gefuche, für welche Gründe nicht angegeben waren, nicht genehmigt habe, und auch in Zukunft so verfahren werde. Die Vorlage betr. die Bewilligung von Mitteln zu Marinezwecken, sowie das Gesetz betr. die Prisengerichts, barkeit und die Literar-Konvention mit Belgien werden in dritter Berathung ohne wesentliche Debatte genehmigt. — Gegen den Vorschlag des Präsidenten, morgen (Sonnabend) noch in die erste Lesung des Militärpensions und Re- liktengesetzes seinzutreten, erhebt der Abgeordnete Baumbach Widerspruch. Das Haus entscheidet sich mit Majorität gegen den Vorschlag des Präsidenten. Dieser .beraumt die nächste Sitzung auf Dienstag, den 22. April an. Tages-Ordnung: 2. Lesung des Hilfskaffengesetzes und Zündhölzergesetz. Schließlich spricht der Präsident noch den Wunsch aus, daß die Kommissionen fleißiger als bisher ihre Arbeiten fördern mögen. Schluß 3 Uhr.
— Im Vordergründe der politischen Ereignisse stehen die Gerüchte über den Rücktritt des Fürsten Bismarck von den Ministergeschäften in Preußen. Die Berl. Polit. Nachr. schreiben hierüber: Die in der Presse verbreitete Nachricht von dem Rücktritt des Fürsten Bismarck ist jedenfalls verfrüht und nicht ganz correct. Thatsache ist aber, daß der Gesundheitszustand des Reichskanzlers eine wirksame Entlastung von der Fülle der auf ihm lastenden Geschäfte und Verantwortlichkeit gebieterisch erheischt. Der Gedanke liegt nahe, diese Entlastung in dem Ausscheiden des Fürsten aus der Leitung der preuß. Landesangelegenheiten zu suchen.
— Ueber eine Ovation für den Für st en Bismarck wird aus Herxheim Folgendes gemeldet: Anläßlich der Feier von Kaisers Geburtstag ging von hier folgende Zustimmungsadresse an den Reichskanzler: „Die Unterzeichneten Nationalliberalen, Bürger von Freinsheim und Herxheim a. B., Wahlkreis Landau-Neustadt, Rheinpfalz, bei gemeinschaftlicher Geburtstagsfeier unseres allverehrten Kaisers die Reichstagsdebatten vom 20. März über das Sozialistengesetz besprechend. fühlen sich gedrungen, Eurer Durchlaucht ihre vollste Anerkennung auszusprechen für Ihr energisches Eintreten für diese Angelegenheit und Ihnen die Versicherung zu geben, daß trotz aller fortschrittlichen Wühlereien und Aufhetzereien doch der überwiegendste Theil des eigentlichen Bürgerstandes mit Ihrer Finanz- und Zollpolitik sowohl, als auch mit Ihren sozialen Reformbestrebungen vollkommen einverstanden ist. Möchten Sie noch lange Jahre Ihren schweren Dienst im Interesse des Vaterlandes versehen können!"
Konstanz, 27. März. Vorgestern wurden von einem hiesigen Flaschnergesellen auf der Bahn drei Kisten sozialdemokratischer Schriften aufgegeben unter der Adresse: „L. Kaufmann, bahnlagernd, Schwenningen". Ein Grenzaufseher schöpfte Verdacht, die Polizei wurde benachrichtigt und es wurde alsbald nach Schwenningen telegrafirt, wo der betr. Flaschnergeselle, der selbst mit der Sendung reiste, verhaftet wurde.
England.
London, 28. März. Der Herzog von Albany ist heute Morgen um 2 Uhr in Cannes plötzlich gestorben. Prinz Leopold Georg Duncan Albert, Herzog von Albany, Graf von Clarence und Herzog von Sachsen, ist der jüngste Sohn der Königin Victoria. (Prinz Leopold ist am 7. April 1853 geboren und verheirathete sich am 27. April 1882 mit der Prinzessin Helene, Tochter des Fürsten von Waldeck, welcher Ehe eine Tochter (geb. 25. Febr. 1883) entsprossen ist. Prinz Leopold war Oberst des 3. Bataillons „Seaforth Highlanders". Er beschäftigte sich viel mit den schönen Künsten und hatte am militärischen Dienst keine besondere Freude. Die junge Wittwe (geb. 17. Febr. 1861) ist eine Schwester der hochseligen Frau Prinzessin Marie von Württemberg; ihre Vermählung fiel bekanntlich gerade in die Zeit der tödtlichen Erkrankung ihrer Schwester der Frau Prinzessin Wilhelm. Der Tod des Herzogs von Albany wurde durch einen Sturz herbeigeführt, den der Prinz gestern Abend in dem nautischen Klub erlitt.
Die Dstickiten äes Arbeitgebers uns äem Keicbs- Kranbenverftcberungs-Gefetz.
Mit dem 1. Dezember dieses Jahres tritt dieses wichtige Gesetz in
Kraft.
Vielfach glaubt man, daß dieser Umstand nur die Arbeiter berühre;
mußte» er sie doch als die unmittelbare Veranlassung zu seinem jetzigen Unglück betrachten.
Und unglücklich genug war er. Besaß er doch nicht einmal ein Verzeichniß der Nummern seiner Werthpapiere. Zwar existirte ein solches, aber es hatte gleichfalls seinen Platz in dem gestohlenen Taschenbuchs gehabt. Mit den geringen Mitteln, über die er noch verfügen konnte, war nichts anzufangen.
Wie er jetzt dastand, war er ein Bettler, und es bedurfte seiner ganzen Energie und Thatkraft, um sich aus der trostlosen Lage, in welcher er sich befand, herauszuarbeiten.
Er konnte es nicht über sich gewinnen, die nöthigen Schritte bei den Behörden zur etwaigen Wiedererlangung seines Eigenthums zu thun. Zwar war er bereits einmal auf dem Wege nach dem Polizeiamt gewesen, aber da gerade war die Erinnerung an so manche trauliche Stunde, die er in der ersten Zeit seiner Ehe mit der Gattin verlebt, mit ganzer Stärke in ihm erwacht, und der Gedanke, wie unrecht er ihr möglicherweise mit solchem Argwohn thun könne, hatte ihn veranlaßt, wieder umzukehren. Und wenn auch dieser Strahl besserer Erkenntniß jählings, wie die Stimmungen in seiner Seele wechselten, im nächsten Augenblick schon wieder den düsteren Anschauungen gewichen war, die die Qual seines Lebens bildeten, so hatte er sich doch gelobt, der Zeit die Enthüllung des Näthsels, die Gattin aber, wenn sie wirklich schuldig war, den Vorwürfen ihres Gewissens zu überlassen.
Indessen fühlte er von Tag zu Tag mehr die Nothwendigkeit, sich nach einer Beschäftigung umzusehen, die ihn in den Stand setzte, zu existiren. Ec überlegte hin und her.
das ist ein Jrrthum. Obwohl für diese gegeben, wendet es sich in seiner Ausführung nicht an diese, sondern neben der Gemeinde an die Arbeitgeber. Von der richtigen Ansicht ausgehend, daß es unmöglich sei, jeden einzelnen Arbeiter anzuhalten, seiner Versicherungspflicht zu genügen, hält sich der Gesetzgeber nicht an den Arbeiter, sondern an den Arbeitgebern und macht diesen dafür verantwortlich. (
Das Gesetz trifft keineswegs alle Arbeitgeber. Wenn ich für einen Haushalt ein Dienstmädchen miethe, so bin ich zwar auch der Arbeitgeber dieses Dienstverhältniß unterliegt aber nur der landesgesetzlichen Bestimmung und ist in Preußen anders als in den übrigen Staaten. Wenn man ferner ' einen Arbeiter zu vorübergehenden Dienstleistungen dingt, z. B. zur ' Reinigung der Gartenwege, oder zur Ausbesserung des Zaunes u. s. w., so braucht man sich nicht darüber zu bekümmern, ob er der Krankenkasse angehört oder nicht.
Unter das Gesetz fallen nur dauernde Beschästigungsverhältnisse in Fabriken, Bergwerken u. s. w. herunter bis zum kleinen Handwerksbetrieb. Der Lehrling, der Geselle, die Ladenmamsell, sobald sie gegen Gehalt oder ! Lohn beschäftigt werden, sind versicherungspflichtig und für sie hat sich vom > 1. Dezember ab auch nach dieser Richtung der Meister zu kümmern. j
Welche Pflichten treffen nun den Arbeitgeber aus i dem neuen Krankenversicherungs-Gesetz? i
Die Pflichten des Arbeitgebers (Meister oder Fabrikanten) sind im j Allgemeinen dreierlei und zwar: ?
1) die An- und Abmeldung jeden Arbeiters bei der Kasse. !
2) die Abführung der Beiträge an die Kasse. i
3) die Zahlung eines Theiles der Beiträge (Ve) aus eigenen Mitteln. i Für die größeren Arbeitgeber tritt noch der Umstand hinzu, daß sie
zur Einrichtung eigener Fabrikkrankenkassen (Betriebskrankenkassen nennt sie - das Gesetz) gezwungen werden können; berechtigtzu dieser Einrichtung sind sie, sobald 50 versicherungspflichtige Arbeiter von ihnen beschäftigt werden. Ganz kleine Arbeitgeber, welche nicht mehr als zwei versicherungspflichtige Arbeiter beschäftigen, können unter Umständen die Erleichterung genießen, daß sie von der Beitragspflicht aus eigenen Mitteln befreit werden.
So kann z. B. die Stadt Leipzig ihren Nagelschmiedemeistern diese Begünstigung einräumen, während vielleicht Frankfurt diese Begünstigung den Schuhmachermeistern zumeist.
Abgesehen also von diesen kleinen Modificationen gelten diese drei i Hauptverpflichtungen überall, so lange der Arbeiter sich nicht einer einge« ! schriebenen Hilfskasse anschließt. »
Die Pflicht der An- und Abmeldung innerhalb dreier Tage nach Be- L ginn oder Schluß des Arbeitsverhältnisses wird vom Gesetz unter eine s Strafandrohung bis zu 20 gestellt. Die Pflicht der Abführung der x Beiträge erhält dadurch Nachdruck, daß säumige Zahler so behandelt werden k können, wie säumige Steuerzahler, und daß dem Arbeiter nicht mehr als 2 /z f der vom Arbeitgeber verlegten Beiträge am Lohn und zwar antheilig auf s die Woche, abgezogen werden darf, wird durch eine Strafe bis zu 300 L dem Arbeitgeber eingeschärft. '
Jeder Arbeitgeber (Meister und Fabrikant) wird daraus ersehen, daß es in seinem Interesse liegt, wenn er sich über seine Pflichten rechtzeitig und eingehend belehrt; die in Aussicht gestellten Strafandrohungen reden , eine sehr beachtenswerthe Sprache!
(Für diejenigen, welche sich über diesen Gegenstand weiter unterrichten ' wollen, können wir die von l)r. Gallus herausgegebenen Schriften „die ! zweiundzwanzig Fragen über das Reichskrankengesetz mit Tabellen" Preis 50 H und „die Organisation der Krankenversicherung der Arbeiter" Preis 1,20 v-L, welche in der Buchhandlung von E. Georgii, hier, zu haben sind, bestens empfehlen. Die Red.)
Tages - Neuigkeiten.
Leonberg, 28. März. Am Dienstag ist in Weil im Dorf der 31 Jahre alte Dienstknecht Raith beerdigt worden, welcher 60 Jahre lang auf dem Berkheimer Hof bei 3 Herren treue Dienste geleistet hatte. Er hinterläßt 14 Enkel und 1 Urenkel. Auch sein Sohn ist jetzt 31 Jahre als Oberknecht auf dem Berkheimer Hof angestellt.
Einem Musikcorps hätte er sich wohl anschließen und mit dem Ertrage k seiner Kunst sein Leben fristen können, aber er hatte vor dem Handwerks- H mäßigen Betriebe der Musik eine unüberwindliche Abscheu, und sein Wider- ^ willen übertrug sich auch auf alle Diejenigen, welche diese heilige Sprache ^ der Götter in den Staub zogen.
Hatte er doch die wenigen Künstler, mit denen er im Verkehr gestanden, nur von der schlechtesten Seite kennen gelernt; wie hätte er zu neuen Bekanntschaften Vertrauen haben können?
So entschloß er sich denn, zu seiner früheren praktischen Laufbahn zurückzukehren, aber sein jetziger Aufenthaltsort bot chm kein Feld für seine kaufmännischen Fähigkeiten, das sah er deutlich ein. Ec mußte Swinemünde verlassen, und zwar je eher, je lieber.
Mit einem bitteren Lächeln überzählte er die geringe Baarschaft, die ihm nach Berichtigung verblieb. Dann dachte er einen Augenblick nach.
Eine möglichst verkehrreiche Handelsstadt wollte er zu seinem Domicil erwählen und, da es einmal nicht anders sein konnte, den Versuch machen, sich von der Pike an heraufzuarbeiten.
An Hamburg dachte er zunächst. Die mächtige Hansastadt mit ihrem regen geschäftlichen Verkehr und den überseeischen Handelsverbindungen, die Vermittlerin der beiden bedeutendsten Welttheile, zog ihn vor Allem an.
Aber die Entfernung war zu groß, und er kannte dort Niemand, wozu noch kam, daß das Leben in jener Stadt ein mit bedeutenden Kosten verknüpftes, für einen Fremden überdies geradezu unerträgliches ist.
(Fortsetzung folgt.)