Das Eatwer NIo<k>«>». Lkatt erscheint am Dienstag,Donnerstag u. Kamstag. Nbon- nementspreia halb- jährlich i 80 L durch die Post bezo­gen im Bezirk 2 -.L 30 L, sonst in ganz Württemberg 2 -,/L 70 ^.

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Nro. 81.

Donnerstag, den 15. Juli L88O.

ss. Jahrgang.

Amtliche Aekanntmachungen.

BekLZnntMLthmzg

betr. die Gerichts-Ferien.

Die Gericht?-Ferien beginnen am 15. Juli und endigen am 15. Sep­tember. Während derselben werden nur in Ferien-Sachen Termins abge­halten unv Entscheidungen erlassen.

Ferien-Sachen sind:

1) Stra'-Sachen;

7) Arrest-Sachen und die eine einstweilige Verfügung betreffenden Sachen;

8) Meß- und Markt-Sachen;

4) Streitigkeiten zwischen Vermiethern und Miethern von Wohnungk- und anderen Räumen wegen Überlassung, Benützung und Räumung derselben, sowie wegen Zurückhaltung der vom Mischer in die Mie'hsräume singe'rächten Sachen;

5) Wechsel-Sachen;

0 ) Bau-Sachen, wenn über Fortsetzung eines angcfangenen Bans? gestritten wird.

Das Gericht kann auf Antrag auch andere Sachen, soweit sie beson­derer Beschleunigung bedürfen, als Ferien-Sachen bezeichnen. Die gleiche Befugniß hat vorbebäitlich der Entscheidung des Gerichts der Vorsitzende.

Auf das Mahr-Verfahren, das Zwangsvollstreckungsverfahren und das Conkursvei fahren sind die Ferien ohne Einfluß. (Reichsger.Vers.Gesetz § 20l, 202. ^04).

' Die Schultheißenämter werden beauftragt, diese Bestimmungen in ge­eigneter Weise bekannt zu machen.

Calw. 8. Juli 1880. K. Amtsgericht.

Oberamlsrichtsr Schuon.

Politische Nachrichten.

Deutsches Reich

'Der demokratische Verein von Hamburg bat nach sehr erregter De­batte mit großer Mehrheit beschlossen, zu dem Verein der deutschen Fort­schrittspartei überzutreten.

Oesterreich-Ungarn

Im Triest er Landtag kam es zu einem großartigen Skandal zwi­schen Italienern und Slovenen. Den Anlaß dazu gab der Umstand, daß 2 Slovenen bei der Abstimmungne" stattnon* sagten. Abg. Artelli erhob sich, um den Landeshaup:monn vr. Bazzoni darauf aufmerksam zu machen, daß die Sprache des Landtag» ine italienische sei. jeder Abg. da­her in diese Sprache zu stimmen habe; der Vorsitzende könne wohl die erße Verletzung dieser Gepflogenheit überhört haben, für die zweite müsse er jedoch dem Abg. Nadergoj eine Rüge ertheileu. Landesharipkmann Du Bazzoni entsprach diesem Wunsche und die Abstimmung wurde nochmals begonnen. Bei dieser 2ten wiederholte sich genau dasselbe: die Slovcnen stimmten wieder mitne*. Darüber entstand im Saale und aus der Gallerte ein heilloses Geschrei, Johlen, Pfeifen und Zischen, man hörte Rufe: Hinaus mit den Slaven, und ähnliche I der Vorsitzende war nicht

im Stande, die Ruhe wieder hsrzustellen, die Abgeordneten drängten nach der Ausgangithüre, und binnen wenigen Minuten war dir Saal geleert, ohne daß die Sitzung geschloffen worden wäre.

Frankreich.

Paris, 6. Juli. Das Gericht hat heute die Personen, welche am 30. Juni bei der Austreibung der Jesuiten in der Rue de SövresNieder mit der Republik!* gerufen haben, verurthcilt. O'Callaghrn, Beamter im Justizministerium, wurde zu 100 Fr., der Artillerie-Neservelieutenast Beau- denom de Lemaze zu 1ö0 Fr. und der Heiligeribildschnitzer Lrfcvrs zu 50 Fr. Strafe verurtheilt. Der Tribunalspräsident in Avignon hat sich für zu­ständig erklärt, die Wiedereröffnung der geschloffenen Kapelle vorzunehmm und dis Jesuiten in ihre Anstalten zurückzuführen.

Wie es heißt, sollen alle nicht erlaubten OrdenSgescllschasten am nächsten Samstag gleichfalls ausgewiesen werden.

Paris. 10. Juli. Endlich hat auch das Pariser Zioiltribunal in Sachen der Jesuiten seinen ersten Spruch gefällt. In dem gestern Nach­mittag verkündeten Urttzeil erklärt der Gerichtshof sich kür kompetent, was die Ausweisung der Jesuiten aus ihrem Hause in der Rue de Svores an- geht, da es sich hier um die allgemeinen Prinzipien des Etgenlhumsrechrs handle. Am 15. Juli soll der Prozeß zur Verhandlung komme«. Dagegen erklärte sich das Tribunal für nicht kompetent in Bezug auf die Frage, ob die Jesuiltnkapelle wieder zu öffnen sei.

Paris, 11 Juli. Die Deputirtenkammer hat gestern den vom Senat votirten Amnestie-Entwurf angenommen und dasJournal osficiel* veröffentlicht heute das vom 10. Juli datirte Dekret, wonach allen wegen des Aufstandes von 187</7t und wegen der späteren aufständischen Be­wegungen Verurtheilten die Strafen vollständig erlassen werden.

Paris, 11. Juli. Tne Säuberung von den Ausländern dauert fort. Unter den neuerdings Angewiesenen befinden sich, wie wir hören, außer der Littwe des Schriftstellers Moritz Heß ein Bildhauer Namens Pohl, der Sohn eines wohlhabenden d. Fabrikanten, ein Herr Nentwig, ein österreichischer BijouteriearkieUer, Hr. Nüßler, «in russischer Student rc. Seit 8 Tage« sollen ca. 25 Fremde aurgewiesen worden sein. Tie Polizei gibt den Aufgegri'ffenen nur 2 Stunden Zeit, um denBündel zu schnüren*. Wenn dieselben noch Gäuge zu verrichten haben, so werden sie polizeilich begleitet. Unter den ausländischen Arbeitern soll eine Panik herrschen, zu­mal Vas Gerücht im Umlauf ist. daß dieSäuberung* erst recht beginnen werde. Bis jetzt haben die Blätter nur die Ausweisungen der Russen besprochen.

England.

Grenwich, 11. Juii. Leffeps zeigte an, die Ausführung des Panama-Kanals erscheine gesichert. Dem Unternehmen sei amerikanisches Kap tal beigetrete». D.e Vollendung des Kanal» innerhalb sieden Jahren sei zu erwarte».

Türkei.

Tie Nachrichten aus Konstantinopel lasten sehr widersprechend. Während einige wissen wollen. daß die Pforte Anstalten trifft, sich der fraglichen Gebietsabtretung nölhigenfall» mit Waffengewalt zu wisersetzen, behaupten andere, sie «olle sich mit Griechenland durch Abtretung der

Feuilleton.

Ein Abenteuer.

Novelle von Paul Heyse (Fortsetzung.)

Mit ihm?* ries sie.Nie wieder eia Wort mit ihm I Was denken Sie von mir? Habe ich Ihnen nicht gesagt, ich stürbe eher, als daß ich's ihn merken ließe , wie weh er mir gethan hat? Gesehen habe ich ihn wohl Er ist so dicht an mir vorbeigegangen, wie Sie jetzt neben mir stehen. Aber da ich den Schleier trug und seine Gedanken hundert Merlen weit von mir weg waren, hat er nicht geahnt, wer ihm so nahe war. Und wenn auch, es hätte nicht« geändert. Er hätte sich auf dem Absätze herumgedreht und mich stehen lassen, oder vielleicht höflich den Hut ge­zogen, wie vor einer alten Bekanntschaft. Erl Ec ist ein Manu!*

Sie thun uns doch wohl Unrecht,* wagte er «inzuwersen, nur u« etwas zu sagen.

Mag sein!* erwlederte sie.Aber ihm nicht, ihm Hab' ich bis heule Unrecht gethan; ich Hab' ihn für einen Andern gehalten, als er ist. gemeint, er habe sich nur geirrt, da er glaubte, er könne mit mir glücklich werden ; nun sei er erst der Rechten begegnet und klar darüber geworden, wie eine ächte und rechte Liebe beschaffen sein soll, und da Hab' er mir nicht lügen wollen und mir den Ring zurückgeschickt. Sehen Sie, das Hab' ich von ihm gedacht, und darin Hab' ich ihm bitter Unrecht ge- Ihan. Zum Lieben muß man doch ein Herz haben, nicht wahr? und

-er er hat gar keine, er hat nie eins gehabt, weder für mich, noch für die neue Braut. Da« ist mir jetzt so klar wie die Sonne!*

Sie trat näher z» ihm heran und sagte, indem sie an ihm vorbei unbeweglich aus die Blumen der alten bunten Tapete starrte:

Sie müssen nämlich wissen, ich Hab' mir heute früh ihre Wohnung sagen lasten und bin hingegangen Wenn e» der Zufall nicht gefügt hätte, daß ich sie zu sehen bekam, w»llt' ich geradewegs zu ihr hinein; ich halte schon einen Vorwand in Bereitschaft, und Sie können mir glauben, meine Kaltblütigkeit hätte mich keinen Augenblick verlassen. Warum auch? Sie kann ich ja weder lieben noch chaffen, st« weiß sicher nicht ein Sterbens­wort von mir er wird sich gehütet haben l Und wenn ich gefunden ^ hätte, daß sie schöner, reizender oder liebenswürdiger sei, als ich reicher und vornehmer ist sie ja ohnehin so wäre ich weggegangen und Härte mir gesagtH es ist kein Wunder, mich um Die zu vergessen; wenn ich auch dabei zu Grunde gehe: besser g leich, als hernach, wenn er mein Mann gewesen wäre und so eine Zauberin hätte e» ihm dann angethan. Ich bin gar nicht so ungerecht, wie Sie denken; aber ich bin'« auch nicht ge­gen mich selbst. Denn nun Hab' ich sie gesehen; ich war noch keine halbe Stunde langsam dir Straße hin und her gegangen, weil ein Wagen vor der Thüre wartet?, und ich dachte, wenn sie «»»fahren sollte, so kann ich sie einsteigen sehen. Und richtig, eiu Bedienter in Liv.öe öffnet den Schlag und der Portier die Hausthür, und da. kommt sie heraus, er neben ihr; er hatte ihr eineu Morgenbesuch gemacht und begleitet sie an den Wagen, steigt aber nicht mit ein. sondern, nachdem er sie hineingrhoben uns ihr noch den Handschuh geküßt, winkt er dem Kutscher, abzufahren»