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zulegen und benutzte alsdann die Pferdebahn. Vor einigen Tagen nun kam sie weder zu der Büglerin» noch kehrte sie Abende nach Hause zurück. Da absolut keinerlei Anzeichen darauf hindeuten, daß hier eine freiwillige Entfernung erfolgt sei, so vermuthet man, daß ein Verbrechen begangen
worden ist. ,
— Berlin. 12. Juni. Nach einem dem „B. T." zugegangenen Privat- telegramm ist der Separatzug, welcher den CirkuSdirektor Herzog mit seiner Gesellschaft von Stettin nach Chemnitz überführe» sollte, Freitag Nachmittag 3>/4 Uhr, dicht vor Riesa, mit dem von Elsterwerda kommenden gemischten Zuge zusammengestoßen. Passagiere beider Züge haben dabei leichte Beschädigungen erlitten. Ich sah — so depeschirt der Gewährsmann der gen. Blattes -- nne Lokomotive kerzengerade anfgerichtel, während die anders stark beschädigt ror derselben stand. — Nach dieser knappen Meldung > scheinen die beiden Lokomotive direkt auseinandergefahren zu sei«, während j ihre Fahrgeschwindigkeit bei der Katastrophe glücklicherweise nur ein« geringe gewesen ist, denn sonst hätten die Zerstörungen, welche die Karambolage erzeugte, weit unheilvoller sich gestalten müssen.
Berlin, 1^. Juni. W:e leichtgläubig viele Leute find, das hat sich wieder so recht bei der schwindelhaften Nickeljagd gezeigt, welche in Essen und limaegend in großartiger Weise in Szene gesetzt worden ist. Ohne jeden positiv.» Hintergrund, nur infolge des Scherzes eines Spaßvogels, daß ein großes Bankhaus in Berlin infolge einer Wette mehr als eins Million 10-Pfeunigstücke vom Jahre 1873 so schnell als möglich zu- sammenzubringen Habs und deßhalb seine Agenten in die Provinzen schicke, wurden Viele von einer seltenen Spekulationswuth ergriffen und der 10- Psemngsnickel stieg dort im W°erth bis zur Höhe von 40 Pf. Da ist Mancher arg hmsingesollen.
— Im Dresdener Panoptikum ist gegenwärtig ein kurioses Bett unter dem Titel: „Steh'-auf" ausgestellt. Dar Bett zwinkt seinen Insassen, zur rechten Zeit auszustrhen, selbst men» sein Schlaf ein noch so fester ist. Ein Weckapparat nämlich entzünd-t zu der am Werke eingestellten Stunde zunächst ein Licht, und wenn danach, was bald geschehen ist, der Wecker vbgelaufen, der Schläfer aber noch nicht sich erhoben hat, so versagt das Bett rücksichtslos seine weikere Beihilfe zur Langschläfern, geht auseinander und wirst seinen Insassen auf dis Erde. Ol> dieses W-ck-dett, das ein wenig unsanft mit Demjenigen, den es beherbergt, verfährt, viel Absatz finden wird?
Metz, 13 Juni. Gestern Vormittag stieß der von Nancy kommende Personenzug in der Nähe des hiesigen Bahnhofs auf einen mit Vieh beladenen Güterzug. »Beide Maschinen und mehrere Wagen wurden zertrümmert und 0 Personen, darunter 3 schwer, die übrigen leicht verwundet. Im Laufs des Nachmittags konnte das Geleise wieder befahren werden. Unrichtige Wrichenstellung >. soll die Ursache des Unglücksfalles sein. (In kurzem Zeitraum ist dies der vierte Eisenbahrmnfall auf brutschen Bahnen, der von mehr oder minder schweren Folgen begleitet wurde).
Zürich, 14 J'uni. Am 9. ereignete sich i« NaOoualrath eine komische Szene. Arnold von Uri sprach in »»endlich langer Rede über den zum Beschluß erhobenen Antrag der Geschäftsprüsungrkommission, von der Gewichtsermltttung der Rekruten Umgang zu nehmen, worauf Karl Vogt unter allgemeiner Heiterkeit kurz bemerkte: „Er sei für Wägung der Rekruten, damit man nicht so leicht Rekruten bekomme, die in freiem Feld vor jedem Windstoß über die Grenze geblasen werden; er sei aber auch, von seinem persönlichen Standpunkt (als Diäbauch) aus für Festsetzung eines Maximalgewichts, denn Rekruren vo» (100) Kilogrammen seien zum Dienst mcht tauglich."'
Parts, II. Juni. In dem 2 km von Saint Diziers gelegenen Ort Marnaval flog gestern ein Hochofen, der größte in Frankreich — er produzier 80,0e>u den Tag —, in die Luft. Sechs Personen, darunter der Besitzer des Hochofens, wurden schwer und eine größere Anzahl leicht verwundet.
London, 5. Juni. Endlich scheinen die Spuren des verschollenen Schulschiffes Atalanta entseckt worserr'zu sein. Der Kapitän des in Quens- town vo» Demerara angekommeneu Schiffes Scotia Queen berichtet, daß er am 30. April in etwa dem 30° nördl Breite und 60° westlicher Länge einem Floße begegnete, das augenscheinlich an Bord eines Kriegsschiffes oder großen Dampfers gefertigt worden, da es zusammengenietel war und nicht durch Ketten zusammengehallen wurde. Zwei Tage später sah er im Waffer dis Leichen zweier junger Männer, welche, nach ihrer Tracht lind ihrem Anssehen zu schließen, der Mannschaft eines Kriegsschiffes an- Zehört haben dürften.
Newyork, 7. Juni. In Mount Carey, Obio, wurde gestern während des Gottesdienstes eine Kirche von einrm Orkan niedergewsht. Der Prediger und mehrere Mitglieder der Gemeinde wurden durch den Einsturz des Gebäudes tödtlich verletzt, während 20 andere Personen e rnste Beschädigungen davontrugen.
Handel und Verkehr. ^
— Stuttgart, 12. Juni. Landesgewerbeausstellung 1881. Nachdem die Anmeldungen in solcher Zahl erfolgt sind (circa 1200), daß der verfügbare Raum angemessen besetzt werden kann, setzt die Kommission den Schluß des Termins für die Anmeldungen auf 30. Juni fest.
Zur Warnung sei mitgetheilt, daß sich auf dem Lande wieder feing-- kleidete Haustier Herumtreiben, welche englische bedruckte Knnstwollstoffe (Waare, die sehr fest und gut aussirht, aber sonst Nichts taugt), dem leichtgläubigen Publikum als feinen schweren Bukskin aufzuhängen suchen.
Vom Fuß desSchwarzrvaldes. l 4. Juni. In den letzten 8 Tagen ist in dos Wollgcschäft reges Leben gekommen, weil nicht blos Konsumenten. sondern auch Spekulanten rasch Zugriffen und bei weiterer Forderung von Seite der Eigner wären sicher noch höhere Preise angelegt worden. Die Kauflust war so stark, daß der Vorrath heute schon als vergriffen angesehen werden darf, so daß Heuer kein Eigner nöthig hat,
die Waare auf einem Markt auszubieteu, sich den WechselsLllen der Märkte aulzusetzen und zudem noch ganz schöne Reisespssen in die Schanze zu schlagen. Die Preise, welche Heuer überall höher stehen all voriges Jahr» bewegen sich pr. Ztr. von 160—175-4L Die Wasch wird der von verschiedenen Jahrgängen vorgezogen.
— (Gewährung von Tax e r m ä ß i gun g en für Sch üler Exkursionen mit der Eisenbahn.) Für gemeinsame Ausflüge voir Schülern und Schülerinnen öffentlicher Lehranstalten bis zum Alter von 18 Jahren in Begleitung von Lehrern oder Lehrerinnen werde» von der Württ. Bahn vom 15 Juni d. I. ab nachstehende Begünstigungen gewährt : 1) Wenn die Zahl der Theilsehmer des Ausflugs mindestens 20 beträgt, oder die Taxe für diese Anzahl entrichtet wird, werden in Hl. Wagenklaffe je 2 Schüler auf ein Billst (einfaches Billet, Retour- oder internes Runr- fahrbillet) befördert. 2) Die Ermäßigung wird nur dann gewährt, wenn der Führer der Schulgesellschaft (Lehrer oder Lehrerin) beim Vorstand der Anrgangsstation, und zwar auf Hauptstationen wenigstens eine Stunde, auf Zwischenstationen 12 Stunden vor Abgang des betr. Zugs eins schuft lichs Anmeldung iibsrgiebt, welche den Bestimmungsort der Reise, sowie dis einzuschlagende Route und für die Hin- und eoent für die Weiter und Rückfahrt zu benützenden Züge, sowie die Zahl der an dem Ausflug Teilnehmenden enthält. 3) Die Führer der Gesellschaft haben darauf zu Hallen, daß dieselbe zur Erleichterung der Billstkontrole zuiammenblsibt, auch haben sie für Aufrechterhaltung der Ordnung zu sorgen. 4) Nicht bewilligt wird die fragliche Begünstigung in der Regel für Sonntage, soa/.e für folgende allgemeine Fest- und Feiertags-. Neujahr, Ecscheinungsfsst, Charfrertag. Ostermontag, Himmeliahrtsfest. Pfingstmontags Christfest, Stephanstag. 5) Ausnahmen von der Bestimmung unter Ziffer 4, sowie dis Ausdehnung der Begünstigung auf Prwrtanstaltsn und Pensionen auf besonderes Gesuch zu bewilligen, ist die Eisenbahndireknon ermächtigt.
Kirchheim u. T., 14. Juni. Für den Wollmarkt sind nun cicc a 6000 Ztr. Wolle auf Lager. Dis Qualität derselben ist im Allgemeinen ausgezeichnet. Die Zufuhr von Schäfer-volle ist stark und der Becke >r verspricht lebhaft zu werden.
— Gerabronn, >3. Juni. Der Rindenhandel ist nahezu beendet; während über die Schälsaison der Verkehr sich immer lebhafter gestaltet und die Preise sich allmälig steigerten, so daß zuletzt bis gegen 6 pr. Ctr. für seine Glanzrinde gefordert wurde, ist gegen das Ende der Periode die Nachfrage wieder erlahmt, und Händler, welche im Besitze größerer Partyien Rind; sind, können nur nolhgsdrungen und zu gedrückcen Preisen ihre Lorräthe an den Mann bringen. — Im Wollgeschäfl herrscht reges Leben; der weitaus größte Theil der Produktion befindet sich bereits in des
/Händen der Händler; es werden unverändert, wie anfangs, -4L 150 ois 4L 160 per Crntner bezahlt.
— Bi de rach, 2. Juni. Mittslpreise. Korn 12 M. 39 Pig. Roggen 10 M 80 Pfg. Gerste 9 M. 80 Pig. Haber 7 M. 42 Pfg.
— Mainz, 1. Juni. Ein kalifornischer Konkurrent für unsere dsutschsn
Weine ist auf dem Wege »ach Europa. Am 8. v M verließ die Bremrr Brigg Stella den Hafen von San Francisco mit einer Ladung kalifornischen Weines im Werths von 8->,926 Dollars (3l3,704 ^4L). Dis Ladung bs trägt 95,844 Gallonen (etwa 4500 Hektoliter) ist nach Bremen bestimmt, wie es heißt auf feste Bestellung, und entstam-stt den Jahrgängen ir>74 bis 1879. Die Weine kosten zwischen 35 bis 95 Cents (l 40 L bis 3 80 L) die Gallons (etwas mehr als 3^ Liter). Die kalifornische
Weinaussuhr nach Deutschland betrug 1878 2500 und 1879 350) D. an Werth, seitdem ist sie rasch gestiegen.
— Die kaiserliche Tabaksmanufaktur in Slraßburg versendet an Privat» leute folgendes Circular: Wir beehren uns. Ihnen beifolgend einen Auszug aus dem Preiscourant unserer Fabrikate zu übersenden. In der gegenwärtigen Periode, in welcher Preise und Qualität der Tabak» fabrikate vielen Aenderungen ausgesetzt sind, dürfte es in Ihrem Interesse gelegen sein, einen Versuch mit den Fabrikaten der-Kaiserlichen Tabak« Manufaktur in Straßburg zu machen, um sich von der Reinheit und Preis» Würdigkeit dieser Produkte zu überzeugen. Wir bezweifeln nicht, daß dieser Vsrsuch bezüglich der Preise und Qualität zu Ihrer Zufriedenheit aus» fallen wird.. Wir bemerken noch ergebenst, daß wir, um den Konsumenten den direkten Bezug zu erleichtern, künftighin und vorzugsweise zum on-on-os-Preise auch kleinere Quantitäten jeder einzelnen Sorte unserer Fabrikate, jedoch nicht wmiger als 1 Kilo Tabak oder 250 Stück Cigarren, auf Wunsch aus mehreren Sorten zusammengesetzt, abgeben werden. Hoch» achtungsvoll Direktion der Kaiserlichen Tadakmanufaktur in Slraßburg. (Was werden dazu unsere Tabaks« und Cigarrenfabrikanten sagen?)
— Berlin. 5. Juni. Abgsdrehte ReichSgoldmünzen kommen jetzt öfter in den Verkehr, und zwar ist die Abürehuug so künstlich erfolgt, daß die
! Stücke nur der Umschrift am Rande „Gott mit uns" entbehre» und nur mit der größten Aufmerksamkeit von den vollwichtigen Münzen zu unterscheiden sind. Die durch die Manipulation vorgenommene Entwerthunz ist indessen nach der „Voss Ztg." eine erhebliche, denn sie beträgt beim Zehn» Markstück 180 beim Zwanzigmarkstück 220
— Marburg, 6. Juni. An den Landstraßen des hiesigen Kreises sind im vergangenen Winter 2731 Aepfelbäume, 317 Zwetschgenbäume, 49 Birnbäume und an den Landwegen 21^4 Aepfelöärrme. 2056 Zwetschgenbäume, 30 Birnbäume, 22 Kirschdäüme, überhaupt 7349 Obstbäume erfroren. Am meisten gelitten haben die Bäume in den Niederungen und die in Thälern mehr als im offenen Felde, Der Verlust an den Land» wegen an Aepfeldäumen ist geringer als an den Straßen, weil unter den elfteren viele hochgelegen sind, in den Niederungen ist dasselbe Verhältniß. Zwetschgenbäume haben auch in den höher gelegenen Gegenden stark gelitten, mehr als die Aepfelbäume. Im Ganzen beträgt der Verlust 50 pCt. Dem Aller nach haben die im vorigen Jahre gepflanzten und die älteren Bäume am meisten gelitten.