unter die Arme greisen, die Weine in der Stadt einkellern lassen und etwa 50»/o des jetzigen Preises vorschießen, damit die Betreffenden nicht in Hände von Wucherern fallen.
Aus dem Oberamt Freuden st adt, 2. Nov. Der Postillon, welcher den Postwagen von Enzklösterle nach Befenfeld führen sollte, scheint den
„Dann könnte man den Vater ja auch hineinwählen"; meinte die Frau sarkastisch, „das könnte der Holderhofer gewiß auch."
„Und warum nicht?" meinte der Alte geschmeichelt. „Ich könnte wohl auch noch ein saftiges Wörtlein sagen zu seiner Zeit, recht und schlecht, wie mir der Schnabel gewachsen ist."
Damit stand er, wie von einem inneren Drange emporgetrieben, langsam aus, streckte die Glieder und durchmaß die Stube, indem er Allerlei vor sich hin murmelte.
Er blieb zuweilen stehen und schaute mit starren Augen auf irgend einen Gegenstand, so auf die alle Schwarzwälder Uhr, die in einem riesigen Holzgehäuse ihr Pendel leise schwang. Die messingene Scheibe daran blitzte bei iyrem gemessenen Gange wie ein Stern durch die Kreisöffnung.
„Langsam voran", brummte er, indem er ihre Schwingungen zählte. „So muß es auch der Bauer halten, man kommt am Ende gleichweit und muß nichts überhasten in der Welt. Es lehrt es uns ja auch die Uhr. Die kleinen Dinger, die den Perpendikel wie närrisch hin und her werfen, zeigten just auch die gliche Zeit wie die Alte da. Es ist freilich eine sonderbare Sache."
Dann blieb er wieder vor dem altersgrauen Christusbilde stehen, das — umgeben von einem Kranze vergilbter Strohblumen — in dem Ecke über dem Gesindetisch dämmerte, uns murmelte:
„Der alte Gott lebt auch noch, und sie bringen ihn nicht aus der Welt hinaus, sie mögen machen, was sie wollen. Aber freilich" — es hörte sich diese Fortsetzung des Selbstgespräches seltsam genug an — „um einen Landtag ist es eine schwere Sache."
Er legte die Hände auf den Rücken und kam auf seiner Wanderung wieder zu „seinen Weibsleuten" zurück. Frau und Tochter hatten ihm keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt und kannten schon seine Art.
Bertha war erst vor wenigen Wochen aus einem Institute in der Residenz zurückgekehrt und fühlte sich noch nicht recht heimisch in den alten Verhältnissen, die so ganz andere waren, als in dem bunten, aufregenden
Neuen zu stark versucht zu haben, in Folge dessen er einschlief. Die Pferde sich selbst überlassen, brachten den Wagen an eine abschüssige Stelle, wo er umfiel und fast ganz zerschmetterte. Auch die Pferde kamen zu Boden und blieben ruhig liegen, da der Rosselenker nicht einmal erwachte. Ein Mann, der zufällig die Straße kam und in der Dunkelheit auf den zertrümmerten Wagen stürzte, weckte den Postillon, der auffallender Weise keinen Schaden genommen hatte, welcher dann die Pferde und den Postbeutel mit einigen Stunden Verspätung nachts 2 Uhr nach Besenfeld brachte.
Besigheim, 3. Nov. Am 30. v. Mts. kam ein sechsjähriger Knabe, welcher von der Stiftungspflege Heilbronn in einer Familie in Hemmrigheim untergebracht ist, hinter die Nußliqueurflasche und sprach derselben dermaßen zu, daß er Tags darauf an einem Gehirnschlag starb.
Blaubeuren, 1. Nov. In Asch erschoß sich im Laufe dieser Woche ein 34jähriger lediger Mann Namens Allgaier, mit einer alten Flinte, auf seinem Bette sitzend. Dasselbe fing hiebei auf irgend eine Weise Feuer und wenn man nicht rechtzeitig auf den Schuß ins Zimmer gedrungen wäre, hätte dazu die Gefahr eines Brandes nahe gestanden.
Heilbronn. Die wenigen Tage bis zur Stichwahl, die am 8. Nov. stattfindet, werden von den Demokraten und Klerikalen zu Wahlumtrieben kräftigst ausgenützt. Am gestrigen Sonntag waren auf dem Lande überall Heilbronner Demokraten, zum Teil noch blutjunge Leute, die vermöge ihres Alters noch gar kein Wahlrecht ausüben dürfen, mit dem Verteilen von Flugblättern zu Gunsten Härle's und Schimpfen über den Kandidaten der konservativen und nationalliberalen Partei beschäftigt. Mit den Waffen der Unwahrheit und Verleumdung wird Hr. v. Ellrichshausen bekämpft. Außer Zweifel ist, daß die kath. Landbevölkerung größtenteils blindlings auch bei der Stichwahl den Weisungen und Ratschlägen der Geistlichen folgt und für den Demokraten Härle stimmt, der diesen den Planen des reichsfeindlichen Rom und den Ultramontanen gewogener als der national gesinnte Kandidat scheint. Eine Flugschrift: Katechismus für Wähler oder 101 Fragen und Antworten über das Wählen wird in kath. Orten massenhaft verbreitet. Sollen die Reichsfeinde bei der Stichwahl unterliegen, dann ist es dringend nötig, daß die reichstreue Wählerschaft nächsten Samstag ihre Pflicht thut. Geschieht dieses, dann unterliegt die ultramontan-demokratische Partei. _
Vermischtes.
— Ein tragikomisches Jagdabenteuer ist dem in Sofia beglaubigten Konsul Herrn N. dieser Tage passiert. Er begab sich mit einer kleinen Gesellschaft von Diplomaten in die Umgebung von Sofia auf die Jagd. Der Zufall wollte es, daß er seine Gesellschaft verlor und zugleich auch den Weg, welcher nach Sofia zurückführt. So wandelte er eine Zeit lang auf unbekannten Wegen herum, bis er endlich- ein bulgarisches Dorf erblickte. Er begab sich gerade aus in dasselbe; jedoch was nützte ihm alles Nachfragen in allen ihm geläufigen fremden Sprachen, da ihn Niemand im Dorfe verstand. Jedoch aus der häufigen Wiederholung des Wortes „Sofia" und den suchenden Blicken des fremden Herrn wurde es schließlich auch den Bauern klar, um was es sich hier handle. Sie gaben ihm einen Führer aus ihrer Mitte, der aber dem bereits verzagten Diplomaten sehr verdächtig erschien. Man unterhielt sich während des Weges nur durch Geberden. Der Führer jedoch schien im Geberdenspiele etwas zu heftig und grob und dies steigerte das Mißtrauen des Konsuls noch mehr; ja er glaubte sich bedroht. Deshalb feierte er ein paar Schüsse in die Luft. Diese wurden von den Bauern im Dorfe vernommen, und da sich jetzt auch der Führer in Lebensgefahr meinte, packle den Konsul beim Kragen, entwand ihm das Gewehr und rief um Hilfe. Diese blieb nicht lange aus) denn die Bauern im Dorfe waren bereits in die Nähe gekommen. Als sie die Beiden im Ringkampfe erblickten und der Führer ihnen seine Lage geschildert, wurde der Konsul gebunden und in den Dorfarrest geführt. In Sofia wurde der Konsul gleich vermißt. Seine
Treiben der Hauptstadt. Hätte der alte Holderhofer schon einmal eine große Stadt betreten, was aber nicht der Fall war, so würde er vielleicht in seiner etwas grüblerischen Weise das Leben dort mit dem nervösen Tiktak einer kleinen Uhr verglichen haben und den Gleichgang seines Daseins auf dem Holderhofe mit der konservativen Ruhe der alten Schwarzwälderin. Ms Ziel blieb schließlich das gleiche, aber was fragt die brausende Jugend nach der Würde und Gemessenheit des Alters! Sie will und muß ihre Schicksale haben, bis der gährende Most sich klärt, bis er rein und blinkend aus dem Hahnen rauscht oder, — wenn der Verschluß zu bald erfolgt — das Faß krachend zerbricht.
Auch das holde Angesicht da im Lichtglanze der Kerze und der Schönheit sollte von Stürmen heimgesucht werden, von Sonnenbrand und Thränen- tau. Außerordentlichen ist fast immer Außerordentliches beschieden. Das ist gewiß, sei es in der Großstadt oder in der Ruhe und Verborgenheit, deren Ruhe oft genug eine erborgte ist.
Das „Nesthäckchen" war inzwischen schläfrig geworden und verkroch sich auf den riesigen Kachelofen, zu dessen niederem Teile von hinten eine, Steinstaffel emporführte. Dort rollte es sich wie ein Igel zusammen, nahm! einen Bauscht unter das Köpfchen und war bald eingeschlafen.
Bertha spann inzwischen ihre stillen Gedanken fort, und die Mutter ihre langen weißen Fäden. Es wurde so stille, „als ob ein Engel durch das Zimmer flöge." Eine solche Stille ist zuweilen peinlich, zuweilen aber — und so auch hier — beruhigend süß wir eine Dämmerstunde für den Schäfer, auf den die Sterne des Himmels niedersehen und der , „an seinen Stab gebogen", wie Gölhe sagt, seinen Gedanken freie Bahn läßt.
Die alte Schwarzwälderin „warnte" jetzt fünf Minuten vor sieben. Uhr und bald hob sie gurgelnd und schnarrend zum Schlage aus. Die Glocke - hatte einen vollen Klang und erweckte auch den Kukuk, der sein mit grell-, roten Rosen bemaltes Thürchen aufriß, siebenmal seinen eirüLuigen äni hinausschrie und sich dann wieder „in seine Gemächer zurückzog."
(Fortsetzung folgt.)