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des Auswärtigen verändern. Saint Ballier bleibt wenigstens provisorisch! auf seinem Posten und von dem Rücktritt Fournier's, des Botschafters in Konstcmtinopel, ist nicht mehr die Rede. Die Stellung des Marineministers Jaureguiberry.dürfte sich ziemlich ungünstig gestalten. Ohne Zweifel wird sich Jaureguiberry in der bevorstehenden Session sehr scharfer Angriffe von Seiten der äußersten Linken zu erwehren haben, da er für einen Anhänger der Sklaverei gilt.
Paris, tt. Jan. Von interessanten Gesetzvorlagen ist di- so lange ventilirte. auf Wiedereinführung der Ehescheidung in Frankreich bezügliche, spruchreif. Der Berichterstatter Leon Renault, bekanntlich ein sehr gemäßigtes Mitglied des linkm Zentrums, spricht sich in seinem sehr gediegenen Bericht unbedingt für die Vorlage aus. Um auch den katholischen Gewiffensbedenken ihr Recht zu lassen, wird die Trennung von Tisch und Bett für jene, die diesen unvollkommenen Scheidungsmodu« vorziehen, beibehalten
D er Bankier Jsaac Pereire hat durch sein Organ, die Libertä bekannt machen lassen. daß er eine Reihe von Preisen, im Grsammtbelrage von 1^0,00^ Fr., für die besten Arbeiten über die Mittel zur Lösung der sozialen Frage aussrtzt. Die Arbeiten müssen bis zum Ende dieses Jahres eingeliefert sein. Das Programm der Preisbewerbung umfaßt u. a. folgende Punkte: die besten Mittel zur Aufhebung des Pauperismus; das beste Erziehungssystem; Organisation des Kredits im Interesse der Arbeiter aller Klassen; Steuer resorm u. s. w.
Paris, 13. Jan. Bei der heute vorgmommenen Wahl des Prüft deuten der Kammer wurde Gambetta mit 259 von 308 Stimmen, die giltig abgegeben worden, gewählt. 40 Stimmzettel waren unbeschrieben bez. ungiltig.
England
London, 13. Jan. Nach einer in St. John (Neu Braunschweig) gestern veröffentlichten Privatdepesche aus Callao hat die chilenische Regierung die Guanoverschiffung von den Lobosinseln verboten und die Landungsplätze zerstören lassen. Die noch nicht beladenen Schiffe gehen wahrscheinlich nach anderen Plätzen, um Guano aufzujuchen.
Spanien.
Ja Madrid beharren die Deputirten der Opposition bei ihrer Enthaltung von den Sitzungen ,der Cortes. Ministerpräsident CanovaS habe ein Arrangement versucht; falls dasselbe nicht zu Stande komme, wolle er, wie gerüchtweise verlaute, der Majorität Vorschlägen, die Mandate der sich ent haltenden Deputirten für erledigt zu erklären. Nach anderen würde Canovas die Auflösung der Cortes beantragen.
Bulgarien
Recht ungemüthlich sind die Zustände in Bulgarien', wo der neue Fürst sich jetzt ganz das russische System de» rücksichtslosen Despotismus zum Muster genommen hat. Er verweist einfach ^M itglieder der Opposition des Landes. Die Volksstimmung ist daher auch de^Megierung nichts weniger als günstig und selbst die Geistlichkeit widerstrebt dem Ministerium ihres Mitgliedes, des Bisckofs Klement. Die Städte sind ganz auf liberaler Seite und über den Ausfall der bevorstehenden Wahlen kann kein Zweifel sein. Nun will sich der Zar ins Mittel legen und den in Bulgarien beliebten Fürsten Dondukoff Korsakoff dahin senden, damit er eine Versöhnung der Parteien bewirke und ein Koalilionsministerium herbeizuführen suche.
Amerika
Ob den Verein. Staaten in Colorado ein neuer „Judianerkrieg" droht, ist eine Frage, die mit jedem Tage dringender wird. In Folge der Differenzen mit dem Ute-Stamme, die in dem Hinterhalte gegen die Ver. Staaten- Truppen unter Major Thornburgh und dem Ucberfalle der Agentur und der Niedermetzelung des Agenten Meecker gipfelten, wurde von Seiten der Regierung, nach dem Vorschläge des Ministers des Innern, Schurz, eine Kommission eingesetzt, um die White River Utes zur Auslieferung der an jenen Vorgängen schuldigen Indianer zu bereden. Mitglied dieser Kommission war der regierungsfreundliche Indianer-Häuptling Ouroy, der sich persönlich in das Lager der Utes vom White. River begab, von dort aber unverrichteter Sache zurückgekehrt sein soll. Noch wenige Schritte in der Richtung der sogeu.
„Friedens-Politik" der Regierung haben in Ermangelung alles Vertrauens auf Seiten der „Pfleglinge der Nation" zu aedeihliche n Resultaten geführt
Musikalisches. - -
— Calw, 15. Jan. Nachdem am Sonntag, den 4. Jai. die junge Gefell« schaft „Harmonie" ein Bokal-Concert mit abwechselnd dazwischen eingelegter Streichmusik zum Besten der hiesigen Armenkasse gegeben, wobei der unermüdliche Eifer des Dirigenten, Hrn. Bertschinger, sowie seiner Sänger die wohlverdiente Anerkennung des zahlreichen Publikum» fand, hat uns gestern wieder ein Dilettanten-Concert zur willkommenen Unterbrechung der Stille in unserem musikalischen und Geistesleben in dieselben Räume gerufen.
Obwohl in Calw seit einigen Jahren der musikalische Sinn durch da» Zusammenwirken verschiedener günstiger Umstände eine überaus vortheilhafte Förderung erfahren hat, die einen unverkennbaren Fortschritt zum Bisse rn bedeutet, so können wir uns doch leider nicht darüber beklagen, daß uns musikalische Genüsse, die in vielen andern Städten den schon im Sommer ersehnten Retz des Winters bilden, in überreichem Maße geboten würden. Und doch ist hier und in der nächsten Nähe eine Summe von Leistungsfähigkeit vorhanden, die gestern in einer gewiß die Meisten aufs angenehmste überraschenden Weise zur Geltung und Anerkennung kam. Es ist zwar an und für sich gewiß lobenswerth. wenn die Kunst sich der Mild- thätigkeit dienstbar macht; allein es ist gewiß auch der Gedanke berechtigt, daß es keiner solchen äußeren Veranlassung bedürfen sollte, um die hervorragenden Talente» die gestern Abend Herz und Ohr unseres Publikums so sehr erfreut haben, häufiger auf das Podium zu rufen. Der Berichterstatter käme, wenn dieser Wunsch in Erfüllung ginge, dadurch freilich mehrfach in die schwöre Verlegenheit, in der er sich heute befindet Angesichts der Unmöglichkeit, einen allerseits befriedigenden Detailbericht zu liefern, ohne daß seine Galanterie auf eine allzu harte Probe gesetzt würde. Es möge ihm deßbalb zu Gute gehalten werden, wenn er sich auf wenige allgemeine Aeusserungen beschränkt, ohne die Palme des Abends in eine einzelne Hand zu legen. Diese mehr allgemein gehaltene Beurtheilung aber in den Ausdruck der höchsten Anerkennung und Befriedigung zusammenzufassen, wird ihm nm so leichter, als das gesummte Publikum ohne Bedenken und hocherfreut in dieser Richtung ein einstimmiges Urtheil gefällt Hut. Das brillante Clavierspiel von Frau Prof. Hertter und Hrn. Oberförster Hepp, die mit reichem Beifall belohnten Solo-Vorträge der Frau Cam.-Verw. Rinck, Frl. Anna Federbaff und Frau Prof. Hertter. die Biotin,Solos des Hrn. Revier Assist. Nördlinger, dessen Kunstfertigkeit hauptsächlich in der „ksntaisio elöKsnts" zur rechten Geltung kam, die gemischten Quartette, von denen besonvers die letzte Nummer wirklich reizend war. das wirkungsvolle Baß-Duett der Herren Präc. Reiniger und Bahnmeister Eberhardt und die fein geschulten Chorgesänge des Singvereins — Alles, Aller hat in vollster Harmonie zusammengewirkt, um das gesammte, überaus zahlreich versammelte Publikum mit dem Gefühle der vollkommensten Befriedigung zu erfüllen. Nicht geringere Befriedigung mögen aber auch die Coricertgeber darüber empfunden haben, daß ihre Aufopferung den für die Hinterbliebenen der in Withelwszlück verunglückten Bergleute bestimmten ansehnlichen Ertrag von 110 adgeworfen hat. Mit dem wohlverlienten Danke des Publikums wird sich nun auch derjenige der Beschenkten verbinden. Wir aber wiederholen von Herzen den Wunsch, den gewiß ein Jeder mit sich nach Hause getragen hat: „Auf Wiedersehen ein ander mal!"_
TageS-Neurgkeiten
— Frau Lina Glitz. Hohenfels, Schauspielerin und Vortragsmeisterin von Wien, wird auch in Calw gelegentlich ihrer Tournses durch Württemberg eine dramatische Vorstellung abhalten.
— Aus dem Oberamt Neuenbürg, 12. Jan. Um in diesem strengen Winter unserer Bevölkerung Beschäftigung und damit Verdienst zu verschaffen, wurde vom Kgl. Ministerium der löbliche Beschluß gefaßt, die von Herrenalb nach Wildbad projektirte (bis Dobel bereits vollendete) Straße noch in diesem Winter weiter zu bauen. Ebenso wurde die Kgl. Forstdirektion angewiesen
Schule wäre nn Stande gewesen, emen reineren Typus weiblicher Schönheit zu schaffen.
Diese vielbewunderte junge Dame war Melanie Valbonette de Valbonns, die Tochter Henri'» de Valbonne, der wie sein Vater, Banquier war und allgemein für unermeßlich reich galt.
Melanie war zwanzig Jahre alt. des Banquier's einzige Tochter, und mutterlos. Angebetet von ihrem Vater, von Jugend an verzogen, kannte Melanie glauben, die Welt sei nur mit Verehrern ihrer Schönheit und^mit Sklaven derselben bevölkert.
Sie hatte nie nithig gehabt, sich einen Wunsch zu, versagen; alle ihre Wünsche waren im Voraus erfüllt.
Melanie war aber auch ebenso gut, als sie schön war und so gebildet, als es eine Frau sein kann, welche, obwohl sie eine George Sand over eine Madame de Girardin nicht zu erreichen vermag, doch kemrn Anspruch auf die traurige Berühmtheit als „Blaustrumpf" hat.
Mölanie de Valbonne fuhr heute zum Rennplatz, ws ihr Vater sie erwartete.
Herr de Valbonne hatte große Summen auf Damoiseau gewettet. . . ein Pferd, das zu den kühnsten Erwartungen berechtigte und da« der Banquier für 55,000 Franc« gekauft hatte.
Als Mslanie'S Equipage die ChampS Elysöes erreichte, grüßten die junge Dame zwei Herren ... der Eine mit ehrfurchtsvoller Vertraulichkeit, der Andere mit allen Anzeichen der Ueberraschung.
„Wer ist diese Dame?" fragte der letztere sein-n Gefährten.
„Wer sie ist?" erwiderte der Elftere, Olivier Beauchöne. der Sohn eines Wechselmäklers, ein von Mölanie bevorzugter, vorzüglicher Tänzer.
Sein Begleiter hieß Berlrand de Morlux und war ein ehemaliger Marineoffizier . der im Alter von achtzehn Jahren zur See gegangen war und vier oder fünf Jahre später durch eine unerwartete Erbschaft in den Strudel des Pariser Lebens hineingeschleudert wurde. (Forts, folgt.)
Brackenheim im Jan Im hiesigen Poildureau machte sich schon
längere Zeit eine Maus durch Entfaltung rührigstrr Thätiqleil bemerklich, deren Abreise zu Weihnachten nicht ungern gesehen wurde. Doch nicht lange sollte dis Ungewißheit über Ziel und Art der Reise dauern. Einem nach Frankfurt a. M. gesandlen Postpacket, dessen Inhalt aus Backwerk und einem dicken Kuchen bestand, entsprang bei Oessnung desselben die flüchtige Maus. Den Empfängern des Packeis soll das Geschenk in Form einer schwäbischen Postmaus nicht geringe Erheiterung verursacht haben, obwohl sie die leidige Entdeckung machen mußten, daß sich auf der Fahrt die freiwillig Gefangene das Gebäck und die Süßigkeiten trefflich munden ließ.
Einechtr ussi s ch eS G esch i cht ch e n ereignete sich in B e rd i ts ch e w. Als nämlich eines Morgens die Schnittwaarenhändler daselbst in ihre Läden wollten fanden sie dieselben amtlich versiegelt. Da das Gewissen aller dieser Herren bezüglich der Contrebandr nicht vollkommen rein war und sie hörten, daß zwei junge Männer in der Uniform des Zollamtes die Läden während der Nacht versiegelt hatten. schossen sie schnell 500 Rubel zusammen und suchten die beiden Beamten auf. um die Sache gütlich auszugleichen. Die Beamten weigerten sich jedoch, die 500 Rubel anzunehmen und bestanden auf 1500 Rubeln, die ihnen auch bald gebracht wurden. Einige Tage später wurde die Sache in der Stadt ruchbar und kam auch zu Ohren der Behörden, die dann sofoU Nachforschungen nach den beiden Beamten anstellten. Diese waren jedoch längst verduftet. Es stellt« sich heraus, daß die Berditschewer Kaufleute das Opfer eine« auf ihr böses Gewissen berechneten Betruges geworden sind.
Wenn in China ein Gläubiger seinen Schuldner zur Zahlung zwingen will, sendet er ihm einen Kerl in« Haus, der den saumseligen Zahler so lange ununterbrochen anstarren muß bi» dieser in Verzweiflung geräth und zahlt— oder bis jener hinausgeworfen wird.