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Nro. 15
Samstag, den 5. Februar L88Z
56. Jahrgang.
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Die Redaktion -e Expedition des „Caiwrr Wochenblatts.^
Politische Nachrichten.
Deutsches Reich.
— Berlin, 30. Jan. Fürst Bismarck soll sich auf seiner letzten parlamentarischen Soiröe über die deutschen Bierbrauer sehr unwillig ausgesprochen haben; nur in Bayern werde da» Bier auf solide Wrise hergestellt. D«n Grund dafür fand er in der in Boy-rn herrschenden scharfen StoalS- tontrole. Auf Dienstag Abend sind die Mitglieder des VolkswirthschastS- raihs zu einer Sviräe beim Fürsten Bismarck eingeladen.
— Berlin. 3t Jan. Die Vorlage über den Steuererlaß wurde heute jm Abg.-Hause rn 3. Lesung angenommen. Nach dem Antrag der Budget-Commission wird der Erlaß «in dauernder sein.
— Berlin, 31. Jan. Am 31. Jan. fand im preuß. Volkswirlhschaft«. rath die allgemeine Berathung der Jnnungsvorlage statt Die Mehrheit sprach sich für die Grundsätze des Entwurfs au», kein Redner sprach für den Jnnungszwang. Damit hat da« Plenum seine Berathungen vorläufig beendigt und wird etwa nach 2—3 Wochen, nach Erledigung der Einzel- berathung der Vorlage im Ausschuß zur nächsten Sitzung zusammenlreten.
— Luxemburg wird viel beneidet. Es hat einen kühnen Entschluß gefaßt und seine Armee abgeschafft. Tie Regierung hat die Abschaffung beantragt und die Kammer hat sie genehmigt. Wir können un« doch nicht wehren, wenn rechts und links gewaltige feindliche Heere auf uns ein- dringen, sagten sie.
Oesterreick-Ungar«
Linz, 2. Febr. Die Statthaltern verbot die Bildung eines ober- österreichischen Bauernvereins aus Grund der vorgelegten Statuten als gesetzwidrig und staatsgcsährlich.
England
London, 2. Febr. (Unterhaus.) Die am Montag Abend begonnene Sitzung dauerte bis gegen Dienstag Mitternacht fort, also mehr als 30 Stunden. Croß fragt beim Sprecher an, ob die Irländer durch ihr Verfahren sich nicht der absichtlichen Verschleppung schuldig gemacht. Der Sprecher erklärt, das Betragen streife nahe an solche Obstruktion. Die Irländer setzen die Debatte fort. Gegen 1>/z Uhr erklärt Bright, die Regierung acceptire die Verantwortlichkeit der jetzigen Situation und sei bereit, Maßregeln gegen die Verschleppung zu beantragen. Bright fügt hinzu, er betrachte die gegenwärtige Obstruktion als beispiellose und gröbste Beleidigung, die je einec Kammer geboten worden.
London, 2. Febr. Der gestrige Ministerratb beschloß am Schluffe der gegenwärtigen Debatte über die Zwangsbill Schritte zu thun, um der Verschleppungstaktik der Irländer ein Ende zu machen.
Griechenland.
Athen, 3l. Jan. In der Kammer erklärte KumunduroS, er halte die vorg,sch agene Konferenz für noch verderblicher als das Schiedsgericht. Die Botschafter in Konstantinopel seien b.müht, die letzten Entschlüsse der Pfoite in Erfahrung zu bringen Griechenland setze die Beschaffung von Kriegsmaterial und die Herstellung der Wege fort, um sie für die Okkupation des ,»gesprochenen Gebiet» geschickt zu machen.
Nord-Amerika.
San Francisko. 31. Jan. Der König der S a n d w i ch i n sel n, Kalakaua, ist gestern hier augekommen. um eine Reise nach mehreren Ländery Europas und Asien« anzutreien und wird sich zunächst nach Doko- hama begeben. Der König hat sich dahin ausgesprochen, baß er bemüht sei, fremde Einwanderer nach Hawaii zu ziehen, um durch dieselben die dem Aussterben nahe eingeborene Bevölkerung zu ersetzen; die Einwanderung von Chinesen sei er nicht gero llt zu begünstigen.
— Stuttgart, 28. Ja». (30. Sitzung der Kammer der Abgeordneten.) Fortsetzung der Berathung de« Etats des Kirchen- und Schulwesen«. Kap. 70. Polytechnikum 234,811 Mk. Kap. 71. Baug ewerke schule 123,444 Mk. Beide Posten werden genehmigt mit dem Anträge der Komm., da« Ersuchen an die K. Staat«» rcgierung zu richten, zu erwägen, durch welche Maßregeln der Auswand für diese Anstaltei» auf eine der verminderten Frequenz entsprechende Summe ermäßigt wcrocn könne. Kap. 72. Gew erb liche F o r tb ild ung« schu l e n 147,760 Mk. Sach« will bei dieser Gelegenheit die Aufmerksamkeit der Reg. auf die Lchrlingeprüsungen lenken, wa« verschiedene Reden für freiwillige und obligatorische Prüfungen, auch Angriffe aus das JnnungS- wesen hervorruft. v. G eßler erklärt, daß sich die Reg. nur für die fr e iw i llig e n Prüf» ng en interessiren werde. Kap. 73. Besoldungen der Lehrer an den Gvmna» sien, Lyceen und and. laiein. Lehranstalten: 399,225 Mk. v. Gültlingen beklagt die Ucberbürdung der Schülrr mit Hausaufgaben, während Lenz die Einführung der Stenographie wünsch!, wa« der Minister zu berücksichtig n verspricht. Kap. 73—89. Schullehrerseminare, Turnwesen, Schuldienerbcsoldungcn, Aiterszulagen und dergl. werden ohne Debatte genehmigt. Kap. 90. Waisenhäuser. 115,598 Mk. veranlaßt E. v. Ow zu dem Wunsche, daß da« Stuttgarter Waisenhaus anderswohin verlegt werden möchte, wovon aber der Minister nichts wissen will. Kap. 91. Taubstummen- und Blindenanstallezr: 60,200 Mt. Kap. 92. Wissenschaftliche Sammlungen des Staat«: Ü7.474 Mk. Mayer dringt die Herzbarmachung der neuen Bibliothek, der Kupserstichsammlung und des NaturalienkabinetS zur Sprache, worüber nach Moh l'S Antrag die Finanzkomm. Bericht erstatten soll.
— Stuttgart, 31. Jan. (31. Sitzung der Kammer der Abgeordneten.) Fortsetzung Kap. 93. Kunstschule und Kunstsammlungen: 94,466 Mk. jährl. Es liegt eine Eingabe von VerlagSbuchhändler W. Spemann und Gen. vor. worin um sofortigen Neubau der Kunstschule im Interesse der durch längeres Zögern geschädigten artistischen Seite der Buchhändlerinduflrie gebeten wird. Die Meh.heit der Komm, stellt den Antrag, diese Eingabe der K. Staai-rcgicrung zur Kenntnrßnahmc mitzulhcilen; dieser Antrag wird angenommen, nachdem der Antrag der Minderheit (Mayer und W. v. König): .Die Petition der Reg. zu übergeben mit der Bitte, dieselbe bei Lösung der Fragen, welche mit der Fürsorge für Kunst und Kunstgewerbe im Zusammenhänge stehe», in Erwägung zu ziehen,- mit 56 gegen 17 Stimmen adgelehnt worden. Für die Kunstschule liegen übrigens noch 532,000 Mk. parat, die bei Berathung des vorigen Etats verwilligt, aber noch nicht verwendet worden sind. Ein Antrag de« Frhrn. v. Wölt- warth, 24,343 Mk. jährl. AnschaffungSkosten zu streichen, wird abgelehnt.
Tages Neuigkeiten.
— Calw. (Eingesandt.) Jm Gasthos zum Waldhorn ist gegenwärtig ein Kunstwerk ausgestellt, welcreS unstreitig zu den schönsten Schöpfungen der Neuzeit zählt Es ist die von Herrn Gebhard ausgestellte geographisch- astronomische Weltuhr, welche so vier Lehrreiches bietet, wie solches noch nie hier gesehen wurde. Einsender, welcher mit einem Freund die Uhr ein--
Feuilleton.
Das Geheimbuch.
v»n U. v. W.
(Fortsetzung.)
VI.
„Sie gaben als Grund dafür an, daß sich in Gegenwart der Richter der Eindruck wiederholen wöge, den sie auf Franz vor seiner Verhaftung ausgeübt.'
„Und wa» ich erwartete, mein Herr, ist in Erfüllung gegangen.-
„Franz nannte sie seine Frau!- sagte der junge Kaufmann in einer Angst, die er vergebens zu verbergen suchte.
„Können Sie den Worten eines Irren, zumal wenn er sich in einer solchen Situation befindet, irgend eine Bedeutung beilegen?- fragte Julius mit kalter Ruhe. „Sie kennen den Zustand meine» Clienten schon seit langer Zeit, Sie selbst wissen am Besten, daß sich sein Irrsinn in extravaganten Ansichten und Handlungen äußert — wie kann es Sie wundern, daß der, der in seiner Verblendung nach Ihrem Vermögen trachtet und dem Staate eine neue Regierung geben will, nun auch Ihre Braut iür seine Frau hält? Es ist klar, der leidige Comwumsmus hat dem armen Menschen den Kops verdreht — er will die Hälfte Ihres Vermögens und Ihre in der Thal reizende Braut. Wünschen wir un« Glück, daß die
Pläne der heillosen Demokcalis vereitele sind Uedrigens fürchten Sie nicht». Franz Osbeck ist für immer un'chäelich geworden; die Freisprechung auf Grund seiner Jndispofitwnsfäbigkeil hat ihn au« ver Liste der vernünftigen Staatsbürger gestrigen. Ihre Braut selbst hat laut erklärt, daß
sie den Demokraten nicht kennt--
„Die Gründe leuchten mir ein.'- sagte Robert hastig. „Da die Sache nun abgethan. so bitte ich um die Rechnung für meinen Vetter.- „Ich werde sie Ihnen nach meiner Geschäsliortnung zustellen.- „Und was werden Sie mit Franz beginnen?"
„Morgen bringe ich ihn in eine Irrenanstalt der Schweiz, da er binnen achtundvicrzig Stunden da« Königreich zu verlassen hat. -
Kaum hatte sich der Kaufmann entfernt, als der Advokat zu seiner Frau in da« Kabinet trat.
„Wo ist Helene?- fragte er.
„Ich habe ihr leise die Thür geöffnet, sie muß jetzt schon zu Hause angelangt srin.-
„Gut, nun fürchte ich nicht« mehr."
Arm in Ärm gingen die beiden jungen Galten zu dem kranken Freunde. Sie trafen ihn, still vor sich hinbrKtend, in einem Lehnsessel. Ihr freundliches Zureden hatte keinen Erfolg, er verharrte in seinem düsteren schweigen. Eine tiefe undurchdringliche SLwermulh hatte seinen Geist in ftarre Fesssln geschlagen. Der Advokat verbrachte die Nacht bei ihm. In der Dämmerung de« nächsten Morgens fuhr ein Reisewagen mit Extrapost-