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Insel Kreta abfinden, desgleichen soll sie Montenegro ein vorteilhaftes »nerbiete» gemacht haben. Gleichzeitig wird gemeldet, die Pforte habe ein neues Verzeichniß von Reformen für Kleinasien redigirt, in welchem christlicher Gouverneure, der Gemeindeautonomle rc, an hervorragender Stelle Erwähnung geschieht. Wir dürfen neugierig sein, ob sich die Konfersnzmächte durch diese verbrauchte Spiegelfechterei werden Hinhalten lassen. Ganz richtig meint die Times. di» Mächte seien nun durch die Konferenz so weit gegangen, daß sie ihrem Beschluß werdeu unbedingt Geltung verschaffen müssen, wenn nicht anders ihre Autorität im Osten schwinden soll. An Frankreich wird vor Alle« die Nothwendigkeit herantreten, sich in's Gedränge zu machen, da es die griech. Frage stet« mit besonderer Vorliebe in den Vordergrund stellte.
T a H e - o r d n u n «z
des Fk. Amtsgerichts Calw iu den öffentlichen Verhandlungen am Freitag, den 16. Juli 1880, BormitlagS 9 Uhr:
Rechtssache zwischen
David Haisch. Mittler in LiebcnzeU Kl. und der Etadtgemttndc Liebenzcll, Bckl., con- sessorische Klage betr., Feriknsache.
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Tages-Neuigkeiten.
— Neuenbürg. 9. Juli. Di« Einzelnheiten des bereit« gemeldeten Blitzschlags in SMrnLerL_ vom 1. d. Mts. sind höchst interessant. Der Blitz schlug in oeü hintern 10 Meter hohen steinernen Giebel, auf der einen Seite in halber Dachhöhe ei», und nahm seinen Weg, dessen Spuren deutlich sichtbar sind, diagonal der Innenfläche de« Giebels entlang, um auf der anderen Seite unter der Schwelle de» Erdgeschosses, deren Unterseite stark angekohlt ist, wieder herauSzukommcn. Len Austritt verschaffte er sich durch Beiseitewerfen einiger Quader des Sockelgemäuers. Merkwürdig dabei ist, daß der massive Giebel nicht auseinander geschlagen, sondern nur vom Gebäude getrennt und von-Grund aus so nach außen umgekippt «urde, daß er in seiner ganzen Größe auf dem Boden liegt. Nur der oberste Theil und die linke Ecke zerschellten beim Umfalle» am Hintergebäude und an dem an das Wohnhaus angebauten Backofen. Mit Ausnahme eines Spirrens wurde an dem Schindeldachs nichts beschädigt. 2 Balken, welche mit dem Giebel verschleudert waren, wurden umgekippt.
— Stuttgart. 13. Juli. Ein hiesiger Holzhändler, der wegen Betrü'gs kürzlich zu acht Wochen Gesängniß verurtheilt worden war, entfernte sich von hier und kam'bis nach Hamburg, wo er iu der Elbe seinen Tod suchte und fand.
— Stuttgart, 12. Juli. Nächsten Freitag werden 100 Schüler und Schülerinnen hiesiger Lehranstalten unter Führung von 9 Lehrern bezw. Lehrerinnen an 9 verschiedene Orte abgehen, um wie im vorigen Jahr ihre Ferienzeit dort zuzubringen.
— Eßlingen, 1l. Juli. Vorgestern Abend vor 8 Uhr forderte der Neckar zwei Opfer. Zwei Arbeiter des Herdfabrikanten Rieger ginge« mit drei Handlnngslehrlingen an das Wafserhau«, jene, um zu baden, diese, um in einem Nachen auf dem Neckar zu schiffen. Bald darauf vernahmen dis Lehrlinge Hilferufe, welche sie aber zuerst als SLerz betrachteten. Als sie jedoch nach wiederholten Rufen an den Platz gerudert kamen, wo zwei Schlosserzehilien badeten, war einer derselben, Christian Kühner von Rudersberg. O.A. Welzheim, bereits unter de« Wasser verschwunden, während der andere, der sich ebenfalls in Lebensgefahr befand, von den drei Handlungslehrlingen Ernst Spaich, Eugen Schneckenburger und Wilhelm Kenngott gerettet wurde. Beide scheinen die Grenze des mit Pfosten abgesteckten Badeplatzes überschritten zu haben. Zu gleicher Zeit fand im Neckar an der Pliensaubrücke ein Knecht des Güterbesörderers Motz, Ziegler von Dornhan, beim Bu«schwe»men eines Pferdes, wobei er in einen Gnmpen kam, seinen Tod. Er ist Familienvater und hinterläßt eins Wittwe mit 3 Kindern Die Leichname Beider wurden gestern früh auftemnden und in den Bürgerhospitsl gebracht.
— R oltweil, 10. Juli. Ein Dienstmädchen, das sich mit noch andern Arbeitern auf den beladenen Heuwagen setzte, wurde bei dem Uebersetzen üb:r einen Graben abgeworfen und brach nicht nur den Fuß am Knöchel, sondern zer'plilterte auch das Schienbein der«aßen, daß dis Splitter durchs Fleisch herausschauten. Die Verwundung ist eins besorgnißerregende.
— Ehingen, 12. Juli. Gestern Nacht «urde ein sehr frecher Einbruch km Kaplaneihause zu Klein-Allmendingen verübt. Der dortige Pfründner ist zugleich Kämmerer des Landkapital« Ehingen und verwahrt dir Einkünfte der nicht besetzten Kirchenstellen des Kapitels. Diese Kasse, im Betrag von ca. 2500 -/L wurde erbrochen und beraubt. Alls andern Werthsachen iu Silber und Papier ließ der Dieb liegen, rr begnügte sich mit der klingenden Münze in Sold und Silber.
— Ulm. 10. Juli. Ein denkwürdiger Tag ist heute in der Geschichte der Stadt Ul«, welche ja so innig verknüpft ist mit der Geschichte ihres Münster«. Heute Nachmittag wurde auf dem vollendeten nördlichen Seiten- thurme der Baum aufgesetzt. Kaum 2»/^ Jahre sind seit der Krönung des südlichen Thurmes vergangen (13- Okt. 1877) und schon wieder sind wir an einem bedeutungsvollen Punkte in der Restauration unsres Domes angelangt. Die Einwohnerschaft weiß diesen Moment pietätvoll zu würdigen und ihrem Danke gegen die Bauleute praktischen Ausdruck zu geben: der Gabentisch im Rathhaussaale ist dicht besetzt mit Geschenken für den Baum und heute Abend findet zu Ehren des frohen Ereignisses ein Bankett auf dem Brenner statt. Dies gibt von Neuem Zeugniß, wie sehr die Ulmer Bevölkerung an dem idealen Werke der Münsteroollendung Antheil nimmt und wie die Anhänglichkeit au das gewaltige Denkmal gothischer Baukunst immerfort in den Ulmern lebt. Daraus aber darf man wohl die frohe Hoffnung ableiten, daß in nicht allzu ferner Zeit der Ausbau des Haupt- ttzurmer das Werk krönen werde.
— Frankfurt a. M., 9. Juli. In Preungesheim hat dieser Tage die Impfung ein schwere« Unglück im Gefolge gehabt. Bei zwölf Kindern schwollen die Arme unter heftigen Schmerzen an, es bildeten sich Löcher und bei mehreren trat der Tod ei».
— Frankfurt a. M., 12. Juli. Die gestern Abend stattgehabte Versammlung der hier und in der Umgegend lebenden Württemberger war sehr zahlreich besucht. Beschlossen «urde, die zu« fünften deutschen Turnfest herbeiziehenden Landsleute in würdiger Weise zu empfangen und ihnen zu Ehren am Montag den 26. ds. Abends in der Alten Börse einen Com- «ers zu veranstalten.
— Schwerin, 10. Juli, Die Mecklenö. Zeitung macht durch Anschlag bekannt, daß das beim Postdiebßahl entwendete Geld im Betrage von circa 100,000 leicht verscharrt im Schlvßgarten gefunden iß Es sollen aber an 50,000 mehr gefunden «ordeu sein, als in den Geldbrieftu deklarirt war, und es entsteht die Krage, wer Eigenthümer des Überschusses wird, die Oberpostbehörde oder die verschiedenen Absender der Briese und Packete, welche die darin enthaltene Summe zu niedrig angegeben haben und denen es jetzt schwer fallen möchte, ihre wirklichen Verluste rechtsgültig zu beweisen.
— Ueber den Selbstmord eines russischen Obersten wird- der N. Fr. Pr. au» Gast ein den 8. Juli geschrieben: Der hier seit 29. Juni mit seiner Frau, seinem Schwager und N-ffen im Schwaigerhause wohnende russische Oberst Mazaraky-Loboltzow hat sich heute Morgen bei der Brücke, die von der Wandeibahn zum Straubingerplatz führt, in den Wasserfall hinab- gestürtzt- Derselbe, ein an Hypochondrie leidender Mann, konsultirts kürzlich in Heidelberg die dortigen Aerzte. welche ihn nicht eigentlich krank fanden und ihm den Aufenthalt und die Bäder von Gastern empfahlen. Seinem hiesigen Arzte, dem vr v. Härtdl gegenüber bemerkte der Oberst: Eigentlich wäre es am besten. wenn ich»«ich in den Wasserfall stürzte! Der Arzt nahm diese Bemerkung nicht ernst und beschränkte sich darauf, zu erwidern, daß kein Grund zu einem solchen Schritte vorhanden fei, da der Oberst hier gewiß Genesung finden «erde. Bei der Beschaffenheit der zwischen Felsblöcken hindurchströmenden, bei Lend in die Salzach sich ergießenden Achs ist er fraglich, wann und ob überhaupt der Leichnam des Obersten gefunden werden wird, da es nicht unmöglich ist, daß derselbe, an irgend riner unzugänglichen Stelle zwischen zwei Feisslückeu eingekeilt, erst nach Monaten entdeckt werden mag.
Das Gendarmerie-Postenkommando in F el d s b e r g (Mederöfterreich) hat dem dortigen Bezirksgerichte unter Namhaftmachung von Ohrenzeu«en angezeigt, der Pfarrer Wegricht in Feldtberg habe sich am Sonntag den 4. Juli d. I. von der Kanzel herab verlauten lassen: »Dis kaiserlich kS-
und geht. Und ds konnte ich sie beobachten, das dünne, dürftrge, hoch- > müthige Gesicht, nicht gerade garstig, aber der herzloseste Puppenkopf, der mir je vorgekommen, und kein Funken von Liebe und Glück in den Augen, die sich doch eben erst in seinen gespiegelt hatten, und gleich darauf so gelangweilt in den Schnee starren konnten, als wären sie froh, nun keine Zärtlichkeit mehr heucheln zu müssen! — Nein, ich will nicht übertreiben Es ist ja möglich und kann kaum anders sein, daß sie ihn liebt, so viel ein Herz unter einer engen Brust eben hergeben kauu. Es ist nicht umsonst daß er Glück hat bei den Frauen; Niemand ahnt, daß diese Augen so falsch sind. Aber er — daß er sie liebt, sich auch nur eine Stunde je hat einreden können, sie zu lieben — halten Sie mich, wofür Sie wollen, aber es ist unmöglich; ich weiß auch, was ich werth bin, und ich mag ihm nun verleidet sein oder ganz aus dem Gedächtniß: damals, als ich glücklich war durch ihn, durch den Traum von seiner Liebe, da war ich auch liebenswürdig, liebenswürdiger als all diese geschnürten Und fmfirten Baronessen, und wer wich um diese Wachsfigur verschmähen konnte, dem ist es überhaupt nie Ernst gewesen, der hat nur mit mir gespielt, und darben ist es, was mich so tief beleidigt!"
»Liede» Fräulein," sagte er, „obwohl ich die Braut nicht kenne, bin ich der Letzte, der es bezweifeln möchte, daß er einen kläglichen Täusch gemacht hat. Ich begreift überhaupt nicht, wie Jemand, der Sie gesehen, de« Sie Ihre Liebs geschenkt haben — an eine Andere denken kann. EL würde Sie wenig interessiren, wenn ich Ihnen erzähle« wollte, wie mir seit gestern Abend zu Mulhe war, mit welchem Herzklopfen ich die Treppe zu Ihrer Wohnung hinaufgestiegeu bin. Aber eben deßhalb: wie
Sie sich sein Benehmen erklären, kann ich es mir nicht zusammenrsimen- Mit Ihnen soll es ihm nicht Ernst gewcsen sein? Sie schätzen ihn doch wohl zu gering. Ich im Gegentheil — ich glaube, Sie sind seine einzige ernsthafte Leidenschaft gewesen. - Aber freilich, es gibt mancherlei Emst, und Herzen, die nicht lange mit etwas Ernst »achen können. — Sein Vater mag allerlei väterliche Trümpfe ausgespislt habe», die er mit Coeur- Dame nicht zu stechen wußte. Und für wankelmüthig hat er immer gegolten. Aber daß Sie die Männer nun alle für Einen verdammen —"
Er stockte, das Herz wollte ih« über die Lippen springen, aber er ward noch zur rechten Zeit durch den ganz verdüsterten Ausdruck ihres Gesicht» daran erinnert, wie schlecht die Stunde und ihre Laune zu Zärtlichkeiten geschaffen seien. Sie saß in der Sophaecke und zog mechanisch die Handschuhe au», ein bittere» Hohnlächeln u« die jugendlichen Lippen.
„Die Männer I" sagte sie. „Was gehn mich die Männer an? Ich kenne nur diesen Einen, und den besser, als mir )ieb ist. O, daß man so etwas hinnehmen «uß und keine schneidigere Waffe dagegen hat, als fernen Mädchenstolz, keine, die ihm »eher thut! Ich hatte ihm verziehen. Seme Flamme, dacht' ich. war verraucht; eine stärkere hat ihn ganz ausgefüllt. Schlimm genug, daß du ihn nicht hast fesseln können. Nun aber — so bloß von einem kalten, lieblosen Selbstsüchtigen zum Zeitvertreib herumgk- zogen und genarrt zu sein, der dann hingeht und mit derselben herzlose» Geläufigkeit um eins Geringere wirbt, bloß des erbärmlichen Vorther^ wegen — das, das ist nicht zu vergeben, noch zu vergessen, und ich müßte mich selbst verachte«, wenn ich es hinnähme ohne die bitterste Empörung!" (Fortsetzung folgt.)