271

sionen an. Nach Berichten aus der Stadt Trapezunt scheint die christliche Bevölkerung der Distrikte Atkieni, Keras und Bulaugiak im wahren Sinne des Worte» ein Auswanderungsfieber ergriffen zu haben. So verließen in den letzten Wochen abermals zahlreiche Familien jene Gegenden und schifften sich auf mehreren Segelbooten nach Rußland ein.

Die Türken räumen das Innere der arabischen Provinz EI-Chatif, wo der Aufstand im Wachsen begriffen ist, und ziehen sich in die Küsten- städte zurück.

La». eSordnun^

des K. Amtsgerichts Calw in den öffentlichen Verhandlungen

-am Freitag, den 18. Juni 1880, Vormittags 9 Uhr:

1 > Be>'chlilß-Verk>.ndigung in der Rechtssache zwischen Ulrich Rentschler, Schuhmacher rn Aslbnrg Kl. und Anna Maria Starzmann ledig daselbst Bekl., Miteigetlthum betr.

Abnahme des Offenbarungs-Eides in der Konkurssache des Ulrich Stotz, Bier­brauers von Hirsau.

' Rechtssache zwischen

3i Bernhard Mayer Söhne in Mannheim Kl. und G. Heß, Bierbrauereibesitzei zum Loire» in Untcrrcichenbach Bekl., Wechselforderung betr.

4> Jiaak Ncckarsulmer in Rexingen Kl. und G. Heß, Bierbranereibesitzer zum Lö­wen :ii Uiiiecreichenbach Bekl., Wechselsorderung betr.

Eva Maria Erhard! und Gen. in Alzenberg Kl. und Jeh. Sebastian Psrommer von Altburg Bekl., Alimente betr.

6 l Beweisaufnahme in der Rechtssache zwischen M. Kirchheimer Söhne in Heilbronn Ki- und Ludwig Breitling, Müller in Ealw Bekl.. Waarenfordening betr.

7> Rechtssache zwischen David Hatsch, Müller in Liebcnzel! KI. und der Gemeinde Liibenzell Bekl., Vergleichs-Erfüllung betr.

Tages Neuigkeiten.

Stuttgart, 14. Juni. In der Nacht vom Samstag aus Sonn­tag w'.rde in dem Kosssnzimmer der Hofökonomieverwaltusg im alte» Schloß hier eingebrochen uud dabei gegen 10<»0^L entwendet. Das be­treffende Zimmer liegt im Parterre; die Diebe scheinen in Las Neben­zimmer ron außen riugvstiegm zu sein und von hier verschafften sie sich durch Änbohren der Thüre in's Kassenzimmer Eingang.

Rottenburg, 13 Juni Ein Akt barbarischer Bosheit kam ver­gangene Woche hier vor. Im Garte« des Handelsgärtriers A. Oertle radier wurden die Topfkulturen ausgeriffen, die Töpfe zerschlagen und die Gemüseietzwaaren vollkommen ruirnrt, was für den Gärtner, dem sein Garten den nöthigcn Lebens-.wtsrhal: abwerfen soll, ein enormer Schade» ist.

Riedlingen, 13 Juri. In dem nahe gelegenen Ertingen spi-lts vorgestern Abrnd e.n sogen. Kasperltheater, wobei sich, wie überall, viele K nder zudrängten. Zufällig fiel eine brennrnbe Pechpfarrne, die wahr­scheinlich schlecht angebracht war. herunter und entleerte das brennende Pech über zwei zuvorderst stehende Kinder, die jämmerlich verbrannten. Eines d.won ist bereits seinen Brandwunden erlegen, das andere kann nach Aus­sage des behandelnden Arztes möglicherweise gerettet werden.

Murrhardt, 14 Juni. Zufolge des anhaltenden starken Regens vom Samstag auf den Sonntag hat die Murr deu unter» Theil unseres Ttzales, besonders oberhalb Schleußweiler, vollständig überschwemmt Das noch stihtiide Futter wurde natürlich sehr versandet und verschlawmt, wo­durch es sehr an Werth verirr; was aber schon gemäht war, wurde großsniheils fortgeschwenuur.

Tuttlingen, 14. Juni. Wegen eines Kindes wurde ein hiesiges Elteriipaar neulich in großen Schrecken versetzt. Am letzten Samstag Nach­mittag ging ein vierjähriges Mädchen mir andern Kindern in einen benach­barten Wald. Abends kehrte di» Kleine nicht wieder ins Elternhaus zu­rück. Niemand hatte eine Spur von ihr. Vergebens suchten Männer die ganze Nacht vom Samstag auf den Sonntag nach der Kleinen. Die Hoff­nung , das Kmd noch lebend auszufisden, wurde schon ausgegeben, zumal es dis ganze Nacht hindurch heftig stürmte und regnete. Am Sonntag Vormittag jedoch fand ein Spaziergänger da» geängstigte Kind unter einem Baum. Es hatte das Mächen über den Kopf gezogen und so sich einiger­maßen vor des Wetters Unbill geschützt. Man kann sich die Freude denken, welche dis Eltern äußerten, als ihnen dis todtgeglaubte Kleine wieder in

die Arme gegeben wurde. Der Findling, der bald und trank, befindet sich wieder wohl.

Oeh ringen, 13. Juni. Noch ist kein Jahr verstrichen, seit in bei­spiellos frecher Weise durch einen noch nicht entdeckten Dieb in die Ober- amtrgerichtskanzlei eingebrochen und eine große Geldsumme gestohlen worden ist, und abermals geschah es in der letzten rabenschwarzen, regen­schaurigen Nacht, daß ungesehen und «»gehört wiederum in die Hinteren, allerdings leicht zugänglichen Parterrelokale des Amtsgerichts durch ge­waltsame Eröffnung von Fensterladen, Flügeln und Zimmerthüre einge- brocherr wurde, dießmal aber vor dem inzwischen angrschafftek diebssichsren Dde'schen Kafffnschrank Halt gemacht werden mußte, welcher, wie die vor­handenen Beschädigungen zeigen, der versuchten Gewalt den wüuschem- werthen Widerstand geleistet hat. Weder in einer durchsuchten Tischschub- lade, noch in einem erbrochenen Stehpult haben die frechen Einbrecher das ersehnte Geld gefunden. Es scheint, daA dieser Besuch schon vor einer Woche geplant war, denn damals wurde, wie heute früh, das zwischen dem Hof und Garten angebrachte sonst verschlossene Gatterthor offen stehend angetroffen; man konnte vermuthrn, daß die Einkehr dem gespal­tenen Holz, welches im Hof lag, gegolten habe.

Vou d-r Jagst, 13. Juni-, lieber den angeblich aus Crailsheim gebürtigen Schauspieler I. F. Ernst in Wien - Krakau werden die Erheb­ungen fortgesetzt. Eise am Freitag in Crailsheim eingetroffens Photo­graphie des Schauspielers ist vers^i-denen Iugendgenossen des rechten Ernst zur Beurtheilung vorgelegt worden; alle geben das bestimmte Urtheil ab: das ist nicht das Bild unseres Schulkameraden. Die Erhebungen der Behörden haben endgiltig zu Tage gefördert, daß der rechte I. F. Ernst im Jahr 1873 zu Schorndorf am Lnnzsnschlag gestorben ist. Bezeichnend für den Schauspieler ist, dsß er eins Anzahl harmloser Fragen, dis sich auf seine angeblich in Crailsheim verlebte Jugendzeit bezogen, nicht beant­wortet hat.

Ein seltenes Naturspiel wird derTr. Ztg." aus Mühlheim a. d. R berichtet: Den Eheleuten dusderwieiche wurdm in ihrer Ehe -5 Kinder geboren, vou denen das 1.. 3., 5., 7., 9., 11. und 13. stockblind auf die Welt kamen. Von diesen sieben blindgeborenen Kindern leben noch vier, ein Mädchen und drei Knaben, welche eins staunenswörthe musikalische Be­gabung haben und riachenander in der Blindenanstalt zu Düren zu tüchtigen Musikern ausgedildet worden sind. Die drei älteren Kinder sind in der Lage, sich selbstständig ernähren zu könne??, während das jüngste »och an seiner vollständigen Ausbildung arbeitet. Die Geschwister werden unter Leitung ihres Mnstklehrers diesen Herbst in mehreren Städten ein Konzert geben, in welchem auch das als Sängerin ausgsbildete Mädchen einige Stücke singe» wird.

Mülhausen, 12. Juni. Letzten Donnerstag langten hier 2 Velo- cipedisten an, welche am 2. Juni in Paris abgingen. Ihr ursprünglicher Plan ging dahin, von Base! aus über Zürich, Luzern, den Brünig, Brienz, Bern und Genf wi.der nach PaUs zurückzukshren. Durch das ungünstige Wetter gehindert, standen die Beiden von ihrem Vorhaben ab und kehrten über Belfort nach Paris zurück. Der zurückgelegte Weg von Paris bis Mülhausen betrügt 656 Kilometer.

Aus Würz bürg wird schon wieder eine Soldatenschwderei berichtet. Der Unteroffizier des 7. Jnf.-Regts., CH. Träger von Kusel, hatte sich wegen nicht weniger als 17 Verbrechen des Mißbrauchs der Dieustgewalt und 49 Vergehen der vorschriftswidrigen Behandlung vou Untergebenen zu verantworten. Das Militärbezirksgericht verurtheilte ihn zu der Strafe von 10 Monaten Gefängniß und Degradation zum Gemeinen.

Köln, 13. Juni. DerDüsseldorfer Zeitung' geht folgende Mit­theilung zu: Seit 4 Tagen ist die 17jährige Tochter eines in der Nähe ron Köln wohnenden Gutsbesitzers verschwunden. Das Mädchen sollte in Köln bügeln lernen und begab sich zu diesem Behufs täglich nach Tisch dortbin. Eine kleinere Strecke Weges hatte sie zu Fuß über Land zurück-

Die Baronin machte es so.

Zu einer bösen Thar hat man Muth nöthig. Der edle Wein giebt ihn dazu.

Auf Ihre baldige Hochzeit, meine Liebe!'

Sie stießen auch darauf an, und sie thalen Alle wieder einen tüch­tigen Trunk darauf.

Aber in demselben Augenblicke waren sie alle Drei bleich geworden, und Karoline Wild mußte mir ihrem kreidrwcißen Gesichte ihr Glas nic- dersktzen.

Draußen auf dem Hofe war wieder ein Wage» an dem Hause vor- gefahrert. Es war wieder eine Extrapost mit Reisenden. Der Postillon blies; eine Mannesstimme sprach; zu der Stimme des Mannes gesellte sich die einer Frau. Der Wagen hielt, die Stimmen sprachen fast unmittelbar unter cen Fenstern des Zimmer», in dem die drei Reisenden ihren Glüh­wein tranken Rund umher war die Stille der Nacht; iu dem Posthauss schien sich schon Ales zur Ruhe begeben zu haben.

^ Durch die Stille waren die Stimmen der Sprechenden unten zu er­kennen, ihre Worte zu verstehen.

Das Haus ist verschlossen; nirgends ist Licht', sagte die Stimme des Mannes unten.

Als Karoline Wild diese Stimme hörte, erbebte ihr ganzer Körper, wie von einem elektrischen Schlage. Sie wollte ausspringen; sie vermochte es nicht.

Ta antwortete draußen die Frauenstimme, und es war eine fröhliche Stimme, und sie wurde von Lachen begleitet.

Und", sagte die fröhliche, lachende Stimme,in ein verschlossenes Haus dringen nur nicht, und Licht bringen wir nicht; der Postillon fährt uns weiter und doch ich kann den Reim nicht weiter finden, denn -ich sehe dich nicht heiisr. wein Geliebter, und doch ii kaut ksiro boniw

mins ä mnnvais zsu'

Sie lachte laut.

Der Mann aber rief schon an der Hsusthür und schlug den Klopfer. Heda, ausgemacht! Fremde wollen hier übernachten!"

Dar Weinglas mar der Hand des Fräuleins entglitten.

Sie war kreideweiß, einer L«iche ähnlich, in ihren Stuhl zurückgc- sunken.

Ter Baron hatte es nicht gewahrt. Er achtete nur auf das, was ! unten am Haus« geschah, j- Ein Fluch fuhr über seine Lippen.

! Fremde wollten in dem Hause übernachten. Das brachte Unruhe, ' Unruhe, die vielleicht bis an den Morgen dauern konnte, die den Mord- > plan unausführbar machte.

! Ec sollte sich noch mehr entsetzen.

^Meine Liebe, was ist Ihnen?" rief die Baronin der halb.Ohn-

! mächtigen zu.

!Lassen Sie mich sterben!' war die Antwort.

Thut der Trank schon seine Wirkung?" flüsterte dis Baronin ihrem ! Manne zu.

Zum Teufel mit deinen dummen Fragen!" fauchte er zurück.

Die Hausthür war aufgemacht. Es waren unten im Hause wenige Worte gewechselt.

Schritte kamen die Treppe heraus.

In dem Gange wurde eine Thür geöffnet. Sie lag unmittelbar dem Zimmer gegenüber, in dem der Baron sich mit den beiden Damen befind. Die neu angekommenen Fremden sollten dort übernachten.

!Er ist Alles vorbei! Wiederum! Und es ist das letzte Mal!''

! Der Baron knirschte es mit Wuth zwischen den Zähnen,

j (Fortsetzung folgt).