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chen Geist aufgab. Es war kein Netz gespannt, sonst hätte die Katastrophe keine so schreckliche sein können. Das Velociped mit einem Gegengewicht in Gestalt eines lebenden Menschen (Robinson) war der Art am Drahtseile befestigt, daß es nur Umschlägen, nicht aber stürzen konnte; in der Regel befestigte nun die Reiterin ihre Füße mittelst Riemenwerk an die Tret- breltchen, diesmal unterließ sie e«, wollte dann während der Fahrt mit den Länden nach dem rechten Fuß greifen und überschlug. Mehrere Frauen fielen in Ohnmacht, als sie das in seinem glänzenden Kostüm niederschmetternde Mädchen erblickten. Der am Velociped befestigte Robinson mußte wohl 5 Minuten in seiner verzweifelten Lage verharren, bis er sich freimachen und niedersteigen konnte.
Paris, 14. Aug. Seit einigen Tagen machen in Paris jeden Abend mehrere Tausend Personen Katzenmusik vor einem Hause in La Croix Rousss, wo ein alter Wittwer woßnt, der sich mit einem jungen Mädchen verhetrathete. Die Ruhestörer machen einen Höllenlärm und werfen die Fenster ein. Die Polizei schritt bis jetzt noch nicht mit Gewalt ein.
London. 13. Aug. Die Zeitungen melden: Sechs Boote mit Männern, muthmaßlich Feniern, überfielen am Mittwoch Nachts im Hafen von Cork das norwegische Schiff »Juno* und bemächtigten sich dreier unter der Ladung befindlicher Kisten mit Gewehren.
Smyrna, 12. August. Ueber das Erdbeben, welches Ende v. Mts. Smyrna und Umgebung arg verwüstete, werden der „Wiener Zeitung* von einem Korrespondenten interessante Einzelheiten mitgelheilt: In Smyrna und dessen nächster Umgebung gibt es kein Gebäude, welches NAcht mehr oder minder durch das Erdbeben gelitten hätte. Hundert Häuser find fast ganz eingestürzt und man sieht deren Bewohnern unter Zelten lagern. Dank der Morgenstunde, welche die größere Zahl der Menschen schon wach und viele außer dem Hause fand, fielen diesem Erdbeben ver- hältnißmäßig nur wenige Menschenleben zum Opfer. Man spricht von 30 Tobten und 120 Verwundeten in Smyrna und den nächstgelegenen Ortschaften. Im Ganzen dürften sich die materiellen Verluste auf 16 bis 18 Millionen Francs beziffern. denn noch immer stürzen Gebäude ein. Mehr noch als die Stadt Smyrna haben vom Erdbeben gelitten die Ortschaften in der Ebene des Hämus bis nach Magnesia, von diesen zumeist Menemen, welche Stadt völlig unbewohnbar geworden ist; ferner wurden arg beschädigt Magnesia, Giaurkiö, Horoskiö und Cordelio. Wer den Quai der Stadt am 29. Juli um 5 Uhr Morgens gesehen, überfüllt mit einer Menge jammernder Menschen, deren abenteuerliche Bekleidung und blasse Gesichter Furcht und Angst verriethen, fühlte sich unwillkürlich an die Schilderungen der letzten Tage Pompeji'S gemahnt. Hoffen wir, daß e» nicht die letzten Smyrna's sein werden, und daß die grollende Erde mit den bisherigen Op fe rn sich b egnügen wird "
«Handel und Verkehr
— Stuttgart, 16. Aug. Landesproduktenbörse Stuttgart. Börsenbericht vom 16. Aug. Die Physiognomie der heutigen Börse war fest bei beschränktem Umsatz. Wir notiren per 160 Kilogr.: Waizen russ. 25 -OL, Walzen amerik. 24 -OL 30 ^ bis 24 -OL 50 L, Waizen Ungar. 25 -OL bis 25 -OL 50 ^; Kernen 23 -OL 25 L bis 24 -OL 25 L ; Dinkel neuen 13 -OL 50 bis 15 -OL ; Gerste württ. 16 -OL bis 16 -OL 50 L; Köhireps 26 60 Mehlpreise pro 100 Kilogr. inkl. Sack bei Wa
genladung. Meht Nr. 1 : 37 -OL bis 38 -OL; Mehl Nr. 2: 35 -OL bis 36 -OL; Mehl Nr. 3: 32 -OL bis 33 -Ot; Mehl Nr. 4 : 29 -OL bis 30 -OL.
Wien, 11. Aug. (Der Saatenmarkt und der Getreide-Export.^ Der heutige Tag brachte bereits das Gros der Besucher des Saatenmarktes nach Wien, namentlich die Theilnehmer aus dem Elsaß, der Schweiz. Süd- rmd Westdeutschland. Es läßt sich bereits mit Befriedigung konstatiren, daß der diesjährige Saatenmarkt, was die Zahl der ausländischen Besucher anbelangt, mindestens dem Markte des Jahres 1S78 gleichkommen wird, der am stärksten seit dem Bestände der Saatenmärkte in Wien srequentirt war. Der Verlauf der heutigen Fruchtbörse, an welcher die Fremden bereits theilgenommen haben, hat gezeigt, daß sich aus dem Westen Europas Kauflust in hinreichendem Maße einstellte; es sind bereits -an 4o,000 Meter-Zentner Weizen und Gerste für den Export aus dem Markte genommen worden. Nur Ein störendes Moment hat die volle, ungehinderte Entwicklung des Geschäftes gehemmt: der Mangel an disponibler Waare, den die Regengüsse des laufenden Monats verursachten. Dieser kritische Umstand führte eine Hausse der Preise von Weizen, Roggen und Gerste herbei, und wenn trotzdem so bedeutende Transaktionen erzielt wurden, so spricht dies für den vorhandenen reellen Bedarf, der sich auf dem Saatenmarkte zu decken suchen wird. Die hohen Preise haben allerdings eine reservirte Haltung bei den Käufern hervorgerusen. Hoffentlich wird die Witterung in den nächsten Tagen wieder normal und die Druscharbeiten begünstigen.
Calw.
Landwirthschädlicher Dezirksverein.
Saalfrüchte betr.
Der Wechsel mit der Saatfrucht, d. h. der zeitweilige Bezug derselben aus einer entfernteren Gegend, in der die gewünschte Frucht an« erkanntermaßen vortrefflich gedeiht, ist bekanntlich eines der besten Mittel, um den Ertrag unserer Erndten zu steigern. Der landw. Bezirks verein hat deßwegen in seiner letzten Generalversammlung beschlossen, auch einmal diese Seite des landw. Betriebs ins Auge zu fassen und für die LereinS- mitglieder den Bezug von Saatfrüchten aus andern Gegenden mit einem Vereinebeitrage zu vermitteln. Winterroggen soll aus der Probst.e.i (in Holstein), wo derselbe in unübertroffener Qualität wächst, und Din« kel aus einer noch zu bestimmenden Quelle bezogen werden. Um nun rechtzeitig die nöthigen Bestellungen machen zu können, ist es nöthig, daß die Anmeldungen möglichst bald einkommen, und werden die Veretnsmitglieder
deßhalb aufgefordert, ihren Bedarf in Pfunden ausgedrückt, spätestens bis
Samstag, den 28. August,
bei dem Vereinssecretär Horlacher einzureichen. Ni chtmitglied er können durch gleichzeitige Anmeldung ihres Eintritts in den Verein die Berechtigung zum Samen-Bezüge erlangen.
Calw, 17. August 1880. Der Vereinsvorstand:
Flaxlan d.
E. Horlacher, Secr.
Calw.
Lan-wirthschastlicher Dezirksverein.
Das landw. Gaufest betr.
Nachdem der Ausschuß des X. Gauverbands am 2. Febr. d. I. in Freudenstadl beschlossen hat, daß in diesem Jahre in dem GauverbandS- Vororle Calw ein landwirthschaftliches Taufest abgehalten werden soll» sind am 4. Aug. die Delegirten des X. Gauverbands hier zusammengetreten und haben im Anschluß an die für die staatlichen Rindvieh-Prämiirungen geltenden Grundbestimmungen für dieses am 2S. Sept. abzuhaltende Fest folgendes Programm aufgestellt:
I. Allgemeine Bestimmungen
1) Die Preise werden nur für ausgezeichnete Zuchtthiere vergeben, von Heren Eigenschaften sich eine günstige Einwirkung auf die Verbesserung der Rindviehzucht erwarten läßt.
2) Personen, welche den Viehhandel gewerbsmäßig betreiben, werden zur Preirbewerbung nur mit solchen Thieren zugelassen, welche von ihnen selbst gezüchtet worden sind.
3) Niemand kann mehr als einen Preis für ein männliches und einen Preis für ein weibliches Thier derselben Race erhalten.
4) Preisbewerber können nicht Mitglieder des Preisgerichts sein. Das Preisgericht erkennt an der Hand der Instruktion für die staatlichen Prämiirungen nach dem System der Werthmale (Points).
5) Nur Mitglieder eines der 4 zum X. Gauverband ge
hörenden Vereine können sich um die ausgesetzten Preise bewerben. Nichlmitgliedern wird die Concurrenz nur gestattet, wenn sie sich mit der Anmeldung ihrer Thiere zugleich zum Eintritt in den landw. Verein anmelden und den Vereinrbeitrag pro 1881 vorausbezahlen. » ^ ,
6) Für dis Anmeldung der Thiere werden besondere Anmeldescheine ausgegeben werden; die Vereinssekreläre werden er besonders bekannt machen, wenn dieselben van ihnen bezogen werden können. Diese Scheine müssen mit einer schultheißenamtlichen Beglaubigung versehen fein.
7) Sämmtliche bei den einzelnen Vereinen angemeldeten Threre mit Ausnahme der Schweins werden auf Kosten der Vereine einer Vormusterung unterworfen.
8) Der Schlußtermin der Anmeldung ist Samstag, d. 11. September.
9) Die vorgeführten Farren müssen mit Nasen ringen versehen sein.
10) Im Falle des Zweifels über die Trächtigkeit eines vorgeführlen weiblichen Thieres wird der auf dasselbe fallende Preis zucückbehalten bis der Nachweis des erfolgten Kalbens geliefert wird.
11) Die nicht prämiirten Thiere erhalten aus den Vereinskassen eine Reise- kosten-Entschädigung, deren Größe festzustellen den einzelnen Vereinen überlassen bleibt.
12) Mit der Viehausstellung soll eine Ausstellung von landwirthschaftlichen Produkten aller Art, von landwirthschaftlichen Maschinen und Gerüchen, sowie von solchen gewerblichen Erzeugnissen, welche zu der Landwirtschaft in Beziehung stehen, verbunden werden, und sind die Landwirthe und Gewerbetreibenden hiemit freundlichst eingeladen, bei dieser Gelegenheit ihre Erzeugnisse zur Anschauung zu bringen.
II. Besondere Bestimmungen.
1) Dis ausgesetzten Preise sind folgende:
1) für 2- und 4-schaufelige Farren 8 Preise im Betrage von 80.
60. 50. 50, 40. 10. 35, 35 °0t zus. 390 -OL
Die jüngeren Thiere gehen unter gleichen Verhältnissen den älteren vor.
2) für mindestens 2-schaufelige und fühlbar trächtige Kalbeln und Kühe mit dem Kalbe oder fühlbar trächtig 16 Preise von 60, 50, 40, 40, 35, 35,
35, 35. 30. 30. 30, 30, 20, 20, 20, 20 -OL zus. 530 -OL
Von diesen 16 Preisen sind 12 für das rothe und 4 für das braune und graue Vieh bestimmt.
3) für Schweine und zwar
a) für Eber 3 Preise von 30, 25. 20 -OL,
d) für Mutterschweine 5 Preise von 30, 25,
25, 25. 20 -OL, Zus- 200 -OL
4) für ausgestellte landwirthschaftliche Produkte jeder Art in Posten von 5—20 -OL 100 -OL
Gesammtsumme der Preise 1,220 -0^
5) Außerdem gibt der Calwer Verein aus eigenen Mitteln für seine Mitglieder 5 Preise von 40, 30, 25, 20. 20 -OL zus. 135 -OL für die bestgezüchteten Allgäuer Kälber.
Jeder Preisempfänger erhält neben dem Preise noch ein Diplom. Vorstehendes wird hiemit zur allgemeinen Kenntniß der Landwirthe des Bezirks gebracht mit der freundlichen Einladung zu recht zahlreicher Betheiligung. . ^ .
Calw, 8. August 1880. Der Vereinsvorstand.
Flaxland.
E. Horlacher, Secr.