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kapelle auf Anordnung des, dienstthuenden Polizeibeamten wieder zu spielen begann. Personen sind glücklicher Weise nicht verletzt worden. Der Stören- fticd, welcher sich wie rasend geberdete Und zwei Schutzleuten in die Beine biß, mußte gebunden nach der Wache gebracht werden. Die Entleerung des Theaters hatte sich übrigens, trotz der furchtbaren Verwirrung, in kaum 6 Minuten vollzogen. Als das Publikum sich davon überzeugt hatte, daß der Feuerlärm ein falscher gewesen sei, nahm es seine Platze wieder ein, und die Vorstellung konnte fortgesetzt werden.

Berlin. Eine fatale Ueberraschung ist fünf hiesigen Kaufleuten, den Inhabern großer Geschäfte, welche ein starkes Personal beschäftigen, in­mitten des regen Weihnachtstrubels, durch die königl. Staatsanwaltschaft des Landgerichts I bereitet worden. Die Kaufleute pflegten nämlich in ihre Schaufenster Plakate Zu legen, welche die Aufschriften:Durch Feuer be­schädigte Waare",Gr. Ausverkauf",Durch Havarie gelitten",Aus einer Konkursmasse",Wegen Auflösung des Geschäftes" u. dergl. tragen. Ta diese Angaben, wie ermittelt sein soll, durchweg auf Fiktion beruhen, so hat die Staatsanwaltschaft gegen die Betreffenden die Untersuchung wegen Betrugs eingeleitet und gestern Mittag die Verhaftung der fünf Kausleute veranlaßt.

Wien, 2t>. Tezbr. Tie meiste Schuld an der Größe des Unglücks beim Ringtheaterbrand wird jetzt der eisernen Rollthüre an der Rückseite des Theaters zngeschriebeu, durch welche sich das Bühnenpersonal rettete. Diese

Thüre übernahm nach ihrer Oesinung die Nolle des Ofenlochs in einem

-Hochofen, es entstand ein förmliches Gebläse und die einströmende Luft trug die Flamme und den erstickenden Rauch mit der unglaublichsten Schnelligkeit in den Znschauerraum, so daß Alle, die nicht im ersten Moment die Aus­gänge gewannen, erstickten. Selbst Viele von denjenigen, welche sich schon in die Lorridore und Stiegengänge gerettet hatten, wurden von dem heißen Brodem erreicht und mußten ersticken. Tie Oetbelenchtung, wenn sie wirk­lich vorhanden gewesen wäre, was nicht der Fall war, würde kaum etwas

genützt haben, die Flämmchen würden ja doch erloschen sein.

Im Wiener Stadttheater wurden dieser Tage Proben mit Imprägnirungsslüssigkeiten gemacht, die ein glänzendes Resultat lieferten. Tecorativnsleinwand, dünne Callicot- oder Tüllstoffe, welche mit der Flüssig­keit bestrichen wurden, glimmten, verkohlten, aber brannten nicht. Tie Tirec- tion hat in Folge dessen beschlossen, sämmtliche Tecorationen und Costüme -imprägniren zu lassen. Tie Tecorationen werden nur auf der Rückseite be­strichen, Holzgegenstände werden nur in die Flüssigkeit getaucht, welche den Eostümestoffen nichts von ihrer Schmiegsamkeit nimmt. Seit einigen Tagen bebt sich auch an dieser Bühne der Besuch wieder.

Airvlo, 20. Tecbr. Heute fand die offizielle Kollaudation des Gott- b'i'dtunnels statt. Tie Arbeiten im großen Tunnel und ans den Ausgangs- -- statstmen GösclnnM und Airolo waren am 24. Tecbr. Abends bis auf un- '' l w W-nde Nachtarbeiten fertig, so daß mit der Kontrole des lichten Raumes "tiikHels am gleichen Tage begonnen werden konnte. Unter der Leitung idgenössischen Koutrolingenieurs wurde ein aus Latten angesertigtes mmnelprosil auf einem Rollwagen durch den Tunnel gestoßen. Tie Passage > geschah anstandslos. Gleich daraus fuhr die Locomotive mit den Ingenieuren wo» Göschenen nach Airvlo. In den Tagen vom 27)., 2<i., 27. u. 28. Tecbr. durchkreuzte zur Inspizirung täglich ein Iug in jeder Richtung anstandslos den Tunnel mit einer Fahrgeschwindigkeit von .2', bis 7,0 Minuten. Tie Passage ist in jeder Beziehung gefahrlos, von Beschwerden über Ranch und schlechte Ventilation ist nichts zu bemerken. Zur Beleuchtung ist auf jeden Kilometer eine große Lampe mit Tistanzangabe angebracht. Am Reujahr findet die definitive Betriebs-Eröffnung statt. Ter Güter- und der Pdstver- kehr werden lebhaft werden. Tie Anfuhren zum Transport durch den Tunnel haben bereits begonnen.

Warschau, 2>i. Dez. Tie Vorkehrungen der Behörden erweisen sich als unzureichend. Ich war persönlich zu wiederholten Rialen Augen­zeuge, wie fünfzehn bis zwanzig Schritt von dem betreffenden Hause, wo demolirt wurde, Militär stand, das abwartete, bis das Zerstörungswerk vollendet war, dann erst wurden die Soldaten an den Ort der Verwüstung

S

von dem Vorgesetzten Hindirigrrt und auf den Trümmern wurde ein Soldat als Wache zurückgelaffen. Die Soldaten sind zum großen Theil selber be­trunken und stecken Bränntweinflaschen und Cigaretten in die Taschen. Von allen Ecken der Stadt laufen Nachrichten ein, daß anständig gekleidete, den besseren Ständen angehörige Einwohner auf der Straße mißhandelt und beraubt wurden. Das Charakteristische ist, daß wenigstens sieben Achtel der Exzedenten halbwüchsige Bursche waren, welche nach übereinstimmenden Aussagen von Augenzeugen einem Anführer gehorchten. Dieser letztere gab einen Pfiff, worauf das Bombardement begann. Der Ober- polizeimeister von Warschau, General Bnturlin, ist zur Zeit von Warschau abwesend; zu seinein Vertreter, dein General Polenow, begab sich eine aus angesehenen Bürgern verschiedener Konfessionen zusaininengesetzte Deputation, die um nachdrücklicheren Schutz ersuchte. Er soll ihnen geantwortet haben: Nnn, da sehen Sie, meine Herren, daß Pöbel Pöbel bleibt, gleichviel wel­cher Nationalität; als Unruhen in Kiew, Odessa ausgebrochen waren, da schlug sich Ihre Presse vor die Brust und erklärte, wir sind doch besser als jene Sie sehen, der polnische Plebs ist nicht um eines Haares Breite besser." Die Bitte der Deputation, eine Bürgerwehr organisiren zu dürfen, schlug er rundweg ab. In dem spezefifch jüdischen Stadttheil, wo nament­lich der Großhandel florirt, aus demNalewki" haben die Bewohner sich zur Vertheidigung organisirt und ist Militär dort ausgestellt, so daß man von in dieser Gegend vorgefallenen Unruhen nichts hört. In den übrigen Stadtvierteln dagegen sind einzelne Straßenzüge fast Haus bei Hans demo­lirt worden.

London, 28. Tez. Im G r e c i a n - T h e a t e r in der City-road entstand gestern Abend während der Vorstellung falscher Feuerlürm. Rur durch die Geistesgegenwart des Direktors, welcher ans die Bühne eilte und die Zuhörerschaft beschwor, auf ihren Plätzen zu bleiben, wurde eine Panik abgewendet, die von furchtbaren Folgen begleitet gewesen wäre. Das Theater, welches Raum für 7,00 Personen hat, war bis auf den letzten Platz gefüllt. Das Gedränge nach dem Ansgange war fürchterlich, aber glück­licherweise scheint Niemand verletzt worden zu sei». Nachdem sich die Angst der Zuschauer gelegt, nahm die Vorstellung wieder ihren Verlauf. Weniger harmlos lief eine gestern Abend in einer Mnsikhalle zu L eeds eingetretene Panik ab. Tie papiernen Verzierungen des Gaskronleuchters fingen Feuer, woraus das Publikum sich nach dem einzigen offenen Ansgange znwälzte, vor welchem, da die Thüre sich nur nach innen öffnete, ein furchtbares Gedränge entstand. Viele Frauen fielen in Ohnmacht und wurden mit Füßen getreten. Die Polizei schlug die anderen Thüren ein und schaffte die Verletzten bei Seite. Das Feuer wurde bald gelöscht und die Vorstellung dann fortgesetzt.

Vermischtes.

Dem amerikanischen Petroleum-Export hat die vor einigen Monaten begonnene "Ausbeutung der in Deutschland entdeckten Petroleumgnelleu bis jetzt noch keinen Abbruch gethan. Ter Export genannten Artikels aus allen Häfen der Union ergibt für Monat Oktober c. eine Zunahme von zwanzig Millionen Gallonen gegen Oktober v. I., und für die ersten ko Monate d. I. eine solche von Hundert und siebenundzwauzig Millionen Gallonen gegen die Parallel-Periode v. I.

Nächstens wird man für seine Kassenschciuc, Werthpapiere und wichtige Aktemtücke nicht mehr wegen Feuersgefahr zu zittern brauchen, so­bald sie nnr aus dem feue r b e st ändi g e n P a p i e r hergestellt werden, das ein berliner Fabrikant, L. Frobeen, erfunden hat. .Hauptsächlich aus Asbest bestehend, wiedersteht es sogar der Weißglühhitze und besitzt dabei eine durchaus glatte Oberfläche, die durch Satiniren für Schreibzwecke noch geeigneter gemacht werden kann. Gleichzeitig ist es dem Genannten gelungen,' eine fene r b e st ändige Tinte sowie ebensolche T r n ck e r s ch w a r z e resp. F a r b e u zu bereiten. Ter wesentlichste Bestandtheil ist dabei das Platinchlorid. Durch dieses gewinnen die Scbrifzütge oder die Druckschriften auch die Eigenschaft, beim Glühen transparent Znm Vorschein zu kommen, was für Fälle, wo die Schrift oder der Truck durch irgend eine Ursache fSchwärzung durch Rauch n.) unleserlich geworden wäre, von Wichtigkeit

bedroh! sah, uu'chselteu mit dem inbrünstigsten Flehen, dem Manne nur ein schnelles und gnadenreiches Ende zu geben, wenn er seine Hand zum Schlüsse seines Daseins selbst bewaffnen sollte.

Gott wollte ihr aber gründlich beistehen, ohne daß sie ihre Hoffnungen uns irdisches Glück zu begraben brauchte.

Tie Dienerschaft im Landhause an unbedingten Respekt gewöhnt, hatte wohl die innere Zerrissenheit in den Verhältnissen des jungen Herrn, wie sie Richard zu nennen pflegte, längst zu bemerken Gelegenheit gehabt und ihre Aufmerksamkeit darauf gesteigert, ohne der Herrschaft das Geringste davon merken zu lassen. Auch bei diesem lebten blutig endenden Vorfälle hatte die alte Köchin mit dem Hausmädchen und dem Hausbnrscbeu stille und geheime Konferenzen gehabt, in welchen das Ereignis; gehörig und von allen Seiten beleuchtet und besprochen worden war. Diese drei Men­schen wußten aber besser Bescheid, als alle Änderen und als die alte treue Köchin ihr gutes Fräulein so herzzerschneidend weinen und jammern hörte, da hielt sie sich für befugt, als Trösterin bei ihr einzntreten.

Theodore fuhr erschreckt in die Höhe, als sie der alten Frau Martin Stimme neben sich vernahm, die ganz theilnehmend fragte:ob es denn so schlimm mit der jungen gnädigen Frau stände, daß sie so herzbrechend weine?"

Fräulein Theodore, ihrer Würde als Herrschaft eingedenk, trocknete schnell besonnen ihre Thränen und entgegnete:sie wisse es nicht, glaube aber nicht, daß es mit Frau Poldine etwas zu sagen habe. Was wird das aber ändern, Frau Martin," flüsterte sie beklommen und überwältigt von dem Bedürfnis;, ihre Herzeleid, das sie vor den alten Pflegeeltern im Laume halten mußte, einmal nuszusprechen.

Frau Marlin sah sie sehr verwundert an."Nun, dann sehe ich aber

doch keinen Grund, liebes Fräulein, daß Sie sich so entsetzlich härmen?" sprach sie fragend.

Sie verstehen das nicht," entgegnete das Fräulein.Tie Verwund­ung ist und bleibt tödlich und die Verantwortung und-und die Be­

strafung" stieß sie gewaltsam hervor, schwieg aber dann von neuen Thränen übermannt.

Ei, so lassen Sie die Gnädige doch immerhin bestrafen, ein Denk­zettel wär' ibr ganz gesund für alle ihre Sünden. Das ist ja eine richtige Furie." Fräulein Tora sah sie vorwurfsvoll au, Frau Martin kehrte wie­der in die Schranken des unterwürfigen Respektes zurück."Also solche Leute werden bestraft ?" fragte sie abweichend.Ich dächte, es tonnte am Ende jeder sich so viel schneiden, wie er null und Ernst ist es der Gnädigen nicht gewesen, Fräulein, wahrhaftig nicht."

Theodore blickte verwundert zu ihr aus.Sic meinen?" stammelte sie abgebrochen, weil sie um "Alles in der Welt nicht den Namen Richard's nennen konnte.

Ich meine, das Messerchen ist schärfer gewesen, wie die gnädige Frau Poldine gedacht hat."

Sie meinen also, Frau "Poldine Hütte sich selbst den Schnitt beige­gebracht," erwiederte Theodore gefaßter und schüttelte dann trübe den Kops.

Ei, wer denn sonst, Fräulein, wer denn sonst ?" fragte Frau Ri artin lebhaft.Tie Annliese hat ja gesehen, wie sie das Messerchen von der Erde ausgenommen, wie sie es rasch nnfgeklappt hat und ritsch damit an den. Hals gefahren ist; darauf hat sie ein Gekreisch erhoben, als wenn sie am Spieße stäke."

Theodore hatte mit weit aufgerissenen Augen zugehört.

(Fortsetzung folgt.)'