37. Jahrgang.
Nro. 12.
Amt8- uml Intekkigenzbkatt für äen «Kezirk.
Erscheint Dienstag, Donnerstag nnd Samstag.
Die Einrückungsgcbühr betragt 9 L für die bier- fpaltigc Zeile oder deren Raum.
Samstag, den 28 . Januar 1882 .
i! -ibonncnicntsprcis halbjührlich 1 80 L, durch !! die Post bezogen im Bezirk 2 30 sonst in ganz
i Württemberg'2 ^ 70 L.
Politische Nachrichten
Deutsch es Reich.
— In der Dienstagssitzung des Reichstags ivurde der königlich- kaiserliche Erlaß vom 4. ds. einer Besprechung unterzogen, gelegentlich deren auch Fürst Bismarck sich eingefunden hatte. Es war wieder eine zum Theil sehr erregte Debatte, die auf Veranlassung der Hänel'schen Bemerkung, es habe den Anschein, als wollten sich die Minister durch die fortwährenden Versuche, die Person des Monarchen in die Debatte zu ziehen, persönlich decken, einen äußerst heftigen Charakter annahm, indem Fürst Bismarck hierin einen Vorwurf der Feigheit gegen seine Person erblickte. Im Uebrigen lassen sich die mit Befriedigung aufgenommenen Erklärungen Bismarcks kurz so zusammenfassen. Gleich von vornherein erklärte er, daß er hier in seiner Eigenschaft als preußischer Bevollmächtigter, nicht als Kanzler rede. Der Erlaß habe nicht den Zweck, neues Recht zu schaffen, und stehe in keiner Verbindung mit einer Aussicht auf Conflikt, er wolle nur der Verdunkelung des bestehenden Rechtes Vorbeugen, die wuchernde Schlingpflanze der konstitutionellen Legende zu bekämpfen, welche bei weiterer Ausbreitung den ministeriellen Absolutismus zeigen könne, den man mit Recht verwerfe. In Preußen sei der wirkliche und factische Ministerpräsident der König selber. Hätte der König von l 800 an nach den konstitutionellen Grundsätzen Hünels regiert und auf die Mehrheit der parlamentarischen Körperschaften gehört, so Hütte Preußen keine reorganisirte Armee erhalten, so säßen die Herren alle gar nicht hier in diesem Saale. Der Kanzler, welcher nun die ganze Vergangenheit von 1860 an und von noch früherer Zeit recapitulirte, gerieth allmählich in immer heftigere Erregung, man solle das starke Königthum nicht untergraben, wenn dies gefallen wäre, würde die ganze parlamentarische Beredsamkeit nichts nützen, der König werde sich sein gutes Recht durch falsche Auslegung der Verfassung nicht nehmen lassen, er werde die „politische Brunnenvergiftung" hindern. Die politischen Beamten, sagte dann der Kanzler, hätten, die Pflicht gegen offenbare Verleumdungen der Regierung, gegen Entstellung des Sachverhalts zu Unguusieu derselben aufzutreten, im Uebrigen aber sei ihre Wahlfreiheit eine vollkommene. Es werde den Beamten eine Weisung zum activen Eingreifen in dem Erlasse nicht ertheilt, sie sollen sich nur von Agitationen fern halten, welche ihrer Würde nicht entsprächen. Der Kanzler schloß, indem er noch einmal wiederholte, der König werde sich seine verfassungsmäßigen Rechte nicht verkümmern lassen, ohne aber nachgewiesen zu haben, wo und in welcher Weise die parlamentarischen Parteien letztere angreifen. Zum Schluß seiner Rede sagt Bismarck: „Wenn ein politischer Beamter, wie z. B. in Meiningen, gegen seine Regierung bei den Wahlen vorgeht, so fällt das speziell unter den kaiserlichen Erlaß. Solche Vorgänge haben zu diesem Erlaß Veranlassung gegeben.
Berlin, 26. Jan. Der Kaiser ließ Bismarck für seine Reichstags
rede warme Anerkennung aussprechen — Der Reichskanzler erließ an die Bundesregierungen eine Aufforderung behufs vou Vorschlägen wegen reichs- gesetzlicher Regelung des Versicherungswesens.
Frankreich.
— Die Gegner Gambettas haben bereits, um uns bildlich auszudrücken, Sitze im Palais Bourbon aus Donnerstag belegt, um dem Schauspiel seines Sturzes beizuwohnen. Wenn man die Pariser Boulevardblätter liest, so ist der Fall des Ministeriums Gambetta besiegelt. Die Lage sieht allerdings sehr kritisch aus, aber für ihn noch nicht hoffnungslos. Schon mehr als einmal war es Gambetta gelungen, 'über den hoch sich aufthürmenden Widerspruch des aufgeregten Parlaments siegreich hinwegzukommen; noch immer ist jedem seiner Erfolge die Ankündigung seiner gründlichen Niederlage vorangegangen; so bei der Durchführung der vollen Amnestie, so bei der Durchsetzung der Annahme des Barodet'schen Antrags in Bezug auf die Einführung des Listenwahlverfahrens in der zweiten Kammer. Die gestrige telegraphische Nachricht, daß Kammer und Senat sich dem Wunsche einer Verständigung über eine beschränkte Verfassungsrevision zuwenden, und daß Gambetta zunächst die Listenskrutiniumfrage fallen lasse, um diese erst im Kongreß selber irgendwie einzuführen, stimmt ebenfalls zu der vorgetragenen Auffassung, welche keineswegs die Schwere der Krisis leugnen, aber auch die Möglichkeit einer Beilegung hervorheben will. Begünstigt wird die letztere durch die inzwischen wesentlich beruhigtere Stimmung der Börse. Es ist kein Geheimniß, daß ein großer Theil der sranz. Abgeordneten an den zahlreichen neuen Gründungen zweifelhaften Karakters betheiligt ist. Ueberhaupt rührt der heftige Widerstand, welchem Gambetta in der Kammer und in der Presse begegnet, zu einen: guten Theil nicht sowohl aus ächt republikanischer Gesinnungstüchtigkeit als aus der Furcht der. hohen Finanzwelt vor den ganz gesunden Absichten Gan:- bettas aus die Konvertirung der Rente und Verstaatlichung der Eisenbahnen her.
Tages-Neuigkeiten.
E a l w. Betr. der Notiz in letzter Rr. ds. Bl. von Pforzheim geht der Redaktion heute von dort dieselbe Notiz von dem Vorstand des Fischerklubs zu, derselbe hegt die Hoffnung, daß im Interesse der durch Fischotter so schwer geschädigten Fischerei auch die Fischwasserpüchter in Nagold und Ealw sich entschließen werden, den Fischotterjäger Schmitt auf einige Tage kommen zu lassen, die Kosten seien gering und der Vorstand Bau rittel dort zu jeder Auskunft bereit. Interessant dürfte sein, zu hören, welche Resultate diese — Fischotter — dort erzielt, da die Suche wohl weniger schwierig als die Habhaftwerdung derselben ist und haben wir denselben um Mittheilung hierüber gebeten.
Stuttgart, 26. Januar. Die gestern Abend stattgefundene Extra- Galavorstellung im Zirkus Corty, welche eigens für den Sportklub arrangirt war, hatte den Zirkus vollständig gefüllt, im Sperrsitz hatte, um allen Nach
Feuilleton. Der alte Komödiant.
Novelle von August Schräder.
(Fortsetzung.)
Tie Erklärung, daß ich, um meine Ehre zu retten, mich dem fürstlichen Stallmeister verlobt habe, der sich um meine Hand beworben.
Eugen brach in ein bitteres Lachen aus.
Dann rief er:
Man hat Dir eine schöne Parthie zugedacht! Ich errathe nun, wer die Wahl getroffen hat. Doch, weiter ... die Geschichte ist interessant.
Kauni war der Brief vollendet, als ich ihn zerriß. Der Intendant meinte, ich träte mein Glück mit Füßen, da der Stallmeister mich leidenschaftlich liebe und ein enorm reicher Mann sei, der mir Herz und Vermögen zu Füßen lege. Ich beantwortete die Phrase gebührend; trotzdem blieb der Intendant, um zu fragen: welche Summe fordern Sie, um nur scheinbar diese Erklärung abzugeben? Ich wandte den: Unverschämten den Rücken und ging in das Nebenzimmer. Nachdem ich gehört, daß der würdige Mann sich entfernt hatte, kain ich zurück. In unbeschreiblicher Angst verbrachte ich den Tag. Abends besuchte ich das Theater, ich glaubte, dich in der Loge zu sehen. Mein Hoffen war vergebens. Noch vor Beendigung der Vorstellung verließ ich das Haus. Es regnete. Ich rief einen Fiaker an, bezeichnte ihm meine Wohnung und stieg ein. Der Wagen rollte fort. In fünf Minuten konnte ich am Ziele sein; aber der Kutscher fuhr zehn Minuten,
eine Viertelstunde, immer rascher. Ich klopfte an das Fenster. Ta sah ich die Gestalt eines Mannes neben dem Kutscher, der auf mein Rufen nicht hörte und wie rasend das Pferd peitschte. Das Rasseln der Räder verrieth, daß wir nicht mehr auf dem Straßenpflaster der Stadt, sondern auf ebener Chaussee fuhren. Was sollte ich beginnen? Ich versuchte vergebens den Schlag zu öffneu. Rings war es dunkel, der Regen prasselte an die Fensterscheiben. Durfte ich noch zweifeln, daß man heimtückisch einen Streich ausführte? Der Jntentant mußte darum wissen. Weinend lag ich auf dem harten Sitze. Nach einer halben Stunde hielt der Wagen. Ein Mann, der einen großen Mantel trug, öffnete. Er bat mich im Namen des Prinzen, ich möge ihm folgen.
Im Rainen des Prinzen? wiederholte ich, froh erstaunt.
. Der Ihre schnelle Abreise für geboten erachtete.
Wohin?
Ich habe Auftrag, Sie zu einen: Jagdschlösse des Prinzen zu geleiten, wo Sie die Ankunft des hohen Herrn erwarten mögen. Ihre Koffer wird man nachschicken.
Nun verließ ich den Fiaker, um für kurze Zeit ein anständiges Gasthaus zu betreten, indem ich ein Nachtessen einnahm und mich von dem ersten Schrecken erholte. Mein Begleiter behandelte mich so respektvoll, er benahm sich so artig und zuvorkommend, daß ich an der Wahrheit seiner Worte nicht zweifelte. Die Wegnahme meiner Papiere hatte mir Furcht eingejagt; ich fügte mich gern den Maßregeln, die du getroffen. Bald kam ein bequemer Reisewagen an, den ich bestieg. Die Reise dauerte die ganze Nacht. Im ersten Frührothe hielten wir vor dem Hause. Ein alter Mann, von mürrischem Aussehen empfing mich. Es war der Kapitän Malchow, dessen stren-