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lieber die Bedingungen, welche die franz. Regierung dem Bey von Tunis aufzuerlegen gedenkt, verlautet auch heute nichts Genaueres; «die Debatten, welche die tunesische Angelegenheit gestern im italienischen und im englischen Parlament hervorqerufen hat. werden hier mit Befriedigung ausgenommen. Sie haben die Ueberzeugung befestigt, daß es in dieser Angelegenheit zu keinerlei unangenehmen internationalen Erörterungen kommen wird.

Die Anklagen von Sid Ali Bey. daß die Franzosen Frauen erwürgt und Verwundete niedergemacht hätten, erklären franz. Nachrichten aus Tu­nis jetzt so, daß 6 Frauen, die den Männer« Pulver gebracht und die Ge­wehre geladen hätten, während des Kampfes den Tod gefunden, und daß Eingeborene ihren eigenen Verwundeten den Gnadenstoß gegeben hätten

Paris, 6. Mai. Aus Tunis verlautet gerüchtweise: Eine große Versammlung der Krumir beschloß, den äußersten Widerstand zu leisten.

Pari». 7. Mai. Nachrichten aus Tunis zufolge erließ der Bey eine neue Protestnote, worin er um den Schutz der Mächte bittet uno sein Schicksal in die Hände der Großmächte und der Türkei legt.

England

London, 3. Mai Im Unterhaus erläuterte gestern der General­anwalt die angekündigte Vorlage zur Abänderung des auf den parlamen­tarischen Eid bezughabenden Gesetzes. Dieselbe verfügt, daß Abschnitt 4 des Akts von 18v6, kraft dessen es Quäkern gestattet ist. anstatt des Eider eine Erklärung an Eidesstalt (akürmation) abzugeben, auf alle Mitglieder beider Häuser des Parlaments ausgedehnt werden solle und daß irgend ein Parlamentsmitglied nach Belieben entweder den parlamentarischen Eid leisten oder eine Erklärung an Eideistalt abgeben kann

London, 4. Mai Die Jury für Anklageerhebung beim hiesigen Kriminalgericht hat heute beschlossen, gegen den Redakteur der Zeitung Freiheit", Johann Most, wegen Aufreizung zum Morde die kriminalge­richtliche Untersuchung einzuleiten. Tie Jury sprach gleichzeitig den Grund­satz aus, daß eine in England erfolgte Veröffentlichung. welche den Zweck habe, zum Morde von Herrschern auswärtiger Staaten oder anderer Per­sonen aufzureizen, ein Verbrechen sei, welches im besonderen gegen die eng­lischen Sitten gerichtet erscheine und von den Behörden stets auf das strengste bestraft werden muffe. Most's Antrag um Aufschub der Verhandlung gegen ihn bis zu den nächsten Assisen wurde genehmigt.

Rußland.

Petersburg, 30. April. Den dauernd im Palaste in Gatschina, dem jetzigen Aufenthalt des Kaisers Alexander Ul., verkehrenden Personen, deren Zahl sich am 800 beläuft, wurden Photographien abverlangt und dann, auf der Rückseite mit obligatem Stempel und Vermerk versehen, als legitimirende Einlaßkarte den Besitzern zurückgegeben. Diese Einlaßkarten mögen eins kleine Garantie vor dem Eindringen Unbefugter in den Palast bieten.

St. Petersburg, 2. Mai. In den letzten 14 Tagen ist fast keine einzige Nummer des Schwäb. Merkur den hiesigen Abonnenten ganz zugestellt worden, entweder war die Nummer stellenweise geschwärzt oder es waren ganze Spalten weggeschnitten, oder endlich ganze Seiten von der Postzensur weggerissen worden!

Türkei

Konstantinopel, 2. Mai. Die Pforte hat die Kollektivnote der Mächte vom 19. April beantwortet Der Minister des Auswärtigen erklärt, daß der Sultan die von den Großmächten vorgeschlagene Grenzlinie annehme und 2 Marschälle und den Unterstaatssekretär im Auswärtigen Ministerium beauftragt habe, sich behufs Abschlusses der nöthigen Konvention den Bot­schaftern zur Verfügung zu stellen.

Tages Neuigkeiten.

Weilderstadt, 4. Mai. Man schreibt derN.Ztg.": Bei der heute hier abgehaltenen Musterung der Militärpflichtigen stellte sich ein junger Mann, welcher 1,23 m mißt und 46 Pfd. wiegt.

Stuttgart, 5. Mai. Auf den Vorschlag der Wirthschastsseklion ist vom Exekuliv-Ausschuß der Württ Landes - Gewerbe - Ausstellung der Preis für 1/2 Liter Bier im Bierkeller auf 18 Pf und in der Restauration auf 20 Pf. für Faßbier entgiltig festgesetzt worden. (Alle Welt war auch

empört über den enormen Preis von 25 Pf, für V 2 Liter, der nach früherem Beschluß gefordert werden sollte, während das Comitö für das ganze Liter 20 Pf. an die Brauer bezahlt)

4.. 6. Stuttgart, 7. Mai. Der Executiv-Ausschuß der Württ. L. G. A hat sich seinerzeit wegen Gewährung von Erleichterungen für die Besucher und Beschicker der Ausstellung mit einer Eingabe an S. Exc. den Herrn St-atsminister der Verkehr» anstalten vr. v. Mitt nacht ge­wendet. In dankenswerther Weise sind daraufhin von Seiten der General­direktion der württ. Staatseisenbahnen, wie von Seiten der Post- und Telegraphenverwaltung folgende Vergünstigungen gewährt worden:

1) Retourbill ete aller Klaffen, nach Stuttgart gelöst von über 50 km entfernten Stationen aus, (Preis des einfachen Billets III. El. mindesten« 1. 70) erhalten, wenn sie in der Ausstellung abgestempelt werden, eine» weiteren Tag Giltigkeit, als gewöhnlich; ebenso Rund­reis e b i ll e t t e. darunter auch die Touren Calw. Nagold, Horb, Tübingen, Stuttgart und Calw, Nagold, Horb. Böblingen Stuttgart.

2) Bei Gesellschaft»zügen von mindestens 44 Theilnehmern (also bei Lösung von ebensoviel Billeten) von einer Station aus, in ge­wöhnlichen Zügen und bei Benützung der dritten Wagenklaffe gilt ein ei n f a <h e s Billet lll. Clafje für ein Retourbillet mit derselben weiteren Vergünstigung für die Giltigkeitsdauer wie unter Ziffer 1. Auch diese Billete müssen in der Ausstellung abgestempslt werden; die Fahrt sammt der Zahl der Theilnehmer muß bei der Ausgangsstalion (auch diese muß 50 km von Stuttgart entfernt sein) 24 Stunden vor Abgang des zu benützenden Zugrs angezeigt und das Fahrgeld erlegt werden. Fahrtunterbrechung auf Zwischenstatwnen ist nicht statthaft. Die Rückreise kann nach Belieben einzeln erfolgen; auch können dabei gegen die gewöhnliche Auszahlung Eilzüge benützt werden.

Für Gesellschaftrfahrten von 300 und mehr Personen wird unter Ge­währung derselben Preisermäßigungen, wie oben ein Extrazug mit Wagen II. und UI. Classe erstellt. Die Rückfahrt kann wieder in Gemeinschaft im Extrazug (worüber zuvor Anzeige zu machen ist) oder einzeln, und zwar binnen 14 Tagen erfolgen.

3) Für Ausstellungsgegenstände wird im internen Verkehr fracht­freier Rücktransport gewährt, wenn die Rückbeförderung auf der Route des HsrtransportS und innerhalb 14 Tagen nach Schluß der Ausstellung erfolgt. Auch ist der Originalfrachtbrief des Her- transportsund eine Bescheinigung des AuSstellungSkomitss, daß die Gegenstände nicht verkauft wurden, vorzulegsn.

4) Eine P 0 stanstalt wird innerhalb des Ausstellungs­rayons und zwar im alten R-stauralionsg-bäude des Stadtgartens (obere Ecke links) errichtet werden. Dieselbe befaßt sich mit der Annahme von Briefsendungen, Postanweisungen und Geldsendungen, sowie der An­nahme von Telegrammen, ferner mit der Abgabe von Postgegenständen, welchePostlagernd Landes-Gewerbe-Ausstellung" adresfirt sind.

Von Böb lingen wird derL. Z " geschrieben: Gestern Abend ge- rieth ein 19 I. alter Schriftsetzer von hier, Namens Hetzer, auf dem hiesigen Marktplatz mit einem Soldaten, dem Diener des gegenwärtig wegen der Rekrukenmusterung hier weilenden Landwehrbezirkskommandeurs von Leonberg in Streit. Veranlassung war, daß der Soldat ein Mädchen angeblich Hetzer's Geliebte welches Wasser am Marktbrunnen holte, ansprach, was Hetzer nicht gern sah, weshalb er in der Nähe stehen blieb. Der Soldat wollte Hetzer weiterschicken und gab ihm auf dessen Weiger­ung eine Ohrfeige, worauf Hetzer auch zuschlug. Da nun der Soldat sein Faschinenmeffer zog, so griff Hetzer zu seinem Taschenmesser und brachte dem Soldaten mehrere gefährliche Stiche am Halse bei. Der Verwundete wurde sofort in das hiesige Spital verbracht, der Thäter aber verhaftet und an das K. Amtsgericht eingeliefert.

In Hall wird der Haalplatz, in dessen Mitte der Salzbrunnen ist und dem dis Stadt Hall ihren Ursprung verdankt, gegenwärtig mit Ba­racken zur Aufnahme des Materials der am 10. Juni u. f. hier statt­findenden Kreis-Rindviehausstellung überbaut.

Tuttlingen, 2. Mai. Ein Schuhmacher, der gegenwärtig wegen

Lambert an dem Grabe des Freundes eine erhebende Rede hielt und auf einem Friedhofe der Stadt in der Morgendämmerung den Advokaten Eberhardi. den man als einen Selbstmörder in einem Winkel verscharrte. Ihm ward keine Thräne nochgeweint, es waren ihm im Leben genug ge­flossen: die Thränen der armen Menschen, die er an den Bettelstab ge­bracht hatte. Wie sich später ergab, hatte er sein bedeutendes Vermögen in einer großen Spekulation verloren, und da er außerdem in eine Crimi- naluntersuchung verwickelt war. glaubte man die Gründe seiner letzten und einzigen ersprießlichen Handlung erkannt zu haben.

Drei Monate später kam Franz von London zurück; er hatte das enorme Vermögen Henriette's und Sophie's erhoben. Der Kammerdiener William war wahnsinnig im Gefängnisse gestorben, nachdem er zuvor ein offenes Bekcnntniß seiner That abgelegr halte.

Und was wird nun mit unserer Sophie Saller?" fragte Franz seine Gattin eines Tages, als sie im traulichen Gespräche die Leidensge­schichte ihrer Ehe recapitulirt hatten.

Sie verhcirathet sich."

Mein Freund Philipps hat sich auf dem Balle in sie verliebt."

Sie liebt längst einen Andern."

Wen?"

Unfern Ludwig Lambert. Du siehst, mein lieber Freund, daß die Banquiers in unserer Familie Glück machen. Du bist der Vormund Sophie's wirst Du Deine Einwilligung versagen?"

Knüpfe Du das Band Deiner Schwester, ich werde den armen Phi­lipps zu trösten suchen."

Ein halbes Jahr später hatte sich die Firma des Bankhauses ver­ändert; man las aus dem SchildeSoltau und Lambert." Die beiden Schwäger waren Affocw's geworden. Der Pastor Lambert lebte bei seinem Neffen, und Madame Lay wartete auf die Enkel Jenny's, um ihr Amt als Pflegerin und Erzieherin von Neuem anzutreten. Ob die Hoffnungen der guten Frau in Erfüllung gehen werden?

Sophie vergalt ihrem Gatten die kleine Mystifikation, die sie auszu­üben gezwungen gewesen, durch das offene Geständniß. daß sie den Schlüssel, der ihre Bekanntschaft eröffnet, mit Fleiß verloren habe.

Und der Mann im Wagen?" fragte Ludwig.

War mein armer Vater, unser Schutzgeist!"

(Ultramarin.) Ein Engländer log das Blaue vom Himmel über die Wunder der Industrie, welche in England erzeugt würden.Das ist Alles nichts I" meinte ein anwesender Amerikaner, als er endlich zu Worte kom­men konnte.Mir hat ein Stubenmaler in Newyork meine Hausthüre so natürlich aus Eichenholz im vorigen Jahre gemalt, daß in diesem Herbste Eicheln daran gewachsen sind, und der Bruder meiner Frau hat die Hüh­ner abgerichtet, aus heißem Wasser zu schwimmen, so daß er immer ge­kochte Eier herausnehmen kann."

(Auf der Eisenbahn.) Mutter:An den Zug muß ein Viehwagen gehängt worden sem; ich meine ich hätte ein Schaf blöcken hören." Tochter (aus der Pension zurückkehrenb):Dem Dialekte nach scheint e» ein Kalb zu sein."