59. Jahrgang
Uro. 39
Amts- unä Intekkigenzbkatt für äen Kezirk.
Erscheint Dienstag, Donnerstag und Samstag.
Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H für die vier- ! spaltige Zeile oder deren Raum. !
Dienstag, den 1. April L88L.
Äbonnemenispreis halbjährlich 1 ^ 8(> L, durch die Post bezogen im Bezirk 2 30 sonst in ganz
Württemberg 2 vfL 70 L.
Einkaüung zum Abonnement auf l!a8 „Cakwee Mocbenbkatt."
Wir bitten unsere bisherigen Abonnenten, ihre Bestellungen für das mit dem Heutigen beginnende vierteljährige Abonnement in Bälde aufgeben zu wollen, damit in der Zusendung keine Unterbrechung eintritt.
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Mmtkicke Oekanatmackmngen.
Calw.
Bekanntmachung, betr. die Loosziehung pro 1884.
Unter Hinweisuna auf die Bekanntmachung vom 11. d. M. (Wochenblatt Nr. 35) werden die Militärpflichtigen des Jahrgangs 1864 darauf aufmerksam gemacht, daß die Loosung am Mittwoch den 2. April d. I., Borm. 8 Uhr, auf dem Rathhaus in Calw stattfindet.
Den Militärpflichtigen ist das Erscheinen hiebei freigestellt. Der Aufruf derselben erfolgt nach der alphabetischen Ordnung der Gemeinden des Bezirks und werden die Pflichtigen je in der Gemeinde ausgerufen, in welcher sie geboren sind. Für die beim Aufruf ihres Namens Fehlenden wird das Loos durch ein Mitglied der Ersatzkomniission gezogen.
Den 30. März 1884. K. Oberamt.
Fl a x l a n d.
Calw.
An die Artsvorjteher.
Unter ausdrücklichem Hinweis auf den Erlaß des K. Ministeriums des Innern vom 4. d. M. betr. Maßregeln gegen die Maikäfer (Minist. Amtsbl. Nr. 6) werden die Orlsvorsteher beauftragt, sich darüber, ob Maikäfer in ihren Markungen in bedrohlicher Dl enge Vorkommen, zuverlässige Kunde zu verschaffen, und zu dem Ende die in dem Erlaß genannten öffentlichen Diener zur Beobachtung und zur Anzeige ihrer Wahrnehmungen aufzufordern.
Von dem Ergebniß dieser Beobachtungen ist, falls durch solche nicht das Vorhandensein der Maikäfer in größerer Menge konstatirt wird, in welchem Fall unverzüglich Bericht hierüber und über die dagegen zu treffenden Maßregeln zu erstatten ist, aus allen Gemeinden bis zum 30. April d. I. zu berichten.
Den 30. März 1884. K. Oberamt.
F l a x l a n d.
Calw.
Sekllitntnmchimg, betr. de» Ausbruch der Mudtkrullkheit.
Nachdem unter den auf der Markung Ostelsheim laufenden Schafen des Schäfers Jeremias Fi echt er und David Spin dl er die Räude ausgebrochen ist, wird dies hiemit zur öffentlichen Kenntniß gebracht.
Den 28. März 1884. K. Oberamt.
Flaxland.
Politische Nachrichten.
Deutsches Reich.
Reichstag. Sitzung Donnerstag 27. März. Präs. v. Levetzow eröffnet die Sitzung um 1 Nhr. Am Tische des Bundesrathes v. Cap- rivi, Bötticher, Burchard. I. Der Gesetzentwurf betr. die Bewilligung von Mitteln zu Zwecken der Marineverwaltung wird in zweiter Lesung, nachdem ihn die Kommission in die Form eines Nachtragsetats gebracht, ohne Debatte angenommen. II. Der Entwurf eines Gesetzes betr. die Prisengerichtsbarkeit wird in erster und zweiter Lesung angenommen, nachdem der Abg. vr. Dt ei er-Jena (Nat.Lib.) noch um internationale Regelung dieser Materie und Abg. vr. Kapp (Freist Partei) eine Durchführung des Grundsatzes gebeten hatte, daß öas Privateigenthum auch im Kriege unantastbar sei. — III. Die Uebereinkunft mit Belgien, betreffend den gegenseitigen Schutz an Werken der Literatur und Kunst, sowie die gewerblichen Muster und Modelle, wird debattelos in erster und zweiter Lesung genehmigt. — Wegcn der auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzenden Gegenstände entsteht eine längere Geschäfts-Ordnungs-Debatte, die schließlich, da die Abgeordneten Windthorst und Frhr. v. Maltzahn- Gültz die Beschlußunfähigkeit des Hauses bezweifeln, Auszählung zur Folge hat. Diese ergiebt die Anwesenheit von nur 168 Abg., das Haus ist mithin nicht beschlußfähig.
Reichstag. Sitzung Freitag 28. März. Präs. v. Levetzow eröffnet die Sitzung um 2 Uhr 20 Min. Am Ministertische v. Caprivi, v. Bötticher u. A. Der Präsident bemerkt, daß er mehrere Urlaubs-
Feuilleton.
(Nachdruck verboten.)
Leidenschaftliche Kerzen.
Roman von Carl Zasirow.
(Fortsetzung.)
Noch einmal durchlief er in Gedanken Alles, was sie am Abend ihres Zusammentreffens mit Ottomar ihm mitgetheilt hatte, und immer entschiedener schüttelte er den Kopf. Es kam so Manches in ihrer Erzählung vor, was er jetzt mit ihrer Art, sich zu geben, beim besten Willen nicht in Einklang bringen zu können glaubte. Schon die blutige Katastrophe in dem Karlsbader Gasthofe, zu der eine träumerische Verwirrung ihrer Lebensgeister die Veranlassung gegeben haben sollte, erschien ihm geradezu unnatürlich. Noch unwahrscheinlicher aber kam ihm alles Das vor, was sie über die Folgen jener unheimlichen Scene gesagt hatte. Je mehr er sich seinem finsteren Brüten hingab und sich den Eindruck vergegenwärtigte, den sie in der letzten Zeit auf ihn gemacht hatte, desto mehr gelangte er, da sein Mißtrauen einmal erregt und er in solchen Fällen zu Len schlimmsten Voraussetzungen geneigt war, zu der Ueberzeugung, daß jene abenteuerliche Geschichte nichts weiter, als ein schlau ausgedachtes Märchen sei, einzig und allein darauf berechnet, ihn zu täuschen, um ihn hinterher mit größerer Sicherheit plündern zu können.
„Die Leidenschaft für den Heißgeliebten," — so sagte er sich, „hat sie verleitet, ihre bis dahin reine Hand nach fremdem Gute auszustrecken. Sie wollte ihm nicht blos eine sorgenfreie Existenz sichern, sondern auch seine
Lebenstage so glänzend als möglich gestalten. Sie hat es für keine Sünde gehalten, nur das Geld zu rauben, mir, der ja die Veranlassung war, daß der arme Verlobte noch so lange Zeit in seiner Armuth, getrennt von der Geliebten, schmachten mußte."
In dieser Weise fuhr er fort, immer neue Gründe für seinen Argwohn herbeizuziehen und damit eine Tugend nach der andern von der einst so an- gebeteten Frau herabzureißen. Die musterhafte Treue, mit der sie bis zum letzten Augenblicke an seiner Seite geblieben war, hielt er für Verstellung. Sie wollte in den Augen der Welt für eine anständige Frau gelten, wollte besser scheinen, als sie in der That mar. In Einem fort wiederholte er sich, daß sie das verwerflichste Geschöpf sei, daß selbst die Begeisterung, mit der sie sich den Eingebungen ihres Genie's überlassen, weder rein, noch edel gewesen, daß diese Begeisterung nur eine ihrer unberechenbaren Launen sei, vielleicht ihrer Sucht, zu glänzen, oder einer sinnlichen Erregung entspringe. Kurz, er suchte in seinem Unmuth alles Mögliche hervor, um jede Perle an der ehemaligen Heißgeliebten in den Staub zu ziehen, und wie er mehr und mehr seinen finsteren Gedanken Raum gab, so steigerte sich auch sein Zorn allmälig fast bis zur rasendsten Wuth, in welcher er das ungetreue Weib bis in ven Abgrund der Hölle verwünschte.
Wohl flüsterte noch zuweilen in den Stunden ruhigeren Nachdenkens die innere Stimme ihm zu, es sei unmöglich, daß Anna bei ihrem starken Charakter sich von ihrer Leidenschaft so weit habe Hinreißen lassen, zur Diebin zu werden, aber er verwarf diese milderen Anschauungen sogleich wieder. Es war ihm zum Bedürfnis geworden, einen Gegenstand für seinen Groll zu haben, und wenn die Gattin auch nicht direkt schuldig war, so