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betroffen, indem die ganze Feldmarkung verhagelt und innerhalb weniger Minuten ein Schaden angerichtet wurde, welcher nach der amtlichen Schätz­ung auf 140,000 ^6 sich berechnet.

Da die Bewohner von Altdorf beinahe ganz auf den Ertrag ihrer Felder angewiesen find und sonstige Erwerbsquellen fehlen, so steht den Beschädigten eine schwere Zeit bevor, wenn nicht von auswärts Hilfe ge­währt wird. Es ist deßhalb vom gem. Oberamte die Sammlung von Gaben eingeleitet worden.

Lu dwig sbu rg, 16. August. Heute Nacht wurde im hiesigen Ober- amtSgerichtsgebäude eingebrochen ; die Diebe, die mit den Lokalitäten jeden­falls vertraut waren, erstiegen vermittelst einer Leiter vom Garten des Mathildenhofes aus den ersten Stock und gelangten van da durch ein in die Wand eingestoßenes Loch in das Zimmer, in'welchem sich der Kasstv- schrank befand, der ca. 2000 enthielt. Derselbe wurde mit allen mög­lichen Handwerkszeugen bearbeitet, aber glücklicherweise ohne Erfolg, und bei Tagesanbruch mußten die Einbrecher unter Zurücklassung ihrer sämmt- lichen Werkzeuge ihre sauber- Arbeit einstellen. Herr Oderamtsrichter Haldenwang befindet sich Gerichtsferien halber derzeit noch in Urlaub. Nach den Thätern wird eifrig gefahndet. Ebenso wurde gestern Abend zwischen 8 und 10 Uhr die Wohnung de» Kirchendieners Schund in der Lindenstraße erbrochen und aus einem Kasten ca. 100 entwendet.

Schorndorf, 14. August. In der letzten Zeit erfolgten in unserem Bezirk innerhalb neun Tagen drei Selbstmorde von Familienvätern. In Oderurbach erhängte sich ein Schlaffer, in Geradstetten erschoß sich ein im Armenhause untergebrachter Weber und in Winterbach erhängte sich eben­falls ein Weber. Der letztere Fall ist um so bemerkenswerther, als die Entleibung in dem Geschäftslokale eines Bäckers und Wirths und zwar in Anwesenheit eines Zechgenoffen vor sich gegangen ist.

Mezingen, 15. August. Die hiesige, aus 130 Seelen bestehende katholische Gemeinde befindet sich gegenwärtig in freudig erregter Stim­mung. denn es wird, was man nicht zu hoffen wagte, mir dem Bau eines eigenen Gotteshauses diesen Herbst noch begonnen werden, so daß bis Mitte des nächsten Jahres in dem Kirchlein wird Gottesdienst gehalten werden können. Den Bauplatz hat die Stadt Mezingen der katholischen Gemeinde zum Geschenk gemacht und liegt derselbe an der Straße nach Reutlingen in nächster Nähe der Ermsbrücke. Der Kostenaufwand von 1215,000 ist bereits zur Hälfte durch freiwillige Beiträge aufge­bracht.

Maulbronn, 14. August. Vor einigen Tagen geriethen zwei Kin­der von Ochsenberg. OA. Brackenheim, ein Mädchen von 5 Jahren und sein Schwesterchen von 3 Jahren, in Abwesenheit ihrer Eltern an die Futterschneidmaschine und spielten mit derselben. Auf einmal hört das ältere Mädchen einen Schrei und steht das blutüberströmte Händchen des Schwesterleins in der Maschine hängen. Das scharfe Messer hatte das zarte Händchen fast ganz abgeschnitten, und dem Arzt blieb nichts übrig, als das Händchen zu amputiren. Die traurige Ueberraschung der Eltern bei ihrer Heimkehr mag sich Jedes vorstellen.

Obersontheim, 15. August. Ein hiesiger Bürger hat von einem einzelnen seiner ziemlich zahlreichen Bienenstöcke bis jetzt einen vollen Cent- ner Honig gewonnen. Dabei ist jedoch ausdrücklich zu bemerken, daß den Stockbewohnern nicht aller Honig geraubt, sondern noch so viel gelassen worden ist, baß sie sich davon nähren können, selbst wenn von jetzt an kein Honig mehr eingetragen werden könnte.

Blaubeuren, 14. Aug. Der Hagelschaden im Bezirk beträgt nach demBlm." ungefähr in Berghülen mit Treffensbuch 151.000 -^6, Bühlen­hausen 28,000 »16, Dornstadt 78,000 »16, Machtolsheim 40,000 °M. Scharen- stetten 57,000 -,1t, Suppingen 46.000 »16, Themmenhausen 45,00o »16 (?), Tomerdingen 98,000 -,16, zusammen also in 8 Gemeinden 543,000 -FL Im Nachbarbezirk Ehingen beträgt der heurige Hagelschaden in 13 Ge­meinden 72o,O0O »16.

Frankfurt, 16. Aug. Hiesige Blätter berichten: Nach einem heute Morgen auf dem Konkursgericht eingetroffencn Telegramm wurden die Brüder Sachs in St. Jago in Chile verhaftet.

In Saarlouis ist durch Feuerwerk, welcher von Unberufenen auf dem Kirchthurme abgebrannt wurde, der obere hölzerne Theil desselben in Brand gerathen. An ein Löschen war nicht zu denken. Er brannte total nieder. Die herabfallenden Glocken durchschlugen das Kirchen gewölbe. Auch der schiefergedeckte Dachstuhl gerieth in Brand, so daß selbst aus dem Innern der Kirche nur wenig gerettet werden konnte. Orgel und Orgel­chor find zerstört, die Betstühle haben namentlich durch Wasser gelitten. Ein neben der Kirche stehendes Haus wurde im Dachwerk durch den herab- stürzenden Thurm beschädigt.

Köln. 16. Aug. Der Kölner Liederkranz, der in diesen Tagen die Feier seines 25jähriqen Bestehens begeht, hat aus diesem Anlaß alle Vereine, die den Männerchor pflegen, zu einem internationalen Gesang- wettstreit eingeladen und dieser Einladung haben nicht weniger als 132 Vereine, deutsche, österreichische, holländische und belgische, mit beinahe 7000 Sängern, Folge geleistet. Der Wettgesang nahm gestern bei unge­heurer Betheiligung des Publikums in 4 Lokalen seinen ungestörten Ver­lauf. es wurde im Allgemeinen, besonders aber von den größeren Vereinen sehr schön gesungen, die belgischen Vereine haben bis jetzt die größten Er­folge erzielt, doch dürften ihnen einige deutsche Vereine, vor allen die Liedertafel von Dresden, den Sieg streitig machen. Heute Nachmittag ist der Kampf der Sieger um den höchsten Ehrenpreis. (Nach einem weiteren Tel. hat die Innsbrucker Liedertafel in ihrer Klasse den ersten Preis erhalten.)

Köln, 16. Aug. Der herrlichste Tempel Deutschlands, das groß­artigste Werk golhischer Baukunst ist seit Samstag vollendet. An diesem Tage, Vormittags 10 Uhr, entfalteten sich die beiden mächtigen Fahnen auf der Höhe der Riesenthürme. die preußische auf dem nördlichen und die deutsche mit der Aufschrift krotoctori auf dem südlichen. Das war das Zeichen, daß der Dombaumeister Voigtel, der sich mit seinen Poliren und den bei der Versetzung der zweiten Kreuzblume beschäftigten Werkleuten auf dem Gerüste befand, den Bau zum Abschluß gebracht hatte. Schon am frühen Morgen hatten die Häuser in der Umgegend des Gotteshauses und auch in manchen anderen Straßen der Stadt sich zur Feier des denk­würdigen Ereignisses mit Fahnen geschmückt Am 14. Aug. vor 632 Jahren, also im Jahr 1248 wurde der Grundstein gelegt, auf dem der Frommsinn und dis Opferwilligkeit der deutschen Nation den erhabenen Tempel auf­baute, mehr als 6 Jahrhunderte sind also darüber hingegangen, bis der letzten Kreuzblume der letzte Stein eingefügt werden konnte.

Wie«, 13 August In Folge eines Wolkenbruchs ist der Wien- Fluß ausgetreten, das Wien-Thal überschwemmt, die Ortschaften Pürkers- dorf, Preßbaum, Weidlingen inundirt, Brücken und Wege fortgerisien, große Quantitäten Holz und Hausgeräthe fortgeschwemmt. Der Schaden ist bedeutend. Bis zum Abend war die Wasserabnahme 3 Fuß, auch die ausgetretene Schwechat bei Baden ist wieder gefallen.

Linz. 14. Aug. Gestern Nachmittags und während der Nacht sind in ganz Oberösterreich Wolkenbrüche und Sturzregen niedergegangen und fast alle Flüsse und Bäche ausgetreten. Die Hochwässer überflulheten viele Ortschaften und Aecker und haben viele Dämme, Eisenbahnbrücken und Durchlässe fortgerissen, so die Eisenbahnbrücke bei Andorf und die Jnnbrücke bei Schärding. Ried und Obernberg find überschwemmt. Die Brücke und mehrere Häuser find bereits eingestürzk. Der obere und untere Mühlkreis haben stark gelitten. In der HaSlacher Gegend fanden Straßen-Abrutschungen statt, auch bei Zellhof. Ueberall ist die Postverbindung unterbrochen. Der Schaden ist ungeheuer. Der Regen dauert noch immer fort. Steyr ist ebenfalls bedroht. Der Ennsfluß ist 12 Schuh hoch und sehr reißend. In der Wüffenfabrik wurden die Arbeiten eingestellt. Die Donau bespült schon den Kai in Linz und wächst fort. Der Regen hält «N-

Basel, 11. Aug. Ein Unglücksfall gräßlicher Art setzt unsere Stadt in Bewegung. Wilhelmine Siebers aus Marienburg in Preußen, ein blühendes Mädchen von neunzehn Jahren, da« unter dem Namen Miß Quitta in der Arena Deiks das hochgespannte Drahtseil befuhr, stürtzte während der Vorstellung aus bedeutender Höhe herunter, zerschmetterte sich den Schädel, brach beide Beine und verletzte sich innerlich der Art, daß sie nicht mehr zum Bewußtsein gelangte, sondern nach wenigen Minuten

Nun wohl, paßt euch dar?" fragte ich endlich.

Aber, aber, Kapitän, Ihr seid sehr gütig," sagte der MannIhr könnt ja nicht mit Deportirten leben," und dabei schlug er die Augen nieder.

Ich sagte:Ich weiß nicht, was ihr begangen habt, um deportirt zu werden, aber ihr werdet mir das eines Tages sagen, oder auch nicht, wenn ihr das vorzieht. Es scheint mir nicht, daß ihr ein beschwertes Gewissen habt, und ich bin gewiß, daß ich ganz andere Dinge in meinem Leben ausgesessen habe geht mir, ihr armen Unschuldigen. Deß könnt ihr aber gewiß sein, so lange ihr unter meiner Obhut seid, lasse ich

euch nicht los, ich würde euch lieber wie zweien Tauben den Hals ab­

schneiden. Habe ich aber einmal die EpauletteS bei Seite gelegt, dann kenne ich weder einen Admiral noch sonst Jemand, von dem ich Befehle aanähme."

Ich glaube," erwiedeite der junge Mann, indem er traurig den Kopf schüttelte, der braun, obgleich ein wenig gepudert war, wie es damals noch Sitte war,ich glaube, es würde für Euch, Kapitän, gefährlich sein,

wenn man merkte, daß Ihr un« kenntet. Wir lachen, weil wir jung sind,

wir sehen glücklich aus, weil wir uns lieben, aber ich habe oft häßliche Augenblicks, wenn ich an die Zukunft denke, und ich weiß nicht, was aus meiner armen Laura wird."

Er drückte von Neuem den Kopf der jungen Frau an seine Brust: Das mußte ich dem Kapitän sagen, nicht wahr, mein Kind, Du hättest dasselbe gesagt?"

Ich nahm meine Pfeife und stand auf, da ich fühlte, daß mir die Augen ein wenig feucht wurden, und das mag ich nicht.

Nun," sagte ich,das wird sich später ausklärsn; wenn der Tabak Madame inkommodirl, so ist es nöthig, daß sie sich entferne."

Sie stand feuerrolh auf, und in Thränen gebadet, wie ein Kind, da» man ausgescholten hat.

.Uebrigens," sagte sie, indem sie auf die Uhr blickte,der Brief I Ihr denkt ja nicht daran."

Ich empfand einige Unruhe; es war mir, als thäte mir der Kopf weh, wie sie das sagte.

Wahrhaftig, ich dachte nicht mehr daran," sagte ich.Das ist eins schöne Geschichte I Wenn wir den ersten Grad nördlicher Breite schon pas- sirt hätten, bliebe mir nicht« Anderes übrig, als mich über Bord zu stür­zen. Es ist wahrhaftig ein Glück, daß die Kleine mich an das große Un- gethüm von Brief erinnert hat!"

Ich sah gleich aus meiner Seekarte nach, und als ich bemerkte, baß wir noch eins ganze Woche vor uns hätten, fühlte mein Kopf sich erleich­tert, aber nicht mein Herz, ich wußte nicht wacum.Das Direktorium," sagte ich,versteht im Punkt des Gehorsams keinen Spaß. Gottlob bin ich dießmal noch zu rechter Zeit avsrtirt worden. die Zeit lief so schnell hin, daß ich es rein vergessen hatte."

So standen wir nun alle Drei mit aufgesperrtem Munde da und sahen uns den Brief an. als wollte er mit uns sprechen. Besonders er­griff e» Mich, als die Sonne, die durch'» Deckglas schien, einen Lichtschim­mer auf die Uhr warf, und das große rothe Siegel und die anderen klei­nen wie die Züge eine» Gesichte» mitten im Feuer erscheinen ließ.

(Fortsetzung folgt.)