359

Dic offizielle Festzeitung theilt heute (7.) die Namen von 194 Schützen mit, welche Becher im Stand herausgeschossen haben, ferner die Namen von 263 Schützen, welche Becher im Feld geholt haben, zusammen somit 457 Namen, ein Beweis, daß ausgezeichnet geschossen wird.

Auf der Feldehrenscheibe wurde sehr viel und sehr gut geschossen; die Festzeitung führt 64 Schützen auf, welche sehr gute'Schüsse auf- zuweiscn haben. Wir finden da (Maximum 100 Numern bei 5 Schüssen) mehrere 81, ein 83 u. s.^w. Von der Standehrenscheibe theilt die Festzeitung 136 Namen mit, darunter Numern von 82, ZI. Auf der Feldfestscheibe Deutschland (2 Schüsse, Maximum 40) wurde geschossen bis zu 37 Numern, auf der Feldfestscheibe Skutt- gart ebenfalls jbis 37. Gute Schüsse auf Ehrenscheiben sind zu verzeichnen von Weberbeck Cannstatt 63, Tröster Stutigart 59, Schulz Stuttgart 58, Goll Biberach 46, Raiz Hall 69, 9. Staudenmeyer Calw 71, Schmied Aalen 59, Schaffer Stuttgart 61.

Der Andrang und tue Geschicklichkeit unserer Schützen ist, wie die Festzlg. bemerkt, so groß, daß die Zahl der Becher, obwohl sie weit über die gewöhnlichen Voranschläge hinauszing, nicht reichte. Doch werden die fehlenden Becher den Schützen sobald als möglich nachgeschickt.

Die WienerPresse" erhält folgendes lTelegramm:Aufisder FeldfestscheibeDeutschland" schoß I. C. Audeß aus Wien zwei! Zwanziger. Wenn nicht ihm gleich geschossen nurd, sso bleibt Andes! der Erste und gewinnt die Ehrengabe des Königs, 3000 werth. Ob der glänzenden Schießresultate der Oestcrreicher herrscht unter den Wienern großer Jubel. Herzog Eugen beglückwünschte den Ober» schützcnmeister Kopp. Wiener sind überhaupt bis jetzt auf allen Ehren- schciben die besten."

Stuttgart, 6. August. Bis heute sind bei dem Polizeiamte seit Beginn des Festes 22 verübte Taschendiebstähle angezeigt und zwei der Diebe in Haft genommen. Der Preis des Kalbfleisches ist in Folge der starken Zufuhr von r-6 Pfennigen auf 50 Pfennige

nach Unten abgerundet worden. Heute ist ein Transport von 80 Kälbern vom hiesigen Schlachthause ab nach Slraßburg abgcgangen.

Stuttgart, 6. August. General von Schwarzkoppen hat sich ins Artillerieschießlager zu Griesheim bei Darmsladt begeben, um dort die wnrttemberglsche Artillerie zu inspiziren und den Schieß­übungen derselben anzuwohnen.

Auf dem Sruttgarter Bahnhofe ereignete sich dieser Tage eine ergötzliche Scene. Ein schwäbischer Bauer, kräftig von Gestalt, verlangte von einem der Hrn. Kassiere ein Znschlagsbillet; auf die Frage, weßhalb? gab er zur Antwort:Herr Kassier, es sind so viel Leut' hier, mer moist net, wie S' zugoht."

Cannstatt, 5. August. Heute gab es einen wüsten Auftritt durch die Widersetzung em-S betrunkenen Arbeiters. Dieser rohe Mensch beging draußen am Eingang in die Wilhelma empörende Unsittlichkeiten gegen vorübergehende Damen, es kam aber ein Land- jäger dazu, welcher ihn verhaftete. Der Bursche fing nun au, sich zuwidersetzen und den Landjäger einenBettelleutschieber" zu schimpfen. Zum Glück kam noch ein anderer Landjäger dazu, beide aber hatten zu Nun um den Burschen auf die Polizeiwache zu bringen.

Cannstatt, 6. August. Innerhalb der ausgedehnten Räume der hier angesiedelten königlichen Wagenreparalurwerkstälte hat sich heute früh ein bedauerlicher Unglücksfall ereignet, indem der verhei- rathete Werkstättearbeiter Friedrich Reinhardt von Neuffen, OA. Nür­tingen, uuter die Räder der Anstaltslokomotive gerielh und sein Körper mitten durch in 2 Hälften geschnitten wurde. Eigene Unvorsichtigkeit des sofort Getödteten führte die unglückliche Katastrophe herbei. Rein­hardt stand im Aller von etwa 64 Jahren.

In Nürtingen tagte letzten Donnerstag die Plenarversamm­lung des Würlt. VolksschullehrerveretnS. Dabei wurde unter Anderem mitgetheilr, daß in dem Schullehrerseminar in Nürtingen seit den 32 Jahren seines Bestehens etwa 1000 Zöglinge heroorgegangen sind.

Am 2. d. M. wurde der unweit der Station Eyach postirte Bahnwärter Mäusle nach Passiren des Personenzugs 64 Abends nach 8 Uhr in der Nähe seines Aufstellnngöplatzes schwer verletzt aufgefunden, ohne daß die Ursache der Verletzung bis jetzt konstatirt werden könnte. Untersuchung ist eingeleitet.

Aalen, 5. August. Am Montag Morgen wurde in Lauter­burg die Leiche eines 20 Jahre alten Mädchens aus einem Schöpf­brunnen gezogen. Da der Verdacht einer Gewaltthat durch dritte Hand augezeigt war, leitete das K. Oberamtsgericht alsbald Unter­suchung ein. Gestern bekannte der Liebhaber des Mädchens, seine Geliebte gewürgt und in den Brunnen geworfen zu haben. Am Dienstag legte sich der Knecht eines hiesigen Müllers auf die Schienen und ließ sich von dem Abendzug, der von hier nach Stuttgart abzeht, überfahren. Eifersucht soll das Motiv des Selbstmords sein.

Pforzheim, 7. August. Heute Mittag um 1 Uhr brach in dem noch unbewohnten und noch nicht eingerichteten Neubaue des Amts- gerichtsgebäudes in der Lindenstraße Feuer aus, welches bei dem Was-

sermangel in jener Gegend jetzt, um 2 Uhr, soweit um sich greifen konnte, daß man den großen Dachstuhl sammt dessen Zinkbekleidung, einen Raub der Flammen nennen kann; auch das Holzwerk der 3. Etage hat bedeutend gelitten. Ueber die Eulslehuugsarl werden ver­schiedene Meinungen laut, die indeß, so kurz nach dem Ereignisse selbst nicht ohne Weiteres als glaubwürdig zu bezeichnen sind; jedoch liegt die Vermuthung nahe, daß, da man wohl böswillige Absicht ausschlie» ßen darf, Unvorsichtigkeit in der Behandlung von Streichhölzchen, in der Nähe von Holzabfällen und Hobelspänen, als Ursache des Brandes angesehen werden kann. Eine Gefahr für Weitervcrbreitung des Bran­des ist nicht zu befürchten. (Pf-B.)

München, 4. August. Der hiesige klerikaleVolksfreund" erklärt die in liberalen Blättern anfgetauchte Mittheilung, vr. Sigl suche vom Nürnberger Zellcngefängniß aus eine Versöhnung mit dem Ministerium zu gewinnen, für authentisch:Es existire in der That ein Brief vou dem Verhafteten, worin diese Absicht ausgesprochen sei. Immerhin gehören znm Vollzug einer Versöhnung Zwei, und cs dürfte doch fraglich sein, ob die Herren Lutz-Pfeufer in dic angeb­lich ihnen dargebotene Hand einschlagen mögen."

München, 3. August. Seit Montag ist der Transport des colossalen Crucistxes für Oberammergau von Meister Halbig in An­griff genommen, und hat man dasselbe in einem Tage nachdem die auf die Holtergasse gehende Rückwand des Ateliers des Meisters voll­ständig abgebrochen war, glücklich mittelst Walzen bis zum Hunds- kugelgäßchen gebracht. Heute beginnt auf der offenen Straße die Verladung auf dem von der Maffei'schen Fabrik eigens hierzu erbauten Wagen. Derselbe hat eine Breite von 10 Fuß und allein ein Gewicht von 160 Centnern, so daß auf diesem gewaltigen Vehikel die 150 Centner schwere Kiste mit ihrem Inhalt von nahezu 300 Centnern fortbewegt werden kann. Die Maffei'sche Straßenlokomotioc, welche für diesen Zweck stärker und besser konstruirt werden mußte, hat diese Aufgabe zu lösen, wird aber heule nur den Coloß bis zum Send- linger-Thorplatz bringen, wo morgen Hofpholograph Albert den im­posanten Lastzug photographisch aufnehmen und so für alle Zukunft verewigen wird. Am Donnerstag bewegt sich die Lokomotive mit Tender und Wagen aus der Straße nach Starnberg, um über Weil- heim, Murnau, das Wagniß über den Etteler Berg zu bestehen. Meister Halbig begleitet den Zug, der von Arbeitern aus der Fabrik Hirschau geleitet wird.

Bayreuth, 2. August. Gestern vollzog sich ein bedeutungs­voller Akt in der Entwicklung des Bühnenfestspieles im Richard Wag­ner-Theater. Um 5 Uhr Nachmittags ging die erste Musikprobc mit vollständigem Orchester vor sich. Beim Eintritte des Meisters Rich. Wagner sang Hr. Hofopernsänger Betz aus Berlin eine Parthie aus Rheingold", worauf Herr Rich. Wagner sich zu dem Orchester be­gab, um die vereinigten Musiker in herzlichster Weise zu begrüßen und für ihr pünktliches Erscheinen seinen Dank auszusprechen. Sofort wurde die Probe ansRheingold" für Gesang und Orchester fortge­setzt, deren Eindruck ein überwältigender war, selbst für den Laien, dem ein lieferes Verständniß für diese großartigen musikalischen Schöpfun­gen mangelt. Mit begeisterndem Hoch sämmtlicher Sänger und Mu­siker auf Meister Rich. Wagner wurden die Proben gegen 7 Uhr Abends geschlossen, um in den folgenden Tagen fortgesetzt zu werden.

In einer seiner Tischreden, welche der Abgeordnete Windthorft bei dem Jubiläum des Bischofs v. Ketteler iu Mainz zum Besten gab, kommt er auch auf die Stellung der Centrumspartei in dem Kampfe zwischen Staat und Kirche zu sprechen.Es gibt Biele", sagte er,welche die Frage aufwcrfen, woher wir die Mission zu unserem Auftreten hätten. Darauf ist zu antworten: Jeder Laie ha! die Pflicht, wo die Gelegenheit sich bietet und wo er gefragt wird, semen Katechismus herzusagen, Jeder so gut er kann. Indem wir die Wohrheit vertheidigen, sagen wir eigentlich nur unfern Kate­chismus her, den unsere Gegner nicht kennen. Wenn wir aber etwas nicht recht machen, so haben es die Bischöfe zu corrigircn." Nach diesem freiwilligen Zugeständniß ist eigentlich die sittliche Entrüstung ganz gegenstandlos geworden, welche Herr Windthorft und seine Freunde bisher immer an den Tag legten, wenn ihnen im Parlament der Borwurf gemacht wurde, sie empfingen die Vorschriften für ihre poli- rische Thäiigkut von den Bischöfen.

Mainz, 4. August. Bischof Ketteler gibt in Nr. 139 des Mainzer Journals" eine Erklärung ab, einmal, daß er nicht der Verfasser jener Abhandlung über die Unfehlbarkeit der Kirche sei,

! welche er den auf dem Konzil versammelten Bischöfen übergeben habe, i Es habe dieselbe keineswegs seine Ansicht in allen Theilen zum Aus- druck gebracht, wenn er sich auch gleich als ihren Hauptverbreiter ! bekannt habe. Für's andere erklärt Ketteler, daß der Vorwurf, daß jdie katholischen Bischöfe unmännlich und charakterlos und unnational ! gehandelt hätten, indem sie ihre während des Konzils geäußerten An­sichten dem Urtheile der Kirche unterworfen haben, gleichbedeutend sei