5S0
Rathslokal zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. (Hiezu ist jeder Gemeinde ein Plakat zugegangen.)
Am 1. Dezember Bormittags hat beim Oberamt die Anzeige einznkommen über die Zahl der Wähler, sowie datz das Auflegen der Wählerliste und des,er» Bekanntmachnng erfolgt ist.
- Längstens binnen 3 Tagen von Erhebung etwaiger Vorstellungen gegen die Wählerliste an gerechnet, hat die Kommission die vorgekommenen Einsprachen zu erledigen, bezhwse. die Entscheidung der Oberamtswahl-Commission einzuholen.
Im Fall einer Berichtigung derWählerliste, die nach Ablauf der 6tägigen Frist nur noch in Folge von Einsprachen zulässig ist, sind die Gründe der Streichungen und Nachtragungen am Rande der Liste unter Angabe des Datums kurz zu beurkunden.
Spätestens am 11. Dezember haben die Ortsvorsteher die Wählerliste sammt den Akten über beanstandete Wahlberechtigungen dem Oberamt einzusenden mit einer Bescheinigung der Ortswahlkommission am Schluffe der Wählerliste: (Vergl. den hinausgegebenen Anheftbogen)
daß dieselbe nach vorausgegangener öffentlicher Bekanntmachung 6 Tage lang (vom 1.—6. Dezember beide Tage einschließlich) zur allgemeinen Einsichtnahme aufgelegt war.
Dabe» wird ein für allemal bemerkt, datz die auf die festgesetzten Termine nicht eingekommenen Anzeigen und Wählerlisten sogleich «ach Ablauf des Termins dnrch Wartboten abgeholt werden miitzten.
Den 21. November 1882.
K. Oberamt.
_Flaxland.
Calw.
Bekanntmachung, betr. die Abstimmungsdistrikte für die bevorstehende Abgeordnetenwahl.
Die Abgrenzung und Feststellung der Abstimmungsdistrikte für die am Mittwoch, den 20. Dezember d. I., stattfindenden Abgeordnetenwahl, ist gemäß § 10 des Gesetzes vom 10. Juni d. I., (Reg.-Bl. S. 211) und § 9 der Min.-Verf. vom 6. d. M., (Reg.-Bl. S. 345) in der Art erfolgt, daß
1) die Stadt Calw in zwei Distrikte getheilt ist, und zwar
s) südliche Hälfte mit Wimberg, Tanneneck, Walkmühle, Krappen und Bahnhof,
d) nördliche Hälfte mit Gutleuthaus und Windhof.
Die Grenze beider Wahlbezirke bildet eine Linie, welche durch das Biergäßchen, den Kirchberg entlang zum Zwinger zieht, wonach im Bischof das Gebäude Nr. 493 zur südlichen, Nr. 494 zur nördlichen, im Zwinger das Haus Nr. 303 zur südlichen, Nr. 302 zur nördlichen Hälfte gehört.
2) Die Gemeinde Dennjächt wird dem Abstimmungsdistrikt Unterreichenbach und die Gemeinde Ernstmühl dem Distrikt Hirsau zugetheilt.
3) Die übrigen Gemeinden, beziehungsweise Gesammtgemeinden, bilden je
für sich einen Abstimmungsdistrikt.
Den 21. Nov. 1882. K. Oberamt.
Flaxland. _
Calw. An die Ortsvorsteher.
Um gemäß H. 10 der Min.-Verf. vom 6. ds. Mts., (Reg.-Bl. S. 345) die Wahllokale für die bevorstehende Abgeordnetenwahl bestimmen zu können, ist aus Gemeinden, in denen gegen Verwendung des Sitzungszimmers des Gemeinderaths zu Wahllokalen Bedenken irgend welcher Art vorliegen sollten, binnen 2 Tagen hievon Anzeige hieher zu machen, und ein anderes geeignetes Lokal in Vorschlag zu bringen.
Den 21. November 1882. K. Oberamt.
_ _ Flaxland.
Politische Nachrichten.
Deutsches Reich.
Berlin, 20 Nov. Daß Herr v. Giers nun auch in Berlin eingetroffen und vom Kaiser empfangen worden ist, entspricht zwar, wie der Bert. Korrespondet der „Köln. Ztg." schreibt, den Pflichten der Höflichkeit, man
wird aber auch die politische Bedeutung dieser Besuche nicht verkennen. „Rußland will offenbar nicht nur seine guten Beziehungen zu Deutschland und Oesterreich befestigen, sondern dies auch kundgeben. Die seit einiger Zeit bemerkbare Annäherung zwischen den deutschen Mächten und England mag auf den Wunsch mit eingewirkt haben. Von Streitfragen zwischen hier und Petersburg hat man in der letzten Zeit äußerlich wenig vernommen. Das Treiben der Panslavisten in Montenegro und Ostrumelien, worüber sich die Pforte und Oesterreich beschweren, mag hier jedoch zuweilen verstimmt haben, und man weiß, daß die russische Regierung selbst davon zu leiden hat. Fragt es sich, ob sie mitunter demselben nachdrücklicher entgegenwirken könnte, so ist sie dazu, soweit es sich um die Hetzereien gegen die Deutschen in den russischen Ostseeprovinzen handelt, seit einiger Zeit selbst in hiesigen regierungsfreundlichen Zeitungen oft genug eindringlich ermahnt worden. Der Besuch der Herrn v. Giers wurde wohl nicht durch das alles veranlaßt. Aber die Hoffnung, daß eine Besserung jener Zustände, die ja auch dem eignen Interesse Rußlands entspricht, zu den thatsächlichen Folgen der Bewegung gehören dürfte, wird nicht unberechtigt erscheinen."
— Da die holl. Regierung gegen die stets aufrührerischen Atchinesen neue kräftige Schritte thun muß, stehen binnen kurzem ganz bedeutende Werbungen bevor. Mögen unsere deutschen Landsleute sich nicht verlocken lassen, dem Trugbilde einer militärischen Laufbahn und einstigen Pensionsberechtigung nachzulaufen. Das Land, wohin man sie führt, ist von schrecklichen klimatischen Krankheiten heimgesucht; Fieber und jetzt auch die Cholera wüthen furchtbar, und wer mit dem Leben davonkommt, wird meist für alle Zeit siech und dienstunfähig.
Frankreich.
Paris, 20. Nov. Gestern früh wurden zu Lyon achtundzwanzig Leute verhaftet, die verdächtig sind, einem Verband von Franzosen und Ausländern anzugehören, dessen Zweck die Suspendirung der Arbeit und die Aufhebung des Privatbesitzes und des Vaterlandes sein soll. Unter den Verhafteten sollen sich drei Ausländer und mehrere bestrafte Verbrecher befinden. Ein italienischer Flüchtling wurde wegen Betheiligung an anarchistischen Umtrieben polizeilich über die Grenze geführt.
Aegypten.
Aus Kairo, 5. Nov. schreibt ein junger Stuttgarter Kaufmann in einem dem Schw. Merk, mitgetheilten Privatschreiben :*,Die Geschäfte gehen nun hier, was Lieferung für die engl. Armee anbelangt, glänzend, und Waare kann nie genug beschafft werden. Es ist unglaublich, was diese engl. Soldaten an englischen Konserven rc. aufessen und Wisky und Bier auftrinken. Dagegen ist der sonstige Handel schleppend und wird sich nicht so bald beleben. Wohl ist die Ordnung wieder hergestellt und sind die Europäer schon massenhaft hier, allein das Vertrauen ist eben noch nicht ganz zurückgekehrt und wird auch noch nicht so bald zurückkehren. Man weiß nicht recht, wie die Sachen weiter gehen werden. Zu dieser Unsicherheit gesellt sich, daß der Aufstand im Sudan in Hellen Flammen lodert. Der sog. Prophet Machdy treibt da oben sein Wesen, plündert und raubt nach seinem Belieben und hat sogar den egyptischen Truppen, die gegen ihn ins Feld gerückt sind, einige Niederlagen beigebracht. Nach den allerneuesten Nachrichten soll sogar Chartum ernstlich bedroht sein. So viel steht fest', daß die Regierung in aller Eile Truppen hinaufgeschickt. Es ist zwar der Raum, der Kairo von Chartum trennt, fast ungemessen, und wäre deßhalb für hier kaum etwas zu befürchten, allein auf den Handel wirken diese Unruhen hemmend. Der Transport der Waren, die aus dem Sudan kommen, leidet aber schon seit Monaten, da Niemand den Karawanen gerne Transporte anvertraut aus Furcht, unterwegs möglicherweise seine Habe zu verlieren. Unsere Gummis sind deßhalb in allerjüngster Zeit erheblich gestiegen. Und sonst gibt es noch viele andere Dinge im Lande, die noch nicht erledigt sind und die dem Geschäftsmann zu denken geben. Die öffentliche Sicherheit ist gut, Niemand wird gegenwärtig ein Haar gekrümmt, und es wird auch so sein, so lange die Engländer hier sind. Wenn sie aber fortgehen, was dann? Wer die untern Schichten des Volkes genauer kennt und viel mit Ihnen in Berührung kommt, behauptet, daß durch die engl. Okkupation der Haß gegen die Christen nur noch stärker geworden sei, und daß es eben sein Loos ruhig ertrage, weil es müsse. Es wäre somit das Volk gleich einer Schlange, die zusammengerollt auf ihr Opfer lauert."
den Bart. Seine Laune war offenbar nicht rosig. Die sonst nimmer erlöschende Pfeife lehnte kalt und einsam in der Ecke neben dem Studirtisch, der Appetit nach der sonst „Unfehlbaren" war dem Herrn Kriminalrath heute vergangen. Und wahrlich, er hatte Grund dazu. Denn die aufgefundene Kugel des Wildschützen, welche unverletzt in das weiche Holz eingedrungen war, paßte genau in dessen Gewehr, und es unterlag keinem Zweifel, er hatte den Mord nicht begangen. Aber damit eben erhoben sich neue, bisher kaum geahnte Schwierigkeiten. Wer war der Mörder? Wo war das fehlerhafte Gewehr aufzufinden, dessen zweifacher Drall auf der tödtlichen Kugel abgeprägt mar? Hätte der Wilddieb einen Menschen in jenem Walde gesehen, er hätte ihn sicherlich genannt.
So war denn alle bisher aufgewendete Mühe vergeblich gewesen, und das Gericht stand mit größerer Nathlosigkeit vor der räthselhaften That, als es das erste Mal der Fall gewesen war.
Um nun das Maaß der Verlegenheit noch voll zu machen, war am heutigen Morgen ein Schreiben vom Ministerium eingelaufen, welches in Rücksicht auf die vornehme Verwandtschaft des ermordeten Forstmeisters und auf den die Angelegenheit heftig einer Entscheidung zudrängenden hohen Adel die Beschleunigung des Verfahrens in Sachen der Ermordung des Grafen von Hohenerbfeld dringend verlangte, eine Zufertigung, welche einem strengen Tadel über die Langsamkeit des Vorgehens nicht unähnlich sah.
Es war daher nicht zu verwundern, daß der Untersuchungsrichter höchst übler Laune war. Alle Fäden, welche auf irgend eine Spur leiten konnten, waren abgeschnitten und neue nicht zu finden.
„Verwünscht!" rief der Kriminalrath, seinen Spaziergang in dem
Zimmer mit neuer Heftigket aufnehmend. „Fast scheint es, als müsse die Geschichte wegen mangelnder Indizien sä acta gelegt werden. Einen Heidenlärm würde es freilich geben, denn der Adel ist über den Mord ungeheuer aufgebracht und würde Zeter und Mordio schreien, wenn derselbe nicht könnte gesühnt werden. Ja, hätten wir das Gewehr mit zweierlei Zügen, dann wollten wir schon weiter kommen. Ob sich bei den Büchsenspannern etwas erfahren ließe?"
Der Kriminalrath warf sich in seinen Lehnstuhl.
„Das wird nichts helfen, denn wahrscheinlich hat der Verfertiger den Fehler selbst nicht bemerkt. Dumme Geschichte! Und obendrein die Nase von oben! Das fehlt auch noch."
Er versank in tiefes Nachdenken.
Da klopfte es schüchtern an die Thür, und auf sein mißmuthiges „Herein!" trat der Amtsdiener in das Zimmer. Derselbe war ein alter Mann mit einem verwitterten Gesicht, aus welchem ein paar schlaue Augen blitzten, die er in pfiffiger Weise zusammenzukneifen pflegte, wenn er etwas im Hinterhalte führte. Er blieb an der Thür stehen und wartete auf die Anrede des Kriminalrathes, dem er mit Leib und Seele ergeben war.
„Nun, Jakob, was gibts, was bringt Ihr?" fragte der Letztere in mißmuthigem Tone.
„Herr Kriminalrath verzeihen, ich glaube, ich habe eine neue Spur gefunden."
Seine Augen schloffen sich so dicht, daß nur noch ein schmaler Streifen derselben zwischen den Wimpern sichtbar war.
(Fortsetzung folgt.)