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Von der Kommission war hier e>n formeller Abänderungsantrag eingebracht, der aber abgelehnt wird. Wird im Entwurf angenommen.
Art. 7—17 Zusammensetzung und Thätigkeit der Schaubehorde, Besiimmungc» über Versagung oder Zurücknahme des Aulassungsscheins, Beschwerderecht dagegen, Jnkrafttrctung des Gesetze« (am 1. Mai 1383) werden nach dem Entwurf ohne erhebliche Debatte angenommen.
Zu Art. 10 hat Beutter den Wunsch ausgesprochen, daß zur Schaubehörde stets ein Mitglied der Gemeinde beigezogen werde, womit der Minister einverstanden ist. Zu diesem Artikel ist außerdem noch ein Antrag der Kommission durchgcgangen, daß die Farren- schau ini Einvernehmen mit dem Oberamt zu geschehen hat. Im Entwurf stand „mit Genehmigung des Obcramts". — Bei der Schlnßabstimmung wird das Gesetz mit 75, allen abgegebenen Stimme», angenommen. Schluß der Sitzung.
Tages Neuigkeiten.
— Bei der in den Monaten Februar und April d. I. vorgenommenen niederen Postdienstprüfung sind u. A. nachstehende Candidaten zur Bekleidung der Stellen eines Postmeisters, Postcassiers, Postsecretärs und Postasfistenten, sowie von Verwaltungsstellen im niederen Eisenbahndienst für befähigt erkannt worden: Friedr. Wilh. Ha yd von Calw und Ehr. Fr. Walter von Calmbach, Oberamt Neuenbürg.
— Von der evangelischen Oberschulbehörde wurde die II!. Volksschulstelle in Calw dem Schullehrer Dengler in Loffenau, Bezirks Neuenbürg, übertragen.
si Zavelstein, 31. Mai. Diesen Morgen kurz nach 0 Uhr schlug der Blitz in das Haus der Zimmermann Bolz hier ein, jedoch ohne zu zünden. Die Fenster wurden sämmtlich zertrümmert, der Brettergiebel außen am Hause demolirt, eine Schwarzwälderuhr vollständig zerrissen. Die Bewohner können von Glück sagen, sie standen Alle im Hausöhrn und kamen mit dem Schrecken davon.
— Vor einigen Tagen kam Johannes Seßler von Zillhausen, OA. Balingen, auf schauderhafte Weise uiu's Leben. Er hatte sich unberufener Weise in eine Sägerei daselbst begeben und machte sich an einem im Drehen begriffenen Klotze zu schaffen. Dieser kam in allzu rasche Bewegung, Seßler stürtzte und der Klotz fiel dem auf dem Boden Liegenden gerade auf den Kopf, welcher dermaßen zerschmettert wurde, daß das Gehirn überall umherspritzte. — Bei Jsels Hausen, OA. Nagold, fiel am 24. Mai der Knecht des dortigen Lammwirths Baumann, wahrscheinlich schlafend vom Wagen; die Räder gingen ihm über den Kopf weg. Er erhielt mehrere Schädelbrüche, so daß an ein Aufkommen kaum zu denken ist. — An einem der letzten Tage wurde in Metzingen vom Marktbrunnen das Wasser abgelassen, die darin befindlichen Fische herausgenommen und der Brunnen gereinigt; seltsamer Weise fand nian bei dieser Arbeit eine Bierflasche, in welcher ein ungefähr V« Pfd. schwerer Fisch munter zappelte; durch Zerschlagen der Flasche wurde letzterer aus seiner Gefangenschaft befreit. — Des großen Schadens wegen, den die Maulwürfe auf Balinger Markung anrichteten, sah sich die Gemeinde veranlaßt, einen besonderen Mäulwurffänger aufzustellen, der pro Stück 10 Pf. Fanglohn erhalten sollte. Bald lieferte der angestellte Schäfer Jakob Schüller 507 Stück ab, wofür er auch ausbezahlt wurde; doch fiel schon hier die große Anzahl Maulwürfe auf. Das war aber noch mehr der Fall, als er in verhältnißmäßig kurzer Zeit eine neue Rechnung über Fanggebühr für mehr als 400 Stück einreichte. Nun stellte man Nachforschungen an und fand denn, daß rc. Schüller von den Mausern der anstoßenden Nachbargemeinden gefangene Maulwürfe ü 5 Pf. kaufte und an die Stadtgemeinde Balingen zu 10 Pf. verkaufte. Eine Extraprämie wird für ihn wohl nicht ausbleiben. — In Eßlingen kam ein mit einer leeren „Bierbonze" beladener Ochfenwagen von Kugel's Bierkeller am Landolinsplatz herunter. Auf dem abschüssigen Terrain gerieth der Wagen in raschen Lauf und fuhr gegen das Bäcker Salzmann'sche Haus dergestalt auf, daß die Deichsel tief in ein Nebenzimmer eindrang, ohne jedoch glücklicherweise Jemanden zu verletzen. Der Fuhrmann konnte noch rechtzeitig ausweichen und ist nur leicht beschädigt; ob denselben eine Schuld trifft, wird die Untersuchung ergeben.
Heidelberg, 30. Mai. Heute Nacht zwischen zwölf und ein Uhr fand am Rangirbahnhos ein Zusammenstoß zweier Züge Heidelberg-Mannheim und Mannheim-Heidelberg in Folge falscher Weichenstellung statt. Bis jetzt zählt man zehn bis zwölf Todte, ungefähr sechzig zum Theil sehr schwer Verwundete.
Heidelberg, 31. Mai. Die Verunglückten sind meist Mannheimer und aus Heidelberg's Umgegend. Todte sind es 7, Verwundete 45. Todte: Zugmeister Mehlin von Freiburg, Carl Rosenfeld aus Hoffen- heim, Graveur Rasch aus Mannheim, Schmied Kopschansky aus Posen, Peter Lichtenberger, Dragoner Maier aus Mannheim, Jakob Rosenheim aus Hoffenheim. Verwundet: Ferdinand Brems, Christoph Brems und Margarethe Brems aus Mannheim, Johann Bügel, Johann Besche aus Ludwigshafen, Wilhelm Barweiß, Wilhelm Berberich aus Mannheim, Ludwig Bege aus Ludwigshafen, Johann Feuerstein, Wilhelm Gilbert aus Mannheim, Michael Gärtner aus Heidelberg, Wilhelm Göbel aus Reutlingen, Gustav Glatt aus Mannheim, Karl Heinrich, Anna Heinrich aus Mannheim, Ludwig Hammersdorff, Ludwig Hirschbach, Louise Hirschbach, Eduard Heller von Neckarsteinach, Joseph Jlg aus Karlsruhe, Wilhelm Klein aus Mannheim, Johann Kramer aus Neckarzimmern, Gottlob Kemmlein aus Ludwigshafen, Wilhelm Kahn aus Eschelbach, Heinrich Leitz aus Eberbach, Karl Ludwig und Emanuel Lang von Mannheim, Max Lederer aus Frankfurt, Louis Metzger aus Fohlingen, I. Jakob Rumpf aus Ludwigshafen, Wilhelm Ritter aus Karlsruhe, Herm. Scharenberger, Christoph Seitz, Carl Sachs, Heinrich Schroth aus Mannheim, Jakob Stark aus Mundenheim, Heinrich Schneider aus Heidelberg, Gustav Schwarzhauber, Karl Tafel, Frau Vatter, Max Wolf, Conrad Würmel aus Mannheim, Friedrich Ruf aus Seikenheim, Heinr. Oehnig, Wilhelmine Oehnig aus Mannheim.
München, 28. Mai. Zur Hebung des V elo zi p ed f p o r t s und Gründung eines „Deutschen Velozipedistenvundes" ist heute unter Theilnahme van 200 Personen von allen Gauen Deutschlands und Vertretern Oestreichs
die zweite Jahresversammlung deutscher Velozipedisten dahier zusammengetreten und in einer ersten Sizung zur Berathung der Statuten des neuen Bundes geschritten.
Zürich, 28. Mai. Die Organisation der G o t t h a rd fe i e r scheint in einigen Punkten mangelhaft gewesen zu sein, so daß einige Verstimmungen eintraten. So fehlte es in Luzern und in Mailand an einem Quartier- komite, unter welchem Mangel namentlich die deutsche Reichsdeputation zu leiden hatte. Beim Luzerner Banket wurde der ital. Minister Baccarini in seiner Rede von einem Landsmann unterbrochen, der dem Minister einen „Tölpel" zurief, den dieser mit „Esel" erwiedert haben soll. Ueberhaupt sollen die Italiener sich nicht extra gentlemanlik benommen haben. In Mailand wurden beim großen Bankett die Ueberzieher verwechselt, so daß Bundesrath Welti ohne einen solchen heimkam .... Von den deutschen Rednern werden Keudell und Bötticher hervorgehoben, von den schweizerischen der Bundespräsident Bavier, dessen ungezwungene Beredtsamkeit sich mehrere Mal zu poetischer Höhe erhob.
— Die Bewohner des Städtchens Ragatz waren in großer Angst wegen des Ausbleibens des warmen Wassers aus den Quellen von PfäfferS. Während in normalen Zeiten die beiden Quellen etwa 2200 Liter warmes Wasser in der Minute liefern, floß bis zum 22. ds. noch gar kein Wasser. Nur die sog. „Stauchquelle" liefert gegenwärtig Wasser, aber ausschließlich für den „Hof Ragatz" und es hat nur 21" R. Wärme, während es sonst 27—28o R. hatte. Das Wasser muß daher künstlich erwärmt werden. Außer dein „Hof Ragatz" hat kein Bad Wasser, selbst Pfäffers nicht. Jedoch haben in den letzten Tagen die beiden Pfüfferser Quellen bedeutend zugenommen, so daß wieder etwas Wasser durch die Leitung fließt. Seit 1850 war die Wasserabgabe der Quellen nicht so gering als jetzt, wahrscheinlich die Folge des trockenen Winters. Hoffentlich wird mit Beginn der Saison alles wieder in gehörigem Zustand sein. — In der Katastrophe von Küßnacht, bei der 10 Menschen in Einem Haus verbrannten, kam folgende schreckliche Episode vor; während aus dem Haus herzerschütternde Jammerschreie drangen, zeigte sich die Familie Korf, welche 7 Köpfe zählte, am Fenster. Zwei junge Leute legten an dem brennenden Haus eine Leiter an und der Vater Korf war eben im Begriff herauszusteigen, als plötzlich der Fußboden des Zimmers mit 7 Personen versank und nur mehr eine aussteigende Gluthsäule den Ort bezeichnete, wo die Sieben ihr schauerliches Ende gefunden. Ein Schrei des Entsetzens, darauf Grabesstille unter den Zuschauern. . . Und nun neue Jammerschreie. Eine Person um die andere sprang aus den Fenstern des 2. und 3. Stockes, halbnackt, die Haare verbrannt .
Vermischtes.
— Nach K. 17 Absatz IV. der Telegraphenordnung für Württemberg vom^ 23. Juni 1881 ist hinsichtlich der Zustellung der Telegramme an die außerhalb des Ortsbestellbezirks der Bestimmungstelegraphenanstalt wohnenden Empfänger gestattet, daß auch der Aufgebe r diese Zustellung durch Entrichtung einer festen Gebühr von 80 L für jedes Telegramm bezahlen kann, ferner ist es dem Aufgeber eines Telegramms mit vorausbezahlter Antwort gestattet, die Bestellgebühren für das Antwortstelegramm, sofern der Bestimmungsort des letzteren außerhalb des Ortsbestellbezirks einer Telegraphenanstalt liegt, im Voraus bei der Ausgabe des Ursprungstelegramms nach dem Satze von 8 0 Pf. für jedes Telegramm zu entrichten. In derartigen Fällen haben die Telegramme vor der Adresse die nachbenannten taxpflichtigen Vermerke zu tragen, nemlich das Ursprungstelegramin die Worte „Antwort und Bote bezahlt" oder »Uxp.", das Antwortstelegramm die Worte „Bote bezahlt" oder das Zeichen »Xp." Diese Bestimmungen finden sowohl im inneren württembergischen Verkehr, als auch im Wechselverkehr mit dem Reichstelegraphengebiet und Bayern Anwendung.
— Mancher der Leser dürfte ebenso gedacht haben, wie man der R.-Post schreibt: „Allhier gehts wunderlich zu", schrieb jener Hofnarr an die Thüre des Kabinets seines Herrn, und gut gelaunt fügte dieser bei: „Hans Kunz hilft auch dazu". Dieses Sprüchlein geht mir im Kopfe herum, seit ich den Ausruf im Merkur und anderen Blättern, und die Unterschriften desselben gelesen habe, welcher zu G a b en s a m m lu n g en für die aus Rußland vertriebenen Juden auffordert. Ich will mich nicht dabei aufhalten, wie viel etwa an den Schauerberichten, die wir von Rußland zu lesen bekommen, tendenziöser Zusatz ist, der es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt. Ist zur Hälfte wahr, was die Zeitungen berichten, dann ists wahrhaft traurig genug, selbst wenn, wie wohl angenommen werden darf, diese Verfolgungen von den Verfolgten zum Theile selbst veranlaßt sind durch Jahrhunderte lange Ausbeutung des rohen Volkes, das jetzt zur Eigenhilfe schrecklich greift. Daß aber in nicht israelitischen Kreisen für die Vertriebenen gesammelt werden soll, während den Volksgenossen der Mißhandelten Millionen zu Gebote stehen, von denen ein kleiner Prozentsatz genügen würde, den Vertriebenen gründlich zu helfen, das kommt mir wunderlich vor. Wenn für Zwecke des Reiches Gottes z. B. die Mission ein Scherflein verlangt wird, daxm hört man von gewisser Seite gleich das Wort von den Armen und Bedürftigen im Lande, denen nichts entzogen werden sollte. Ich habe nicht gelesen, daß eine einzige Stimme von dort her im vorliegenden Falle an das Elend im eigenen Lande gemahnt hätte. _
Handel «nd Verkehr.
Heilbronn, 26. Mai. Durch das gleichzeitige Abhalten von 2 württembergischen Ledermärkten, in Stutttgart und hier, ist zwar einige Zersplitterung verursacht worden, doch ist die hier zugeführte Menge nur um Weniges hinter dem gewöhnlichen Maaße zurückgeblieben und es sind hier verkauft worden:
Sohlleder Pfd. 28,702.
Schmalleder und Wildoberleder „ 114,578.
Zeuglcder . 12,310.
Kaldleder „ 6,4 39.
zusammen Pfd. 162,029. (gegen Etr. 389 in Stuttgart.)