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angenommen, er soll auch dem Vernehmen nach demnächst eine direkt gegen Lesseps' Plan gerichtete Organisation ins Lehen gerufen werden. In Frankreich soll die Nachricht, daß die Regierung von Nicaragua einer amerikanischen Gesellschaft eine Kanalkonzesfion rrtheilt hat, beträchtliche Sensation hervor, gerufen haben. _
Tagesordnung
des K. Amtsgerichts Calw in den öffentliche» Verhandlungen
am Fr er tag, den 4. Juni 1880. Vormittag« 9 Uhr:
Rechtssache zwischen
1) Fricdrike Holzwarth in Stuttgart Kinn, und Gottlob Steiner, Steinhauer in Hirsau Bett., verschiedene Forderungen betr.
2) Beist Leis. Viehhändler in Brette» Kl. und Johann Balingcr in Dachtel Bell. Gtwährschaft betr.
Beschlußverkündigung in der Rechtssache zwischen
3) Christian Schnaufer, Viehhändler in Untcrjettingen Kl. und Gottlob Hölderlin, Hirschwirth in Deckenpsronn Bekl., Forderung aus Mandat betr.
4) M. Krrchheimcr Söhne in Heilbronn Kl. und Louis Breitling, Müller in Calw,
Bekl., Waarenforderung betr. _
Tages-Neurgkeiten.
— Nagold, den 31. Mat. Morgenden Dienstag, den 1. Jnni treffen die ins hiesige Schullehrerseminar aufgenommenen 58 Seminaristen aus ver schiedenes Gegenden de» Landes ein und beziehen zunächst die Räume der Prüparandenanstalt Nach einem Jahre werden dieselben sodann in da« bi» dorthin vollendete Seminargebäude übersiedeln, wo st« in 2 «eiteren Jahren ihre völlige Ausbildung erhalten sollen. Diese feierliche Eröffnung de« Seminar« durch Hr» Oberksnsistorialcath Burk und den provisorischen Vorstand, Hrn. Dekan Krmmier, findet Mittwoch de» 2. Juni Vormittag» statt.
— Stuttgart, 31. Rai. Sm Samstag Vormittag unternahm der gegen rvärtig hier weilende Taucher Heinrich Haag im Neckar bei Cannstatt Taucher, versuche, um die Leich« eines am Donnerstag Ertrunkenen aufzufinden. Er rauchte an verschiedenen Stellen, zuerst ungefähr 200 Schritte oberhalb der Eisenbahnbrücke, »nd dann weiter abwärts, jedesmal Vr und einmal ^ Stunden unter Wasser bleibend. Zahlreiche Neugierige verfolgten von de« Ufern aus diese interessant« Produktion. Die Leichs fand übrigen» Herr Haag aus de« Grunde «icht, «eil sie auf einer seichten Stelle lag. «o sie später von den Fischern entdeckt wurde. Haag produzirt sich gegenwärtig »och immer izz seiner Lude auf dem Wo Helmsplatz, da er die Erlaubniß für «eitere Vorstellungen erhalten hat, so daß also Gelegenheit geboten ist, da« für hier be sonder« iutereffante Schauspiel noch ferner z» genießen.
— Kirchh eimu. T, 29 Mai. In der »ergangenen Nacht wurde in die Parterrewohnung de» Buchbinders Albert Ficker eingebroche» «nd ca. 300 gestohlen. Der Dieb nahm seinen Weg durch die Werkstätte, zu welcher der Schlüssel gestohlen worden sein muß, in den Laden, wo eine Kaffe mit Buch- dindrrwsrkzeugen erbrochen wurde. Vom Laden ging« in» Wohnzimmer, wo der Sekretär erbrochen und au« demselben eine Uhr, feine« Goldblatt «nd Geld genommen wurde. Bi« 12 Uhr wurde im Geschäft gearbeitet. Die Bewohner schliefen eine Treppe höher «nd hörten, da der Dieb mit den Werkzeugen ohne viel Geräusch arbeiten konnte, nichts. Hoffentlich entdeckt die Polrzei de« Uebelthäter bald.
— Rottenburg, 30. Mai. I» gestriger Nacht wurden einer Wittwe hier in ihrem Hopfengarten sämmttiche Stöcke, c». 600 Stück, auSgerisseu. und zwar von ihrem eigene» Sohne, einem vsrheiratheten Küfer, der Rache nehmen «ollte gegen seine Mutter, weil sie ihm in seine» heruntergekommenen VermögenSverhältniffen nicht wieder Geld gegeben. wie sie es schon zum öfter» getha» hat
— Metzinge», 31. Mai. Dis hiesige Stadt beabsichtigt, sobald die «ö- thigen Mittel flüssig find, an dem Ermskanal ein Pumpwerk aufzusielle», um bei Feuersgefahr die Straßen mit Wasser versehen zu könnsn. Zu diesem Werk hat dir Landesseuerversichrrungsanstalt einen namhaften Beitrag in
Aussicht gestellt. Zu den drei vorhandene» Feuerspritze» ist in der vergangenen Woche eine vierte gekommen, welche von der Aachen «Münchener Versi. cherungsgesellschaft der Stadt zu« Geschenk gemacht worden ist. Es ist diese» eine auf Rädern ruhende Druckspritze im Werthe von 800
— Ueber die Rnine der Burg Steiucgg im Würmthal erfahren wir aus dem „Pf. B." Folgendes: Im Jahrs 1840 verkaufte die Gruudherrschaft von Gemmingen ihre östlich de» Hagenschießwalde« in de« sog. Gebiet gelegenen Schlösser, Güter, Waldungen an die badische Staatsregierung. Unter den elfteren befand sich da» damals «och bewohnbare Schloß Strinegg. 3 Jahre darauf kaufte die Grnndhenschaft diese» Schloß wieder zurück, um zu verhindern, daß der Staat aus ihm eine Straf- oder Besserungsanstalt mache, «nd schlug es in Trümmer. Da« Uebrige that die ungehindert sindringsnds Witterung zur Umwandlung eine« romantisch gelegenen Eselfitz-s in eins vollständige Ruine im Laufe von 37 Jahren." Wir zweifeln nicht, daß die derzeitigen Besitzer dis romantische Ruine an die Gemeinde Steinegg abtreten, da»sit für deren Unterhaltung und Zugänglichkeit besser gesorgt werden kan» als bisher.
— Villinge», 31. Mai. Heute Vornvttag ist ein Thsil de? Schlacht« Hauses an der Färbergaffe eingestürzt. Der Besitzer des anschließenden Grundstücks, Bierbrauer Ummenhofer gedachte nämlich dir östliche Giebelmauer des Schlachthauses zugleich als Giebelmauer für eine« von ihm projektirlen Neubau zu benutzen und ließ hart an derselben Keller rc. aurwerfe n. Das Schlachthaus ist nicht unterkellert und als nun der für den Neubau projek- tirte Grabe« tiefer al« da« Fundament des Schlachthauses geworden war, wich die gedachte Giebelmsuer aus und führte den Einsturz herbei. Ein weiteres Unglück ist glücklicherweise nicht passirt, nur einige Möbel wurden zertrümmert. OK dieser Vorfall Veraulaffung zur Errichtung eines ganz neuen Schlachthauses bieten wird, das wird die Zeit lehre».
— Straß bürg, 28. Mai. Zwei hiesige Arbeiter fanden beim Spaziergang im Walds von Woippy ei» Wolfslager mit 0 Jungen, die, äußerst wohlgenährt, 8 bis 10 Tage alt sein möge». Nach Angabe der Finder wurden sie bei ihrem NuShebuugSgeschäft so» den alten Wölfen überrascht und, nachdem sie sich der ganzen Brut bemächtigt hatten, bis in die Nähe des Dorfes verfolgt.
— R«s der Pfalz, 28. Mai. In Albsheim a. E. wurden am Dienstag in der dem Bürgermeister Krauß gehörige» Sand- und Erdgruüe 9 Menschen verschüttet. Die Katastrophe trat um 4 Uhr Nachm, eis, als die in der Grube Beschäftigte», 16 an der Zahl, die Erde wegs-tzten. Plötzlich barst die 40 Kuß hohe Wand, von der die Erdblöcke «rggeschaffc wurde» und verschüttete 9 Mann, die am tiefste« Ende der Grube standen, ohne daß dieselben sich flüchten konnten. 5 von den Verschütteten wurde« todt aufzesunden, während 4 theil« leichtere, theils schwerere Verletzungen davon trugen.
— Frankfurt, 30. Mai. Di« Untersuchung gegen die flüchtigen Ban kerottenre Sachs und Comp, fördert zahlreiche Einzelheiten zu Tags, von denen sich jedoch manche au« Rücksicht ans Stellung, Familie rc. der Geprellte» nicht zur Mittheilung in öffentliche« Blättern eig»en. Nicht blos kleine Kapitalisten, sonder« auch Männer von Stand und Bildung sind das Opfer der Schwindeleien geworden. So wurden ein vielbeschäftigter Arzt und ein sehr geachteter Geistlicher um bedeutende Summen beschwindelt. Selbst aus polnischen LandeStheilen sollen sich Beschädigte gemeldet haben, und neue Anzeigen laufen tagtäglich ei». Die Gesammtsumme der Veruntreuungen läßt sich heute «och nicht einmal annähernd in Zahlen anedrücksn. Die Angabe hiesiger Blätter, die Flüchtlinge seien in London verhaftet worden, hatte sich bis gestern Abend nicht bestätigt.
— München , 31. Mai. In der Gegend von Hemau (Oberpsalz) müssen die Kornfelder umgeackert werden, weil das junge Korn in Folge der jung' sten kalten Nächte vollständig erfroren ist
mußte, hatte das Hau« verlassen, auf dem Hofe sich nach allen Seiten umge sehen und war dann nach der Bergschlucht gegangen, an deren Eisgang die Poststation lag. Dem Knaben, der auf de« Lose sich beschäftigte oder auch nicht beschäftigte, war ausgefallen, daß der fremde Herr so angelegentlich nach Allem blickte, und sich dabei doch den Anschein zu geben suchte, al» schlendere
er nur für nicht« und wieder nicht« umher. Er war dem Fremde^, ohne'-war ein kleiner Beamter ohne Vermögen gewesen. Er hatte dem einzigen
daß dieser es gawahrte, von weitem nachgefolgt
Zwischen de« Pofthofe und der Bergschlucht lag zur Seite ein Teich
Und die Schwester nahm sich dasselbe vor.
Da« Mädchen und der Knabe hatte» mit richtigen Sinne geahnt. Karoline Wild »ar der Name der Dame, die mit dem Baron Lange aus Kurland reiste.
Sir war aus Westprenßen gebürtig. Sie war eine Waise. Ihr Vater
Kinds, damit sie nach seinem Tode sich eine Existenz verschaffe» könne, eine vortreffliche Ausbildung geben lassen. Sie war Erzieherin geworden. Als
der besonder» zur Pferdeschwsmme diente, und dessen Wasser nicht gar saubere solche war sie auch z» drm Töchterchen einer adeligen Dame in der Näh
«ar. Nach der Seite des Posthauses hin war sein Ufer mit dichten Weiden bepflanzr, so daß man von dem Hause her dar Wasser nicht sehen konnte.
Der Teich hatte die Aufmerksamkeit des Fremden erregt; er war an ihn heranzetreten, hatte sich dabei umgeschaut, ob er gesehen «erde, und hatte ihn dann, als er sich allein glaubte, wie prüfend und meffend umschritten. An dem äußeren Ende hatte er sogar eine Latte, die am Ufer lag, in das Wasser gesteckt, als wenn er dessen Tiefe meffe» wollte. Dann hatten seine Augen wieder dar Posthaur gesucht, als wenn er berechnen wollt«, wie weit es entfernt sei.
Daraus war er in die Schlucht gegangen.
In dieser befand sich wieder ein Teich. E« war ein Fischteich mit klarem und durchsichtigem Wasser.
Der Fremde schien dann die Umgebung zu prüfen. Außerhalb der Schlucht war vor dem Teiche Nichts zu sehen; die Bergwände und davor stehendes dichtes Gebüsch verbargen ih« völlig. Dasselbe Buschwerk umgab ihn auch fast auf allen weitern Seiten, so daß man ihn erst entdeckte, wenn man nahe bei ihm war.
Das waren die Nachrichten, die der Knabe brachte.
„War hatte er an sen Teichen zu thun?" fragte der Knabe.
Der Vater und die Schwester fragten es sich gleichfalls.
Keiner hatte eine Antwort.
„Aber er hat Etwas vor, und ich werde ihm auspaffen," sagte der Knabe.
von Danzig gekommen. Das Kind war nach Verlaus eines Jahres gestorben. Die Dame hatte Gefallen an der Erzieherin gefunden und sie bei sich behalten, als Gesellschafterin, noch mehr als Frermdiu.
Kar«line Wild war ein treuer, edler, aufopfernder Charakter. Sie hatte sich so bei der Erziehung, nachher bei der Pflege des Kindes bewiesen. Sie bewegte sich ferner so gegenüber der Dame. Diese war kränklich; Karoline Wild blieb ihre treue Pflegerin, bis der Tod sie von ihr trennte.
In dem Testamente der Dame fand sich für Karoline Wild ein Ver- mächtniß von zweitausend Thalern ausgesetzj; außerdem war ihr eine Menge der feinsten Leinwand «nd der besten Kleider der Verstorbenen hinterlsfsen.
Ei» Jahr vor dem Tode der alte« Dame hatte Karoline Wild sich mit einem jungen Kaufmann in Danzig verlobt.
Reinhard Sommer war gebürtig aus demselben kleinen Städtchen, da« die Heimat der Erzieherin war Nur wenige Jahre älter als diese, war er mit dieser zusammen ausgewachsen, bi« man ihn, fünfzehn Jahre alt, in eine Handlung nach Danzig gebracht hatte. Er «ar ein hübscher Knabe, sie schon als Kind schön. Sie war sinnig und mild, er feurig, lebhaft, unternehmend. Er war der Beschützer des Mädchen« gegen die Rohheiten der andern Kinder ; sie hielt ih« von manchem gefährlichen Streichs zurück, trat bittend «nd begütigend für ihn ein, wenn er zu weit gegangen war.
(Fortsetzung folgt.)