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Für 'Sohlleder war die Stimmung wenigst günstig, und die Preise etwas gedrückt, dagegen hat sich Wildoberleder gut behauptet, die besseren Qualitäten davon haben sogar eine kleine Besserung erreicht. Schafleder, wovon nur wenig am Markte war, fand besonders lebhafte Nachfrage. Der nächste Ledevmarkt findet hier Mittwoch den 30. August ftattt.
Musikalisches.
Am nächsten Sonntag wird der Kirchengesangverein in Calw von Mendelsohn's Oratorium Paulus den ersten Theil aufführen, weßhalb es angezeigt sein dürfte, mit einigen Worten auf die Poesie und Musik dieses Tonkünstlers überhaupt wie auf das genannte Werk insbesondere hinzuweisen. Felix Mendelssohn-Bartholdy genoß das großen Tonkünstlern meist versagte Glück, in glänzenden Verhältnissen aufzuwachsen. Er war der Enkel des Philosophen Moses Mendelssohn, und wurde als Sohn des Bankiers Abraham Mendelssohn am 3. Febr. 1809 in Hamburg geboren. Bald darauf siedelten die Eltern nach Berlin über. Dort genoß Felix mit seiner älteren Schwester Fanny eine christliche Erziehung, eine ausgezeichnete wissenschaftliche Bildung und einen sorgfältigen musikalischen Unterricht. Felix war reich ausgerüstet mit Gaben des Geistes und machte bei seinein großen Fleiße so rasche Fortschritte, daß er schon als 13jähriger Knabe sich in den schwierigsten Compositionen versucht hatte. Von großein Wertste war es für den jungen Künstler, daß in seinem elterlichen Hause Sonntagsmusiken, bei seinem Lehrer Freitagsmusiken stattfanden, bei welchen er nicht nur die Werke alter Cvmponisten kennen lernte, sondern auch seine eigenen Compositionen ausführen konnte. Mit 20 Jahren machte Mendelssohn seinen ersten Flug in die Welt nach England, wo durch Händel, Haydn und Weber die deutsche Musik einen Boden gewonnen hatte; dort feierte auch er die größten Triumphe und wurde zur Composition neuer Werke angeregt. Dann zog es ihn nach Italien, wo sein Geist reich befruchtet wurde durch den Umgang mit Künstlern und Gelehrten. Ein herrliches Andenken an diese Zeit besitzen -wir in seinen Reisebriefen, welche uns in gleicher Weise den reichbegabten und hochstrebenden Künstler wie den edlen und liebenswürdigen Menschen erkennen lassen. Eine vorübergehende Stellung fand er in Düsseldorf und eine bleibende zuletzt in Leipzig, wo er namentlich die unter dem Namen Gewandhausconcerte so berühmt gewordenen Aufführungen dirigirte. Dort .gründete er auch einen eigenen Herd und genoß an der Seite einer lieblichen Gattin die Freuden des häuslichen Glücks. Seine Thätigkeit war eine großartige; überall suchte er das musikalische Streben zu heben und zu veredeln; zahlreiche Werke gingen aus seiner Feder hervor; große Triumphe feierte er dazwischen hinein auf den Musikfesten in Aachen, Lüttich, Köln und namentlich in Birmingham, wo am 25. August 1840 erstmals sein Elias aufgeführt wurde. Aber mitten in seiner Schaffensfreude traf ihn wie ein Wetterschlag die Nachricht von dem jähen Tod seiner Schwester Fanny am 17. Mai 1847. Bei dem zarten Gemüth des Künstlers, bei seiner innigen Liebe zu seiner Schwester, mit welcher er sich geistig ganz eins fühlte, läßt es sich begreifen, daß diese Wunde nicht wieder heilen wollte. Kaum war ein halbes Jahr verflossen, so hatte auch seine edle Künstlerseele ausgerungen, am 4. November 1847. Aber sein Name und Geist lebt unter uns fort in seinen Werken. Fragen wir, was gerade Mendelssohn zu einen: so allgemein gefeierten und bekannten Tonkünstler gemacht hat, so werden wir wohl sagen dürfen ^ Es sind seine Lieder mit Worten und ohne Worte, sowie seine kirchlichen Compositionen, Psalmen und Oratorien; nicht als ob wir sie über seine anderen Worte stellen wollten, welche zum Theil höheren künstlerischen Werth haben. Aber die erstgenannten Werke sind Geineingut der musikalischen Welt geworden. Welcher Verein singt nicht gerne die Mendelssohn'schen Lieder, in welchen er so recht den Volkston getroffen und veredelt hat? Wer hätte nicht schon seine Lieder ohne Worte gespielt, in welchen er die verschiedensten Stimmungen so farbenprächtig erklingen läßt? Und wer könnte seine Psalmen und Oratorien hören, ohne innerlich angeregt und bereichert zu werden, ohne erfaßt zu werden von dem reinen und frommen Gefühl, das den Meister selbst beseelte? Freilich reicht Mendelssohn in seinen kirchlichen Werken nicht hinan an die riesenhafte Größe eines Bach, es steht ihm nicht die objektive und vornehme Ruhe eines Händel zu Gebot; aber wohl gerade weil wir seine persönliche Empfindung und Bewegung aus seinen Werken heraushören, sind sie uns vielleicht auch sympathischer und verständlicher.
Am Oratorium „Paulus" begann Mendelssohn während seiner Düsseldorfer Zeit 1833 zu arbeiten und vollendete es in Leipzig 1836. Schon im Jahr 1829 hatte er es nach Ueberwindung vieler Schwierigkeiten in Berlin durchgesetzt, daß erstmals die Bach'sche Matthäuspassion aufgeführt wurde, em Ereigniß von bedeutender Tragweite. In Düsseldorf fand er die Kirchenmusik in sehr traurigem Stande; es war „lauter moderner Spektakel" da, E „er sich ausdrückte und er gab sich große Mühe, verschiedene Werke von Palästrina und anderen Meistern aufzutreiben und aufzuführen. Gr lebte und webte also recht in der Kirchenmusik, als er an sein Oratorium ging,
in welchem wir darum auch eine herrliche Frucht seines ernsten Studiums wie seines reichen Geistes besitzen. Das Oratorium zerfällt in 2 Haupt- theile, in gewissem Sinn entsprechend den 2 Haupttheilen der Apostelgeschichte, wo Paulus in der ersten Hälfte noch als Feind Christi, in der zweiten als Heidenapostel auftritt. Der erste Theil, mit welchem wir es hier zunächst zu thun haben, ist so angelegt, daß sich alles um 2 Ereignisse gruppirt: Tod des Stephanus und Bekehrung des Saulus; psychologisch wohl begründet da die Steinigung des Stephanus im Gewissen des Saulus trotz seines Wohlgefallens daran ohne Zweifel einen Stachel zurückgelaffen hatte; auch vom künstlerischen Standpunkt aus fein ausgedacht, da es zwei wirkungsvolle Gegensätze sind, wie die Juden ihren vermeintlichen Feind tödten, der Herr seinem wirklichen Feind zum rechten Leben verhilft. Nach der Ouvertüre leitet ein wuchtiger Chor ein mit dem Lob des allmächtigen Schöpfers (man brachte die aufjauchzende Begleitung!) und dem vergeblichen Widerstand der Heiden (treffend durch eine lebhafte Triolenbegleitung charakterisirt) und mündet aus in den Choral: „Allein Gott in der Höh' sei Ehr," welcher den Sieg Gottes ruhig und sicher verkündet. Hierauf wird die Wirksamkeit des Stephanus in der christlichen Gemeinde und der Widerstand des hohen Raths gegen ihn geschildert, welcher sich durch die Rede des Stephanus, (letztere recitativisch mit steigender Kraft behandelt) bis zum fanatischen mörderischen Haß steigert. Mendelssohn läßt uns in der tief empfundenen Arie: „Jerusalem, Jerusalem, die du tödtest," noch eine warnende Stimme vernehmen, aber die Wuth des Volks bricht los in dem von dämonischer Leidenschaft zeugenden Chor: „Steiniget ihn." Ueber dem Entschlafenen ertönt der tröstende Choral: „Dir Herr, dir will ich mich ergeben," und an seinem Grabe erhebt sich der Triumphgesang der Gläubigen, wehmüthig gemildert durch die Begleitung der Violinen, welche an die reichlich fließenden Thränen erinnern. Damit ist die eine Gruppe des ersten Theils geschloffen, und nun tritt Saulus auf den Plan mit einer Arie voll Feuereifer für den Herrn Zebaoth und gegen die, welche seinen Namen nicht erkennen wollen. „Doch der Herr vergißt der Seinen nicht —" mit dieser durch ihren Wohllaut zum voraus beruhigenden Arie wird die Lichterscheinung auf dem Felde bei Damaskus eingeleitet, welche in dramatischer Lebendigkeit und charakteristischer Tonfärbung (man lausche auf die überirdisch klingenden Frauenchöre) durchgeführt ist. Die Herrlichkeit des Herrn geht auf über Saulus in dem gewaltigen Chor: „Mache dich auf, werde Licht," an welchen sich der erhebende Choral anschließt: „Wachet auf." Der stolze Saulus ist überwunden, steht in einer aus der Tiefe eines zerschlagenen Herzens kommenden Bußarie um Gnade und dankt, obwohl leiblich erblindet, für das Licht, das seiner Seele aufgegangen ist, und die Gläubigen preisen mit ihm den Herrn, welcher die Thränen von allen Angesichtern abwifcht. Dann erfolgt die Heilung des Erblindeten durch Ananias, und nun erschallt im majestätischen Schlußchor mit vollen Stimmen das Lob Gottes über der Tiefe seines Reichthums, seiner Weisheit und Erkenntniß, welche aus allen seinen scheinbar verworrenen Wegen hervorleuchten. — Wünschen wir dem Kirchengesangverein ein glückliches Gelingen seiner großen Aufgabe und ein ebenso dankbares als zahlreiches Auditorium, welches die Gabe, die ihm geboten wird, zu schätzen weiß.
Calw.
OezirAsoerein.
Wetter-Dtaehrichten betr.
Wie im vorigen, so werden auch in diesem Jahre wieder vom 1. Juni bis 30. Sept. auf Rechnung der K. Centralstelle die von der meteorologischen Centralstation Stuttgart ausgegebenen Witterungs-Vorhersagen telegraphisch an die landw. Bezirksvereine versendet. Da dieselben in diesem Jahre eine Stunde früher als im vorigen Jahre, etwa um 5 Uhr. in der Oberamtsstadt eintreffen werden, sollte es nicht unmöglich sein, daß sich wenigstens die benachbarten Orte durch Einrichtung eines besondern, durch Knaben zu versehenden Botendienstes dieselben zu Nutzen machen. Uebrigens können auch einzelne Gemeinden, Corporationen, Vereine und Private bei ihrer nächsten Telegraphenstation zu ermäßigtem Preise auf das Witterungstelegramm abonniren und haben hiefür eine Gebühr von 10 für 1 Monat, von 24 c,/6. für 3 Monate, von 8 ->16. für jeden weiteren Monat vorauszubezahlen.
Der Werth diefer Witterungstelegramme, von denen in: vor. Jahre ca. 80°/<> vollkommen eingetroffen sind, wird in den Kreisen der Landwirthe immer mehr anerkannt, und ist daher ihre Verbreitung auf dem Lande namentlich , für das sie vorzugsweise bestimmt sind, höchst empfehlenswerth. In Calw wird das Telegramm am Rathhaus und auf dem Bahnhof angeschlagen.
Calw, 28. Mai 1882. Der Vereinsvorstand:
Fla x l an d.
E. Horlacher, Secr.
Orntkieke Kekanntma«kungen.
^vnlulr8ver^uüren.
. ^Aer das Vermögen des Bäckers und Wmhs Christian Jäger zuHirsau ist das Konkursverfahren eröffnet.
Eröffnung ist am 30. Mai 1882 Vormittags 9 Uhr, erfolgt und der Herr Verwaltungsaktuar Lieg - ter zu Calw zum Konkursverwalter ernannt worden.
„ Konkursforderungen sind bis zum 30. ^uni 1882 bei dem Gerichte anzumelden.
Zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und eintretenden Falls über die in ^ 120 der Konkursordnung bezeichnet«« Gegenstände werden die Betheiligten auf Freitag, den 23. Juni 1882, Nachmittags 3 Uhr, und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf Freitag, den 14. Juli 1882, Nachmittags 3 Uhr, in das Gerichtszimmer — im Rathhaus — vorgeladen.
Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Gemeinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 20. Juni 1882 Anzeige zu machen.
Königliches Amtsgericht Calw.
Gerichtsschreiber
Widmann.
Revier Stammheim.
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Mittwoch, den 7. Juni, Vorinittags 8 Uhr aus Brühl- u. Schleichdorn:
2 Nm. bu- Nadelholzspälter, 181 Rm. Na-
WS
chene, 2 Rm.
4 Rm. buchene, delholz-Brennholz. Zusammenkunft beim Bahnwarthaus in der Rehgrundklinge.
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