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denn Bismarck soviel Vollmachten geben, das, er einen Kriegszug Nach Nom unternimmt und den Papst gefangen nimmt.Diesem ewigen Wechsel der Politik müssen wir Sachkenntnis und unsere bessere Ueberzeugung entgegen­stellen. Dazu gehört, daß wir alle Kampfgesetze aufbeben." Staatssekretär Bötticher: Der BundeSrath habe sich noch nicht mit dem Antrag be­schäftigt; sollte der Antrag angenommen werden, so werde der BundeSrath berathen, ob er das Gesetz aufheben könnte. Es sei unrichtig, daß der Reichskanzler die Vollmachten gebrauchen wolle zur Erreichung von Macht­mitteln; Bismarck wünsche Frieden zwischen Staat und Kirche. Wenn der .Kaiser in diesem Jahre zur Ueberzeugung gekommen sei, zum Besten des Landes seien bestimmte Maßregeln zu ergreifen, so sei dies Etwas, was mit Ehrfurcht und Dankbarkeit ausgenommen werden müsse, und nicht Bemängel­ungen, wie die eben gehörte», Hervorrufen sollte, v. Kardorsf rühmt die großen nationalen Verdienste des EentrumS durch Schaffung des Zoll­tarifs und Unterstützung der Finanzpolitik. Payer (Bolkspnrtei): Wir stimmen ohne Vorbehalt für den Antrag und werden dadurch unserem Pro­gramm gerecht, das sich gegen jede AuSnahmegesctzgebung erklärt. Die De­batte wird bis morgen vertagt.

Frankreich.

Paris, 0. Ja». Dem Korrespondenten derN. Fr. Pr." wird r.ütgetheilt, der deutsche Botschafter Fürst Hohenlohe habe vor seiner Abreise dreimal mit Gambetta konferirt, aus die schwierige Situation in Rußland, welche für die nächste Zukunft beunruhigende Vorfälle besorgen lasse, hinge­wiesen und ihn zu beweg?» gesucht, einem Uebereinkommen wegen Ausliefer­ung politischer Verbrecher beiznstimmen. Gambetta habe jedoch jede be­stimmte Antwort verweigert mit dem Hinweise, daß er in dieser Angelegen­heit nur im Vereine mit England vorgeben wolle.

Italien.

Der Diritto entwickelt einen wahre» Feuereifer, seinen Landsleuten das Bündnis; mit Deutschland zu empseblen und sie vor Frankreich zu verwarnen. Heute erörtert er die Stellung Frankreichs zur Kirche und weint, noch immer sei das Wort von Gnizot wahr: Deutschland werde von Soldaten, Frankreich von Bischöfen regiert. Die Republik habe keine Aende- rung gebracht; Gambetta bekannte sich zwar einst zum Grundsatz der Tren­nung von Staat und Kirche, hat aber jetzt darauf verzichtet und liält sich au das Konkordat. Der Artikel schließt:Von Frankreich trennt uns also auch die Kirchenpolitik. Wir baden entgegengesetzte Bedürfnisse und Fdeale: dort das Konkordat, hier die weltliche Souveränität, das gleiche Gesetz für alle! dort das oaslii t>oi par b't'iinao«, bier der moderne Staat. Unsere Lage zwingt uns, an diejenigen Staaten uns auzuschließeu, welche der kirch­lichen Macht mebr Widerstand entgegensetzt, welche stärkere Kämpfe hinter sich haben, Kampfe, welche nicht in Vergessenbeit gerathen, denn sie sind die Ueberlieferung, die Erbschaft der Hvhensransen an die Ho b en zo l l e rn."

N u j; 1 a n S.

P eter s bürg, l 2. Fan. DerReuen Zeitung" zufolge erfolgte am !>. ds. eine Verordnung des Kaisers, wonach während 1W2 noch ein freiwilliges Uebereinkommen zwischen Bauern und Gutsbesitzern gestattet wird. Rach l 002 gehört den Bauern alles nicht losgekauste 'Land. Die Krone entrichtet den Gutsbesitzern vom l. Januar I00!> ab 00 Prozent der Daxa- tivnssninme des zu befreienden Landes.

Tages Neuigkeiten.

Ragold, l>. Ja». Wie wir noch im alten Fahr dem Seminar den Genuß eines schöne» Konzertes zu danken hatten, so gestern Abend den eines öffentlichen Vortrags, welchen Prof. Froh »me per über Wallen­stein hielt. Mit Interesse lauschten die Anwesenden der ebenso inhaltsreichen, wie formgewandten Darstellung.

Ragold. Der Sülchganer A l tert humsvc re i n hält hier seine Jahresversammlung Mittwoch den 10. Januar nach l l Uhr, wozu viele Mitglieder von Reutlingen, Stuttgart, Ealw und vom oberen Neckar her er­wartet, auch Damen und alle Alterthumssreunde eingeladen sind. Vorträge: Pros. Dr. Hartman»Aelteste Geschichte von Ragold re.", Freiherr E. H. von Oivdie Fabel von den angeblichen Raubbnrgen Waldeck u. s. w., die

R. v. Habsburg zerstört haben soll." Dann Mittheilungen über dieEff- ringer Kirche" und verschiedene Alterthümer der Umgegend", nebst einer Ausstellung", worunter die merkwürdigen Helme von Wildberg und Griffen« Hansen u. A., dazu ein jeder Theilnehmer Sehenswerthes mitbringen möge.

Eannstatt, tl. Januar. Das Befinden der Entenwirthin Bürkle bessert sich fortgesetzt, so daß die Gefahr für ihr Leben als gehoben betrach­tet werden. Bürkle selbst sitzt noch immer in dem hiesigen Ämtsgefängnisse.

In Gm ünd wurden falsche 20-Pfennig-Marken des dortigen Kon­sumvereins angefertigt und für ca. tOOJL davon in Umlauf gebracht. Gegen weitere Verausgabung der falschen Marken sind genügende Vorkehrungen ge­troffen. Die Staatsanwaltschaft läßt eisrigst nach dem Fälscher fahnden.

In der R eutlin g e r Gegend grassirt laut Kreisztg. z. Z. wieder eine Geflügelseuche, welche viele Opfer fordert. Es wird deßhalb davor ge­warnt, geschlachtetes Geflügel zu kaufen, da durch den Genuß des Fleisches krepirter Hühner leicht Krankheiten entstehen könnten.

Ehingen, ll. Januar. Gestern wurde hier ein junger Gefange­ner per Bahn nach Ulm geführt, der, in Waldsee wegen Diebstahls ver­haftet, bekannt haben- soll, er sei der Mörder des Mädchens von AllmenRngen. Es wird sich nun bald zeigen, ob der im Verdacht der That gestandene Waldschütz Vöhringer als unschuldig der Haft entlassen wird. Der Mörder soll ei» gewisser Lausch von Diven bei Kirchheim sein, der schon früher in Hall wegen Diebstahls und Landstreicherei seine Strafe abgebüßt habe.

B r u ch sal, 10. Inn. In Zeuthen; hatte ein Bauer eine Parthie Tabakblätter, welche ihn; in der Scheuer zu trocken geworden waren, in den Kuhstall gebracht, damit dieselben wieder etwas Feuchtigkeit anziehen sollten. In jener Rächt aber hatte sich eine von den beiden im Stall befindlichen Kühen losgemacht und nicht nur selber von der verbotenen Speise gefressen, sondern auch die Blätter im Stall herumgezerrt, so daß ihre Kollegin dazu gelange» konnte. Das Ende vom Liede war, daß beide am Morgen zu nicht geringer Bestürzung des Bauern mausetodt am Boden lagen. Ob das Rikotingist der Dabakblätter oder die durch überreichlichen Genuß herbeige- sührten Blähungen die Ursache des jähen Todes gewesen, ist nicht bekannt geworden.

K o n st a n z, 0. Jan. Mit dem gestrige» Rachinittagszuge wurde hier ein Militärsträtling eingebracht, welcher ans Ulm desertirt und von den Schweizer Behörden in Lörrach ansgeliesert worden war. Ans dem Bahn­hose von einem Sergeanten und einem Oiesreiten des hiesigen Regiments in Empfang genommen, marschirte der Mann ruhig über die Rheinbrücke bis in die unmittelbare Nähe der Kaserne. In dem Augenblicke jedoch, als der voransgehende Gefreite in das Thor einbog, zerriß der Deserteur seine Hand­fesseln und versuchte zu entlaufen. Da er aus den Haltens nicht achtete, so schoß der Sergeant aus die Entfernung von 12 Schritten und traf den Ausreißer derart an den Kops, daß er sofort lodt zu Boden stürzte. Tie Gewehre waren vor den Auge» des Erschossenen scharf geladen worden.

DerReichsanzeiger" pnblizirt eine Bekanntmachung des bayerischen Stantsminislerinms des Innern vom 2. Jan., Maßregeln gegen die Rinder­pest betreffend. Danach ist die Einfuhr von Rindvieh, von Schafen, Ziegen und anderen Wiederkäuern aus Rußland und Rumänien nach Bayern ver­boten. Ebenso ist verboten die Ein- und Durchfuhr lebenden Rindviehes, sonne frischen Fleisches von Rindvieh, Schafen und Ziegen aus Oesterreich- Ungarn. Die Einfuhr von Rindvieh aus der S ch w e i z ist nur gestattet, wen» durch amtliches Zeugnis; der mindestens dreißigtägige "Aufenthalt der einzusührenden Dhiere an einem seuchenfreien Orte der Schweiz nachge­wiesen wird.

Bor 1Kt»<» in Italien.

Ben H. Tresor. lSchlich.l

Signore", begann sie mit zitternder Stimme unternommen wüßte mein Vater hiervon, er würde mich tödten! Ich komme ich komme Signore, Sie zu bitten, das; Sie verhindern, das; entsetzliche Schmach über eine brave ehrliche Familie kommt, Sie zu bitten, Barmherzigkeit zu haben mit dem Schmerz meiner halb dem Wahnsinn anheimgcsallenen guten getreuen Dienerin Marietta, der Braut des unglücklichen Giovanni Eoletti! O, retten Sie ihn, und all' das Ungemach, welches Ihre Landsleute unserem

Verzeihung, mein Herr . . . ein Reisender, der sich verirrt hat und weder Weg noch Steg weiß, bittet um gastliche Aufnahme für die Rächt.

Der Riese sah de» Fremde» au.

Hier ist kein Wirthshans. Eine Stunde weiter finden Sie ei» Torf.

Ich bin so erschöpft, daß ich mich unter dem nächsten Baume nieder­legen muß, wenn Sie mich nicht beherbergen können.

In der kalten »nd feuchten Rächt! murmelte der Riese. Das wäre traurig.

Sieb' nur, wie alt der Manu ist, sagte mitleidig die Frau, die an der Seite ihres Gatten stand. Laß ihn eintreten . . . wir haben ja Raum genug.

Wer sind Sie k Was treiben Sie?

Ich bin ein reisender Schauspieler.

Ah, ein Künstler! Warten Sie!

Das Fenster ward geschlossen. Der Reisende sah, daß die beiden Gatten miteinander beriethen. Endlich nahm der Riese ein Licht und ver- chwand. Gleich daraus ward eine Thür in dem Giebel geöffnet. Knöbel schwankte dorthin. Der Riese führte ihn über eine schmale Hausflur nach dem Zimmer. Aus den Abendgruß des Reisenden dankte die Frau überaus freundlich. Der Mann nahm ihm das Felleisen ab und legte es in eine»; Winkel nieder. Die Besorgniß, die sich Knöbels bemächtigt, schwand völlig, als er die intelligenten und doch gutmüthigen Gesichter der beiden Gatten sah. Die Frau, zeigte auch ihr Haupt schon den Reif des Alters, war den­noch mit zierlicher Sorgfalt gekleidet. Das weiße Spitzenhäubchen trug sie mit einer Art Koketterie. Ihr Gesicht, das nur wenig Furchen zeigte, war immer noch von einer gewissen Frische, die j» dem lebhaften schwarzen Augen

einen angenehmen Kontrast bildete. Sie mochte fünf- oder sechsnndvierzig Jahre zählen.

Der Mann, der das fünfzigste Jahr längst überfchritten, war von imposanter Gestalt. Sein volles Haar mar früh ergraut. Der starke Bart ziemlich weiß, stand ihm gut, wenn er seinen Besitzer auch älter machte, als er mar. Er trug einen kurze» grauen Rock mit grüne»; Kragen, schwarze .Hosen von Wildleder, die sich den 'kräftigen Körperformen eng ansclmiiegten, und hohe Stiesel, die bis an die Knie reichten.

Die Frau hatte den Gast theilnelnnend betrachtet; sie schien selbst ein besonderes Interesse an ihm zu finden. ^ .

Tie Frage ist wohl überflüssig, sagte sie, ob Sie schon zu Rächt ge­speist haben, denn in dem Walde gibt es keine Wirthshäuser?

Woldemar nickte, traurig lächelnd, mit den, Kopfe. Er verspürte einen so großen Hunger und Durst, daß er nur mit Anstrengung reden konnte.

Die Hausfrau hatte schon ein schneeweißes Tuch aus den Tisch ge­breitet. . . ...... , .

Ich kan» nur mit kalter Küche dienen, sagte die Beschäftigte, aber so

viel ist vorhanden, daß Sie Ihren Appetit stillen können.

Bewirthe den Elast, Dorothea; den Wein werde ich besorgen.

Flink und gewandt schlüpfte Dorothea aus dem Zimmer.

Der Wirth bot dem Reisenden einen Platz am Tische an. Woldemar ließ sich nieder nnd streckte behaglich seine müden Beine aus.

Mein Herr, sagte der stattliche Mann^ bekennen Sie es nur: Sre haben dieses Forsthaus ausgesucht. Es hat Sie nicht der Zufall geführt.

(Fortsetzung folgt.)