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Paris, 21. Januar. Die drei hauptsächlichsten Bestimmungen deS gestern vorgelegten Ferry'schen Gesetzentwurf«, betr. die Verpflichtung zum Volksunterricht sind: Verweis; Nennung durch öffentlichen Anschlag; gewöhnliche polizeiliche Bestrafung säumiger und nachlässiger Eltern. Unterstützung armer schulpflichtiger Kinder. Bei der Unentgeltlichkeit de« Unterricht» sind die Gemeinden verbunden, 4 und wenn erforderlich 5 Zuschlags Centimes von der Gemeindesteuer zu den Schulkostcn beizutragen.
England.
Durch Vermittlung eines Londoner Agentur.Geschästs ist vor wenigen Tagen die ganze Stadl Littleborough by Rochdale in Lancashire. welche eine Bevölkerung von 10.000 Seelen hat, an einen Gutsbesitzer in Norkshire verkauft worden. Die Einwohner sind freilich in dem Handel nur in so weit einbegriffen, als sie ihre Hausmiethe dem neuen Grundherrn zu entrichten haben.
London, 19. Jan. Samstag Nachm, fand ein Meeting beschäftigungsloser Arbeiter im Hyde-Park statt, um den in Folge de» fast gänzlichen Stillstands der Geschäfte unter den arbeitenden Klassen der Hauptstadt herrschenden Nothstand und die Mittel und Wege in Betracht zu ziehen» um eine Besserung heibeizuführen Es hatten sich ungefähr 300 Personen ein- gefunden» Nachdem der Vorsitzende fein Bedauern ausgedrückt, daß d:e Demonstration nöthig geworden, äußerte er sich eingehend über den im ganzen Lande herrschenden Nothstand und das damit verknüpfte Elend. In Sheffield und Durham herrsche große Noth; an letzterem Ort befinden sich derzeit lO.OOO Ar beiter ohne Beschäftigung; von 150 O-frn seien 100 gelöscht. Im Londoner Baugeschälte herrsche großer Stillstand; sehr vule Arbeiter seien brodlos. E» seien dies erschreckliche Zubände und ein Schandfleck für da« Land. Vor 5 Jahren habe man 16 Milt. Pf. St. Steuern gestrichen. Eine Meisterhand habe damals da» Land regiert. Als Gladstone gegangen, sei ein lieber- schuß von 6 Mill. Ps. St. vorhanden gewesen; jetzt herrsche ein Manko von 8 Mill., eine Differenz von 14 Mill. Pf St. Um Afghanen zu morden und Zulu« zu schlachten und mit Feuer und Schwert Leute zu verfolgen, die den Engländern nichts gethan hätten, wurde der Segen Gottes in Fluch verwandelt. Andere Nationen seien gefallen, indem sie solchem Ruhm nachjagten. Dieses Meeting Hobe den Zweck, e« bekannt zu geben, daß etliche 30,000 Ar beiter ohne Beschäftigung seien. Bei §en öffentlichen Arbeiten in der Haupt stadt könnten Tausenoe Beschäftigung finden; indem man die Arbeitslosen in dieser Weise beschäftige, schone man die Steuerzahler. Schließlich wurden Denkichriften an Lord Beaconsfield und an den Lordmayor verlesen, in welchen dieselben ersucht werden, ihren Einfluß geltend zu machen, um einem Theil der Arbeitslosen Beschäftigung zu sichern.
Türkei.
Aus Pera, 8. Jan,, wird mitgetheilt: In den Kreisen, welche von der österreichischen Botschaft inspirirl werden, geht das Gerücht, daß zum Frühjahr eme Flotten Demonstration mit eventueller Besetzung Constanttnopel» durch ein englisches, österreichisches und deutsches Corps bevorstehe, wenn die Pforte nicht auf die Vorschläge dieser drei Mächte eingehen wolle.
Asien.
Die Sensationsnachricht de« Standard, daß die Russen von den.Turkmenen aufs Neue geschlagen und zur Räumung von Tschikrschlar gezwungen wurden, wird in England sehr angelegentlich erörtert. Gesetzt, daß dre Meldung auf Wahrheit beruht, so ist es ziemlich gewiß, daß nicht nur die in Tschikisch» lar aogehäuften ungeheuren Kriegsvorräthe entweder im Stich gelassen oder verbraunt wurden, sondern daß der Verlust der Russen ein sehr großer war. Tjchtiischlar ist selber gänzlich ohne Befestigungen und die Garnison war ohne Zweifel durch Entsendung von Tcuppen nach dem Kaukasus bedeutend geschwächt. Die russischen Kriegsschiffe konnten keine Hilfe leisten, da sie nicht innerhalb 3 Meilen vom Gestade gelangen können. Der EinschiffungSprozrß muß aus diesem Grunde ein sehr langwieriger und folglich der Verlust ein
beträchtlicher gewesen sein. Die Wirkung dieser Niederlage (wenn sie sich bestätigt) auf Rußland« Prestige und Plane wird nach den englischen Urtheilen eine ernste sein. Die Zornult und Goklan Turkmenen werden sich unser« weidlich den Akbal Turkmesten anschließen und Persien wird wahrscheinlich ein wenig Muth fassen und Anstrengungen machen, sich der Bande zu entledigen, mir denen Rußland es umgarnt hat. Vor Allem wird die zur Wiederersetzung der erbeuteten Vorräthe und Transportthiere erforderliche Zeit die Verschiebung de« Vormarsche« auf Merw bis zum Herbst nöthig machen.
Asten. Aus Lahors wird der Daily News vom 19 d gemeldet, daß in Kurzem eine neue Grenzprovinz mit den jüngsten Erwerbungen in Afghanistan organistrt werden wird. Wahrscheinlich werde Griffin, anstatt Roberts, der Obeikommissär der Indischen Regierung sein. Die Provinz werde Theile des Khyber- und Kurmn Thales, deren in dem Gunoamuk-Vertrage Erwähnung gethan. umfassen. sowie einen Theil von Scinde und den Jadu« als ihre östliche Grenze.
Zum Vogelschutz.
Verschieden« Blätter haben in jüngster Zeit die merkwürdige Mittheilung gebracht, daß von dem Schöffengericht m Würzdurg der Pros, der Zoologie Dr. C. Semper, welcher mir seinem Gärtner angeklagt war, den Art. 125. des Polizeistrafgesetzbuchss durch das Fangen von Amseln in seinem Garten mittelst Schlingen und Erschießen von solchen übertreten zu haben, fr ei ge« 'prochen worden sei, weil der als Sachverständiger geladene Hofrath Dr. Rindfleisch, Prof, der pathologischen Anatomie, sein Gutachten dahin abgab: die Amiel ser zu den allerschäülichstsn Thieren zu rechnen; sie sei kein jagdbares Thier mit Hegezeit, sie gehöre auch nicht zu den Singvögeln, welche das Potizeigrsetz meine, sondern sie sei durch Entartung ein fleischfressendes Thier geworden. Namentlich liebe e« die Amsel, die Jungen der Smgoögel aus den Nestern cnifzufieffm. Das Wegsangen der Amsel sei deßhalb nicht nur nicht strafbar, sondern sogar lobenswerth und verdienstlich.
Dieses Gutachten nun bezeichnet eine der ersten Autoritäten über die Vogelwelt, Dr Kart Ruß, Herausgeber der Zeuschnft: ,Die gefiederte Welt", als ein geradezu unerhörtes, und beruft sich dabei auf die Aussprüche sämmt« licher Gelehrten aus dem Gebiete der Vogelkunde. Ein solcher Ausspruch lautet z. 8. folgendermaßen: „Dis Drosseln fressen bekanntlich außer Schnecken, Regenwürmern, Engerlingen, Maden u. dgl. auch verschiedene Beeren und Baumfrüchte. Alle Forscher stimmen darin überein, daß sie vorwiegend nützlich sind; denn die üble Eigenschaft, Kirschen. Beeren, Weintrauben rc. zu zehnien, darf ihnen nicht als schwerwiegend angerechnet werden, da sie solchen Schaden reichlich wieder gul machen. Selbst bei der Schwarzdrossel ober Amsel (lurclus merula 1.) ist dies der Fall, während dieselbe doch manchmal al« eifrige Kirschendiedin erheblichen Schaden aoriLtet. Uebrigens sollte man sich immer vergegenwärtigen, was unseren Wäldern fehlen würde, wenn die herrlichen Rufe der Amsel und Singdrossel m denselben nicht erschallten." Andere Kenner weisen darauf, hin, daß die, Thätigkeit der Amsel wesentlich Sem Boden angehöri, daß sie also Schnecken, Gewücmer und Larven vorzugsweiie blosirgt und frißt (freilich manchmal mit Schaden an jungen Gemüsepflanzen) ; weniger liebt sie Käser und Schmetter linge, von letzteren nur Abend- und Nachtfalter. Ihr Gesang ist flötend und weithin schallend, zwar etwas eintönig, aber doch herrlich genug, um zu entzücken, und es ,st eine wahre Schande, daß sie, um einzelne Leckermäuler zu friedenznstellen, erdrosselt wird. In ähnlicher Weise spricht sich der Direktor der Gartenbaugesellscbaft in Frankfurt a/M., Herr Mühlig, aus, der aus langjähriger Erfahrung und nach sorgfältiger Aowägung ihrer Nützlichkeit unv Schädlichkeit oer Amsel dar Zeugmß der Nützlichkeit auSstellt. In den Anlagen der Städte Leipzig, Stuttgart, Wien u. a. sagt Hr. Dr. Raß, bilden die Amseln einen wundervollen Naturschmuck, und jeder aufmerksame Vogelfreund weiß, daß neben denselben auch zahlreich; andere Singvögel sich an« gesiedelt haben und ungestört wohnen und nisten. Räumet eine Annl einmal
.Der Herr Baron Perlranv de Akortvx ist fremd in der Pariser Gesellschaft, mein weither Herr Barquier. Er kommt soeben au« Indien zurück, nachdem er seinen Abschied als Schiffslieutenant genommen."
Diese letzten Worte fesselten einen Augenblick die Aufmerksamkeit des Fräuleins de Valbonne, die nun den Seemann doch eines Blickes würdigte.
.Und", fuhr Olivier fort, „da er sich an den Renne» öfter betheiligen will, wird er Ihnen sehr verbunden sein. wenn Sie ihm einige Rathschläge ertheilen."
„Herr Baron," erwiederte höflich der Banquier, „meine Ställe befinden sich am Eingang der Rue de Chaillot. Wenn Sir dieselben sehen wollen, ersuchen Sie meinen Freund Olivier, Ihnen al» Führer zu dienen. Ich hoffe überdies , caß er Sie heute Abend in die Rue d'Astorg geleiten wird. Meine Tochter empfängt an jedem Sonntag."
Man wechselte wieder Grüße, dann setzten Fräulein Valbonne und ihr Vater ihre Promenade sort und suchten bald daraus ihre Plätze auf der Tribüne auf, denn da» Mustkcorps, das gewöhnlich vor jedem Rennen eine Piöce spielt, begann zu spielen.
Damoiseau, da« Pferd, von dem mau so viel erwartete, nahm an dem nächsten Rennen Theil.
Gleich beim Abgang gewann es einen Vorsprung von zwei Pferdelängen, und blieb fortan allen andern voran.
»Bravo I Damoiseau ! Hurrah Damoiseau I" schrie das Publikum. Die Damen winkten mit ihren Tüchern, die Herren klatschten in die Hänte.
Damoiseau hatte nur noch fünfhundert Meter zu durchlaufen, um als der Erste am Ziele anzukommen und alle seine Nebenbuhler zu schlagen, als er — jo wendet sich der irdische Ruhm! — plötzlich scheute und den Jockey weit weg schleuderte
Der Jockey fiel in» Gras und war rasch wieder auf den Beinen.
Ein Ruf des Bedauern« durchbrauste die Menge, von Jenen autgestoßeu, welche aus Damoiseau gewettet hatten, und der Enthusiasmus ihrer Gegner antwortete ihnen. (Forts, folgt).
El« LVteverfehen!
/ Zwei Freunde treffen zusammen nach längerer Trennung und besprechen du. Erlebnisse ihrer Jugend.
Äsiessor B.: Erinnerst Du Dich noch der Fräulein Schmoll», wir lernten sie kennen, als wir noch Referendaren in Breslau waren?
Kreisrickter L. (nachsiunend) : Ja wohl, ich kann mich noch ganz gut erinnern Weißt Du noch, wir sagten immer, sie sei zwar die Häßlichste, aber auch dafür die Dümmire im ganzen Kränzchen, was rst denn mit ihr?
Assessor B.: Hml Mit ihr? — Ja, sie ist jetzt meine Frau !
Sehr richtig!
Mutter: Aber Ernst, wie siehst Du wieder aus? Hast Du jemal« gesehen, daß ich so schmutzige Hände gehabt habe?
Ernst (zwischen Thränen und Unwillen kämpfend): Aber Mama, al« Du so klein warst wie ich, da habe ich Dich ja noch gar nicht gekannt! (Schalk.)
(Vieldeutige« Rebus.) Es wurde die Frage gestellt: was bedeutet Wc. Oesterreicher: .Dös is sakrisch leicht, e» hoißt „Wanz" I" (VV an v). — Schwabe: „Doch net, verzeihe Se. t glaub es heißt „Zahnweh!"" (o an v.) — Leubuscher: .Haißt'ne Sache! Wie soll"» anders, haißen als „Hühner« äuge! ?"" — (Oesterrcicher und Schwabe blicken sich erstaunt an). „Nun ja, Hühnerauge I Große« 4Veh am kleinen 6zeh 11"
(Aus einem italienischen Standesamt.) Bräutigam und Braut trete» ein, ihnen folgt eine Anzahl Zeugen. Der letzte der Eintretenden läßt die Thüre offen. Der Standerbeamre macht ein zorniges Gesicht und fährt den Herrn tüchtig an: „Wissen Sie nicht, daß der Akt hier keine Gütigkeit hat, wenn er nicht bei geschlossenen Thäreu vollzogen wird?" Der Angeredete erwiederte mit begütigender Miene: „Entschuldigen Sie, mein Herr, der Bräutigam ist mein Freund und Freunden muß man beii solche» Angelegenheiten eine Hinterlhüre offen lassen.^
„Wir alten Jungfern," sagte neulich Miß StlbbinS, „lieben die Katze«, weil wir keine Männer haben und Katzen ebenso treulos find wie die Mannsleute."