wolle, ohne Verstärkungen abzuwarten, auf Bacninh vorrücken. Nach dem Urtheil deutscher militärischer Kenner soll ein derartiges Vorgehen keinen Erfolg versprechen.
— Seit dem Jahre 1864 besteht in Lyon eine von dem einstigen deutschen Konsul Schlenker ins Leben gerufene „Deutsche Hilfskaffe", welche es sich zur Aufgabe macht, Durchreisende oder in Lyon Ansässige deutscher Nationalität, welche unverschuldet in Bedrängniß gerathen sind, zu unterstützen. bei dem Bemühen um Verdienst behilflich zu sein. Beerdigungskosten zu bestreiten u. s. w. Dieser auf die Beiträge dort lebender Mitglieder und auswärtiger Freunde angewiesene Verein hat in den zwanzig Jahren seiner Existenz viel Noth gemildert. Man schreibt hierüber der „N. fr.P.": „Begreiflicherweise wenden sich auch hilfsbedürftige Oesterreicher an diese Kasse; und während man früher durch den Wortlaut der Statuten sich darauf beschränkt sah, solchen nur eine Mahlzeit anzubieten, ermächtigte die Generalversammlung in Erwägung. daß das österr. Konsulat keine Mittel zur Unterstützung seiner Landsleute besitze, im Jahre 1882 den Ausschuß, auch gegenüber den Letzteren nach seinem besten Ermessen zu verfahren, zugleich aber von der österr. Regierung einen Zuschuß zu erbitten. Demzufolge sind im Laufe des Jahres 1882 32 Oesterreichern Unterstützungen zugewendet worden, also ungefähr ebenso vielen wie Angehörigen der Nachbarländer Württemberg (34) und Baden (35); aber die Bemühungen um einen Zuschuß scheinen bisher ohne Erfolg gewesen zu sein. Das gegenwärtige Verhältniß hat etwas Demüthigendes für die Angehörigen der österr. Monarchie, welche, von ihrem Vertreter abgewiesen, Wohlthateu von der Deutschen Hilfskasse in Anspruch nehmen müssen, die gewiß mit gutem Herzen erwiesen werden, aber doch sofort einen andern Charakter annehmen würden, wenn die Regierung sich zu einer Beisteuer entschließen wollte."
Rußland.
— Ganz schlicht und nüchtern wird aus Petersburg gemeldet: „Vor längerer Zeit gelangten aus Sibirien z a h l r ei ch e B i t t s ch r i f t e n von Gefangenen wegen gesetzwidriger Jnhafthaltung hierher. Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde eine Commission eingesetzt, welche die Klagen der Petanten vollständig begründet fand, vorläufig sind mehr als 200 Gefangene entlassen worden, die jahrelang widerrechtlich eingekerkert waren. Dieses Factum legt hier die Noth- wendigkeit nahe, eine genaue Revision der sibirischen Gefängnisse eintreten zu lasten." Das sind doch Zustände, die man selbst in Rußland für unmöglich halten sollte. — Die Mörder des Oberst Sudeikin sind ergriffen worden.
Tages - Neuigkeiten.
0. Ganz ungünstig hat das neue Jahr 1884 für die Arbeiter der Kirchherr und Theure r'schen Sägmühle, Station Teinach, begonnen, indem in voriger Woche, am Mittwoch einer derselben während des Geschäftes auf dem Polterplatz den Fuß am Oberschenkel, am Freitag ein anderer im Walde „Stammheimer Berg" den Fuß unter dem Knie gebrochen hat. Unvorsichtigkeit lag bei beiden Fällen nicht vor.
— Am 11. Januar wurde von der evangelischen Oberschulbehörde die Volksschulstelle in Dornstetten. Bez. Freudenstadt, dem Schullehrer Volz in Martinsmoos, Bez. Calw, übertragen.
Neuenbürg, 12. Jan. In den beiden letzten Nächten sind im hiesigen Bezirk wieder 2 Brandfälle vorgekommen, von welchen der zweite eine größere Ausdehnung hatte. In der Nacht vom 10. bis 11. ds. Mts. brannten in Nothensol 1 Wohn- und Oekonomiegebäude ab und in der Nacht von gestern auf heute wurden in der Gemeinde Grunbach vier größere Wohn- und Oekonomiegebäude, zum Theil von mehreren Familien bewohnt, ein Raub der Flammen. Die Mehrzahl der Abgebrannten ist versichert. Die Entstehungsursache ist in beiden Fällen noch nicht nachgewiesen, doch vermuthet man in Grunbach Fahrlässigkeit. Obgleich in kurzer Zeit die Feuerwehr der badischen Nachbargemeinde Büchenbronn, sowie die von Salmbach, Engelsbrand und Kapfenhardt zur Hülfeleistung erschienen und
als beim raschen Umwenden des Blattes sein Auge wie zufällig auf das Inserat fiel, welches auf die Vorträge des „Violinvirtuose" Brandey sowie seiner Tochter und Nichte aufmerksam machte, überflog er gierig die Zeilen.
„Am Donnerstag, den 16. d. Mts., letztes Auftreten," las er vor sich hin. Mit großer, fetter Schrift waren die Worte gedruckt: „Solo-Phantasien auf der Harfe über einige böhmische Nationallieder, vorgetragen von der Virtuosin Anna Zriny." Er dachte einige Minuten nach, dann warf er einen Blick auf die Uhr: „Donnerstag, das wäre übermorgen!" flüsterte er vor sich hin; „aber es ist das alte verbrauchte Mittel der Reklame."
„Sie werden auch am Freitag noch hier sein „auf allgemeines Verlangen" und so weiter, und ob die unwiderruflich letzte Vorstellung am Sonnabend ist. fragt sich auch noch; wir kennen das!"
Ungeachtet seines festen Entschlusses, die Künstlerin nie wieder zu sehen, ertappte er sich doch bereits in der nächsten Minute auf dem Gedanken, daß es nicht schaden könne, wenn er sich an dem heutigen Abend noch ein wenig zerstreue. Und wo konnte er bester Unterhaltung finden, als in dem Bendler'schen Kaffeehause, wo so viele seiner Bekannten und Freunde verkehrten? Hastig fuhr er in seinen Ueberzieher nahm den Hut und lenkte dem wohlbekannten Vergnügungslokal entgegen.
Als er in den Saal trat, fand er bereits alle Plätze besetzt. Das Konzert hatte vor einer halben Stunde begonnen, und kaum fand er noch an einem kleinen Ecktisch ein beschränktes Unterkommen. Doch war ihm dies gerade recht. Er befand sich hier vollkommen ungestört und konnte sich ohne jede Belästigung seinen Betrachtungen überlassen. Sein Auge überwachte eifersüchtig jeden Blick, jede Bewegung der Virtuosin, aber er fand auch heute in ihrem Wesen nichts, was sie einer besonderen Aufmerk-
im Ganzen 6 leistungsfähige Spritzen zur Stelle waren. gelang es nicht, das Feuer auf seinen Herd zu beschränken, weil es an Wasser fehlte. Auch wehte ein heftiger Westwind. Zwei der niedergebrannten Häuser hatten noch Schindeldächer. Der Gebäudeschaden beträgt in Rothensol ungefähr 1500 ^L, der in Grunbach wird sich etwa auf 9000 bis 10,000 belaufen. — In unserer Oberamtsstadt stehen wir vor der Stadtschultheißenwahl, da Stadtschultheiß Weßinger nach mehr als 30jähriger Amtsführung am 31. Dezbr. v. I. das Amt niedergelegt hat, was im Interesse der hiesigen Stadt sehr zu bedauern ist.
Gmünd, 13. Jan. Der Reichstagsabgeordnete für den 10. Wahlkreis, Freiherr von Wöllwarth, erstattete heute im Gasthof zum Rade dahier vor einer zahlreichen Zuhörerschaft, bei der alle Berufsklaflen, namentlich auch die Arbeiter, vertreten waren, Vortrag über die Ergebnisse der letzten Reichstagssession mit besonderer Berücksichtigung des Gesetzes über die Krankenversicherung der Arbeiter, nachdem er zuerst die derzeitigen Frak- tionsoerhältnisse des Reichstags besprochen hatte unter Betonung dessen, daß bei der bestehenden Parteigliederung eine parlamentarische Regierung im deutschen Reiche, ähnlich wie sie in England besteht, eine Unmöglichkeit wäre. An den klaren, lichtvollen Vortrag, der von lebhaftem Beifall begleitet war, reihte sich eine längere Debatte, die durch Mitglieder der hiesigen sozialdemokratischen Partei hervorgerufen wurde und sich hauptsächlich darum drehte, ob und inwieweit das neue Krankenkassengesetz als- ein Segen und als eine Wohlthat für den Arbeiterstand zu betrachten sei im Vergleich mit den bestehenden, bezw. in der Gründung begriffenen freien Hilsskassen.
Ulm, 12. Jan. In unsere Stadt kamen in den Monaten November und Dezember nicht weniger als 1679 Handwerksburschen. Bayern waren es 525, Württemberger 519, Preußen 260, Badenser 110, Sachsen 71 u. s. w.
Frankfurt, 15. Jan. Der Verbrecher, welcher am 30. Okt. v. I. im Polizeigebäude Dynamit legte, wurde in Hamburg verhaftet. Der Verbrecher leugnet; er hat Genossen, auf welche noch gefahndet wird, und ist als Sozialist (Anarchist) bekannt.
Zürich, 12. Jan. Die Impffreiheit im Kanton Zürich treibt ihre ersten Früchte. Schon im September v. I. wurden durch einen von Lyon kommenden Knaben in Thalweil am See die Pocken eingeschleppt, eine Reihe von Personen wurden nach einander angesteckt und so brach eine kleine Pockenepidemie aus, in der mehrere geimpfte Personen leicht, 8 unge- impfte Kinder aber so schwer erkrankten, daß 3 davon bereits gestorben sind, während die 5 andern heute noch lebensgefährlich krank im Spital liegen. Seit dem Ausbruch der Epidemie will Alles in Thalweil geimpft, resp. wiedergeimpft werden. Die Epidemie nimmt zu; in Thalweil sind alle Schulen geschlossen.
— Ein in dem Dorfe Osterwiek bei Halber st adt (Provinz Sachsen) ausgebrochenes Feuer hat 30 Häuser zerstört, darunter mehrere große Wirtschaftsgebäude. — Schlagende Wetter haben am Freitag in den Kohlengruben bei Arras (Frankreich) 30 Arbeiter verschüttet, wovon 24 todt und verwundet herausgeschafft wurden.
Wien, 13. Jan. Die Beweise für die Schuld von Pongratz mehren sich täglich. Der Verdacht auf ihn war schon gleich nach der That rege, da die Polizei seit seiner Entlassung aus dem Gefängniß ein Auge auf ihn hatte und erfuhr, daß er Helfershelfer zu einem neuen Verbrechen sammle. Ferner hatte Polizeirath Stehling Kenntniß, daß Pongratz im Besitze von Einbruchswerkzeugen sich befand, darunter einer eisernen Klammer, eines Stemmeisens und eines Dietrichs. Bei der an der Leiche des kleinen Rudolf Eifert gestern im Krankenhause vorgenommenen Obduktion gaben die Aerzte das Gutachten ab, daß die Gestalt der Wunde den Rückschluß gestattet, dieselbe sei mit einem eisernen, klammerartigen Instrument beigebrachl worden. Gestern wurden am Ufer der Wien gegenüber dem Theater vergraben gewesene Einbruchswerkzeuge gefunden, welche ganz zu den Pongratz zugeschriebenen passen, nur fehlte die Eisenklammer, in deren Besitz Pongratz von einem Kameraden gesehen worden ist. Pongratz und Dürschner sind vor und nach der That wiederholt beisammen gesehen worden; an dem kri-
samkeit eines unbefangenen Beobachters hätte werth erscheinen lassen. Ihr Blick war mit gewohnter Starrheit auf das vor ihr liegende Notenblatt gesenkt. Ihre Finger griffen melancholisch, dabei aber so präcis in die Saiten, als betrachte sie es als ein Verbrechen, im Geringsten gegen die Intentionen des Componisten zu verstoßen.
Gegen zehn Uhr war das Konzert beendet. Werner verließ ^das Lokal mit bewölkter Stirn, unzufrieden mit sich und der ganzen Welt. Sein Kopf brannte in Fieberglut, und das verstörte Auge verrieth nur zu deutlich den Kampf seiner Seele. Er hatte geglaubt, die Leidenschaft für das schöne Czechenmädchen vollständig ertödtet zu haben, aber er wußte nicht, daß diese Leidenschaft ein Vulkan war, der sich wohl aus Augenblicke unterdrücken ließ, aber nur des geringsten Anlasses bedurfte, um m voller verzehrender Kraft wieder emporzulodern. Durch den Anblick der Virtuosin war sie von Neuem aufgestachelt worden und schon begann er die Möglichkeit zu erwägen, daß seine Verhältnisse doch durchaus nicht angethan waren, ihn seiner freien Entschließung in Bezug auf die Wahl seiner Gattin zu berauben. Wie leicht konnte er jedes Hinderniß beseitigen, das zwischen ihm und dem angebeteten Mädchen lag. Nur schwach noch lehnte sich sein Stolz gegen diesen Gedanken auf. Anna's Bild beherrschte bereits in zu hohem Grade seine Seele, als daß er Einwendungen seiner Vernunftnoch länger hätteGehör geben können. Immerfort, wo er auch ging und stand, sah er die unergründlichen tiefdunklen Augen der hochbegabten Jungfrau auf sich gerichtet, mit jenem unbegreiflichen, räthselhasten Ausdruck, der eine eigenthümliche Macht auf ihn ausübte.
(Fortsetzung folgt.)