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Auf einem Felde bei Roßthal mitten im mannshohen Korn steht »ine Strohfeime, welche Obdachlosen eine dürftige Gelegenheit »um Nächtigen im Freien bietet. Der DistriktSgenSdarm, von einem Dienstwege heimlehrend, beschloß die Feime zu untersuchen, trifft auch einen Mann daselbst an, welcher jedoch entspringt und ungeachtet wiederholten An« rufen« nicht stehen bleibt. Der GenSdarm gibt darauf einen Schuß aus seinem Dienstgewehr ab und der fliehende Monn bricht zusammen, ist auch alsbald eine Leiche. Der Gensdarm hat sich sofort den Behörden gestellt und sind die Erörterungen bereits iw Gange. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft fand die Leichenbeschau und eine gerichtliche Besichtigung des Thatorte» schon statt. Mau darf auf die Entscheidung des bürgerlichen Schwurgerichts über diese Tvdtung eine« Menschen gespannt sein.
— Ein komischer Streit hat sich in Herford zwischen Magistrat und Stadtverordneten erhoben. Die Stadt hat ein hübsche« Krieger' deukmal in Berlin ansertigen kaffen, aber die beiden Körperschaften lönnen sich wegen des Platzes, ans dem dasselbe aufgestellt «erden soll, nicht einigen. So ruht da» Denkmal schon seit Monaten in Berlin und monatlich muß dafür 24 Mk. Miethe bezahlt werden.
— Berlin, 24. Juni. Während des gestrigen Gewittersturmes befanden sich fünf Offiziere vom Kaiser Alexander Garde-Grenadier- Reglement, die zur Abhaltung von Landwehr-Schießübungen nach Teupitz kommandirt waren, in einem Segelboote auf dem Teupitzsee. Vom Sturme erfaßt, schlug das Boot um und begrub sämmtliche Insassen in den Wellen. Nach dreiviertelstündigem Ringen mit dem wüthenden Elemente wurden die Unglücklichen von herbeigceilten Schiffern gerettet. Hauptmann Kurts jedoch, der den letzteren noch zugerufen: »Gut, daß Sie kommen", wurde in demselben Augenblick, als er in den Rettungskahn gezogen wurde, vom Schlage getroffen und verschied augenblicklich in den Armen seiner Retter.
— Berlin, 24. Juni. Die Freihändler au« der nativnalliber- alen Fraktion erklären sich gegen die Finanzzölle, indem sie berechnen, daß die Schutzzölle einen Ertrag von 50 Mill. Mark, der Kaffeezoll gegen 2b Millionen und die Tabaksteuer, für den Fall der Annahme der Sätze von 84 resp. 45 Mark, 35 Millionen, zusammen also über 100 Mill. Mark einbringen werden, und sie, die Freihändler, über diese Summe hinaus der Regierung überhaupt keine Bewillig- ungrn machen wollen.
— Berlin, 25. Juni. Die Berliner Wringroßhändler berirthrn am Donnerstag über die Frage, welche« Verfahren sie in Folge des Nahrungsmittelgrsetzes bei dem Verkaufe ihrer Weine befolgen sollen. Man kam darin überein, daß dem neuen Gesetz gegenüber die schönen alten Titel: Chateau Lafitte, Chateau Larose u. s. w. kaum Stand halten können; ferner auch darin, wenigstens auf den Rechnungen die Vorsicht zu üben, zu schreiben: Wein so und so viel Flaschen etiquettirt Chateau Lafitte u. s. w. Damit wären aber blos die Weinhändler gedeckt; den Wirthen wird dagegen nur der Ausweg bleiben, den alten schönen Titeln je ein »Sogenannt" vorzusetzen, falls sie es nicht vorziehen, die falsche Flagge überhaupt einzuziehen.
Paris, 25. Juni. »Payß" meldctj: Rouher bleibt in Chisle- hurst in Folge des Zustandes der Kaiserin, über welche die letzten Nachrichten ungünstig lauten. ,Pvys" fügt hinzu: Wir befürchten ein neues Unglück.
England. Die Engländer sind uns doch in vielen Stücken überlegen. Folgendes Plakat, welches in den Straßen von London angeschlagen war, gibt wieder einen schlagenden Beweis davon: »Die Kunst deS BettelnS" in k Lektionen. Der Prof Lazarus Rooney gibt sich die Ehre, einem geehrten Publikum anzuzeigen, daß er ein Kollegium gegründet hat für den theoretischen und praktischen Unterricht im Betteln. Jede anständige Person von gewöhnlichem Verstände kann sich durch einen Kursus von nur 6 Lektionen in den Stand setzen, auf Kosten des Publikums gemächlich und sorglos zu leben. Die Bedingungen de« Professors sind sehr liberal. Auch nimmt er für einen mäßigen Preis Kinder in Pension. Die seiner Sorge anvertrauten Kinder werden unterwiesen, alle möglichen Gestalte» anzunehmen und zwar ohne Gefahr für ihre Gesundheit. Gegen einen angemessene« Preis werden ferner die besten Straßen in den wohl« thätigen Stadtvierteln nachgewieseu. Der Prof. Rooney ist reichhaltig versehen mit Attesten und täuschend nachgeahmten Narben und Wunden aller Art. Intelligente Frauen können für ein Billiges täglich Zwillinge erhalten, die zur Ausbeutung der Straßen durch ihre Sehnlichkeit vortrefflich geeignet find. Such liefert der Prof. Hunde für Blinde, Krücken, Verbände, kurz Alles, wa« zum Betriebe der Industrie de« BettelnS erforderlich ist. Alle Aufträge für die Provinz werden prompt und verschwiegen auSgeführt: 21 Prinzeß Street, St. GtleS.
London, 23. Juni. Der Schmuck de» Prinzen Napoleon, der jetzt in den Händen der Zulus ist, bestand aus zwei Ringen, darunter eine alte werthvolle Cam6e, ein Andenken von der Königin
Hortense, welche« Kaiser Napoleon stet« am kleinen Finger getragen hatte. Seine Uhr» seine Kette, Alle« war verschwunden; nur ein Doppel-Medaillon mit den von der Stirn de« tobten Kaiser« vom Prinzen selbst abgeschnittenen Haaren fand sich bei ihm vor und ist der Mutter überbracht.
Den englischen Zeitungen gehen zahlreiche Zuschriften zu, welche der Beschämung AuSdrack verleihen über die Vorfälle bei dem Tode des Prinzen Louis Napoleon. Es gibt sich eine große Entrüstung kund über den Mangel an kollegialer Aufopferung seitens der Eskorde und deS Offiziers, welche vor den Zulu» flohen und den Prinzen im Stiche ließen. Ebenso wird die Unfähigkeit Lord Chelmfords als Befehlshaber getadelt. Aus diesen Umständen erklärt sich auch die besondere Theilnahme des englischen Volkes an dem Todesfall» man betrachtet den Prinzen gewissermaßen als rin Opfer britischer Fahrlässigkeit
Rom, 21. Juni. Nach aufgestellten Berechnungen werden sich- die Ausgaben zu dem für die Wiederherstellung der Po-Dämme zu unternehmenden dringendsten Arbeiten allein auf 9 Mill. Lire belaufen.
Türkei. Die Lösung der egyptischen Krisis begegnet Schwierigkeiten. Der Khedive erhielt von Konstautinopel den Rath, die Mächte mit ihrer Forderung an den Sultan zu weisen, was Ismail Pascha that. Bisher herrscht in Konstantinopel die Tendenz vor, die Absetzung drS Khedive zu verweigern. Rußland gab auf da» Ersuchen der englischen und französischen Regierung, an dem Schritt in Kairo theilzunehmen, bis sitzt noch keine Antwort und man vermachet, daß eS dem Sultan räch, die Absetzung zu verweigern.
Asten. Der Emir von Afghanistan, Jakvb Khan, hat, wie aus Simla vom 20. d. telegraphirt wird, in Uebereinstimmung mit den Friedensbedingungen eine Proklamation erlassen, welche beständige Freundschaft uud Frieden zwischen Afghanistan und der britischen Re» gierung verkündigt. Auch hat er eine allgemeine Amnestie proklamirt, derzufolge alle afghanischen Unkerlhaneo, die während des Krieges mit. der britischen Regierung im Verkehr gestanden, von Bestrafung oder Behelligung irgend welcher Art befreit sind.
Amerika. Kein Staat der Welt produzirt so große Quantitäten Honig, wie Calisornien, hauptsächlich die südlichen CountieS. Im letzten Jahre zählte allein San Diego County 24,000 Bienenstöcke die über eine Million Pfund Honig lieferten, und der starke Regenfall dieser Saison stellt noch größere Erträge in Aussicht. Dabei aber schlagen die Bienenzüchter die Hände zusammen und fragen sich: „Wohin mit dem Honigreichthum?' Die Exportkosten vertheuern den Honig so sehr, daß Scheibenhonig nur mehr noch im Staate selbst einen Markt suchen kann. Im letzten Jahre haben übrigens einige Bienenzüchter Versuche mit dem Exporte von ausgelassenem Honig in großen Fässern angestellt, die befriedigende Resultate lieferten.
In Salt Lake City wurde John Mile», der wegen Polygamie angeklagt worden, von Richter Emerson zu einer Gefängnißstrafe von 5 Jahren und einer Geldbuße von 100 v. verurtheilt Es ist die» der zweite Fall einer Berurtheilung eines Polyzamisten unter dem Gesetze der Ver. Staaten und bat diese Entscheidung um so größere Sensation in den betreffenden Kreisen hervorgerufen, als Miles gerade im Begriff stand, mit Genehmigung deS Vorstehers der Mormonen» kirche, John Taylor, drei junge Mädchen zu gleicher Zeit zu heirathen. Der Bernrtheilte hat gegen obige Entscheidung bei der „Supreme- Court" des Territoriums die Berufung eingelegt.
Vermischtes.
Gegen Mottenschäden. Da« wirksamste Mittel, Pelz» waaren und andere dergleichen Sachen gegen Motten zu schützen, ist der Sumach, den man in jedem guten Drogurriegeschäft bekommt und womit man die Sachen, nachdem sie zuvor tüchtig geklopft sind,, ziemlich dick einstreut. Die Erfahrung hat gezeigt, daß sogar Gegenstände , die bereit« vom Mottenfraß gelitten, nach Anwendung de» genannten Mittels nicht weiter beschädigt worden sind. — Es ist außerdem zu empfehlen, auch Sumach in die Kisten und schränke zu streuen, in denen man dem Mottenfraß ausgesetzte Gegenstände zu verwahren pflegt.
Vertilgung von Schwaben. An Orten, wo diese lästigen Thierchen sich eingenistet haben, stellt man Teller mit einer Mischung von 1 Theil gebrannten Gyps und >/z Theil gepulverten Zucker auf. Die Thiere fressen dieselben begierig auf und sterben davon. Auch kann man Fallen zum Fangen der Weife Herrichten,, daß man in hohe Gläser fBier- oder Einmachegläser) etwas Syrup gießt und au dem äußern Rande derselben Brettchen aulehnt, auf denen, die Käfer hinauf laufen, um ins Glas zu fallen. Wenn mau mehrere solche Fallen aufstellt, so kann man in kurzer Zelt die Räume von. dem Ungeziefer säubern. Am besten geschieht dies im Frühjahr, bc» vor die Käfer Eier absetzen.
Redaktion Druck uvd Verlag von S. Oelschliger in Salw.
Hiezu Rro. 26 de« Untcrhaltnn-Sblattc«.