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kunft in dem jüngsten Sohne des Grafen von Paris ihr Oberhaupt erhalten. Als den Universalerben bezeichnet man seinen in der Schweiz weilenden Neffen, den Grafen Bardi. Derselbe hat bereits die Reise nach Frohsdorf angetreten. _ _

Tages - Neuigkeiten.

Calw, 20. August. Eine recht herzliche Ausnahme wurde unserem Calwer Liederkranz" am gestrigen Tage in Reutlingen von Seiten des dortigen Liederkranzes zu Theil, dessen Besuch im Vorjahre mit diesem erwiedert wurde. Ca. 45 Mitglieder, die sich an dem Ausflug betheiligt hat­ten, wurden vom Reutlinger Liederkranz am dortigen Bahnhofe mit der Fahne empfangen und herzlich bewillkommt. Nach einem kleinen Frühstück im Gasthaus zur Schwane wurde ein Abstecher auf die Achalm gemacht. Zur Mittagstafel zurückgekehrt, wechselten von beiden Vereinen Reden mit Ge­sangsvorträgen, im Chor sowohl als auch in Solis. Der Nachmittag wurde in einem Garten, in dem die Reutlinger Stadtkapelle concertirte und wozu der dort. Verein in freigeberischer Weise bereits die Billete besorgt hatte, zuge­bracht. Am Abend von dem Reutlinger Liederkranz Meder zum Bahnhofe zurüäbegleitet, schieden unsere Mitglieder in frohester Stimmung über den gelungenen, von so schönem Wetter begünstigten Ausflug.

>V. 6. Stuttgart, 19. August. In Betreff des Volksfestes, welches auch dieses Jahr wie bekannt zwar ohne das offizielle landw. Cen­tralfest , aber doch von der Regierung unterstützt mit allerlei Zuthaten vom Oberamt und Stadt Cannstatt abgehalten wird, haben das Oberamt und das Stadtschultheißenamt von Cannstatt nun die entsprechende amtliche Bekanntmachung, namentlich auch in Betreff der Vergebung der Wirtschaften und Schaubuden stv. 3. Sept.) erlassen. Das Fest ist am 27. 28. 29. und 30. Sept. mit Pferderennen, Schifferstechen, Regatta und Velocipedrennen.

Herrenberg, 16. Aug. Gestern Vormittag gegen 8 Uhr ging der Gehilfe des Apothekers Müller hier mit einem offenen Lichte in den Keller, um etwas zu holen. Beim Eintritt in denselben bemerkte er einen starken Benzingeruch, und als er näher nachsah, nahm er wahr, daß ein mit Benzin gefüllter Glasballon einen Sprung hatte. Rasch löschte er das Licht aus, aber im gleichen Augenblick explodirte auch schon der defekte Ballon und im Nu war der ganze Keller ein Feuermeer. Die sofort allar- mirte und rasch herbeigeeilte Feuerwehr erstickte das Feuer mit Mist, und so wurde ein weiteres Unglück vermieden. Der Apothekergehilfe jedoch trug verschiedene, namentlich am Kopfe schwere Brandwunden davon.

Riedlingen, 16. Aug. Zu der heute stattgehabten Pferdemuster­ung wurden 15 Pferde zugeführt und 6 von der Commission angelauft. Der höchste Preis war 850 clL; der niederste 600 In Ravensburg wurde von der gleichen Commission für 1 Pferd 1000 ^ bezahlt.

Hof, 12. Aug. Wie derRürnb. Anz." berichtet, erzählt man sich hier ein amüsantes bureaukratisches Geschichtchen, das sich gestern hier ereig­net haben soll. In seinem Bureau aus dem Rathhaüs fitzt der Herr Rechtst rath H. im Aktenstudium tief versunken. Da klopft es ... es klopft öfter einmal den Tag über an der Thüre des Bureaus eines rechtskundigen Magist- ratsrathes, man läßt ruhig klopfen, die Leute treten schon so ein. Es klopft wieder und ärgerlich über den beharrlichen Klopfer ruft Rechtsrath H.:Zum Donnerwetter noch einmal, 'rein wer draußen ist!" Der Rechtsrath H. hat aber noch einige Bogen zu lesen und denkt, der, die oder das Eingetretene kann schon so lange warten, er liest ruhig weiter und schaut nicht einmal auf. Das muß aber dem Eingetretenen doch zu lange gedauert haben, denn auf einmal hört der Rechtsrath hinter sich sagen:Minister Freiherr v. Fei- litzsch zur Jnspizuung." Unbeschreibliches nicht wieder zu gebendes Tableau !

Schmiedeberg i. Schlesien, 17. Aug. Die gestern früh auf der GrubeBergsreiheit" verschütteten sieben Bergleute wurden gestern Abend 11 Uhr alle gesund und wohlbehalten zu Tage gefördert.

Vermischtes.

Ein Unglücksfall hat sich an, Freitag wie aus Wesel gemeldet wird Morgens zwischen 4 und 5 Uhr auf dem Rhein ereignet.

Der Kessel eines Güterbootes explodirte, zerschmetterte das mit Petro« leum gefüllte Schiff und tödtete 8 Menschen. Der Capitän wurde gerettet, !

doch schwer verletzt in das städtische Krankenhaus gebracht. Die Explosion i

war von so mächtiger Wirkung, daß viele Theile des Schiffes nach beiden !

Seiten des Ufers geschleudert wurden. Es sind alle Maßregeln ergriffen, >

um die Verunglückten aufzufinden.

In der Angelegenheit des Dr. Herz zu Mannheim wird, wie man hört, der Oberstaatsanwaltschaft eine weitere, höhere Ent­scheidung gegen den Beschluß der Anwaltskammer herbeizuführen suchen, durch den das Verfahren gegen Dr. Herz, wie mitgetheilt, eingestellt wor­den ist.

Streitigkeiten wegen elektrischer Beleuchtungs, Patente. Wie mitgetheilt wird, hat die Deutsche Edison-Gesellschaft für angewandte Elektrizität im Aufträge des Herrn Edison in New - Jork Klage gegen diejenigen deutschen Firmen angestrengt, welche Swan'sches Glühlicht verwenden, resp. die Jnstallirung dieses Lichtes besorgen, und zwar mit der Behauptung, daß das Swan'sche Glühlicht mit unter das Edison'sche Patent falle. Um diese Patentklage zu pariren, beabsichtigen die hievon Betroffnen mit einer Gegenklage Hegen das deutsche Gtühlicht-Patent der Edison-GeK. schaft vorzugehen, weil Evison'sches Glühlicht angeblich bereits in Amerika in Gebrauch war, ehe das Patent in Deutschland nachgesucht worden ist.

Aus Athen wird eine interessante Entdeckung gemeldet, welche während der von der französischen Schule in Athen vorgenonimenen Aus­grabungen auf der Insel Delos gemacht worden ist. In der Nähe des Apollotheaters stieß man auf ein Privathaus, welches wahrscheinlich dem alexandrinischen Zeitalter angehört. Bis jetzt ist ein von Säulen und 13 Gemächern umgebener Hof blosgelegt worden. Der Boden des Hofes ist mit prachtvoller Mosaik belegt, enthält Blumen, Fische und andere Zierrathen, und in der Mitte des Hofes befindet sich eine volle Wasserzisterne. Das Thor des Hauses und die zu demselben führende Straße sind ebenfalls aus­gegraben werden. Da die Ausgrabungen fortgesetzt werden, dürfte möglicher­weise ein ganzer Bezirk der alten Stadt entdeckt werden.

Handel Sr Verkehr.

Laupheim, 17. Aug. Der gestrige Viehmarkt war gut befahren der Handel lebhaft, es sind über 70 Stück ins Oberland und Unterland per Bahn verladen worden. Schweinemarkt gut befahren, das Paar kostete 3040 Mutterschweine wurden zu 140 verkauft. Die Ernte ist bis auf Haber und etwas Gerste bei günstigem Wetter eingeheimst und zur allgemeinen Zufriedenheit ausgefallen. Das neue Mehl ist sehr weiß und von seltener Ergiebigkeit. Die Kartoffeln stehen sehr schön und berech­tigen zu den besten Hoffnungen. In einem einzigen Stock Frühkartoffel wurden dieser Tage 37 Stück meist schöne, theils sehr große Kartoffeln aus­gegraben. Schranne gut befahren und galt Korn 9 40 bis

10 20 H. Roggen neu 9 30 H. Haber 5 60 bis 10

Rorschach, 16. Aug. (Getreide. Wochenberichts Preise fest. Wenig Kauflust. Preise per 100 Kilogr.: Korn Frs. 27. bis Frs. 27.50, Ausstich Theißweizen Frs. 29.50 bis Frs. 29.75, I»? Ungarweizen Frs. 28.25 bis Frs. 28.75, rumänischer Frs. 27. bis Frs. 27.50, Hafer Frs. 17. bis Frs. 19.50, Mais gelbes altes Frs. 18.75 bis Frs. 19. , 100 k»r. halbweiß Mehl Frs. 45, Kleienpreis Frs. 10.

Zur Kirchenöauftage.

Der Calwer Anzeiger vom 1. und 10. d. M. enthält 2 Artik.lzum Kircheubau', die in verschiedenen Beziehungen der Berichtigung bedürfen, nicht sowohl um des Ein­senders als der Gemeinde willen.

Ich bedaure am Schlüsse des 25jährigen Kampfes in dieser Angelegenheit mich noch einmal in einen Streit einlassen zu sollen, überdicß in einen sehr muthwilligen, der eigent­lich wie man zu sagen pflegt, vom Zaum gerissen ist, während Jedermann fühlen sollte, daß die Angelegenheit nun in einem Stadium angelangt ist, daß sie ihrer Natur und ihrem Wesen nach im Frieden erledigt werden sollte. Da cs sich aber um die höchsten Interessen in der Gemeinde handelt, darf ich auch den letzten Kampf nickt scheuen.

Es handelt sich nemlich nicht um die in jenem Artikel hervorgchobenen Beziehungen

tätsgenossen bezeichnet. Indessen harte sich Niemand gefunden, der es für angezeigt gehalten hätte, diese Rolle zu spielen und so blieb der Verdacht schließlich auf einem alten bemoosten Haupte sitzen, das man einige Male in Gesellschaft des Arztes gesehen hatte und das unlängst, aller europäischen Kultur überdrüssig, nach Amerika ausgewandert war.

Der Gefangene selbst hatte über diesen Freund widersprechende An­gaben gemacht. Dieser Punkt war einer derjenigen, welche in der Ange­legenheit dunkel blieben und von ihm ging der Vertheidiger aus, als er nach dem Schluß der Beweisaufnahme und der Verlesung der Anklage seine schwungvolle VertheidigungSrede begann.

Der Rechtsanwalt Düster, welchem die Verteidigung des Ange­schuldigten oblag, war ein Mann in den Fünfzigern, mit leicht ergrautem Haupthaar und bartlosem, glattrasirtem Gesicht. Die Spuren eines dornen­vollen Lebens lagen in demselben ausgeprägt. Er hatte sich als armer Student unter den widerstrebendsten Verhältnissen bis zu seiner gegenwärti­gen Stellung emporgearbeitet und man rühmte ihm einen scharfen Blick, eine außerordentliche Schlagfertigkeit, eine seltene Menschenkenntniß nach.

Mit großer Gewandtheit griff er die dunklen Punkte heraus, die seiner Ansicht nach in der Anklage enthalten waren. Den Schwerpunkt seiner Rede legte er auf den anonymen Brief, den er als denAufschrei eines gequälten Frauenherzens" bezeichnte. Es könne keinem Zweifel unterliegen, daß der gebildete, in allen Kreisen gern gesehene junge Mann in einem schönen reinen Verhältniß zu einer hochangesehenen Dame stände, selbiges aber nicht vor das Forum der öffentlichen Meinung gezogen wissen wolle» vielmehr es vorziehe, sein Schweigen mit dem Tode zu besiegeln. Diese

Dame würde sein Alibi beweisen können, wenn sie vorurtheilsfrei genug wäre, mit der Wahrheit hervorzutreten. Verhältnisse schwer wiegender Art mochten sie daran verhindern.

Dann ging er aus den Besuch in der Eberschenke über. Er stellte es nicht in Abrede, daß der junge Berklitz an jenem Abend seinem Vater gegen­über getreten sei, keineswegs aber als Raubmörder, vielmehr als liebender ' Sohn, der eine Versöhnung nachsuche. Habe der Vater ihm nun die ge­wünschten fünshundert Thaler geschenkt, oder habe er sie sich, während jener schlief, widerrechtlich angeeignet, oder auch irgendwo als Honorar empfangen, wovon das Gegentheil ja nicht erwiesen sei, genug, der Umstand, daß man das Geld bei ihm gefunden, beweise nicht zum kleinsten Theil, daß Doktor Berklitz der Mörder seines Vaters sei.

Insbesondere hob er den Umstand hervor, daß der Dolch, mit welchem die That verübt worden, in der Behausung des Angeklagten von seiner Wirthin, einer Frau Hell, niemals bemerkt worden. Doktor Berklitz sei in der Aufbewahrung seiner Sachen sehr achtlos, habe oft Kisten und Schub­laden offen gelassen, und seine gleichfalls als Zeugin vorgeladene Wirthin hatte ihre Aussage in dieser Beziehung eidlich erhärtet. Es wäre äußerst fraglich, ob der Doktor überhaupt eine derartige Waffe besessen. Die Buch­staben könnten ebenso gut die Firma der Fabrik angeben.

Das Geständiß, welches Berklitz abgelegt, bezeichnete er einfach als ein Manöver zur Ehrenrettung jener Dame, der er sein Herz geschenkt. Der Doktor werde von allen seinen Bekannten als ein Mann von strenger, beinahe rauher Tugend geschildert. Unter diesen Umständen sei sein Be­nehmen ganz natürlich. (Forts, folgt.)

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