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Amerika.

Die Indianer un ruhen in Neu-Mexiko scheinen größere Ausdehnung anzunehmen, als man anfangs glaubte. Am Sonntag fanden zwischen den Soldaten und den Indianern Scharmüzel statt, bei welchen 7 Soldaten getödtet und 4 verwundet wurden. Die Truppen verfolgten die Indianer, die 300 Mann zählten, doch scheinen diese entkommen zu sein. Am Donnerstag traf in New-Pork die Nachricht ein, daß die Indianer die Stadt Qualleysville in Arizona niedergebrannt und dabei 35 Weiße ge­tödtet haben. Die Unzufriedenheit scheint sich also auf mehrere Stamm-

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TageS Neuigkeiten.

DemStaatsanzeiger" entnehmen wir: Die Nachricht von dem Ableben Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Wilhel m hat in der hiesigen Stadt in allen Kreisen eine so herzliche, so mächtige Theiluahme hervorgerufen, wie wir es kaum hier erlebt haben. Eine große Menschen­menge sammelte sich vor dem Kronprinzenpalais an, Hunderte traten ein, um sich einzuzeichnen und ihrem Schmerz dadurch einen Ausdruck zu geben. Die Liebe und Verehrung, welche die verewigte Prinzessin bei der hiesigen Einwohnerschaft genoß, trat in der allgemeinen Bestürzung über die Trauer­botschaft rührend zu Tage. Neben dem traurigen Schicksal der in der Blüthe der Jugend dahingerafften Prinzessin ist es der Schmerz des so grausam geprüften zärtlichen Gemahls, welcher allerorten mitgefühlt wird. Die Prin­zessin war schon um ihrer lieblichen äußeren Erscheinung willen überall gern gesehen, sie erschien als eine Verkörperung weiblicher Anmuth und Liebens­würdigkeit. Gewannen ihr schon diese äußeren Vorzüge die Herzen, so war man ihr noch mehr gewogen, weil man wußte, daß die auch mit schönen Eigenschaften des Geistes und Gemüthes reich ausgestattete Prinzessin vor allem darein ihr Bestreben setzte, ihren hohen Gemahl glücklich zu machen. Die einfache, gediegene Erziehung in dem fürstlichen Elternhause, welches durch inniges Zusammenleben von Eltern und Kindern ein Bild reinsten Familienglückes bot, führte die Verewigte dahin, selbst auch das Glück des Familienlebens als das höchste irdische Gut anzusehen, und cs dem übrigen, was ihr ihre hohe Stellung bot, vorzuziehen. Wie sehr der Besitz eines so schön und edel gearteten, ihm so gleich gestimmten Wesens den Prinzen Wil­helm beglückt hat, das weiß jedermann; um so größer und inniger ist der Schmerz, den man im ganzen Land darüber empfindet, daß der schöne Bund, welchen das Land vor 5 Jahren mit seinen Segenswünschen begrüßte, nach dem unerforschlichen Rath der Vorsehung so jäh und grausam ausge­löst worden ist. Wenn Theilnahme einen solchen Schmerz zu lindern ver­möchte, so könnte der allbeliebte Prinz, der dein Thron am nächsten steht, in dieser schwersten Prüfung seines Lebens einen Trost daraus schöpfen, daß des ganzen Landes Herz mit ihm fühlt, mit ihm leidet. Doch in solchen Stunden kann der einzig wirksame Trost nur von oben kommen. Der Todeskampf der Prinzessin war schwer. Gegen 5 Uhr Morgens befahl sie, ihr Töchterchen, die 4jährige Prinzessin Pauline zu wecken. Sie nahm zärt­lichen Abschied von derselben, wie von dem Prinzen, der verzweifelnd an dem Sterbelager der heißgeliebten Gattin stand; sie sprach ihm noch tröstende Worte zu, und hauchte gegen 6 Uhr ihre reine Seele aus.

Die Prinzessin Georgine Henriette Marie zu Waldeck und Pyrmont ist geboren am 23. Mai 1857, und vermählte sich am 15. Februar 1877 mit dem Prinzen Wilhelm von Württemberg. In tiefste Trauer sind neben dem württembergischen Königshause versetzt die durchlauchtigsten Eltern der Verewigten, Fürst Georg Viktor zu Waldeck und Pyrmont und die Fürstin Helene, an welchen die Prinzessin mit wärmster Kindesliebe hing; die Ge­schwister, der Erbprinz Friedrich, die Prinzessin Pauline, vermählt mit dem Erbprinzen zu Bentheim - Steinfurt, zu welchen eben das Elternpaar zu reisen im Begriff war, um der Taufe des Erstgeborenen anzuwohnen; die mit dem König der Niederlande vermählte Prinzessin Emma, die vor einigen Tagen mit dem Herzog Leopold von Albany vermählte Prinzessin Helene, deren Hochzeit die Eltern angewohnt haben, und die jüngste der Schwestern, die 9jährige Prinzessin Elisabeth. Welch' erschütternde Eindrücke für die Eltern: hier Hochzeit und Taufe, dort der jähe Tod!

Stuttgart, 1. Mai. Aus Anlaß des Ablebens der Frau Prin- zessin haben sich die bürgerlichen Kollegien heute zu einer außerordentlichen Sitzung versammelt und nach einer Ansprache des Oberbürgermeisters, in welcher derselbe den Gefühlen des tiefsten Schmerzes über den herben Ver­lust warmen Ausdruck gab, beschlossen: an Se. Majestät den König mit Ihrer Majestät der Königin, an Seine Königliche Hoheit den Prinzen Wil­helm und an Ihre Königliche Hoheit die Frau Prinzessin Friedrich Bei­leids-Adressen zu richten.

Stuttgart, 1. Mai. Seitens des Kön. Oberhofraths sind folgende Anordnungen in Betreff der Beisetzung der irdischen Ueberreste Ihrer König­lichen Hoheit der Frau Prinzessin Marie von Württemberg, geb. Prinzessin zu Waldeck und Pyrmont, getroffen worden: Die Beisetzung findet Dienstag den 2. d. M. von der Villa Marienwahl in Ludwigsburg aus auf dem sog. alten Friedhofe daselbst statt. Nachmittags 4 Uhr zieht !

eine Compagnie Infanterie als Ehrenwache vor der Villa aus. Um 5 Uhr '

wird in der Villa durch den Garnisonsprediger Schweizer von Ludwigs­burg ein kurzer Trauergottesdienst gehalten, wozu sich Diejenigen dort ver­sammeln, welche an dem Leichenzuge zu Wagen Theil nehmen werden. Nach diesem Trauer-Gottesdienste wird der Sarg durch die Dienerschaft S. K.

H. des Prinzen Wilhelm auf den Leichenwagen getragen. Sodann setzt sich der Zug in folgender Ordnung in Bewegung: eine Äbtheilung Reiterei mit Musik, ein K. Stallmeister, zwei K. Bereiter, der Leichenwagen, mit 6 Pferden bespannt, zur Seite zwei K. Sattelmeister, die Dienerschaft Sei­ner Königlichen Hoheit des Prinzen Wilhelm, der Wagen des i Vaters und des Bruders der hohen Verewigten, Ihrer Durchlauch­ten des Fürsten und des Erbprinzen zu W a l d e ck - P y r m o n t, die j

Wagen der weiteren höchsten und hohen Leidtragenden, die übrigen Wagen, !

eine Abtheilung Reiterei. Vom Abgänge des Zugs von der Villa Marien- '

wähl an bis zu dessen Ankunft am Friedhofe werden sämmtliche Kirchen- ^

glocken in Ludwigsburg geläutet. An: Friedhofe ist eine Compagnie In­fanterie als Ehrenwache aufgestellt. Der Zug wird von Trauer-Musik em­pfangen, der Sarg durch die Dienerschaft S. K. H. des Prinzen Wil­li e l m vom Wagen gehoben und zur Gruft getragen, voran ein Hoffourier, / die Dienerschaft S. K. H. des Prinzen Wilhelm der persönliche Adju­tant und der Hausarzt des Prinzen, die Ludwigsburger Stadt- und Garni- !

sons - Geistlichkeit beider Konfessionen. Neben dem Sarge gehen vier K. i

Kammerherren und vier Stabs-Offiziere. Dein Sarge folgen: Ihre i

Durchlauchten der Fürst und der Erbprinz zu Wald eck-Pyr­mont, die weiteren höchsten und hohen Leidtragenden, Standesherren, Mitglieder des diplomatischen Corps, des 5k. Staatsministeriums, des K. Geheimenraths, des ständischen Ausschusses, des K. Offizierkorps, der K. Kreisregierung von Ludwigsburg, die K. Bezirksbeamten und städtischen Kollegien von da. Bei der Aufstellung um die Gruft schließt sich der Zug den hohen Leidtragenden an. Nach einer Grabrede des Oberhofpredigers Prälaten Dr. von Gerok wird der Sarg unter Trauergesang in die Gruft versenkt. Nach der Versenkung wird die Feier mit einem Gebete ge­schlossen. Die Hof- und Staatsbeamten erscheinen zu der Feier in kleiner Uniform ohne Band, mit schwarzen Beinkleidern und schwarzen Handschuhen, i einen Trauerflor um den linken Oberarm.

Ludwigsburg, 2. Mai. Der Oberbürgermeister erläßt eine Be­kanntmachung, betreffend die Beisetzung Ihrer König!. Hoheit, wornach der ! Leichenzug in Wagen, jedoch ohne Ausschluß der Fußbegleitung, stattfinden ;

wird. Die Einwohnerschaft wird sich allgemein an der Fußbegleitung be­theiligen. Jedem Stande, allen Vereinen, allen Klassen der Bevölkerung, -

Frauen und Männern, arm und reich, hoch und nieder, soll Gelegenheit ge- i

geben werden, der ausnahmslosen Trauer, dem allgemeinen Schmerz einen ^

sichtbaren und wahren Ausdruck zu geben. Die Läden und Werkstätten werden geschlossen sein. j

Stuttgart, 1. Mai. Die Fontäne des neuen städt. Wasser- ^ Werkes, welche zu dessen Eröffnung am 22. April in der Neckarstraße impro- visirt wurde, ist in den letzten Tagen der verflossenen Woche nochmals in Gang gesetzt worden, um genauere technische Beobachtungen über die wirkliche ,

Höhe ihres gewaltigen Wasserstrahles anzustellen. Die Resultate sind in '

In Folge davon war eine Gemeinschaft zwischen ihnen entstanden, die ihr Verhältnis fast zu einem brüderlichen machte. Die Würde des Vaters ging dem Sohne gegenüber in liebevolle Freundschaft über. Jeder errieth des Andern geheimste Gedanken. Die außerordentliche Aehnlichkeit, welche sie im Aeußern mit einander hatten, erstreckte sich auch auf ihren Charakter und ihre Denkweise, und brachte eine merkwürdige Sympathie im Empfinden und Handeln bei ihnen hervor.

Blount Aymar's Geschäftslokal lag im unteren Theile der Stadt. Es war von großer Ausdehnung, und stets mit Commis, Boten, Lastträgern und Angestellten jeglicher Art angefüllt.

Blount Aymar saß in seinem Bureau, mit Schreiben beschäftigt, als an die Thür geklopft wurde.

Herein!

Die Thür öffnete sich, und ein Mann trat über die Schwelle. Es war Juda Murdock.

Blount erhob sich von seinem Stuhl und ging ihm freundlich grüßend entgegen.

Es freut mich, Sie zu sehen, sagte er mit dem herzlichsten Tone. Nehmen Sie Platz. Sie sind lange nicht in Walton gewesen. Sie haben, hoffe ich, Ihre Sachen nach meinem Hause bringen lassen.

Ich danke Ihnen für Ihre Freundlichkeit, sagte Juda. Es ist mir indessen nicht vergönnt, davon Gebrauch zu machen. Ich kann mich hier nicht aushalten. Ich will weiter.

Gut, so besuchen Sie mich bei Ihrer Rückkehr.

Ich fürchte, daß es nicht gehen wird; ich habe große Eile. Es be­trifft ein Geschäft für meinen Vater.

Wie geht es ihm? fragte Blount mit großer Theilnahme.

Nicht sehr gut.

Das thut mir leid. Ist es Krankheit, oder was sonst?

Nicht eben Krankheit; sondern eine Art Trübsinn.

Er ist, wie ich höre, solchen Anfällen unterworfen.

Sehr oft. Aber es ist jetzt schlimmer, als je.

Hat sein Geist gelitten?

Nein, er brütet nur beständig über einen geheimen Kummer.

So? wirklich? sagte Blount mit seltsamem Nachdruck.

Seine Geisteskräfte sind unversehrt. Er besorgt seine Geschäfte, wie immer; sein Verstand ist hell und klar, sein Urtheil gut, und sein Gedächt- niß scharf vielleicht zu scharf.

Zu scharf? Wie so? '

Ja, sehen Sie, sein Trübsinn scheint mit irgend einen: Ereigniß aus früherer Zeit in Verbindung zu stehen. Seine Gedanken wenden sich diesem immer zu. Sein Gedächtniß ruft ihm tausend Kleinigkeiten zurück, die man sonst gewöhnlich vergißt. Er denkt selten an seine Reisen oder spricht davon; aber an seine Jugend denkt er beständig.

Spricht er von ihr? fragte Blount ruhig.

Nein.

Wie wissen Sie denn, daß er daran denkt?

Ich sehe es an nicht zu beschreibenden Dingen. Er bewahrt z. B. Flinten und Angeln und Bücher, die ihm in seiner Jugend gehörten, in ei­nem besonderen Zimmer auf, und bringt viele Zeit damit hin, sie zu betrachten.

(Fortsetzung folgt.)