fragen nach BilletS Nachkommen zu können, noch eine Reihe Stühle gestellt werden müssen, ebenso waren die Kaskaden besetzt. Die Manege wie das Personal hatte ein Festgewandt angelegt, aus bunten Sägspänen war ein Wappen mit einem Roß gebildet. Die vorzüglich gewählten Nummern des Programms fanden sümmtliche stürmischen Beifall; namentlich erregte die Schönheit und feine Dressur der von Herrn Althoff vorgeführten Schulpferde allgemeine Bewunderung. Die gymnastischen Leistungen der Clowns Marti- netti und seiner Söhne, sowie der Gebrüder Nagels, die Wunderhüte und die dressirten Hunde dürfen nicht unerwähnt bleiben. Die beiden lieblichen Schwesterpaare Althoff und Gierach eroberten sich die Herzen der Männerwelt durch ihre Leistungen sowie durch den Reiz der Jugend und Anmuth. Ein nicht enden wollender Beifall aber wurde den Leistungen des Herrn Weinratta und der Miß Katarinodar zu Theil. Das von derselben zum Schluß der Vorstellung ausgeführte Luftpotpourri ist das Großartigste, was man sich denken kann. Miß Katarinodar, ein 10jühriges Mädchen. entwickelte eine Kraft und Ausdauer, die Staunen erregt. Es wurde ihr zum Schluß ein prächtiges Bouquet mit Atlasschleisen und einer in Gold gestickte Widmung überreicht.
Gemüse. Junge Spargeln und Kopfsalat war am Dienstag und heute erstmals aus dem Wochenmarkt; derselbe wird in Untertürkheim gezogen. Im Schaufenster von Valzachi sind bereits neue Kartoffeln zu sehen; der Preis derselben ist allerdings noch ein sehr hoher.
R a z t i a. Eine heute früh in verschiedenen Wirtschaften vor- genommene Razzia hatte die Verhaftung von 2ö Strolchen zur Folge.
Der silberne L o r b e e r k r a n z, welchen Frau Marlow bei ihrem Abschiedskonzert erhielt, ist im Schaufenster des Hosjuweliers E. Föhr ausgestellt. Die den Kranz zusammenhaltenbe Schleife trägt die Widmung: „Der scheidenden schwäbischen Nachtigall Frau M. von Marlow am Tage ihres Abschiedskonzerts gewidmet von Stuttgarter Kunstfreunden und Vereinen."
Eßlingen, 24. Jan. Auf dem Bahnhof Plochingen 'wurden zwei Bahnhottaglöhner wegen Verdachts des seit einiger Zeit betriebenen Diebstahls verhaftet. Bei der gestern vorgenonnnenen Hausdurchsuchung wurden die vermißten Gegenstände in einem Backofen vorgesunden.
P lüderhausen , 23. Jan. Unweit des Postens Nr. 44. wurde ein freches Bubenstück ausgcführt, indem der zum Aufhängen der Controle- taseln dienende eiserne Stock ausgehoben und quer über den Bahnkörper gelegt wurde, was uothwendigerwene eine Entgleisung des Zuges zur Folge gehabt, wenn nicht der Wärter die Sache zeitig entdeckt Hütte. Auf die Ermittlung des Thäters ist von der zuständigen Behörde eine Belohnung von 50 Mark ausgesetzt. Die eisrigft eingestellten Recherchen waren bis jetzt leider erfolglos.
'Washington, 25. Jan. (Prozeß Guitean.) Nach der heutigen 1 tz,-ständigen Rede des Richters Burant, worin er auf's Eingehendste die Gesetzesbestimmungen über das in Frage stehende Verbrechen auseinander- sctzte, und die Zeugenaussagen für und wider den Angeklagten hervorhob, zog sich der Gerichtshof turück und gab nach mehr als einstündiger Berath- ung das Verdikt ab, daß Guitean der Ermordung Garfields schuldig sei.
Zleöer den städtischen Kaustzalt.
(Schluß.)
.Vor tu Jahren betrug der Stadtschaden 26,500 Mk. derzeit 38,000 Mk. bestehungsweiie unter Hinzurechnung der verwendeten Restmittel 42,000 Alk. Dieft erhebliche Steigerung um 15,500 Alk. ist zwar sehr bedauerlich, allein nahem alle mit Gemeindeschaden belasteten Städte, welche den Anforderungen der Zeit Rechnung getragen haben, theilen das gleiche Schicksal und es ist dasselbe verhültnißmäßig auch Landgemeinden nicht erspart geblieben, die nur das Nothweudigste leisteten. Die Preise der Lebensmittel, der Materialien, der Arbeitslöhne jeglicher Art sind durchweg höher geworden, insbesondere hat wie in Privathaushaltungen so auch im großen städtischen Haushalt die Einführung der Markwühruug vertheuerud eingewirkt, Veränderung in der
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Gesetzgebung brachten früher nicht vorhandene und vermehrte Ausgaben. Insbesondere haben folgende Posten mit den nachstehend bezeichneten Mehr« betrügen erhöhend eingewirkt:
Rechts- und Sicherheitspolizeikosten, mehr als vor 10
Jahren. 1200 .T
Der Gehalt des Feldschützen wurde früher von den Güterbesitzern bezahlt, diese Ausgabe, sowie diejenige für das Standesamt sind neu, sie betragen 850 Mk.
Straßen-, Brücken-, Dohlen-Unterhaltung, mehr . 900 „
Der Zuschuß zur Armenpflege betrug 1872 5142 Mark 87 Pf., 1881/82 beträgt derselbe 12,000 Mark,
also mehr .... 6858 „
hauptsächlich in Folge Einführung des Unterstützungs- Wohnsitzgesetzes und der in Folge der Preissteigerungen eingetretenen Erhöhung der Unterstützungen und Ausgaben.
Der Zuschuß zur Kirchen- und Schulpflege betrug 1872 13,700 Mk., derzeit 18,000 DU.,
also mehr .... 4300 „
worunter die Errichtung einer weiteren ständigen Lehrstelle an der Volksschule.
Besoldungen der städtischen Beamten und Diener . 2350 „
Frauenarbeitsschule (städtischer Beitrag) . . . 375 „
Stadtmusik ........ 375 „
Straßenbeleuchtung mehr ..... 1720 „
(1872 bestand schon theilweise Gasbeleuchtung.)
Mehrbetrag der aus städtischem Eigenthum zu bezahlenden Steuern ....... 690 „
davon gehen ab:
Verminderte Ausgaben für das Brunnenwesen in Folge Einführung des Wasserwerks und vermehrte Einnahmen von Capital- und Einkommenssteuer und dergleichen
ungefähr . . . . . . . ._ 3000 „
- 15,r <4 c /
Angesichts der drohenden Nothweudigkeit, die Stadtschadens-Umlage, welche jetzt schon 215 Prozent der Staatssteuer beträgt, noch weiter erhöhen 'zu müssen, mußten sich die Gemeiude-Collegien die Frage vorlegen, ob es möglich sei, bei dem schon so lauge andauernden Darniederliegen beinahe aller gewerblichen Geschäfte eine abermalige Erhöhung der direkten Umlagen eintreteu zu lassen. Die Eollegien konnten sich nicht verhehlen, daß man hei dem dermaligen schlechten Geschäftsgang mit den Umlagen auf Güter, Gebäude und Gewerbe nahezu bis au die Grenze der Leistungsfähigkeit gegangen sei; in Verhandlungen, die sich durch mehrere Jahre hindurchgezogen, wurde die Frage in ernste Erwägung gezogen, ob man von dem durch das Gesetz gebotenen Recht der Einführung von Cousumsteuern Gebrauch machen soll. Die Ueberzeugung, daß man derzeit, insbesondere den Gewerbesteuerpflichtigen nicht mehr weiter zumuthen könne, veranlaßte die Eollegien die Einführung der Eonsumsteuer aus Bier und Fleisch zu beschließen. Eine Reihe von Städten, darunter welche, die nicht erheblich größer oder noch kleiner sind als Calw, sind, weil sie sich in der gleichen Lage befanden, mit der Einführung von Eousumsteuern vorangegangen, auch die Vertretung der hiesigen Gemeinde war in der Zwangslage von zwei liebeln das kleinere wählen zu müssen. Es wurde niemals verkannt, daß diese Maßregel für die Bierbrauer und Metzger eine lästige ist, aber für das Ganze, für die Gesammtheit unserer Stadt, ist sie das kleinere Uebel. Die Consumsteuer ist eine Umlage, die zu sehr erheblichem Theil von nicht hier ansäßigeu Personen oder von solchen getragen wird, die sonst nahezu nichts an dem Stadtschaden bezahlen und doch den Mitgenuß an all' den Einrichtungen haben, welche der Stadt so großen Aufwand veranlassen. Ein großer Theil der Eonsumsteuer wird aus Anlaß der Jahr- und Wochemuürkte, der Feste..Versammlungen und anläßlich des sonstigen, namentlich im Sommer so bedeutenden Fremdenverkehr, von Fremden bezogen, es ist dies ein nicht abzuleugnender erheblicher Nutzen für die hiesigen Steuerpflichtigen.
Wird den Steuerpflichtigen, welche einen größeren Besitz haben (was
ges Benehmen mir bald die Augen öffnete. Ich war eine Gefangene in diesem Forsthause. Agnes, die Tochter des alten Försters, der im Erdgeschosse wohnt, ward mir zur Bedienung gegeben. Denselben Tag noch kamen meine Koffer au. Der Kapitän sagte mir, ich möge mich einrichten, da der Winter leicht vergehen könne, che es ihm gestattet fei, mir die Abreise zu erlauben.
Bin ich denn eine Gefangene? fragte ich bestürzt.
Ja!
Auf wessen Befehl?
Auf Befehl meines Herrn, des regierenden Fürsten.
Ich habe Nichts verbrochen.
Der alte Soldat zuckte mit den Achseln, rieth mir, ruhig den Verlauf der Dinge abzuwarten und ihn nicht zu zwingen, mit der militärischen Strenge zu verfahren, die ihm aubefohlen, wenn ich einen Versuch zur Flucht wagen sollte. In den Zimmern, die mir angewiesen, könne ich nach Belieben schalten und walten; ich dürfe aber keinen Besuch empfangen. Hätte ich Lust, einen Spaziergang zu machen, so möge ich es melden, er, der Kapitän, würde mich begleiten. Die geringste Abweichung von diesen Regeln würde zur Folge baben, daß mich ein Posten Tag und Nacht bewachte. Der Gemalt mußte ich mich fügen. Tie mir angewiesenen Zimmer sind nun zwar fürstlich eingerichtet, auch ein guter Flügel ist vorhanden und über die Bewirthung kann ich mich nicht beklagen; aber ich bin doch Gefangene. Schon der Gedanke, daß ich nicht Herrin meines Willens bin, ist mir peinigend, wenn auch bis jetzt jeder meiner Wünsche erfüllt wurde. Schon nach wenig Tagen war Agnes meine Freundin. Ich vertraute mich ihr an und sie hat es übernommen. meinen Brief in deine Hände gelangen zu lassen. Das gute Kind hat viel gewagt . . . auch der brave Ernst, der Sohn des Kapitäns, der
den Botendienst übernommen. Jetzt bist Du da, Eugen . . . entscheide nun, was soll geschehen? Hier kann und mag ich nicht länger bleiben, denn die Einsamkeit tödtet mich. Ich bedarf der Freiheit, um die Gesangskunst zu üben, für die ich lebe. Und wer kann wissen, was inan mir vom Hofe aus noch bereitet? Ich zittere beim Grauen des Morgens und gehe mit Bangen und Zagen zu Bett. Der Kapitän macht täglich zweimal die Runde wie ein Kerkermeister durch das Gesangenhaus.
Du darfst hier nicht bleiben! rief Eugen hastig. Ich habe mehr als einen Grund dafür. Alan sperrt Dich ein, weil ich Dich liebe, weil Du meine Liebe erwiederst . . . Und jene Kreaturen, die um Geld zu Allem fähig sind, wagen es, Dich durch schmähliche Anträge zu kränken! Adelheid, ich lasse nicht von Dir, und müßte ich Rang und Stand verleugnen!
Still, mein Freund, unterbrach ihn die junge Dame. Das, was mich betroffen, hat mich zum ernsten 'Nachdenken aufgefordert. Und ich habe in der Einsamkeit dieses Forsthauses ernstlich nachgedacht. Du wirst mich ruhig anhören und meine Worte in Erwägung ziehen. Ich bin ein armes Mädchen, das nicht einmal eine Familie Nachweisen kann. Soweit meine Erinnerung reicht, sehe ich mich allein und verlassen in der Welt. Der Musikdirektor einer kleinen reisenden Schauspielergesellschaft fand, daß ich eine beachtens- werthe Stimme und einiges Darftellungstalent besitze; er bildete mich aus und machte mich fähig, bei größeren Bühnen mein Glück zu versuchen.. Der alte Mann starb, während ich noch mein Glück versuchte und mit tausend Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. So war es mir unmöglich geworden, meinem Wohlthäter, ohne den ich wohl heute noch auf den Dörfern Komödie spielte, mich dankbar zu zeigen.
(Fortsetzung folgt.)