wird also wohl früher oder später zu einer umfassenderen Revision der Gewerbeordnung schreiten. Als einer der Punkte, welche bei dieser Gelegenheit anderweit geordnet werden möchten, gilt auch der Gewerbebetrieb im Umherziehen, welcher freilich bereits in ziemlich enge Grenzen gebracht ist, aber gleichwohl dauernd Anlaß zu vielfachen Beschwerden, namentlich der kleinen Manufaklurwaarenhändler, gegeben hat. Diese Beschwerden haben eine Unterstützung von SeitenMler Handelskammern gefunden, welche sich nun mit Eingaben an den Bundesrath gewandt haben. In Folge dessen soll die Sache einer neuen Prüfung unterzogen werden. — Vielfach verbreitete Gerüchte von einer bevor- stehenden Aenderung der Wechselstempelsteuer erweisen sich als falsch. Diese Gerüchte mögen dadurch entstanden sein, daß mehrere Handelskammern einen bezüglichen Antrag an den Bundesrath gerichtet hatten. Wir erfahren indessen mit Bestimmtheit, daß die Anträge dieser Art abgelehnt worden sind.*
— Berlin, 16. Aug. Der.Reichsanzeiger" erwähnt die von einem Theil der Presse wiederholt aufgestellte Behauptung, daß die belgische Regierung auf Grund amtlicher oder halbamtlicher Mitthei- lungen der Reichsregierung die aus Preußen ansgewanderten Ordensbrüder und Nonnen veranlaßt habe, sich von der deutschen Grenze zu entfernen. Der „Reichsanzeiger" ist in der Lage zu erklären, daß eine solche Anregung oder Mittheilung Seitens der deutschen Reichsregierung weder direkt noch indirekt in Brüssel gemacht sei.
Für die Uebcrschwemmten im südlichen Frankreich sind im deutschen Reichslande, Elsaß, das 1,550,000 Einwohner zählt, nahezu an 400,000 Franks an freiwilligen Beiträgen aufgebracht worden.
— Wien, 16. August. Die „Pol. Korr." bestätigt die Mittheilung , daß sich der Aufstand (s- Türkei) mehr und mehr zu einem Religionskriege zuspitze. -Oie mohamedanische Bevölkerung der Herzegowina, wiewohl selbst fast durchgehends slavischer Abstammung und derselben Zunge greift zu den Waffen, nicht etwa um gemeinsame Sache mit ihren christlichen Stammesbrüdern gegen die Negierung zu machen, sondern um gegen die Aufrührer die Herrschaft des Islam und das eigene Hab und Gut zu vertheidigen und zu sichern. Bricht aber wirklich der eigentliche Rcligionskricg aus, bemerkt die hochoffiziöse Korrespondenz, dann tritt eben die Frage auch für den zunächst betheiligten Nachbarstaat in eine andere Phase. Es handelt sich dann nicht mehr darum, ob die Türkei ihren Besitzstand erhalten könne und durch welche indirekte Mittel dieselbe in ihren Bemühungen zu unterstützen wäre, sondern cs tritt die direkte Mahnung an Oesterreich- Ungarn heran, ein Umsichgreifen des Brandes zu verhindern. Es würde in diesem Falle kaum mehr genügen, den Anlaß der ausgebro- chenen Bewegung — die traurige materielle Lage der Rajahs — zu beseitigen; die Pazifizirung müßte dann um einen erheblichen Preis erstrebt werden.
Agram, 16. August. „Narodne Novine" meldet, daß heute Nachts zwischen Kostainicza und Dubicza in Bosnien ein Aufstand ausgebrochen ist. Die Insurgenten überrumpelten das Wachthaus zu Johowo, lödteten zwei türkische Soldaten und nahmen die vorfindlichen Waffen weg.
Türkei. In der Herzegowina ist vor einigen Wochen ein Aufstand ausgebrochen, der nun eine ernstere Gestalt annimmt, als man sich Anfangs dachte. Derselbe breitet sich immer mehr aus und Christen wie Muselmänner betrachten denselben als einen wirklichen Religionskrieg, als einen Kampf um's Dasein. Die Christen sind von Stenern und Abgaben überlastet und werden mit Gewalt auSgezogen, so daß sie sich in der Verzweiflung ebenfalls mit Gewalt den seitherigen Bedrückungen zu entziehen suchen. Die Muselmänner, die daraus Nutzen zogen, fürchten, dadurch in ihrem Einkommen so geschmälert zu werden, daß sie nicht mehr bestehen können, und so bemühen sie sich, den bisherigen Zustand aufrecht zu erhalten. Die Nachbarn der christlichen Bevölkerung, die mit denselben eines Stammes, des südslamschen, sind, ziehen den Aufständischen massenhaft zu Hilfe und da die Pforte in ihrer Gleichgiltigkeit es versäumt hatte, gleich Anfangs energisch und mit der nothwendigen Macht einzugreifen und den Aufstand im Keime zu ersticken, könnte es leicht kommen, daß sie desselben nicht Herr wird und daß auch die Fürsten von Serbien und Montenegro nicht die Macht haben werden, ihre Unterthanen von dem Beistand ihrer christlichen Brüder in der Herzegowina abznhalten; so könnte es leicht kommen, daß Oesterreich sich genölhigt sielt, im Ein- verständniß mit Rußland und Deutschland einznschreiten. Dann könnte sich ein weiterer unabhängiger christlicher Staat oder Vasallenstaat dort lrlden und möglicherweise Serbien und Rumänien die Gelegenheit ergreifen, sich von der Suzeränität der Pforte vollends los zu machen. Ein Glück für den europäischen Frieden ist es, daß Oesterreich in dieser Frage in Allem nur im Einverständniß mit dem Deut
ln ei ne Verwicklungen ausgeschlossen sind; denn wer will einem Bund dieser drei kolossalen Reiche entgegentreten? Der Versuch schon wäre lächerlich, weil total aussichtslos. Aber das können wir jetzt entstehen sehen, was schon lange prophezeit — d-n Anfang vom Ende der türkischen Herrschaft in Europa. Zwar rafft man sich jetzt, wo es schlimm steht, in Byzanz etwas auf, aber auch hier dürfte sich das Wort bewahrheiten: Zu spät.
Ko nst anti n opel, 17. Aug. Nadsib Pascha, welcher seiner Zeit mit wichtigen Missionen in Frankreich und England betraut war, erhielt den Oberbefehl über die Truppen in der Herzegowina. Der „Courrier de l'Orient" schätzt die gegen die Insurgenten entsendete Truppenzahl auf 20,000. — Der österreichische Botschafter Graf Zichy ist heute hier angekommen.
Ragusa, 16. Aug. Aus slavischer Quelle wird gemeldet, daß die Insurgenten das Fort Goransky bei Piva erstürmt und die Stadt Metokia eingenommen haben.
Spanien. Mir anda» 15. August. General Quesada hat nach lebhaftem Gefechte die Stellungen der Karlisten bei Luco am Wege nach Villarcal (Prov. Alava) genommen und die Verschanzungen derselben zerstört. Der Befehl über das dritte Armeekorps ist vom General Loma übernommen. — Die Artillerie der Belagerer hat ein Geschütz der Belagerten in der Zitadelle von Seo de Ürgel zerstört. Dorregaray hat sich der Stadt auf drei Stunden genähert, um ihr Entsatz zu bringen, wurde aber genöthigt, ins Gebirge zu fliehen. Auf Gesuch Lizarraga's haben die Belagerer gestattet, daß Greise, Frauen und Kinder sich nach Castellciudad entfernen.
England. London, 14. Aug. Die „Times" bespricht die Vorgänge in der Herzegowina und erklärt, England könne keine Schritte thuu. Obwohl England mit den Christen in der Herzegowina sympathisire, sei doch der Frieden Europa's ungleich wichtiger als das Schicksal der Herzegowiner.
Vermischtes.
Inserat an einen Dieb. Diebe muß man anständig behandeln, dachte der Possendichter Salingrö und veröffentlichte in einer Berliner Zeitung folgendes Inserat: Samstag Abends fand Jemand auf dem Deck eines Waggons der Pferdeeisenbahn ein rothjuchtenes Portemonnaie mit gelbem Verschluß in meiner rechten Hosentasche. Indem ich den ehrlichen Finder wegen des geringen Inhalts von 4bis5Thlrn. höflichst um Entschuldigung bitte, da er freundlich bedenken möge, -aß die Tantieme» augenblicklich nur schwach ausfallcn, zeige ich ihm gleichzeitig an, daß besagtes Portemonnaie mir ein liebes Andenken ist, das ich nur ungern verliere. Vielleicht veranlaßt ihn diese Bemerkung, sowie der Umstand, daß ihm sein Geschäft, nur hineinzugreifen in's volle Menschenleben, ja ohnedieß eine Menge Portemonnaies zuführt, mir das meinige unter Zurückbehaltung des Inhalts freundlichst zn- rückzusenden.
Ein beherzter Kutscher. Ein verwegenes Beispiel von Much und Entschlossenheit hat am verflossenen Samstag der Pariser Kutscher Jean Poinsct, ein früherer Tramsoldat, gegeben. Derselbe fuhr in seinem Wagen die Schriftsteller Alfred Wolfs und Viktor Koning spazieren, als in der Nähe des Palais de l'Jndustrie das Pferd plötzlich scheute, durchging und in gestrecktem Lause die Richtung nach dem Arc de l'Etoilc einschlug, während die Räder hart das Trottoir streiften und der Wagen in furchtbare Schwingungen gerieth. Da reißt plötzlich dem Kutscher der Zügel in den Händen entzwei. Nun denke man sich dir Situation! In diesem Augenblicke richtet Poinset sich auf seinem Sitze in die Höhe — der erschreckten Menge ent reißt sich ein Schrei des Entsetzens — ein kühner Sprung über das Trittbrett und der beherzte Mann liegt der Länge nach ausgestreckt auf dem Rücken des ungeberdigen Thiercs. Hier entspinnt sich ein furchtbarer Kampf. Poinset gewinnt endlich festen Schluß, er setzt die Schenkel ein und greift mit der herkulischen Kraft seiner beiden Hände in die Nasenlöcher des rasenden Pferdes, das nach einigen Augenblicken tollen Widerstandes auf diese Weise zum Stehen gebracht wird. Den Jubel des Publikums zu beschreiben ist unmöglich. Alles drängte sich um den beherzten Kutscher, um ihn zu beglückwünschen und ihm die Ueberzeugung auszudrücken, daß ihm für seinen Heldenmuth die Auszeichnung der Rettungsmedaille gewiß sei.
Nach dem Dienstrange. Im spanischen Krieg fragte man einen verwundeten Soldaten: wie kommt es, daß Du nicht hinter dem Felsen Deckung gesucht hast?" — „Hinter dem Felsen?" antwortete der Verwundete, „es gab deren kaum genug für die Offiziere, und ich bin ja nichts als Gemeiner!" — Der Lieutenant muß vor dem Fähnrich selig werden, sagt Lieutenant Castro zu Fähnrich Jagio.
chen und dem Russischen Kaiserreich zu We rke geht, wodurch allge-
. ... " ' Rediurt. gedruckt ün!- verlegt von A. Oelschläacr.