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sion anbelangt, so dürste dieselbe zwei, auch wohl drei Monate in Anspruch nehmen. Ob der Landtag seine Arbeiten ohne Unterbrechung vollenden kann, hängt von der Einberufung des Reichstags und der Wichtigkeit seiner Aufgaben ab.
— Eine erschütternde Kunde kommt aus Amerika zu uns. Dr. Las- ker ist Freitag Nachts 1 Uhr plötzlich an einem Herzschlage verstorben. Derselbe kehrte zu Wagen von einem Diner bei dem Bankier Seligmann zurück, als er von dem Schlage getroffen wurde. Der Wagen hielt sofort an, Bankier Seligmann, welcher ihn begleitete, hals ihn aus dem Wagen bringen, wobei Lasker in seinen Armen starb. Der Leichnam soll einbalsamirt und — wie es heißt — nach Deutschland überführt werden." Das ist der trockene Bericht, welchen uns der Telegraph übermittelt. Bei dem ergreifenden Unglücksfall müssen heute die Parteileidenschaften schweigen, ein Jeder, welcher politischen Richtung er auch angehören möge, muß in Lasker einen Mann sehen, der mit eiserner Conse- quenz das verfolgte, was er für richtig erkannte, der mit unermüdlichem Fleiße mitgeholfen hat, das neue deutsche Reich aufzubauen und einzurichten, und selbst alle diejenigen, welche seine Ansichten nicht theilen, werden nicht umhin können, ihm das Andenken eines ehrlichen, braven Mannes und enes scharf und logisch denkenden Politikers zu wahren. — Nachdem dieGrund - züge zur Unfallversicherung den Bundesregierungen zu gegangen sind, sollen dieselben nunmehr veröffentlicht werden. Das soll in der Weise geschehen, daß Exemplare der Vorlage allen größeren Blättern in Süd- und Norddeutschland verschiedenster Richtung direct zugesandt werden. Der Entwurf in seiner gegenwärtigen Gestalt ist von nur mäßigem Umfang; er enthält 52 Grundzüge und eine richt umfangreiche Begründung. — Mit großer Entschiedenheit wird den Gerüchten über den angeblich unerwünschten Gesundheitszustand des Feld marschalls von Manteuffel und über seine Absicht, den Posten als Statthalter niederzulegen, entgegengetreten und erklärt, daß an diesen offenbar tendenziös entstellten Meldungen kein wahres Wort sei. Das Befinden des Statthalters sei durchaus zufriedenstellend, und dem Gedanken, sich von seinem schwierigen, verantwortungsreichen Posten zurückzuziehen, sei der Feldmarschall sicherlich jetzt ebensowenig wie früher nahe getreten.
— Aus Kiel berichtet man der „Danz. Ztg.": Ein Gesandter des Vizekönigs von Canton, der Mandarin Otto Fock, war dieser Tage hier anwesend. Derselbe ist beauftragt, mit deutschen Werften über den Bau von sieben Korvetteen zu verhandeln. Die auf der Howaldtschen Werft in Bau befindlichen zwei Korvetten werden gleichfalls für Rechnung des Vizekönigs Hu fertiggestellt; die chinesische Gesandschaft zu Berlin hat mit diesen Aufträgen nichts zu schaffen. Herr Fock ist ein geborener Hamburger, seit Jahren in chinesischen Diensten und in Shanghai domizilirt. Er hat sich um die Einführung landwirthschafilicher Maschinen und die Anlage von Tuchfabriken im südlichen China verdient gemacht.
Frankreich.
— Trotz der Meldungen in französ. Regierungsblättern, daß derAn- griff gegen Bacnin vertagt worden ist, nimmt' ein Pariser Corresp. der Nat.Z. an, daß dieser befestigte Platz gegenwärtig in Tonkin das einzige Ziel der Expeditionsarmee und der französischen Diplomatie ist. Die Heeresleitung (schreibt derselbe) wartet nur den Abschluß der Konzentrirung der Truppen und die noch erforderlichen militärischen Vorbereitungen ab. Wenn Admiral Courbet bisher mit seinen Maßnahmen zögerte, so liegt es daran, daß er sich über die Anzahl der Vertheidiger von Bacnin sowie über die Art der Befestigungen keine zuverläßige Kenntniß verschaffen konnte. Ein entschiedenes Vorgehen ist aber auch nach der Einnahme von Sontay um so mehr geboten, als aller Orten der Aufstand sich regt, so daß die kleineren franzöj. Besatzungen genöthigt sind, sich in ihre Plockhäuser zurückzuziehen und den Piraten, die an den verschiedensten Stellen ihr Unwesen treiben,
» freien Spielraum zu gewähren. Dies gilt für Haidzuong (östlich von Hanoi), für Phu-Binh (südlich von Haidzuong) und viele andere Punkte. Daß Courbet den Befehl erhalten hat, den Angriff gegen Bacnin so bald als möglich zu unternehmen, kann keinem Zweifel unterliegen, so daß die that- sächliche Verzögerung lediglich durch lokale Hindernisse verursacht sein kann. Freilich darf nicht übersehen werden, daß die Vorbereitungen des Sturman
griffs gegen Sontay 1 vollen Monat in Anspruch nahmen. So wird im französ. Marineministerium der Angriff auf Bacnin in den Tagen vom 20. bis zum 25. Januar erwartet; augenblicklich sammelt sich das Expeditionscorps zwischen den bereits oben erwähnten Punkten Haidzuong Phu-Binh. Inzwischen haben die Franzosen in der Nähe von Hu 4 mit den größten Schwierigkeiten zu kämpfen; die anamitischen Mandarinen erweisen sich immer feindseliger, so daß der französ. Ministerpräsident de Champeaux die unverzügliche Besetzung von HuL verlangt. Die Beziehungen zwischen Frankreich und China haben in den lezten Tagen keine Veränderung erfahren.
O e st e r r e i ch.
— Laut einer Privatnachricht aus Pest wurde auf dem dortigen Hauptpostamt eine eiserne Kiste mit 240,000 Gulden gestohlen. Die Kiste war plötzlich verschwunden, vier Postdiener wurden verhaftet, dieselben leugnen aber entschieden. Die Untersuchung wurde sofort eingeleitet, die ge- sammte Polizei ist in Thätigkeit. — Die Ankunft des russischen Ministers v. Giers in Wien ist auf den 19. d. M. festgesetzt.
Rußland.
— In ganz Rußland hallt der Name Sud eikin wider. Wer ist Sudeikin? Er war das gefürchtetste Haupt der Polizei in Petersburg, von dunkler Herkunft, ein Riese an Größe und Kraft, unermüdlich und scharfsinnig, Verschwörer zu entdecken und zu fangen, ohne Scruppel über die Mittel, gewissenlos und furchtlos. Die Nihilisten haßten ihn wie das Feuer. Einem jungen Nihilisten Jablonski hatte er Begnadigung erwirkt unter der Bedingung, daß er Geheimpolizist werde. Dieser mar ihm ganz ergeben und wurde sein Vertrauter. Ec half bei vielen Entdeckungen uns die Nihilisten schworen ihm den Tod, wenn er ihnen nicht Sudeikin in die Hände spiele. Dies gelang. Sudeikin kam neulich Abends mit einem jungen Vetter zu Jablonski ins Zimmer und wurde, während er am Tische sitzend plauderte, mit einem Schuß aus einer dunkeln Kammer niedergestreckt und dann von vier Männern, die auf ihn eindrangen, mit zahllosen Hieben und Stichen ermordet. Die Nihilisten entflohen, der junge Vetter war anscheinend tödtlich verwundet und im Stiche gelassen worden. Das rettete ihm das Leben. Das ist das neueste Nachtstück in Petersburg. Nihilisten, Polizisten, Verschwörungen, geheimnißvolle Verhaftungen und Ermordungen — das ist der ewige Kreislauf in Rußland. Gottlob, wer dem allem nur aus der Feme zuzusehen braucht. —
Tages - Neuigkeiten.
0 . Ein Sommenhardter Bürger N. ist Ende vorigen Monats ohne den sonst üblichen Abschied nach Amerika und überläßt seinen Verwandten den Verkauf seines Anwesens. Eine gegen ihn veranlaßte Anzeige wegen Körperverletzung mag unter Anderem die Ursache zu diesem Entschluß gewesen sein.
— Die Schleppschifffahrt aufdem Neckar hatte bis letzten Dezember 1883 eine Gesammteinnahme von 359,641 c,/L 90 H.
Stuttgart, 8. Jan. Die Beisetzung der Leichs des in Berlin verstorbenen Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. F. PH. Fr. von Kübel findet am Mittwoch den 9. d. Mts., Nachmittags 2'/s Uhr, mit Fußbegleitung vom Güterbahnhof aus auf dem Pragfriedhofe hier statt.
Cannstatt, 7. Jan. Gestern Nachmittag vergnügte sich ein junger Mann mit Nachensahren auf dem Neckar, die Strömung riß den Nachen über das Wehr bei der Neckarbücke hinab; der Nachen schlug um und der Insasse wurde vielleicht nur durch den Muth des Fischers Brähle jr. vor dem Tod des Ertrinkens bewahrt. — In einem Hause in der Waiblinger Straße explodirte vorige Woche eine irrthümlich mit Benzin gefüllte Petroleumlampe; sofort ergoß sich das so leicht brennbare Benzin auf Tisch und Boden, so daß das Zimmer in Hellen Flammen stand, welche nur durch die Geistesgegenwart der Bewohner rasch und ohne Schaden gedämpft wurden.
Villingen, 2. Januar. Ein württembergischer Landjäger trans- portirte heute einen Zigeuner, gebürtig aus Pest (Ungarn), hierher, welcher weiter nach Donaueschingen befördert werden soll, um dort Zeugen gegen«
diesen Sturm in seinem Innern erregte, und vergeblich rang er nach Worten um den ihn beherrschenden Gefühlen Ausdruck zu geben.
Die Harfnerin hatte ihm gegenüber auf einem Plüschseffel Platz genommen. Ihr Aussehen war gänzlich verschieden von dem, welches sie am vergangenen Abend so unbedeutend neben ihrer Gefährtin hatte erscheinen lassen. Jeder unbefangene Beobachter mußte auf den ersten Blick wahrnehmen, daß nicht ihre Gefährtin, sondern sie Diejenige sei, welche den Preis der Jugend und Schönheit in dem musikalischen Trio verdiente.
Ihr reiches, bläulich schwarzes Haar fiel in anmuthigen Locken herab und ließ die hohe, stolze Stirn gänzlich unbeschattet. Und wenn auch iher Züge noch dieselbe tödtliche Starrheit athmeten, wie sie über ihrem ganzen Wesen ausgegossen lag, so kam doch durch den eigentümlich sinnenden, verschleierten Blick der dunklen, seelenvollen Augen ein unbeschreiblich anziehender und rührender Ausdruck in das feingeschnittene Antlitz. Auch hob sich heute ihre ebenmäßige Figur in dem anschließenden schwarzen Hausklside auf das Vorteilhafteste hervor, und Jeder, der dieses räthselhafte, schöne Geschöpf jetzt sah, mußte sich unwillkürlich gestehen, daß von den Tausenden mufi- cirender Mädchen, die alljährlich die böhmischen Gebirgsstädtchen verlassen, um in der Fremde ihren Unterhalt zu suchen, ihr nicht leicht eine den Rang streitig machen konnte.
„Es ist lange her, daß wir uns nicht gesehen, Anna!" begann der junge Mann nach einer kurzen Pause.
Sie nickte leicht mit dem Kopfe und ein sanftes Lächeln glitt durch ihre Züge, als sie erwiderte: „Balv drei Jahre, Herr!"
Fortsetzung folgt.
und die Umrisse eines jugendlichen Mädchenantlitzes hoben sich auf der glatten Fläche ab. Darnach wurde die Thüre mit einiger Vorsicht geöffnet, und die blonde, von dem jungen Dilettanten am vergangenen Abend so scharf getadelte Geigerin erschien auf der Schwelle.
„Sie verzeihen gütigst, Fräulein!" begann Werner nach kurzem, fast nachlässigem Gruße, ich wünschte das Fräulein Zriny zu sprechen!"
Die Angeredete musterte den Besucher mit einem forschenden Blick.
„Die Zriny ist mit ihrer Toilette beschäftigt, da wir sogleich zum Konzert müssen," versetzte sie kurz, fast herb. „Vielleicht könnte ich Ihnen die erforderliche Auskunft geben?"
„Ich muß das Fräulein selbst sprechen, Mademoiselle!" rief Werner mit einem Anflug von Schroffheit. „Hier haben Sie meine Karte; ich werde warten bis Fräulein Zriny ihre Toilette beendet hat!"
Es lag eine solche Bestimmtheit in dem Auftreten des jungen Mannes, daß das Mädchen, augenscheinlich eingeschüchtert, keine weitere Entgegnung wagte, vielmehr die Karte an sich nahm und damit im Innern des Korridors verschwand.
Nur wenige Minuten verstrichen, während welcher Zeit er in athem- loser Spannung wartete. Selbst diese kurze Frist dünkte ihm eine Ewigkeit. Dann scklugen die Worte an sein Ohr:
„Guten Tag, Herr Werner!" Bitte, wollen Sie gefälligst näher treten?"
Er bebre zusammen bei dem Klange dieser Stimme und einen Augenblick war es ihm, als dränge alles Blut gewaltsam seinem Herzen zu. Stoch verwirrter wurde er, als er Derjenigen Auge gegen Auge gegenüber saß, die