Da- ckotmer W»A«»- Lk-tt erscheint Di-nfta«, Donnrrfta« u. Ka««- tag. Abonnement-« preis halbjährlich 1-4 80 L, durch die Post bezogen im Bezirk 2 80 L, sonst in ganz Württembg. 2-4 70 L.
C»lwcrW«chcnbl»l>.
Amts- unä Intekkigenzökatt für äen Kezir^.
Fsr E«l»
«an bei der Redaktion, «u««i rts bei den Boten oder der nLchstge- legencn Poststelle. Die Einrückung-ge» bühr beträgt S L für die vierspaltige Zeile »der deren Rau«.
Nro. 63.
Donnerstag, den 3. Juni L88O
35. Jahrgang.
Amtliche Dekanntmachungen.
Calw. Aushebung L 88 V
Im Anschluß an die Bekanntmachung vom 27. d. M. (Wochenblatt Nro. 61) wird noch zur Kenntniß der Betheiligte» qebracht. daß die bei der Musterung als dauernd untauglich bezeichneten Militärpflichtigen bei der Aushebung nicht zu erscheinen habe«, daß dagegen die zur Ersatzreserve H. Classe vorgeschlagenen Mannschaften am
Freitag, den 16. ds. Mt» , Vormittag» 8 Uhr, zur Vorstellung komme».
Den 2. Juni 1880. K. Oberamt.
_ F l a x l a n d.
Politische Nachrichten.
Deutsches Reich.
— .Berlin, 28. Mai. Es erhält sich die Meinung, daß noch im laufenden Jahre und zwar zu Beginn de» Monats September die Vollendung des Kölner Doms festlich begangen werden wird. Der Kaiser selbst wünscht auf das Lebhafteste, der Feier zu »sfistiren, und bei der Kaiserin findet er mit diesem Plane die wärmste Unterstützung. Dis Vorbereitungen für da« Fest find such bereits soweit getroffen, doß auf Veranlassung de» Eeutral- vorstande» des Dombauvereine uud mit Wissen und Willen des Kaisers eine Meoaille gep ägt worden ist, welche das Bildniß der kaiserlichen Majestäten darbietet. Die einzige Schwierigkeit bot bisher die Frage, wie ohne Mitwirkung des abgesetzte« Erzbischofs sich die kirchliche Feier gestalten soll. Vielleicht ist daran gedacht worden, daß die Annahme der gegenwärtig de« Landtage unterbreiteten kirchenpolikischen Vorlagen Mittel und Weg« anweisen würde, Herrn Melchers ans den bischöfliche« Stuhl in der rheinischen Metropole zurückzuführen; indrß kann mit Bestimmtheit versichert «erden, daß an Allerhöchster Stelle auch nicht die geringste Neigung besteht, gerade diesen Prälaten zu begnadigen. Würde der Artikeln der Vorlage mit der de« Könige gebotenen Machtvollkommenheit angenommen «erde», so würde außer dem Fürstbischof Förster von Breslau vielleicht «och Bischof Blum nach Limburg zurückberusen werden, Erzbischof Melchers und Kardinal Ledochowrki aber unter keinen Umständen Davon find die beiden Herren, wie di» römische Kurie auch hinlänglich unterrichtet.
— Bei der am 25. Mai vsrgenommenen ReichrtagSwahl für den 2. hessischen Wahlkreis siegte in der Stsdt Kassel Fabrikant Schwarzenberg (Fortschr.) mit 33^6 St. über Reichsgerichtsralh Bär (nationoll) mit 1<81 St Diese Rnchstagswahl hat, so schreibt man der Frkf Pr. au« Kassel, wohl nirgends mehr überrascht, als in Kassel selbst, da die anderen Parteien es verstanden, bis auf die letzte Minute durch großes Geräusch die Schwäche ihrer Stellung zu maskiren Was das an dem fortschrittlichen Wahlsieg betheiligte flache Land anbetrifft, so bat man diesen Sieg lediglich als Antwort auf das Feld
und Forstpolizeigesetz aufzufaffe»; hier in d«r Stadt fielen noch manche ander- mißliebige Berliner Geschenke entscheidend nnd zu Gunsten de« Fortschritts in die Waagschaale. Wir erwähnen nur die Degradirung der ehemalige« knrhesstschen Residenz zu einer einfachen Provinziallandstadt durch Verlegung der wichtigste» Behörden an anders Orte und die Nichtberücksichlizung jedweder Beschwerde. Daß «an die Wahl Schwarzenberg's bei den bevorstehende« Verwaltungsreformen nun vielleicht noch mit der Verlegung der Oberpräst« dium» nach Frankfurt wird büßen müssen, »st eine Konsequenz, die allerdings kaum aurbleiben dürste. Dann werde« die .loyalen' Kurhefseu jedoch auch für lange hinan» der Opposition ergeben bleiden. . . .
Frankreich
Paris. 30. Mai. In einer zu Revers anläßlich der landwirthschaft- lichen Au«stellu»g gehaltenen Rede wie» Minister Cochory auf die Schritte der Regierung zu Gunsten der Landwirthschaft hin. Die günstige finanzielle Lage de» Lande« gestatte fortgesetzte Entlastungen. Frankreich «erde seine« friedliche» Weg fortsetzen und dabei Achtung und Sympathie nach außen hi« finden, während er im Innern die nothwendigen Reformen vorbereite, ohne legitimen Rechten zu nahe zu treten und ohne sich durch Ungeduld fortreiße« zu lassen.
Italien.
Kriegsminister Bonelli ist »ach einem Tel der K. Z. um seine Entlassung eingekomme». Die Sache ist unabhängig von de» gegenwärtigen parlameu- tausche» Wirren. Bonelli« Entsckluß besteht seit mehreren Wochen, er ist begründet in Meinungsverschiedenheiten mit seinen Kollege« über die Interessen der Landesvertheidiguug.
Türkei.
Lonstantinopel, 31. Mai Nachdem der Sultan das Verlangen de» vormalige« Khediv« Ismail Pascha, nach Egypten zurückkehren zu dürfen, genehmigt hatte. wurde dasselbe vom Khedive Tewsik zurückgewicsen Al» Ismail darauf erklärte, er wolle nach Konstantir-opel kommen, um den Schutz des Sultans auzurufen, ließ der Großvezier Said Pascha ihn wsss-n, daß er in diesem Falle sein» sofortige Wiederentfernung zu gewärtigen habe. (In Neapel wird dem Herr» Ismail der Boden scheint« zu warm, da die Behörden dort gedrängt «erden, die Landergesetz« gegen die Serailrvirthschaft zur Ausführung zu bringen.)
Amerika
Wie die N-wyorker Handelszeitung vom 14. März «iktheilt, meldet eine au» Panama in Washington eingetroffene Depesche, daß es einer Anzahl amerikanischer Kapitalisten gelungen ist, vom Präsidenten von Nicaragu« die Konzession zum Bau eine« Kanal« über irgend eine« hierzu am meisten geeig. net scheinenden Theil der genannten Republik unter äußerst liberalen Bedin. guugen zu wirke». Dieser Umstand ist insofern wrchtig, als hierdurch da« Projekt eines Jfthmurkanals unter amerikanischer Kornrole bestimmtere Gestalt
Feuilleton.
Die Strafe -er Untreue
Crimivalgeschichte von I D. H. Temme.
(Fortsetzung.)
Die Dame am Fenster schien in tiefem Nachdenken in dis weite Ebene hineivzuschauen.
Lie Wirthstochter war noch mit ihrer Arbeit in dem zweiten Zimmer beschäftigt. Sie hatte durch die offene Thür dar geheimnißvolle einverständ llchs Winken der beiden Herren gesehen. Es war ihr aufgefallen. Noch mehr wurde ihre Neugierde geweckt durch das Gespräch, das .sich nach der Entfernung des größere» Herrn zwischen dem kleineren und der Dame entspann.
„Sie sind so nachdenklich!" sagte der kleine Herr zu der Dame.
„Ich habe wohl Ursache," «ar die Antwort.
„Sie machen sich gewiß unnöthige Sorgen."
„Wolle Gott es!"
„Meine besten Wünsche begleiten Sie." fuhr der kleine Herr darauf fort. „Sie sind mir auf die'sr Reise eine so lieb« Freundin geworden."
„Freundin," sagte der junge Herr zu der jungen Dame. Die Wirthstochter horchte hoch auf.
Die Dame drückte dem kleinen Herrn die Hand.
„Die Trennung vo« Ihnen wird mir recht schwer," sagte der kleine Herr.
Die Erwiederung der Dame darauf setzte die Wirthstochter in eine solche Verwunderung, daß sie glaubte, falsch gehört zu haben.
Beide sprachen dann leise weiter, so daß die Wirthstochter in dem andern Zimmer nichts mehr verstehen konnte.
Sie war mit ihrer Arbeit fertig und verließ da« Zimmer.
I« Gehen hörte sie noch den kleinen Herrn lauter zn der Dame sagen:
„Aber geben wir uns so trüben Gedanken nicht hi«. An dem letzten
Abend, de» wir zusammen verleben, wollen «lr vergnügt sein."
„Wer sind die Reisende»?" fragte unten die Tochter des Wirths und Posthalters ihren Later.
„Baron Lange ans Kurland, nebst Begleitung, steht in dem Passagier- zettel", war die Antmort.
„Der große Herr wirb der Baron sein", meinte dabei der Posthalter.
„Es muß so sein", versicherte die Tochter. „Die beißen Ander» sind Frauen."
Der Vater sah sie verwundert an.
„Beide?"
Beide, Vater. Und der kleine Herr ist die Frau des Barons. Er kam mir gleich verdächtig vor "
Woher sie ihre Mitwiffenschaft habe, fragte sie der Vater.
Sie erzählte, als der kleine Herr zu der Dame gesagt, die Trennung von ihr werde ihm schwer werden, habe die Dame erwiedert:
„O. meine liebe Baronin, und ich werde immer mit Liebe Ihrer gedenken."
„Tu hast dich verhört", meinte der Posthalter.
„Wäre das nicht um so schlimmer, Vater?"
„Aber wozu die Verkleidung?'
„Vornehme Herrschaften haben manchmal allerlei Einfälle."
Der Sohn des PosthalterS kam dazu.
Der Posthaller «ar Wittwer.
Er hatte zwei Kinder, seine Tochter Anna, die ihm die Wirtschaft führte, und einen jüngeren Sohn, Theodor, einen Knaben von vierzehn bi« fünfzehn Jahren, der dem Vater im Bureau half, und auf dem Felde und in den Remisen und Ställen nachsah.
Die übrigen Bewohner des Posthofes waren Knechte und Mägde und Postillone, von denen einer zugleich Wagenmerster war.
Der Sohn des Posthalter«, oder Postmeisters, wir er titulirt wurde, brachte gleichfalls eine Neuigkeit.
Der Reisende, der nach Anua's Versicherung der Baron Lange sein