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aber die Thatsachen widersprechen dieser Behauptung. Die Kammer habe dein Kabinet Widerstand geleistet, uin dein Lande eine Auflösung der Kammer und neue Abenteuer zu ersparen und ihre eigene Würde zu schützen. Die gemäßigten republikanischeil Organe hätten eine größere Abwirthschaft- ung Gambettas gewünscht und ein Zerwerfniß auch mit seiner eigenen Partei; sie fürchten, daß ihm so der Weg zur Gewalt nicht endgiltig abgeschnitten sei. — Neben Andrieux und Leon Say werden noch als Ministerkandidaten genannt: Brisson, der Präsident der Deputirtenkainmer, Wilson, des Präsidenten Grövy Schwiegersohn und früherer Kabinetsches, de Marcöre, früher Minister des Innern, Boysset, Mitglied der äußersten Linken und Präsident des Generalraths der Sa«ne-et-Loire, Bernard Lavergne, der Präsident der Linken.
(Eingesandt.)
Von der badischen Grenze. Wie in diesem Blatte neuerlich mitgetheit, hat die lebte ÄmiSvcifiiiiimluinz in Calw sich eingehend mit der Frage der Vaturaiocrpflegnng armer Durchreisender beschäftigt, und hiebei den Beschluß gcsaßt, an den betreffenden Kosten den Gemeinden zu ersetzen, wodurch wohl hauptsächlich bezweckt weiden will, auch diejenigen Gemeinden, welche auö irgend welchen Gründen bisher zurückhieltcn, für die Sache zu gewinnen. Dieser Beschluß muß insoseenc ein hochherziger genannt werden, als einzelne kleine Gemeinden des Bezirks vermöge ihrer geographischen Lage im Vcrhältniß zu ihrer Steuer fähig keil viel mehr Aufwand haben, als einzelne größere, stcucrkräsligcre Gemeinden. Ans der andern Seite ist aber auch nach den in der AmtSversammIung vorgetragencn Mitlheilnugen eine große Grsparnitz ohne Zweifel in unmittelbarem Zusammenhang mit der Natnralvcrpflegnng für die AmtSkasje zu verzeichnen, insoserne die Gcfangenvcrpflegungskesten sett Einführung der Naturalvcrvflcgung per Monat durchschnittlich nur 13 89 L gegen >1g ^ 87 L in den beiden vorhergehenden Jahren be
tragen, welche lediglich dahin zurückznsühren ist, daß diel weniger, oder fast gar keine Bettler mehr abgesaßt und abgeuitheilt werden. (Da die früher nicht unerheblichen Ge- sanzenentranSportkosten die Staatskasse zu tragen hat, so ist hienach für diese gleichfalls eine Ersparniß zu uvtiren.) Wenn Einsender auf diese Frage zurückkommt, so geschieht dies in der Absicht, die der Sache noch fern stehenden Gemeindebehörden zum Eintritt zu veranlassen, denn cS kann vom pekuniären Standpunkt aus die Einführung der Natural- vcrpflegung nicht dringend genug empfohlen werden. Nicht minder aber auch vom christlichen und moralischen Standpunkt aus. Zn welchen ärgcrnißerregcnden Szenen der Bettel führt wirb wohl Jeder schon erfahren haben, der gesehen hat, wie die arme» zitternden Gestalten mit scheuen Blicken von Haus zu Haus, die ärmste Hütte nicht rerschouend, gezogen, wie da und dort einer, zwei, ja selbst vier solcher Bettler auf einmal vom Landjäger betroffen, unter starker Bedeckung der Schuljugend eingespcrrt, und an die Behörde ringcliefert wurden, gleichgültig ob verkommener Stromer oder ordentlicher, aber beschäftigungsloser, daber bemitleidcnswürdiger armer Handwcrksbnrsche. Noch ärgerliche Szenen hat der schon erfahren, dei die Mühe nicht gescheut, und hie und da eine Branulwcinschenkc ausgesucht und gesehen hat, nie die zusaminengcfochlcncn Gelder bis aus den letzten Pfennig verschnapSt wurden, — um weiter zu fechte». Bei den dermalige» Zeit- und Geschäfts- Verhältnissen, wo oft auch derjenige, welchem es ernst ist Arbeit zu suchen und zu finden, aber eben nicht finden kan», kann cs kcineFragc sein, daß es im Interesse der menschlichen Gesellschaft ist vorzubcnge», daß nicht auch der ordentliche, aber arbcits- und daher mittellose Arbeiter in jeder Beziehung zu Grunde geht, und der beste Haudwcrksbursche zum Stromer wird. Das bloße Abweisen der Bettler hilft hier nicht; harte und karge Behandlung macht neben dem, daß sie oft Reisende trifft die ohne ihr Verschulden in Noth sind, diese Leute gegen die ganze menschliche Gesellschaft erbittert, roh und störrisch; dagegen wie dankbar wird nur ein einziges freundliches Wort von dem nicht ganz verkommenen Men'cheu entgegen genommen. Denn cs muß doch angenommen werden, daß nach der schon seil circa 8 Jahren andauernden Geschästskrisis ein sehr großer Theil dieser Leute unverschuldet auf der Straße sein muß, und hiedurch zum Stromer wird; denn wie kann dieses anders sein, wenn so ein Mensch ohne Anhalt von Hause herumirrt, Sttbeit suchend aber ohne solche zu findni, — je länger je weniger? Es empfiehlt sich daher, und hat sich rn der Praxis ganz gut bewahrt und werden die Kosten nicht erheblich höher, keinen ganz abznweisen, und, wenn ihm auch nur ein Brod gereicht wiid. Viele fürchten sich vor den Kosten und der Mühe, die die Naturalverpslcgung macht. Mit Unrecht. Einsender, welchem vorher auch bange war wie sich die Naturalverpflegnng praktisch werde ausführen lassen, kann versichern, baß die Mühe und Kosten in gar keinem Berhältniß zum Erfolg stchni. Die Mühe anbelangend, so kostet die ordnungsmäßige Abfertigung eines einzigen zur Bestrafung zu bringenden Bettlers mehr Zeit, als die Eontrcle und Karlenabgade für 20 Durchreis,ndc. Tie Kosten betreffend, ist notorisch, daß ein Fechter mehr erbctl.lt als 10 Durchreisende durchschnittlich in Natura erhalten. Ganz abgesehen von dem Umstand, daß beim Fechten der Stromer und Unverschämte den Vorzug hat, während bei der Natural- verpfleguug mindestens mit gleichem Maaß gemessen wird. Die Naluralvcrpflegung hat nun den Erfolg: der Bettel hat aufgehört, der Ortsarrest, welcher öfter mit vier oder fünf solcher Unglücklichen angcsüllt war, ist leer, die Transporte zur OberamtSstadt sind eine Rarität geworden, die Brannllveii,schenken sind leer. Ei» F.HIer ist jetzt freilich noch, daß dieses Berptlegungssystem nicht überall, wenn auch nur aus ein Jahr zur Probe cingeführt ist, und wäre der Erfolg em viel größerer. Es wäre hier noch ein dankbares Feld der Armenfürsorge und werden daher die beiseite und zurückstchenden Gemeinden (die badischen Nachbarn nicht ausgeschlossen) dringend eingeladcn mit der Einrichtung doch wenigstens auf ein Iaht die Probe zu machen^ und können die Collegien sich sowohl in pekuniärer als auch in chiistlicber und moralischer Beziehung ein großes Verdienst erwerben.
8 .
Sie legte sanft ihr thränenfeuchtes Gesicht an seine Brust.
Du liebst mich, Eugen, dessen bin ich gewiß! flüsterte sie zärtlich.
Was willlst Du denn mehr? rief er vorwurfsvoll.
Ich möchte Dich vor später Reue bewahren. Und wenn Du mich in demselben Grade ehrst, wie Du mich liebst . . .
Auch davon, daß ich Dich ehre, sollst Du Beweise empfangen.
So laß mich ziehen! Noch kennen nur wenig Personen das Geheimniß unseres Umgangs . . .
Das ganze Land soll es erfahren.
Nein, Nein!
Und der Bürgerstand, die Stütze des Landes, wird mir zujauchzen.
Aber Dein Baker?
Wird, wie die Diplomaten, ein luit «ccompli anerkennen.
Adelheid schlang ihre Arme um seinen Hals, indem sie mit liebender Stimme ries;
Um Gotteswillen, welch' eine Aussicht eröffnest Du mir!
Sieh', mein theures Mädchen, ich bin nicht müßig gewesen, während Du hier in der Einsamkeit trauertest. Auch ich habe nachgedacht und bin zu dem Resultate gelangt, daß wir angesichts der drohenden Verhältnisse einen Schritt unternehmen müssen, der nicht wieder rückgängig zu machen ist. Ich habe einen Pfarrer gewonnen, der unserem Bunde die Weihe der Kirche er- theilen will. Man wird den wackern Mann seines Amtes entsetzen, wird ihn vielleicht verfolgen; aber ich sichere die Zukunft des Greises durch ein Kapital, über das ich verfügen kann. Nach der Trauung beziehen wir ein
Tages Neuigkeiten.
§ Altburg, 28. Jan. Vor einigen Tagen kaufte unser Schultheiß Roller von einein hiesigen Bürger einige Morgen Wald, junger Bestand in Forchen und Eichen von einigen Bietern Höhe. Ain Freitag Morgen wollte unser Hr. Schultheiß sein Eigenthum nochmals betrachten und fand zu seinem Schrecken den ganzen Wald durch ruchlose Hand meist in halber Höhe, ^nichts am Boden, abgehauen. Mit Recht ist Jedermann empört ob dieser Schändlichkeit, und wünschen wir sehr, daß die bereits eingeleitete Untersuchung zur Entdeckung der Thäter führen möchte.
. Stuttgart, 28. Jan. Herr Corty hat gestern einen prachtvollen vierjährigen Trakehner, von Herrn Oekonom Grundler in Möhringen, um 2500 Mk. angetanst. — Auf dem Feuersee herrschte gestern Nachmittag ein sehr reges Leben. Die Carl'sche Kapelle konzertirte und die Freunde des Schlittschuhsports hatten sich sehr zahlreich eingefunden. Bei anhaltender Kälte soll an einem der nächsten Abende ein großes Eisfest mit Beleuchtung stattfinden.
Eannstatt, 27. Jan. Das Befinden der Entenwirthin Bürkle ist befriedigend und eine Gefahr für ihr Leben nicht mehr vorhanden. Die Kugel ist noch nicht entfernt worden. Ihr Alaun sitzt noch im hiesigen Amts- gesüngniß. — Auf dem Neckar steht das Eis bis zur Eisenbahnbrücke und ist eine baldige Eröffnung der Schlittschuhbahn auf demselben zu erwarten.
Am 24. d. verunglückte der Bremser Siegle aus dem Güterzug, der Abends 9 Uhr von Friedrichshafen kommend in Warthausen eintrifft. Der Genannte wurde dort vermißt und von dem Nachtpersonenzug bei Warthausen auf den Schienen liegend, den Kopf vom Rumpfe getrennt, aufgefunden. Der Verunglückte ist verheirathet.
— In einem Bauernhause zu Hof und Lemba ch brach der N.-Z. zufolge kürzlich Nachts Feuer aus. Mit Hilfe herbeigerufener Nachbarn wurde dasselbe bald gelöscht und verbrannten nur einige Bund Stroh im Keller. Dabei entdeckte man, daß der ganze Brodvorrath gestohlen war. Ohne Zweifel hatte der Dieb mittelst eines Zündhölzchens sich den Kellerraum erleuchtet und sodann das brennende Hölzchen weggeworfen. — Am Abend des 24. d. erschoß sich zwischen Plochingen und Altbach in der unter der Landstraße durchgehenden Dohle des Schinderbachs ein unbekannter Herr mittelst eines Schusses in die Stirne. Außer einem Netourbillet von Stuttgart nach Nlm vom gestrigen Tage fand man bei demselben 11 Alk. 59 Pfg. Geld. Seine Person konnte bis jetzt nicht ermittelt werden. — Die Untersuchung in Betreff des Diebstahls aus dem Bahnhof zu Plochingen scheint immer größere Dimensionen annehmen zu wollen; bereits befinden sich 8 Personen in Hast. — In Pfau Hausen bei Plochingen wurde am 24. d. Alts. Nachts unter verdächtigen Umständen ein Fremder verhaftet, bei welchem man 214 Alk. 72 Pfg. Geld (meistens Gold) und eine am l. Januar d. I. abgelaufene Reise-Legitimation auf Engen Müller, Reisender für Flaschner Tannecker in Kirchheim, fand. Bei seiner, vor dem Schultheißen stattgefundenen Vorführung, wie auch vor dem K. Oberamt Eßlingen, wohin er abgeliesert wurde, versagte er jede Auskunft.
Washington, 23. Januar. (Prozeß Guiteau.) Der Angeklagte theilte mit, daß er mehrere hundert Briese von Damen empfangen habe, und sprach den Frauen Amerikas seinen Dank für ihre Sendungen aus. Sodann richtete er an den klägerischen Anwalt Porter die Bemerkung, daß er ihn unterbrechen werde, so oft er dem Gesetze eine falsche Auslegung gebe. Porter sprach 3 Stunden, bis ihn sein Unwohlsein nöthigte, die Fortsetzung seiner Rede auf Dienstag zu verschieben. — Es heißt in Washington, Scoville habe absichtlich 5 Tage lang gesprochen, um den Urtheils- spruch hinausznschieben, denn da heute ein neuer Gerichtstermin begann, so kann Guiteau erst im nächsten Termin, der im April anfängt, verurtheilt und erst 30 Tage nach dessen Schluß — also nicht vor Juli gehängt werden.
B c r m i s ch t e s.
— Zur Lösung der irischen Frage, die England so tief bewegt, schlug Carlyle, der bekanntlich in Kraftausdrücken stark war, bei einem Festmahl folgendes vor: „Man tauche die Insel vierundzwanzig Stunden in den atlantischen Ozean, so daß die Fluth darüber zusammenschlägt, dann wird die, irische Frage ihre Lösung finden, eher nicht.
kleines Schloß, das reizend am Ufer eines Sees liegt und durch seine Ländereien reiche Revenuen bietet. Tie Besitzung Röderau kann mir weder ein Machtspruch meines Vaters noch ein Urtheil des Gerichts rauben; seit vorgestern, an welchem Tage ich mündig geworden, bin ich der Herr von Röderau. Der Pfarrer dort, dessen liberale Grundsätze ich kenne, hat mir versprochen, uns heimlich zu trauen. Tann leben wir unserem Glücke in der Einsamkeit und kümmern uns um die Welt nicht, die ihre politischen Wirren ohne mich schlichten mag.
Eine lange Pause war eingetreten. Der alte Komödiant, der still in seinem Bette lag, hörte nur leises Seufzen und Schluchzen.
Endlich fragte der Prinz:
Hast Du nur Thränen und Seufzer als Antwort auf meinen Plan.
Nein, Nein! O wie großherzig, wie erhaben erscheinst Du mir in diesem Augenblicke! Und immermehr erkenne ich, daß dem Lande durch mich ein Glück entzogen wird, auf das es sehnlichst hofft. Man knüpft an Deinen Regierungsantritt die schönsten Erwartungen . . .
Auch der jüngere Bruder meines Baters wird die Erwartungen recht- fertigen.
Prinz Woldemar ist zu ehrgeizig. . . .
Diese kleine Schwäche wird durch manche gute Eigenschaft verdeckt.
Sein Stolz ist unzähmbar.
Aber er besitzt das Talent zu regieren, während ich . . . der Minister mich bedienen muß.
Wahrend Du dem Volke Dich nähern wirst. (Forts, folgt.)