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Vasallenstaaten 190 Millionen Einwohner. Davon sind 149 Mill. Hindus, 40 Mill. Moslems, etwa 1 Mill. Chinesen, Mischlinge rc., 75,000 Engländer (ohne die Truppen) und 38,000 andere Europäer. In den Vasallenstaaten ist das Verhältnis ungefähr das gleiche.
Es sind also die Moslems nur etwa ein Fünftel der Gesammt- bevölkerung, und wenn man bedenkt, daß keine andere Religion, nicht einmal die christliche, den Hindus und Buddhisten in solchem Grade ein Gegenstand des Abscheus ist, wie die islamitsche, so wird man einsehen, wie wenig gefährlich das Drohen mit der moslemitischen Faust in Indien ist.
Es hat sich auch noch kein ernsthafter Politiker in England gefunden, der jemals davor gezittert hätte.
Wenn die Moslems in Indien einen Aufstand versuchten, so hätten die 65,000 Mann englischer Truppen, die drüben stehen, allerdings alle Hände voll zu thun, nämlich zu verhindern, daß die Hindus nicht, wie sie es in kleinem Maßstab jetzt in der Präsidentschaft Madras gethan, über die Moslems herfallen und sie massakriren. Die Moslems werden sich aber die Sache auch zweimal überlegen, bevor sie einen Aufstand wagen und sollten sie über das räuberische England noch so erbittert sein. 6. 6orr.
' TagesNeuigkeiten.
Calw, 11. Sept. Auf das heute Nachmittag ausgebrochene Gewitter meldet man soeben vor Schluß des Blattes Feuer in Sommenhardt durch Blitzschlag. Es brannte eine mit Vorräthen gefüllte Scheune, in gemeinschaftlichein Besitz der vor einigen Jahren Abgebrannten.
Stuttgart, 9. Sept. Heute früh gegen 1 Uhr wurde das U. Bat. der Feuerwehr allarmirt. In dem an das Haus Nr. 18 der Kro- menstr. angebauten, etwa 20 m langen Fabrik Hintergebäude war Feuer ausqebrochen. Im Parterre befindet sich eine große Malerwerkstätte, im ersten Stock Wohnungen; durch die im ersteren Gelasse vorhandenen Materialien fand das Feuer, das dort ausgekommen war, reiche Nahrung, und brach sich auch bald Bahn in's Freie, wo es sich dann, durch einen hölzernen Umgang leicht vermittelt, rasch dem ersten- Stock mittheilte. Hier war die Lage für die Bewohner eine äußerst kritische, ja gefahrvolle; doch konnte ohne Unfall Alles gerettet werden. Der Nachtwagen mit Mannschaften der Feuerwehr war bald zur Stelle, diese begannen, durch die hilfsbereite Nachbarschaft unterstützt, das Rettungswerk, das dann nach Ankunft der Feuerwehr um 10-i Uhr rasch beendet war. Für das Museum der vaterländischen Alterthümer (Kronenstr. 20) war in diesem Falle die Nachbarschaft eine schlimme, doch waren auch hier Sicherheitsmaßregeln getroffen.
Aalen, 8. Sept. Die Ernte konnte, wenn auch mit Ach und Krach, vollends eingebracht werden. Die Garbenzahl war bei allen Fruchtgattungen eine ganz außergewöhnliche; wie es mit dem qualitativen Ergeb- niß steht, wird die Zeit lehren. Einzelne Landwirthe erfreuten sich eines Ertrags, wie seit Jahren nicht und da auch von dem minder gut eingebrach- ten nichts weggeworfen wird, ist an Theurung nicht zu denken. Verhältniß- mäßig gut steht der Hopfen; noch einige Tage guten Wetters und die hiesige Stadt und sonstige Produzenten werden sich eines schönen Lohnes für ihre Sorgen und Mühen erfreuen. Bedenklich steht es dagegen mit den Kartoffeln, dem Brod des Armen; von allen Seiten hören wir Klagen über Kartoffelkrankheit und geringe Qualität der gesunden Frucht.
Jagsthausen, 6. Sept. Vor einigen Tagen machte ein bekannter Mann aus dem benachbarten B. zum Ergötzen der Zuschauer künstlerische Schwimmübungen in der stark angeschwollenen Jagst, die er trotz allem Warnen fortsetzte. Als er zum drittenmal, nachdem er sich vorher durch ein Glas Branntwein gestärkt hatte, in's Wasser gegangen war, verschwand er auf Nimmerwiedersehen. Gestern wurde der Leichnam an's Land geschafft. Ob die Schwimmübungen einen Selbstmord verdecken sollten, oder ob sich in Folge der übermäßigen Anstrengung ein Schlag oder Starrkrampf eingestellt hat, ist nicht erwiesen.
Würzburg, 8. Sept. Der auf der Station Jphofen verunglückte Extrazug, mit 2 Güterzugslokomotiven bespannt, rannte in Folge falscher Weichenstellung im vollen Lauf auf die Viehrampe. Der Anprall war ein solch gewaltiger, daß die aufeinander gethürmten und in einander getriebenen
17 Wagen jetzt nur noch den Raum von 4 Wagenlängen einnehmen. Das Bild grauenhafter Verwüstung, der Anblick der blutgedrängten, mit Thier- eingeweiden bespritzten, zerfetzten Wagentrümmer, der umherliegenden Theile von Thierkadavern, ist schwer zu schildern. Von dem Zugspersonal sind der Oberkondukteur, zwei Heizer und zwei Bremser, von den begleitenden Viehtreibern ebenfalls zwei leicht kontusionirt. Einem Schafhündler Fritsch wurden beide Beine abgefahren. Es sind 800 Schafe theils getödtet, theils in einem Zustand, daß sie geschlachtet werden müssen. Das getödtete Vieh wurde an der Unglücksstelle versteigert und kam theilweise in den Besitz der umliegenden Landbevölkerung, theilweise wird dasselbe in der hiesigen „Freibank" dem Verkaufe unterstellt. Untersuchung ist eingeleitet.
Würzburg, 9. Sept. Das Jphofer Bahnunglück wird jetzt daraus zurückgeführt, daß der schuldige Stationsdiener Hoch, ein Familienvater, gleichzeitig als Briefträger und Auslader thätig sein mußte und neben ungeheurer Uebermüdung auch noch unwohl war, so daß er des angesagten Extrazuges mit Schafen ganz vergaß und auch nicht daran dachte, dein stellvertretenden Vorstand die Weichenschlüssel abzuliefern. Hier sind gestern 170 Hämmelcadaver angelangt, welche von hiesigen Pelzfabrikanten in Jphofen um den üblichen Preis von M. 3 angekauft worden waren und die noch per Stück M. 1 Accise zahlen mußten; dieselben wnren jedoch bereits im Verfaulen und mußten dem Wasenmeister überwiesen werden.
Berlin, 8. Sept. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Nach dem Bericht des nach Freiburg entsendeten Reichskommissars geben die bisherigen Erhebungen einen ziemlich sicheren Anhalt dafür, daß der Lokomotivführer die vorgeschriebene Geschwindigkeit nicht unwesentlich überschritten haben dürfte und daß event. auch das Bremser personal nicht mit gespannter Aufmerksamkeit seinen Dienstfunktionen nachgekommen sein wird. Das Gericht und der Staatsanwalt sind in voller Thätigkeit.
Vermischtes.
— Der Nordh. Z. wird aus Herbsleben geschrieben, daß nach der diesjährigen Impfung nicht nur die zum erstenmal geimpften Kinder, sondern auch die wiedergeimpften 12jährigen nach der Impfung erkrankt seien, und zwar, daß das Fleisch an der Impfstelle absaulte und der übrige Körper mit Blasen bedeckt war. Die Aufregung am Orte ist in Folge dessen groß. Die herzogliche Staatsregierung soll von der Maffenvergiftung bereits Kennt- niß erhalten haben. Nach Aussage des dortigen Arztes soll- es zweifelhaft sein, daß ein Kind von diesem Elend genesen werde.
— Die wohlbekannte Bonner Fahnenfabrik hat in jüngster Zeit und zu voller Zufriedenheit des Hofmarschallamts für das Berliner Palais des Kaisers eine Anzahl Fahnen geliefert, darunter eine äußerst werthvolle purpurne Königsstandarte, deren Malerei in echtem Golde ausgeführt war.
— Elektrische Beleuchtung in Newyork. Ein Kabeltelegramm aus Newyork meldet: Edison's Centralstation hat heute Nacht auf einer Leitung von sechs Meilen Länge die elektrische Leitung begonnen, und zwar in hundert Gebäuden, welche rund um die Centralstation in Entfernungen bis zu 1000 Metern liegen, und unter denen es mehrere gibt, in denen an hundert Lampen brennen. Täglich werden zehn bis zwanzig Gebäude neu hinzugefügt. Alle Abonnenten können ihr Licht Tag und Nacht ohne Unterbrechung haben und zahlen hiefür den gleichen Preis wie für Gas. Die heutigen Newyorker Morgenblätter berichten überaus anerkennend über den Erfolg dieser Beleuchtung. Der Newyork Herald schreibt: „In den Läden und Geschäftshäusern wurde gestern mit einer ungewohnten Beleuchtung begonnen. Edison's Glühlampen functionirten zum erstenmale zur Beleuchtung des ersten Distrikts. Das Resultat war ein eminent befriedigendes. Der leuchtende Kohlenfaden that seine Schuldigkeit in glänzender Weise." Die 'Newyork Times sagt: „Edison's Riesen-Dynamo-Maschinen haben gestern Nachmittag um 3 Uhr angefangen zu arbeiten und werden fortfahren in alle Ewigkeit, wenn sie nicht durch ein Erdbeben zerstört werden. Das Licht ist glänzender und hundertfach beständiger als Gas. Durch 27 Lampen in unseren Redactionssälen und 25 in den übrigen Localitäten waren die Räume taghell beleuchtet, ohne irgend einen unangenehmen Reflex. Wir haben vier Stunden unter dem Lichte gearbeitet, ohne zu bemerken, daß es ein künstli-
Besitz der Papiere gesetzt, die mich verderben sollen. Ich weiß Nichts von den Papieren, ich kenne sie nicht, ich habe sie nie gesehen! Wollen Sie mein Glück, Heiligenstein, so verschweigen Sie diese Unterredung; es muß jeder Verdacht an meinem Stande, an der Achtung, die ich genieße, zerschellen."
Den größten Theil der Nacht brachten die Freunde im Gespräche zu. Der Baron gerieth in Geistesverfassung, die Heiligenstein erzittern machte. Bald saß er ruhig und in sich gekehrt auf dem Sopha, bald durchsuchte er die Kästen seines Schreibtisches und seines Sekretärs, bald wollte er Bob und die übrigen Diener rufen, um ein Verhör anzustellen. Heiligenstein, der selbst rathlos war, verhinderte Alles, was einen neuen Mitwisser herbeiziehen konnte. Gegen Morgen ward Ludwig von einem heftigen Fieber ergriffen; seine Kräfte waren erschöpft, er erlag dem Kampfe, der sich in seinem Innern erhoben. Heiligenstein rief den Kammerdiener, der im Vorzimmer auf einem Stuhle saß und schlief.
„Dein Herr ist krank," sagte er, „bringe ihn zu Bett!"
Der Mulatte entkleidete den Baron und brachte ihn zu Bett. Heili- gensiein ging in dem Zimmer auf und ab. Da die Thür des Schlafgemachs nur angelehnt war, konnte er folgendes Gespräch hören, das Herr und Diener führten.
„Bob." sagte Ludwig leise, dessen Stimme vor Fieberfrost bebte, „hast Du mich verrathen? Hast Du das Geheimniß ausgeplaudert, das Du mit Dir in das Grab zu nehmen geschworen?"
„Herr, wie kommen Sie auf diese Vermukhung?" rief Bob. „O, sagen Sie mir, was geschehen ist!"
„Dian hat mir wichtige Papiere entwendet, die Papiere Deines frühern Herrn. Du warst stets in meiner Nähe — hegst Du keinen Verdacht?" „Nein, Herr!"
„Bob, Du kennst mich, glaubst Du, daß ich ein Verbrechen begehen könnte?"
„Herr, wer wagt es, Sie zu beschuldigen?" rief auffahrend der Mulatte.
„Leise, leise, mein Freund, es darf uns Niemand hören! Die Papiere, die mir gestohlen sind, klagen mich an. Sie beweisen, daß der Besitzer derselben ein Verbrecher ist. Du weißt, daß ich Feinde habe, und diese benutzen die Papiere, um mich zu verderben."
„Beruhigen Sie sich, lieber Herr, noch bin ich da, um Ihnen als Zeuge zu dienen. Ich weiß, daß Sie nicht —"
„Um Gottes willen, sprich dieses Wort mcht aus!" nef hastig der Baron. „Bob, denke an Deinen Schwur!"
'Nach einer Pause flüsterte der Baron : „Laß mich ein wenig ruhen; gehe, wache im Hause und benachrichtige mich von Allem, was vorgeht."
Bestürzt trat der Mulatte in das Zimmer; er schloß die Thür des Schlafgemachs hinter sich und sah Heiligenstein mit fragenden Blicken an. Aus der kurzen Unterredung hatte der Edelmann die Gewißheit geschöpft, daß der Kammerdiener um das Geheimniß des Barons wisse.
„Mein armer Herr scheint mir sehr krank zu sein; ich halte es für nöthig, daß man nach dem Arzte schickt," sagte Bob.
' „Der Arzt würde hier überflüssig sein; aber ich kenne Jemanden, der sichere Hülfe zu bringen im Stande ist." (Forts, folgt.)