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Türkei.

Ragusa, 15. Sept. Die Albanesen leisten energischen Widerstand gegen die Abtretung von Dulcigno. wohin sie in großen Schaaren eilen. Sie haben beschlossen, Riza Pascha zu tödten, welcher mit 1500 Mann regulärer Truppen, die nichts ausrichten können, zu Katerkol steht. Die Albanesen richteten eine neue Drohnote an die Pforte.

Rumänien

DerLondoner Allg. Korresp." wird aus Bukarest geschrieben: In hiesigen diplomatischen Kreisen wird behauptet, daß Oesterreich und Deutjch- land die Herstellung eines neutralen Königreichs Rumänien unter ihrer gemeinschaftlichen Garantie in hohem Grade begünstigen. Es wird sogar versichert, Fürst Bismarck habe diesem Plane seine Zustimmung ertheilt, ter, wenn er zur Ausführung käme, Rumänien zu einer wirksamen Schranke gegen irgend ein russisches Vorrücken nach Süden zu machen würde. Die Lage Rumäniens im Osten Europas würde dann derjenigen Belgiens im Westen Europas entsprechen.

Tages-Neuigkeiten.

Calw, 16. Sept. Gestern Vormittag von 10 Uhr an sind die zum Quartier hier angemeldeten Truppen, wie sie in der vorletzten Nummer d. Bl. benannt sind, unter klingendem Spiel hier eingezogen und haben sich sofort in ii,re Quartiere vertheilt, die sie nicht mit leeren Händen, sondern mit allerlei Nahrungsmitteln ausgerüstet. als da sind': Fleisch, Reis, Gerste, Rübelen, Kartoffeln, Brod. Salz und Kaffee, betreten haben. Die Qualität dieser Nahrungsmittel war tadellos, und es haben selbst­verständlich wohl die all-rmeisttN, wenn nicht alle Quartierträger es vor­gezogen, die ihnen zugetheilte Mannschaft in volle Verpflegung zu nehmen, statt derselben die Küche zum Abkochen einzuräumen. Es hat sich auch so­fort, wie im Jahr 1871 em freundschaftliches Verhältniß zwischen beiden Theilen hergestellt, und es rückte Abends eine große gemischte Mannschaft zum Abendtrunk aus, theils in den Thudium'schen Garten, wo zuerst die Dragoner-, und vön 6 Uhr an die Jnfanlerü-Musik corcertirte und später im Saale, selbstverständlich zur höchsten Befriedigung unserer jungen, stets zu fröhlichem Tanze bereiten Damenwelt ein für die allseitige Tanzlust nur allzu kurzes Tanzvergnügen bereitete, theils in dar Dreiß'sche Local, wo der gute Stoff zu manchem heitern Liede ermunterte. Heu'e früh brachte die ausgezeichnete Musik des 121. Ins-Reg. vor der Wohnung des Kommandirenden, Oberstlieut. v. Luppin, der bei Hrn. Jul. Staelin im Quartiere lag, ein Ständchen.

17. Sept. Nachdem gestern Abend von i/z89 Uhr die Musik des Dragoner-Reg. Nc. 25. auf dem freien Platze vor dem Waldhorn, und die Infanterie-Musik in einem Nebenzimmer des Saales abwechselnd einem großen Publikum den so seltenen Genuß einer vollständigen und ausge­zeichneten Militär-Kapelle gebracht hatte, wurde es heute früh von >/z4 Uhr an ungewöhnlich lebendig in den Straßen der Stadt Trompeter-, Hori- und Trommelsignale unterbrachen. Manchem vielleicht allzu früh, Len Schlaf und brachten die Mannschaft von ^5 Uhr an auf die Beine und auf die Sammelplätze, von denen die Infanterie um 5 Uhr, die Ka­vallerie um 6 Uhr mit klingendem Spiele abmarschirte. Der 2lägige Aufenthalt in Calw wird den Offizieren und Mannschaften, wie man sie vielfach versichern hörte, stets eine angenehme Erinnerung sein.

Wclche Arbeit übrigens eine derartige Einquaitirung verursacht, mag aus dem Umstands hervorgehen, daß die Quartierkommission am Dienstag bis Mittwoch Morgens 3 Uhr auf dem Rathhause zu arbeiten halte.

In der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag ist im Waldhornstalle ein Ojfizierspferv los geworden und hat sich eine Latrirstange derart in den L-ib gerannt, daß fämmtliche kleinen Gedärme aus dem Leibe heraut- hingen und das Thier sofort getödtel werden mußte.

Zu dem Divisionsmanöver, das sich von Ostelsheim aus in der Um­gegend von Schaffhausen heute entwickelt, ist heute früh eine Menge von Zuschauern von hier ausgezogen. Gutes Wetter scheint das großartige Schauspiel begünstigen zu wollen.

Freudenstadt, 14. Sept. Die württembergische wie die badische

Kammer werden sich nach ihrem Wiedeizusammentritt mit einer Vorlage zum Bau der neuen Fahrstraße zu beschäftigen haben, welche im Anschluß an unsere Gäubahn ein neues Thor des Schwarzwalds und eine an malerischen Reizen reiche Gegend erschließen soll. Es handelt sich um «ine neue Verbindung zwischen Freudenstadt und dem Wolfachthale, also den Orten Rippoldsau, Seebach, Schapach und Wolfach. Das Projekt zu dieser Straße ist keineswegs neu, vielmehr stammt es schon aus dem Jahre 1833, wo bereits Gelder dafür bewilligt waren, ohne daß es damals zur Aus­führung kam. Eine um so dringendere Nothwendigkeit dafür liegt jetzt vor und zwar in der Konkurrenz der Eisenbahn, welche von Freudenstadt aus über Alpirsbach und Schiltach die Station Wolfach, und damit den Anschluß an die Schwarzwaldbahn erreichen wird. Die neue Straße mißt nur 13 Kilometer, gegen 23 Kilometer der jetzigen. In einer schwachen Stunde könnte künftig von Freudenstadt aus das Bad Rippoldsau er­reicht werden, während man bei dem Umweg über den Kniebis jetzt an die 2i/z Stunden fährt. Was den Kostenaufwand betrifft, so spricht man von 150,000 Mk.. wovon die größere Hälfte auf Badens Rechnung käme, das auch die schwierigeren Bauten auszusühren hat. Von besonderer Wichtig­keit wäre im vorliegenden Falle eine möglichste Beschleunigung des Baues. Man hofft, die neue Straße, wenn erst die Kammern den Plan gutge- heißen haben, bis Herbst des nächsten Jahres befahren zu können.

Münsingen, 1t. Sept. Die seit ca. 6 Jahren auch auf der Alb eingedrungenen Mosguilo's, sogenannteSchnacken", sind Heuer in sehr vermehrter Zahl die Plage der Menschen jedes Alters und Standes. Alle bisher empfohlenen Mittel haben sich im Kampfe gegen diese unliebsamen Gäste als unwirksam erwiesen.

Mainz, 1l. Sept. Die Arbeiten an den ehemaligen Pfeilern der Brücke Karl's des Großen werden rüstig, abwechselnd durch 3 Taucher vorgenommen. Nachdem zwischen den eingerammten Holzpfählen die Steine herausgehoben wurden, ist nunmehr mit der Entfernung der Holzpfähle, welche mittelst Winden aus dem Boden gehoben werden, begonnen worden. Diese Arbeit geht ziemlich leicht von Statten . und es sind bis jetzt, über 50 fünf bis sechs Meter lange Pfähle aus dem Boden des Rheines gehoben worden. Diese Arbeit beschränkt sich aber bis jetzt nur auf einen Pfeiler, und zwar auf den der är-ßersten rechten Rheinseite; bis zur Entfernung sämmllicher Pfeiler aus dem Fahrwasser dürsten noch Monate vergehen. Das Holz der jetzt über IlXO Jahre im Rhein befindlichen eichenen Pfähle ist so vorzüglich erhalten, daß der Regierung ganz namhafte Gebote ge­macht worden sind. Auch die an den Pfählen befindlichen Eisentheile sind ganz gut erhalten und nur mit einer dünnen Roftschiclte versehen, sogar die Nägel in den Pfählen sind der Art. daß sie jeder Zeit wieder zu einer anderen Arbeit verwendet werden können. Für die Pfähle haben sich be­sonders viele auswärtige Liebhaber gemeldet, die aus dem tausendjährigen Holz Nippsachm u. s. w. verfertigen wollen.

Berlin, 14. Sept. Montag früh klingelte schon um 4 Uhr ein

Gefangenwärter an dem Thore am Molkenmarkt 1 und begehrte Einlaß, während seine Dienstzeit erst um 6 Uhr begann. Der wachthabende Schutz­mann fragte ihn. ob er sich in der Zeit irre, ließ ihn jedoch in das Ge­bäude eintreten. Dort zog bald darauf der Gesangenwärter sein Seiten­gewehr, stürmte wie ein Wahnsinniger auf dem Flur und Hof umher, fort­während ausrufend:Den Hund ersteche ich, wo ist der Hund u. s. w." Der Wächter rief einen Schutzmann herbei, und Beiden wollte der Rasende nunmehr zu Leibe gehen ; es gelang jedoch ihn zu entwaffnen und mit Hilfe anderer herbeigekommener Beamten in seine Wohnung zu schaffen. Spuren des Irrsinns sollen sich schon seit einigen Tagen bei dem Unglücklichen gezeigt haben. . ..

Berlin, 14. Sept. Wie ein Berichterstatter derTrib." schreibt, rst sämmtlichen preußischen Behörden strenge Weisung geworden, darauf zu achten, daß das Eingehen von Wechselverbiudlichknten seitens der Beamten, wie dies von jeher der Fall war. verboten bleibt und im Disziplinarwege durch das Disziplinargesetz ausdrücklich mit Strass bedroht ist. Kein Beamter darf und soll auch nur provisorisch, geschweige denn fest angestellt werden, der Schulden hat, und jeder Beamte bat vor seiner Anstellung die Erklärung abzugeben. daß er schuldenfrei sei. Schon bei nur provisorischer Beschäftigung, also noch vor

traten vor ihren Zeltreihen die Soldaten zum Abendgebet an. Mächtig brausen die Klänge ves Chorals über die schweigende Menge; auch wir nehmen in stiller Andacht die Mützen ab; ein kurzer Trommelwirbel;

die Reihen treten aus einander; es ist Nacht!-

Wir hatten noch nicht Lust, uns in die Zelte zurückzuziehen, sondern beschlossen, den Vorstädten noch einen Besuch abzustatten. Nach einer kleinen Viertelstunde, nachdem wir die das Lager umgebende Postenkette pässirt, erreichten wir die mit allem Comfort ausgestatteten Markeiendereien. Der Aufenthalt in der frischen Lust» unser Rundgang hatte uns Appetit gemacht, den wir in einer der stattlich aus Holz aufgefühlten Baracken eines Restaurants aus Kiel befriedigen wollten. Die für die Schaulust der Soldaten berechneten Marionetten- und Taschenspieleibuden, die Mes- serwuls- und Schießstände waren schon geschloffen, nur die eigentlichen fashionabeln Salons erglänzten in strahlender Beleuchtung der Lampen und bunten chinesischen Ballons. Harfenmusik und Gesang tönte uns daraus entgegen. Nachdem wir gespeist, schloffen wir uns einigen Offi­zieren an. welche die nebenan musicirende Künstlergesellschafc zu hören be­schlossen hatten. Ein geringes Entrve gestattete uns den Eintritt in die geiäumige. oben durch ein Leinenzelt abgeschlossene Bretterbude, an deren Thür auf riesengroßem Zettel die Tiroler Sängerkapelle des Herrn Stampa sich der Gunst eines hohen und kunstliebenden Publikums empfahl. Drinnen vor der im Hintergrund aufgeschlagenen Estrade, zu welcher eine durch einen dunklen Vorhang abgeschloffene Thür den austretenden Künst­lern Zutritt gewährte, saßen, um kleine Tische gedrängt, die meist nur aus Offizieren und Militärbeamten bestehenden Zuhörer, zwanglos plaudernd,

rauchend und Bier oder den ziemlich erträglichen Wein trinkend, welchen drei in die Landessarben gekleidete Kellnerinnen stets zu kredenzen sich be- eiferten. Das Lokal war ziemlich gefüllt, so daß ich mit meinem Freunde an einem ganz vorn, links der Estrade noch unbesetzt gefundenen Tische Platz nehmen mußte.

Eben hatten vier vierschrötige, in kurze Kniehosen mit breitem Leib­gurt und weißes Hemde, über welches die buntgestickten Hosenträger ge­legt waren, gekleidete Burschen das berühmte QuartettHahnemann" unter allgemeinem ironischem Beifall beendet und waren mit dankender Verbeugung hinter dem Vorhänge verschwunden; die Kunstleistung war eine äußerst mäßige gewesen, und ich äußerte mich eben gegen meinen Collegen, daß wir unser Geld unnütz fortgeworfen, als unter dem Publi­kum eine allgemeine Bewegung entstand.

,Die schöne englische Miß wird auftreten,' erklärte mein Freund, als ich mich befremdet umblickte. .

Plötzlich allgemeine Stille dann lebhaftes Händeklatschen und Bravo I Sie erscheint.

Neugierig sehe ich mich um. .

Hinter dem zurückgeschlagenen Vorhänge hervor tntt eine schlanke Mädchengestalt, das feine blaffe Gesicht von dichten blonden Locken um­wallt, auf die Estrade.

Täuschen mich meine Augen? Ich kann einen leisen Ausruf de» Erschreckens nicht unterdrücken; Angelika steht vor mir.

(Fortsetzung folgt).