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Goldes im Transvaal, sind Schwindel. Englund muß sich die Freundschaft der holländischen Abkömmlinge in Südafrika sichern, und dies kann nur durch Versöhnung, nicht aber durch Krieg geschehen.
Türkei.
Konstantinopel, 31. De,. Ein Rundschreiben der Pforte an Ihre Vertreter im Auslände lehnt das Schiedsgericht ab, ohne irgend einen anderen Vorschlag in Aussicht zu stellen.
Afrika
Eine amtl. Meldung aus Pietermaritzburg vom 31. Dez. besagt: Nus Pretoria und Potchefstroom liegen keine weiteren Nachrichten vor. Die Garnisonen von Standerton und Wakkerstroom haben sich stark verschanzt und find bis jetzt nicht angegriffen worden. Die Boer haben Ut- recht wieder geräumt _
^ages Neuigkeiten.
— Reutlingen, 2. Jan. Die hiesige Bahnhofverwaltung hat in den letzten Tagen des vergangenen Jahres eine Verordnung erlaffen, nach welcher der Bahnhof für die Folge nur noch von Reisenden mit Billeten oder von Personen, welche Eintrittskarten gelöst haben, betreten werden darf. Selbst Briese können nicht mehr ohne solche Eintrittskarten in den Bahnpostwagen eingelegt werden.
— Nonnenbach, O«. Tettnang. 1. Jan. Ein schauderhafter Unglück hat sich in der NeujahrSnachl dahier zugetragen. Ein tüchtiger, fleißiger und gut prädizirter Schmiedgeselle wollte seinem Meister da« reue Jahr anschikßen. Er lud einen großen eisernen Böller, stellte da« Geschoß in dem Hofraume vor dem Hause auf und legte den brennenden Zündschwamm auf das Zündloch. Allein es dauerte ihm zu lange. bis es knallte. Er nahm das Geschoß auf den linken Arm, um es in die Werk- Aätte zu bringen, und zu sehen, wo es fehle. Kaum halte er die Thürschwelle überschritten, platzte der Schuß mit einem heftigen, das ganze Gebäude erschütternden Knalle los und riß dem Unvorsichtigen den Unterarm vollständig weg. zertrümmerte die nahen Fenster und schleuderte das Armstück wahrscheinlich durch dieselben in den nahe vorbeifließenden Bach. Der Schuß setzte auch die Kleider des Unglücklichen in Brand. Dies scheint denselben veranlaßt zu haben, nach dem Bach zu springen, den er jedoch nicht erreichte Ein Mitgeselle von ihm fand ihn, unter Schmerzens- rufen sich auf dem Boden umwälzend. in der Nähe des Backes. Der forlgesckleuderte Unterarm wurde bis Morgens früh noch nirgends gefunden. Der Arzt, der aus dem eine Stunde entfernten Langenargen herbe>- geholt werden mußte, amputirte den Arm unter dem Achselgelenke.
— Karlsruhe, 3. Jan Die Kunde von einem zwischen Altbreisach und Burkheim an dem Gemeinderechner Gerhard von Jechtingen begangenen Raubmord, welche Kunde den ganzen Kaiserstuhl mit Entsetzen erfüllte, hat sich bereits als eine Mystifikation herausgestellt, begangen von dem Rechner selbst, um seine durch erheblichen Koffendefekt veranlaßt« Flucht zu verdecken Gerhard ließ an der Straße einen Hut, einen Rock, sowie einen zerbrochenen Stock liegen und goß dort heimlich mitgenommenes Thierblut auf den Boden, so daß der Platz das Ansehen bekam, als habe an demselben eine Unthat stattgesunden. Gerhard selbst aber fuhr wohlbehalten nach Kolmar und von da nach Straßburg, wahrscheinlich um von da nach Amerika zu entweichen. Man hofft aber, daß der Telegraph ihn einholen werde.
— In Heidelberg ist der polnische Magnat Graf Reinhold Tiefenhaus gestorben, der Letzte seiner Geschlechtes. Er hinterläßt seiner Schwester, der unaussprechlichen Gräfin Przezdecka, ein Baarvermögen von 16 Millionen Rubel und Güter in Polen, die jährlich 300,(00 Rubel abwerfen. Die Gräfin hat sofort beim Antritt der Erbschaft, mehrere 100,000 Rubel zur Gründung einer Augenheilanstalt und zu Krankenanstalten verwendet.
— In Frankfurt verlief die Neujahrsnacht sehr stürmisch. So schreibt die Frkf. Pr.: Die Polizei hatte geglaubt ihre Schuldigkeit zu thun, wenn sie dafür Sorge trug. daß um 2 Uhr Nachts Feierstunde sei. Die Wirthschasten waren denn auch zu dieser Stunde zu, der Spektakel aber war draußen desto schlimmer. Eine ziemliche Anzahl derer, welche glaubten, sich in das neue Jahr hineinschießen zu müssen, wurden glücklicher
weise entweder ertappt oder erkannt, so z. B. an der Gaustraße, wo ein Hausbewohner sich das Vergnügen machte, aus einem unerleuchteten Zimmer mit einem Revolver zu schießen. Mordschläge lagen allenthalben. Ein solcher verwundete unter der neuen Kräme einen Mann an der Hand. Es donnerte vom Römerberg bis zum Nordend, vom West zum Ost und dabei gröhlte es immer Prosit Neujahr. Der größte Skandal fand diesmal jedoch nicht in den Zentren der Stadt, sondern in den neuen Stadt- theilen, den sog. ,Vor den Thoren* statt, wo noch um 4 Uhr geschaffen wurde. Da» schlimmste Vorkommniß ist auf dem Wallgraben passirt. Dort wurde Morgens 2 Uhr ein Mann von Betrunkenen ongerempelt, was sich derselbe verbat. Als Antwort zog einer dieser Banditen ein Messer und stach es dem Gerempelten in den Rücken. Die Verletzung ist lebensgefährlich. Leider ist die Gesellschaft noch nicht ermittelt.
— Die Stadtgemeinde München will einen „Prater", einen Stadtpark, auf ihrer Therefienwiese anlegen, und es haben hiefür die Gemeindebevoll- mächltgten die schöne Summe von 240,000 -FL genehmigt.
— München, 3. Jan. In der Lhevauxlegers-Kaserne zu Freising hat eine Ratte eine« schlafenden Soldaten ein Stück Fleisch ober dem Auge herauSgesreffen.
— Cassel. 2. Jan. Die Hoffmann'sche Stärkefabrik in Salzuflen bei Bielefeld ist am 2. Januar vollständig abgebrannt. Bis aus einige Wohnhäuser und die Holzschneidemühle ist wenig gerettet. Der Schaden, welchen die Versicherungsgesellschaften zu tragen haben, beziffert sich auf mehr als 2 Millionen Mark. Auch werden 1000 Arbeiter brodlos.
— Gegenwärtig ist der größte Mann der Welt, der Hannakische Riese Drasal, im Viktoria-Salon in Dresden zu sehen. Derselbe ist 2ö3 Cm. lang und erfreut sich außerdem einer kolossalen Korpulenz, Häute hat rc, die kaum zu beschreiben sind, sein Fingerring hat den Umfang eines Zweimarkstückes. Drasal, welcher aus Mähren gebürtig und daselbst ein Gut besitzt, ist nicht ungebildet, wie man wohl nach seiner plumpen Erscheinung schließen dürfte, denn er ist in seiner Vaterstadt Gemeinderathsmitglied, spricht 4 Sprachen und versteht sich zu unterhalten.
— Bremen, 3. Jan. Heute Nacht ist ein Theil des Wescrbahnhofes, da das Bollwerk durch Hochwasser beschädigt war, in die Weser gestürzt. Verluste an Menschenleben sind nicht zu beklagen.
Wien, 2. Jan. Die Deputation des Gemeinderaths von Wien ist heute vom Kaiser empfangen worden, um demselben die Vorschläge über die Verwendung der für den abgelehnten Festball ousgeworfenen Gelder zu unterbreiten. Auf die Ansprache des Bürgermeisters Dr. v. Newald, wonach die eine Hälfte des Fonds zur Auslösung versetzter Winterkleider, von Leib- und Bettwäsche und Handwerkszeug, die andere zur Unterstützung von Nothleidenden in Wien mittelst Zuweisung von größeren Beträgen verwendet werden soll, antwortete der Kaiser zustimmend.
Ein österreichischer Landarzt, vr. Ofner in Pohrlitz, erzählt in den Wiener medizinischen Blättern folgende schauderhafte, ihm aus der Landpraxis begegnete Geschichte. Er wurde nach der Wohnung eines Fabrikarbeiters gerufen. woselbst ein 24jähriger Bursche plötzlich erkrankt sei. Bei seiner Ankunft fand er auf einer roh gezimmerten Bettstatt einen kräftigen jungen Burschen, eine Hand in Mit Blut getränkte Fetzen gehüllt. Der Patient hatte Häcksel geschnitten und zwar mit einer Schneidemaschine, bei welcher durch zwei Walzen das Stroh an das Ende einer Rinne vorgeschoben und daselbst durch ein an einem Schwungrade angebrachtes schwere- scharfes Messer in 1 —t'/s Centim. lange Stückchen guillotineartig zerschnitten wird. Die Maschine wurde durch Pferde betrieben in Gang gesetzt und konnte man dieselbe durch eine Druckvorrichtung jeden Moment zum Stehen bringen. Während nun der Arbeiter das Stroh vorschob, faßten die Walzen seine rechte Hand, die Finger kamen vor das Messer, wurden abgeschnitten und die Walzen schoben den Arm von Sekunde zu Sekunde um 1 '/z Centim. weiter vor, ein zweiter Schnitt erfolgte, aus l'/z Centim. ein dritter, und aus diese Weise schnitt die Maschine von dem Arm des Unglücklichen Scheiben von l'/e Centim. ab, die einzeln herabfielen. Nach 15 Umdrehungen stand die Maschine füll. Der Patient wollte mit der Linken das Rad aufhalten und dabei schnitt ihm das Messer noch die Daumenspitze auch dieser Hand ab. In seiner Verzweiflung hatte er vergessen, die
Hinter ihm sah «an zwei bewaffnete Soldaten.
„Mein Herr." sagte Robert entrüstet, „man verfolgt Sie, und Sie wagen es, unser Haus zu betreten? Sie häufen Schmach über Schmach auf unsere Familie I Aus Rücksicht für meine Mutter," wandte er sich zu dem Commissär, „bitte ich Sie, Alle« Aufsehen zu vermeiden."
„Sie constatiren, daß dieser Herr Franz Osbeck ist?"
-Ja!"
„So wird es von ihm abhängen, daß ich meiner Pflicht ohne Aussehen genügen kann."
„Sie werden erl" flüsterte Franz in schmerzlicher Ergebung. „Und Du. Robert, magst es dereinst vor Gott verantworten, daß Du einen unglücklichen Menschen, der so nahe an einem glücklichen Ziele stand, in das Verderben geschleudert hast. Hier bin ich, mein Herr. nehmen Sie mich hin! Ich frage nicht nach dem Grunde meiner Verhaftung, denn ich kenne ihn."
Umgeben von den Soldaten verließ Franz da» Hau« der Wittwe Simoni. In den Säälen ahnte man diese Ereignisse nicht, die fröhlichen Gäste schloffen den glänzenden Ball erst mit dem Anbruche de« Morgen«. Al« Robert sich, nach Helenen erkundigte, erfuhr er, daß sie sich auf ihr Zimmer zurückgezogen, nachdem sie der Commerzienräthin den letzten Dienst geleistet hatte.
ttl.
Kurz vor der Mittagstafel — e« war um drei Uhr am Neujahrstage — hatte zwischen Madame Simoni und ihrem Sohne Robert eine
sehr heftige Szene statt. Beide befanden sich in dem eleganten Boudoir der alten Dame, die sich mit der Summe von dreitausend Thalern den Titel einer Commerzienrälhin gekauft hatte, da sie der richtigen Ansicht war, daß man in einer Residenzstadt ohne Titel nicht leben könne. Die Mutter hatte bereits eine vollständige Toilette gemacht: sie trug ein faltenreiches Kleid von grauem Atlas und auf dem hohen Busen eine schwere Kette, die man für den Orden des goldenen Vließes hätte halten können, wenn statt der schimmernden Diamantuhr ein goldenes Lammfell daran gehangen hätte. Unter einem feinen pariser Häubchen, da» eine junge Frau von dreiundzwanzig Jahren nicht verschmäht haben würde, glänzte die künstliche Haartour in kastanienbraunen Locken, und zwischen ihren aufgeworfenen, Lippen sah man die Emaillezähne au« der Fabrik des berühmtesten französischen Dentisten. Der Sohn war mit jener gediegenen Einfachheit gekleidet, die den reichen Kaufleuten von fünfundzwanzig Jahren eigen zu sein pflegt.
„Robert." sagte sie bebend vor Aufregung. „Du wrrst unt mir zu dem Präsidenten fahren! Ick habe es in verflossener Nacht aus de« Balle versprochen, und wenn ich mich nicht blamiren will, so muß ich Wort halten."
„Gut, fahre» Sie allein. Mutter!' sagte der junge Man«, der auf dem kostbaren Teppich auf und ab ging.
„Azrch Du wirst erwartet."
»Ich habe nicht« versprochen l"
(Fortsetzung folgt.)