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Calw.
Erledigte Oberamtsgeometerstelle.
Die Geometer des Bezirks werden hiemit darauf aufmerksam gemacht, daß die Oberamts-Geometerstelle Göppingen mit 14tügigem Meldungstermin zur Bewerbung ausgeschrieben ist.
Den 6. Januar 1884. K. Oberamt.
F l a x l a n d.
Calw.
An die Ortsvorsteher.
Gemäß H 14 der Verfügung des K. Justizministeriums vom 24. Dez. 1880, haben die Vorstände der Gemeindegerichte bis zum 15. Januar jeden Jahres dem Amtsgerichte auf Grund der in einzelnen bürgerlichen Rechts - streitigkeiten verfaßten Protokolle und der Schuldklagprotokolle (Ausführungs- Gesetz zur Reichscivilprozeßordnung Art. 6, Abs. 6 und Art. 13, Abs. 3, Reg.-Bl. vom I. 1879, S. 175 und 179) anzuzeigen:
1) in wie vielen Fällen wegen als unbestritten eingeklagter Geldforderungen das Schuldklagverfahren vor dem Vorstand des Gemeindegerichts in dem abgelaufenen Jahr stattgefunden hat,
2) wie viele bürgerliche Rechtsstreitigkeiten in dem abgelaufenen Jahre, bei dem Gemeindegericht angefallen sind und wie viele derselben durch Entscheidung Art. 6 und 14 des angeführten Ausführungs-Gesetzes, wie viele in anderer Weise erledigt worden fiud.
Diese beiden Anzeigen sind je abgesondert und in thun- lichster Bälde zu erstatten, da solches bis jetzt nur theilweise zu Ziff. 2 von einzelnen Ortsvorstehern geschehen ist.
Den 6. Januar 1884.
K. Amtsgericht.
Oberamtsrichter Perrenon.
Politische Nachrichten.
Deutsches Reich.
Berlin, 4. Jan. Der Reichsanz. veröffentlicht die Verleihung des Großkreuzes des Rothen Adlerordens an Mukthar Pascha, der 2. Klaffe des Rothen Adlerordens mit Stern an den Sekretär des Sultans, Kia- zim Bcy, des Kronenordens 2. Kl. an die Oberstlieutenants Noury Bey und Chevki Bey.
— Die Wiesbad. Z. gibt unter allem Vorbehalt eine Nachricht wieder, welche, falls sie sich bestätigen sollte, nicht verfehlen würde, berechtigtes Aufsehen zu erregen. Danach soll vor etwa 14 Tagen eine sehr geharnischte Note nach dem Rezept des bekannten kalten Wasserstrahls aus Berlin nach Paris gerichtet worden sein. „Ueber den Inhalt derselben verlautet nichts Näheres, doch glaubt man, daß sie sich auf das ganz unqualificirbare Benehmen der französischen Kriegsschiffe bei Gelegenheit der Reise des Kronprinzen bezieht. Bekanntlich wurde auf der Fahrt von Genua das Geschwader von einem französischen Kriegsschiff beobachtet. Dasselbe fuhr in der Nacht mitten durch elfteres durch. Auf der Rückreise sollen sich ähnliche Vorfälle zugetragen haben; auch haben, wie bekannt, im Hafen von Barcelona die Schiffe sämmtlicher Nationen geflaggt und salutirt, wie das die internationale Höflichkeit gebietet, nur die französischen nicht. Es wird sich ja sehr bald Herausstellen, ob und was an dieser Nachricht Wahres ist."
'x Tages - Neuigkeiten.
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Calw. Letzten Samstag, Abends 6 Uhr, soll der Bierführer des Bierbrauers H. in Nagold zwischen dort und Pfrondorf von einem mitfahrenden ältern Handwerksburschen räuberisch angefallen worden sein, wobei der erstere jedoch die Oberhand bekam und den Angreifer mit dem Peitschenstock tüchtig durchgebläut habe. Die aus alsbaldige Anzeige angestellten Nachforschungen blieben erfolglos.
Machdruck »erboten.)
Leidenschaftliche Kerzen.
Roman von Karl Zastrow.
(Fortsetzung.)
„Ob ich hinaufgehe?" flüsterte er, während er sinnend emporblickte; „nein, ich bin nicht in der Stimmung, wie sie zu der glänzenden, fröhlichen Gesellschaft da oben paßt, und dennoch möchte ich es wagen! Vielleicht werde ich abgezogen von jenem dämonischen Bilde, das seit wenigen Stunden wieder meine Seele beherrscht und mich zu keiner Ruhe kommen läßt! vielleicht —"
Er zog entschlossen die Hausglocke. Das Thor öffnete sich, und hastig schritt er durch die von Gasflammen strahlend erleuchtete Hausflur die breiten Marmorstufen hinauf. Oben angelangt, trat er ohne Weiteres vom Cor- ridor aus in den tageshellen Salon, in welchem sich eine kleine aus Herren und Damen bestehende Gesellschaft befand, von welcher er bei seinem Eintritt in der freundschaftlichsten Weise begrüßt wurde.
Rasch überflog sein Auge den glänzenden Kreis, und es hellte sich gewissermaßen auf, als es nur bekannte Gesichter traf. Schon wollte er sich zu dem Herrn des Hauses begeben, der, wie er durch die offenstehende Seitenthür bemerkte, im Nebenzimmer mit mehreren anderen älteren Herren am Spieltisch saß, um sich vorzustellen und ihn zu begrüßen; dabei mußte er an einer Gruppe von drei blühenden, jungen Mädchen vorüber, die
4V. 6. Stuttgart, 4. Jan. Gestern und heute fanden vor der Strafkammer des K. Landgerichts zwei Verhandlungen statt, die auch für weitere Kreise einiges Interesse haben. Gestern wurde gegen den 30 Jahre alten Ingenieur Brosse verhandelt, welcher die Flucht des durchgegangenen Postpraktikanten Bommas erleichtert und begünstigt hatte, auch um dessen Unterschlagung seit langer Zeit wußte, ohne übrigens eines Vortheil für sich daraus gezogen zu haben. Da die Flucht des Bommas durch sein körperliches Leiden, das ihn leicht kenntlich machte, von hier aus schwieriger gewesen wäre, so löste er sür denselben ein Fahrbillet nach Linz, womit er nach Cannstatt fuhr und es dort in der Nacht dem Bommas übergab, der damit weiter fuhr, wodurch seine Flucht möglich wurde. Nach der Angabe des Broffe würde die von Bommas defraudirte Summe 30 bis 40,000 betragen. Der Staatsanwaltschaft sind jedoch nur 10,809 10 H bekannt.
Brosse wurde unter Annahme mildernder Umstände nur zu 6 Monaten Gefängniß verurtheilt, woran noch l'/z Monate der Untersuchungshaft abgehen. — Der heutige Fall ist ein Vergehen gegen das Markenschutzgesetz und gegen den Gürtler Uhlshöfer gerichtet, welcher von der Eisen- waarenhandlung Kirchner wegen Nachmachung von besonderen im Renaissancestil gezeichneten Handgriffen an Möbeln und Schlössern zur Rechenschaft gezogen war und ebenfalls unter Annahme mildernder Umstände zu 50 Mark Geldstrafe oder 10 Tage Haft verurtheilt wurde.
— Durch das Ableben des vormaligen Posthalters Heß in Waiblingen ist die Abgeordnetenstelle des Oberamtsbezirks Waiblingen in Erledigung gekommen. Heß hat sich auch als Industrieller, besonders in der Thon- waarenfabrikation große Verdienste erworben und die von ihm gegründeten Etablissements in Waiblingen und Heslach stehen noch heute im besten Flor. Er erreichte ein Alter von über 71 Jahren, war übrigens schon seit längerer Zeit leidend und konnte schon der letzten Landtagssession nicht mehr für die Dauer anwohnen. Seine Mitbewerber bei der letzten Wahl waren die früheren Abgeordneten Simon und Oe st er len. Die Neuwahl wird wohl wiederum einen lebhaften Wahlkampf Hervorrufen.
Stuttgart, 4. Jan. Aus San Remo eingetroffenen Nachrichten zufolge wurde daselbst bei Seiner Majestät wie das Weihnachtsfest so auch das Neujahrsfest in heimatlicher Weise gefeiert. Der König nahm am Neujahrsmorgen die Glückwünsche der in seinem Gefolge befindlichen Personen entgegen und empfing im Laufe des Tages theils auf schriftlichem, theils auf telegraphischem Wege zahlreiche Glückwünsche von Souveränen und anderen fürstlichen Personen, sowie von Behörden, Korporationen und Privatpersonen aus der Heimath. Das Befinden Seiner Majestät ist fortwährend ein befriedigendes, obgleich die Witterung an der Riviera immer noch einen rauhen und unfreundlichen Karakter zeigt. .
Wi 6. Stuttgart, 6. Jan. Wie auf dem Friedrichsplatz ein Denkmal für den verewigten König Friedrich geplant, wofür, wie bereits gemeldet, Hofbildhauer v. Hofer mit den Entwürfen beschäftigt ist, so ist auch ein Denkmal für unfern genialen Bildhauer v. Dannecker in Aussicht. Der Verein zu Förderung der Kunst, der eine größere Thätigkeit zu entfalten beabsichtigt, wird sich der Sache annehmen, ebenso wie der künstlerischen Ausschmückung des Karls-Gymnasiums in Stuttgart.
Eßlingen, 4. Jan. Gestern Abend verunglückte der seit einigen Wochen bei der Güterbeförderung auf dem Bahnhofe als Gehilfe verwendete 19 Jahre alte Hering von Stuttgart, Sohn einer Wittwe. Derselbe hat sich bei dem 8 Uhr 35 nach Stuttgart abgehenden Zuge in nicht dienstlicher Weise auf dem 2. Geleise aufgehalten. Auf diesem fährt, nach Abgang des Zuges, die außer Dienst gestellte Lokomotive langsam rückwärts in die Remise. Der Verunglückte und ein Begleiter entfernten sich zu spät; dett Elfteren erfaßte der Tender, warf ihn zu Boden zwischen die Schienen, wo durch den Aschenkasten der Kopf in einer Weise verletzt wurde, daß der Tod sofort eintrat. Das Fahrpersonal trifft keine Schuld.
Geislingen, 4. Jan. Gestern Abend ^9 Uhr wurden wir durch Feuerlärm erschreckt; es brannten in dem I Vs Stunden von hier entfernten Amstetten die Scheunen des Jakob und Johannes Straub bis auf den Grund nieder. Gerettet wurde nur wenig; der Mobiliarschaden cheträgt ca. 6000 -^L, doch sind die Beschädigten versichert. Die an die
lachend und plaudernd auf dem Divan saßen und die Blätter eines elegant gebundenen Albums besichtigten.
Er wollte, ohne sich umzusehen, vorübergleiten. Da aber klang eine Helle Silberstimme halb scherzend, halb vorwurfsvoll an sein Ohr: „Herr Werner, haben sie, nachdem sie so lange auf sich warten ließen, nicht einen Gruß für Ihnen befreundete Damen?"
Es war ein schlankes Mädchen von kaum 17 Jahren, welches diese Worte sprach: Eine angenehme Lebhaftigkeit und Munterkeit, verbunden mit einer reizenden Naivetät waren wie ein duftiger Hauch über ihr ganzes Wesen gebreitet und verliehen ihrem Antlitz das Gepräge einer bezaubernden Unschuld. Man konnte in diese klaren, blauen Augen nicht hineinsehen, ohne sich zu gestehen, daß sie der Spiegel einer durchaus reinen Seele, der Abglanz eines edlen, echt weiblichen Charakters seien.
„Verzeihung, Fräulein Emmy, sagte der junge Mann leise, „es drängte mich, zunächst Ihrem Herrn Vater meine Aufwartung zu machen. Darnach würde ich es gewiß nicht Unterlasten haben-"
Sie war hastig aufgesprungen, nachdem sie das Album in den Schooß der Freundin hatte geleiten lasten.
„Keine Phrasen, lieber Edmund," flüsterte sie in leichter Erregung, indem sie seine Hand ergriff und ihn hastig mit sich fortzog. „Wir haben Sie heut früher erwartet. Fällt es Ihnen denn so schwer, Wort zu halten oder fühlen Sie sich bei uns nicht heimisch? Seien Sie offen, lieber Edmund! Es ist leider nicht das erstemal, daß ich Sie mit dieser Aktenrunzel auf der Stirn sehe." ..
Unbemerkt von der übrigen Gesellschaft hatte sie ihn während dieser Worte in den an das Zimmer stoßenden größeren Gesellschaftssalon geführt^